Bundespatentgericht, Urteil vom 06.05.2014, Az. 4 Ni 22/12 (EP)

4. Senat | REWIS RS 2014, 5889

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Verfahren zur Erzeugung eines digitalen Datensatzes (europäisches Patent)" – zur Antragsbindung - Lehre des Streitpatents erweist sich als nicht patentfähig - ausschließlich beschränkte Verteidigung – Frage der Unzulässigkeit der Selbstbeschränkung bedarf keiner Prüfung - zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit - Anweisungen eines Verfahrens unter Einsatz eines Datenverarbeitungsprogramms – keine Lösung von besonderen technischen Problemstellungen – Ausschluss vom Patentschutz


Leitsatz

Verfahren zur Erzeugung eines digitalen Datensatzes

1. Erweist sich die Lehre des Streitpatents bei einer ausschließlich beschränkten Verteidigung im Nichtigkeitsverfahren als nicht patentfähig, kann die Frage der Unzulässigkeit der Selbstbeschränkung auch unter dem weitergehenden Aspekt einer Prüfung des Streitpatents in der erteilten Fassung dahinstehen, da es einer solchen Prüfung nicht bedarf (im Anschluss an BPatG GRUR 2009, 145 – Fentanylpflaster).

2. Anweisungen eines Verfahrens unter Einsatz eines Datenverarbeitungsprogramms, welche sich in der Manipulation und Wiedergabe von Bilddaten – hier erfasster Patientendaten über eine Zahnanordnung – erschöpfen, ohne hiermit zugleich eine besondere technische Problemstellung zu lösen, sind für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nach Art. 52 Abs. 2 lit. c, d, Abs. 3 EPÜ vom Patentschutz ausgeschlossen.

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 0 989 828

( DE 698 18 045 )

hat der 4. Senat ([X.]) des [X.] am 6. Mai 2014 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin [X.], [X.]. Dr. rer. [X.], [X.] und die Richterin Dipl.-Phys. Univ. Zimmerer

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent EP 0 989 828 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig erklärt.

I[X.] Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] erteilten [X.] Patents 0 989 828 (Streitpatent), das am 19. Juni 1998 unter Inanspruchnahme der Prioritäten der Patentanmeldungen [X.] 50342 P vom 20. Juni 1997 und [X.] 947080 vom 8. Oktober 1997 angemeldet wurde. Das Streitpatent wurde in der [X.] veröffentlicht und wird beim [X.] unter der Nr. 698 18 045 geführt. Es betrifft ein Verfahren und System zum inkrementellen Bewegen von Zähnen und umfasst 26 Patentansprüche, welche sämtlich angegriffen sind.

2

Patentanspruch 1 lautet in der [X.]:

Abbildung

3

und in der [X.] Übersetzung

Abbildung

4

Wegen der abhängigen Ansprüche 2 bis 26 wird auf die [X.] 828 B1 Bezug genommen.

5

Die internationale [X.] vom 30. Dezember 1998 trägt die Nummer [X.]/056596 und wurde als Anlage NIB1 vorgelegt.

6

Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 machen mit ihrer Nichtigkeitsklage den [X.] der fehlenden Patentfähigkeit (Artikel [X.] § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ), nämlich der mangelnden [X.] sowie der fehlenden Neuheit und der mangelnden erfinderischen Tätigkeit des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und den [X.] und [X.], geltend. Zudem erachten sie den Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nach Hauptantrag als nicht ausführbar sowie nach Hilfsantrag [X.] als unzulässig erweitert.

7

Hinsichtlich der geltend gemachten fehlenden Patentfähigkeit berufen sich die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 auf folgende Dokumente:

8

D1 = [X.] et al., “An [X.]”, [X.] in Computer Science, 1996

9

D2 = [X.] [X.], [X.] et al., “[X.] and [X.]edic Treatment in the Mixed Dentition”, [X.], 1996

[X.] = [X.] Hemayed et al., “Three Dimensional Model Building of Computer Vision with [X.] Applications”, Technical Report TR-CVIP 96, [X.] 1996

D4 [X.], [X.], “[X.]“, [X.], März 1971

D5 Rotsaert, [X.], “Methodology of Computer Aid Design and Computer Aid Manufacture (CAD/CAM) of Fixed Dental Prothesis”, Okt. 1986

D6 = [X.], [X.], et al., “[X.] Tooth Movement During [X.] Treatment”, [X.], 38(4), Seiten 360 - 365, April 1991

D7 [X.] 2 467 432 (Kesling)

D8 The Philosophy of the Tooth Positioning Appliance, American Journal of [X.]s and Oral Surgery; [X.], Vol. 31; No. 6, June 1945

D9 = schlechte Kopie von [X.]

[X.], [X.], “[X.]”, [X.] 18(2), 121 - 137 (1996).

Die Klägerin zu 3 macht geltend, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei wegen mangelnder [X.], wegen fehlender Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig. Die nachgeordneten Ansprüche seien ebenfalls nicht patentfähig. Sie bezieht sich auf folgende weitere Dokumente:

[X.] = [X.] et al., “An [X.]”, [X.] in Computer Science, 1996, Vol. 1131, S. 511 - 520

[X.] = [X.] et al., “Three Dimensional Model Building of Computer Vision with [X.] Applications”, Technical Report TR-CVIP 96, [X.] 1996

[X.] = D2 [X.], [X.] et al., “[X.] and [X.]edic Treatment in the Mixed Dentition”, [X.], 1996

[X.], [X.], “Computerized Diagnostic Setups and Simulations”, [X.]. 1970, [X.]; 40(1): 28 - 36

[X.] = [X.], [X.], et al., “[X.] Tooth Movement During [X.] Treatment”, [X.], 38(4), Seiten 360 - 365, April 1991

[X.] Sassani, [X.], et al., “Computer-assisted fabrication of orthodontic appliances: considering the possibilities”, J Am [X.] 1995, 126; 1296 - 1300

[X.] (2012 erstelltes?) Abstract des [X.]. Artikels: Kawanaka, M., “Development of the dental CAD/CAM system”, [X.] Shigaku Zasshi, 1990 Jun; 35 (1): 206 - 39

MH11 Sohmura, [X.], et al.: “CAD/CAM System to Fabricate Dental Protheses - [X.]”, [X.], 16(01): 10 - 20, 1997

[X.] [X.]: Digitale Bildverarbeitung, 4. Auflage, Springer 1997 (Erscheinungsdatum: 17. April 1997, [X.] - 277)

[X.] [X.] 4 575 330 A

[X.] WO 90/08512 A1

[X.] [X.] et al., „Die 3D-CT-Stereolithographie in der dentalen Implantologie“, Z [X.] 13 (1997), S. 79 - 82

[X.] [X.], [X.], et al., „[X.] dental cast analyzing system using laser scanning“, Am J Orthod Dentofacial [X.]. 1996 Oct; 110 (4): 355 - 9

Die Klägerin zu 1, der Kläger zu 2 und die Klägerin zu 3 beantragen sinngemäß,

das [X.] Patent 0 989 828 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit dem am 17. Februar 2014 eingereichten Hauptantrag und dem dortigen einzigen Patentanspruch 1 ([X.]. 834/838 d. A.) verteidigt wird,

hilfsweise, die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit den am 17. Februar 2014 eingereichten [X.] und [X.] ([X.]. 839/ 849 d. A.) und dem dortigen jeweiligen Patentanspruch 1 verteidigt wird.

Die Beklagte tritt den Argumentationen der Klägerin zu 1 und des [X.] zu 2 sowie der Klägerin zu 3 in allen Punkten entgegen. Sie erachtet den Gegenstand des Streitpatents nicht für unzulässig erweitert, eine technische Lehre enthaltend, neu und erfinderisch. [X.] sei gegeben, da sich das Verfahren weder auf ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solches, noch auf eine Präsentation von Informationen als solche beziehe. Das Dokument [X.] ([X.]) sei nicht Stand der Technik. Es gebe keinen Nachweis, dass dieser technische Bericht der Öffentlichkeit vor dem Prioritätsdatum zugänglich gemacht worden sei. Der Gegenstand des Streitpatents sei auch neu in Bezug auf die [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.]. Zudem sei Patentanspruch 1 sowohl nach Hauptantrag als auch nach den [X.] und [X.] neu und gründe sich auf erfinderische Tätigkeit. Die in Hilfsantrag [X.] aufgenommenen Merkmale, die sich auf geschlossene kubische B-Splines beziehen, die im Raum lägen, und ein Skalieren von individuellen Komponenten auf eine größere oder kleinere Größe zuließen, seien in keinem der zitierten Dokumente aus dem Stand der Technik offenbart.

Der Senat hat den Parteien einen frühen gerichtlichen Hinweis nach § 83 Abs. 1 [X.] zugeleitet. Auf diesen qualifizierten Hinweis vom 18. Dezember 2013 wird Bezug genommen ([X.]. 548 ff. d. A.).

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 6. Mai 2014 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässigen Klagen, mit welchen u. a. jeweils der [X.] der mangelnden Patentfähigkeit des Streitpatents nach Artikel [X.] § 6 Absatz 1 Nr. 1 [X.], Artikel 138 Absatz 1 [X.] a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ geltend gemacht wird, sind zulässig und in vollem Umfang begründet.

[X.]

Die Beklagte hat das Streitpatent ausschließlich nach Haupt- und [X.]n in beschränkter Fassung verteidigt. Insoweit machen die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 die unzulässige Änderung der geltenden Patentansprüche geltend, insbesondere die unzulässige Erweiterung des Inhalts der Anmeldung nach Artikel [X.] § 6 Absatz 1 Nr. 3 [X.], Artikel 138 Absatz 1 [X.] c) EPÜ und die fehlende Klarheit nach Art. 84 EPÜ.

1. Der [X.] sieht es auch bei der vorliegenden Verfahrenssituation einer ausschließlich mit Haupt- und Hilfsanträgen beschränkten Verteidigung des Streitpatents nicht als erforderlich an, die Frage der Zulässigkeit der verteidigten [X.] abschließend zu klären.

1.1. Soweit in der Literatur ([X.], Patentnichtigkeitsverfahren 5. Aufl., [X.]. 262; GRUR 2014, 127) die Auffassung vertreten wird, in der vorliegenden Konstellation einer ausschließlich beschränkten Verteidigung des Streitpatents sei zwingend die erteilte Fassung zu untersuchen, falls sich sämtliche verteidigten [X.] als unzulässig geändert erweisen, teilt der [X.] diese Ansicht nicht. Der [X.] folgt insoweit der Rechtsauffassung des 3. [X.]s, wonach die erteilte Fassung auch in diesem Fall keiner Prüfung bedarf ([X.], 145 - Fentanylpflaster; offen gelassen in [X.]. v. 18.11.2010, [X.] 149/07 = GRUR 2011, 129 - [X.]).

1.2. Die insoweit vorgebrachte Kritik, eine derartige Verfahrensweise beachte nicht den Grundsatz der Antragsbindung ([X.], in Patentnichtigkeitsverfahren 5. Aufl., [X.]. 262) und missachte die durch den Streitgegenstand gesetzten Grenzen, die eine Entscheidung nur im Rahmen der Klageanträge und des numerus clausus der Nichtigkeitsgründe sowie ggf. einer im Rahmen dieser Anträge liegenden Selbstbeschränkung zulasse ([X.] GRUR 2014, 127), sieht der [X.] nicht als begründet an. Auch die Nichtigerklärung eines im Rahmen des Angriffs ausschließlich beschränkt verteidigten Patents ohne weitere Sachprüfung der erteilten Fassung beachtet die Grundsätze der Antragsbindung und der Begrenzung der Dispositionsrechte durch den Streitgegenstand, selbst wenn sich die vom Patentinhaber gewählte Verteidigung als unzulässig erwei[X.] Denn auch diese Verteidigung ist Ausdruck des Willens des [X.] und seiner zulässigen Dispositionsbefugnis, da sie sich im Rahmen des Streitgegenstandes hält.

1.2.1. Es ist unbestritten und entspricht [X.] Rspr., dass es dem Patentinhaber auch ohne ausdrückliche Regelung im [X.] (anders Art. 101 [X.]I EPÜ für das Einspruchsverfahren) aus Gründen der Prozessökonomie in [X.] erlaubt ist ([X.], 409 - [X.]ritzgussmaschine; B[X.] [X.], 137 - Oxaliplatin), sein Patent im Rahmen des Angriffs beschränkt zu verteidigen, wobei diesem Gedanken folgend konsequenterweise der Umfang einer möglicher Beschränkung auch eine Nichtverteidigung des umfänglich angegriffenen Patents umfasst, eine „Selbstbeschränkung auf Null“; denn eine solche ist auch im isolierten Beschränkungsverfahren nach Art. 105 a-c EPÜ, § 64 [X.] eröffnet (hierzu B[X.] [X.], 137 - Oxaliplatin; B[X.] [X.]. [X.], 4 Ni 73/09; B[X.] [X.]. 18.7.2012, 4 Ni 3/12). Eine derartige teilweise oder vollständige Selbstbeschränkung führt unbestritten ohne Sachprüfung zur Nichtigerklärung bzw. zum Widerruf des Patents im Umfang der Nichtverteidigung, da das Patentamt und das Patentgericht an den Willen des [X.] im Rahmen dieser zulässigen Disposition gebunden sind.

1.2.2. Wie bereits in der Entscheidung des B[X.] „Fentanylpflaster“ ([X.], 145) ausführlich dargelegt worden ist, gilt dies auch für den Willen des [X.], das Streitpatent im Rahmen des Angriffs ausschließlich beschränkt zu verteidigen, wenn sich diese Verteidigung bereits wegen der Unzulässigkeit der geänderten [X.] als nicht zielführend erwei[X.] Eine Unterscheidung zwischen zulässiger und unzulässiger Selbstbeschränkung hinsichtlich daraus abzuleitender Dispositionsrechte durch den Patentinhaber für den Bestand des Streitpatents im Übrigen ist nicht gerechtfertigt. Denn auch in diesem Fall steht die Zulässigkeit und Erforderlichkeit einer weiteren Sachprüfung der Nichtigkeitsgründe nach dem numerus clausus der Nichtigkeitsgründe unter dem Vorbehalt der Antragsbindung nach § 308 ZPO gegenüber dem Kläger einerseits und dem Willen des [X.] andererseits. Ebenso wie es dem Patentamt und Patentgericht danach verwehrt ist, ein Patent in einer Fassung beschränkt aufrechtzuerhalten, mit welcher der Patentinhaber nicht einverstanden ist ([X.]. v. 27.6.2007, [X.] = GRUR 2007, 862, [X.]. 20 - Informationsübermittlungsverfahren [X.]), würde eine Sachprüfung des Patents in seiner erteilten Fassung und ggf. dessen Bestätigung durch Abweisung der Klage mit den danach maßgeblichen Grundsätzen von Antragsbindung und zulässiger Disposition des [X.] nicht in Einklang stehen. Dem Patentinhaber würde eine Rückzugsposition aufgedrängt, die er nicht will. Dies gilt im Übrigen auch für denkbare Zwischenpositionen und ein bestandsfähiges Minus, welches der Patentinhaber nicht verteidigen will ([X.], [X.]. [X.], [X.] 131/02 = GRUR 2007, 309 - Schussfädentransport).

1.2.3. Insoweit sieht der [X.] auch keinen Verstoß gegen eine Entscheidung außerhalb des Streitgegenstandes oder einen Unterschied zur unbedingten Selbstbeschränkung des Patents, wenn das umfänglich angegriffene und beschränkt verteidigte Patent ohne Sachprüfung vollumfänglich für nichtig erklärt wird, weil sich die ausschließlich verteidigte Fassung als unzulässig geändert erwei[X.] Denn auch in diesem Falle führt nicht die unzulässige Änderung und Verteidigung als solche zur Nichtigerklärung des Streitpatents, sondern der Wille des [X.], das Patent im Übrigen überhaupt nicht zu verteidigen, ohne dass es hierzu eines ausdrücklichen Antrags (etwa in Form eines weiteren [X.]) bedarf. Die Nichtigerklärung des Streitpatents bleibt deshalb auch im Rahmen des durch den vollumfänglichen Angriff des Streitpatents bestimmten Streitgegenstandes (siehe bereits [X.], 145 - Fentanylpflaster unter Hinweis auf [X.], 409 - [X.]ritzgussmaschine). Dass hierbei keine Prüfung der Nichtigkeitsgründe erfolgt, ist - wie in allen Fällen der beschränkten Verteidigung oder Nichtverteidigung des Patents - allein Folge der insoweit dem Patentinhaber zuerkannten und bindenden Dispositionsbefugnis, Teile des Streitgegenstands oder diesen insgesamt nicht zu verteidigen und begründet insbesondere keinen Verstoß gegen den numerus clausus der Nichtigkeitsgründe.

2. Der [X.] kann deshalb die Frage der von den Klägern als nicht zulässig angesehenen Änderungen der verteidigten Patentansprüche unentschieden lassen, da der nach sämtlichen Anträgen jeweilig verteidigte [X.] gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht und eine weitergehende Prüfung des Streitpatents in der erteilten Fassung in keinem Fall veranlasst i[X.]

I[X.]

1. [X.] betrifft ein Verfahren zur Erzeugung eines digitalen Datensatzes für die Bewegung der Zähne aus einer anfänglichen Zahnanordnung in eine schließliche (finale) Zahnanordnung, (siehe [X.] [0001]). In der Beschreibungseinleitung des Streitpatents ist erläutert, dass das Neupositionieren der Zähne aus ästhetischen und anderen Gründen herkömmlich durch das Tragen einer üblicherweise so bezeichneten „Zahnspange“ erreicht wird. Zahnspangen weisen eine Vielfalt von Vorrichtungen, derart wie Halter, Bogendrähte, Ligaturen und O-Ringe auf. Das Anbringen der Vorrichtungen an die Zähne eines Patienten ist ein langwieriges und zeitaufwändiges Unternehmen, das viele Termine bei dem behandelnden Kieferorthopäden erfordert. Folglich beschränken herkömmliche Kieferorthopädie-Behandlungen die Patienten-[X.]azität eines Kieferorthopäden und machen kieferorthopädische Behandlung ziemlich kostspielig (siehe [X.] [0002]).

Auch aus der Sichtweise des Patienten stellt der Gebrauch herkömmlicher Zahnspangen ein langwieriges und zeitaufwändiges Verfahren dar und erfordert viele Besuche in der Praxis des Kieferorthopäden. Außerdem sei für den Patienten der Gebrauch der Zahnspange unansehnlich, unbequem, verkörpere ein Risiko der Infektion und mache Bürsten, Zahnseidenbehandlung und andere Zahnhygieneverfahren schwierig (siehe [X.] [0007]).

2. Die Patentschrift bezeichnet es in Abschnitt [0008] als Ziel der Erfindung, derartige Systeme wirtschaftlich zu machen und insbesondere den Zeitumfang verringern, der bei den Kieferorthopäden beim Planen und Betreuen jedes einzelnen Patienten erforderlich i[X.] Die Systeme sollten ebenfalls akzeptabler für den Patienten sein, insbesondere weniger sichtbar, weniger unbequem, weniger zu Infektionen geneigt, und mehr mit der täglichen Zahnhygiene vereinbar sein.

objektiv zu bestimmend Aufgabe ([X.]. [X.], [X.] 19/12 = GRUR 2013, 1272, [X.]. 22 - Tretkurbeleinheit) darin, die Planung der Zahnkorrektur zu erleichtern oder zu verbessern.

3. Erfindungsgemäß geschieht dies durch ein Verfahren nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag, der in der [X.] (Merkmalsgliederung hinzugefügt, Änderungen gegenüber der erteilten Fassung unterstrichen) folgenden Wortlaut aufweist:

1. A method for producing a digital data set

1.1 representing a final tooth arrangement, said method comprising

2.’ providing an initial digital data set of a patient's teeth

2.1’ wherein the step of providing a digital data set representing an initial tooth arrangement of a patient's teeth comprises scanning a three-dimensional model of the patient's teeth or scanning or imaging the patient's teeth;

3. presenting a visual image

3.1 based on the initial data set,

4. manipulating the visual image

4.1 to reposition individual teeth in the visual image,

wherein the manipulating step comprises:

4.2.1 defining boundaries about at least some of the individual teeth; and

4.2.2 moving at least some of the tooth boundaries relative to the other teeth in an image based on the digital data set; and and

5. producing a final digital data set

5.1’ representing the final tooth arrangement of a patient's teeth with repositioned teeth

5.2 as observed in the image.

Hilfsantrag I verteidigten Fassung hat Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut (Abweichungen vom Hauptantrag unterstrichen):

1. A method for producing a digital data set

1.1 representing a final tooth arrangement, said method comprising

2.’ providing an initial digital data set of a patient's teeth

or imaging the patient's teeth;

3. presenting a visual image

3.1 based on the initial data set,

2’’ separating the scanned image into individual graphic components;

4. manipulating the visual image

4.1 to reposition individual teeth in the visual image,

5. producing a final digital data set

5.1’ representing the final tooth arrangement of a patient's teeth with repositioned teeth

5.2 as observed in the image.

Hilfsantrag [X.] verteidigten Fassung hat Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut (Abweichungen vom Hilfsantrag I unterstrichen):

1. A method for producing a digital data set

1.1  representing a final tooth arrangement, said method comprising

2.’ providing an initial digital data set of a patient's teeth

or imaging the patient's teeth;

3. presenting a visual image

3.1 based on the initial data set,

2’’ separating the scanned image into individual graphic components;

2.2 by defining a path for cutting the graphic image by using two cubic B-spline curves lying in space, [X.],

2.2.1 wherein a set of lines connects the two curves and shows the general cutting path;

4. manipulating the visual image

4.1 to reposition individual teeth in the visual image,

4.3 scaling an individual component to a smaller or larger size; and

5. producing a final digital data set

5.1’ representing the final tooth arrangement of a patient's teeth with repositioned teeth

5.2 as observed in the image.

Abbildung

Gegenstand der beanspruchten Lehre ist danach ein Verfahren zur Erzeugung eines digitalen Datensatzes, wobei ein bereits vorhandener anfänglicher digitaler Datensatz einer anfänglichen Zahnanordnung eines Patienten manipuliert wird, um individuelle Zähne in dem visuellen Bild zu repositionieren und ein schließlicher digitaler Datensatz erzeugt wird, der die schließliche Zahnanordnung der Zähne des Patienten mit repositionierten Zähnen darstellt, wie sie in dem Bild zu beobachten sind. Die nebenstehend wiedergegebene [X.]ur 2 der [X.] zeigt eine Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens:

4. Als zuständigen Fachmann sieht der [X.] einen Zahntechniker mit mehreren Jahren Berufserfahrung und umfangreichen Erfahrungen auf dem Gebiet der Herstellung von Zahnmodellen und Mitteln zur [X.] im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung berufen, der einerseits eng mit dem Kieferorthopäden bzw. Zahnarzt zusammenarbeitet, um die medizinischen und wirtschaftlichen Anforderungen und die Patientenwünsche zu erfüllen, andererseits aber hinsichtlich des gewünschten computerunterstützten Verfahrens und der [X.] einen [X.]ezialisten (Informatiker) auf dem Gebiet des CAD/CAM (computer-aided design/computer-aided manufacturing) heranzieht. Aufgrund der Fokussierung auf die Visualisierung und Manipulation von Datensätzen einer Zahnanordnung ist als Fachmann deshalb ein Team aus Zahntechniker und Informatiker auf dem Gebiet des CAD/CAM anzusehen, der bei Bedarf einen Kieferorthopäden hinzuzieht.

Das Fachwissen dieses Teams beinhaltet aufgrund der Anforderungen zur computerunterstützten Behandlungsplanung spezielle Fachkenntnis auf dem Gebiet der digitalen Bildverarbeitung. Dem Fachwissen dieses Teams ist daher auch die Kenntnis der Lehre aus den Druckschriften [X.] und [X.] zuzurechnen. Diese zum Stand der Technik zählenden Lehrbücher befassen sich mit Methoden zur digitalen Bildverarbeitung.

[X.][X.]

Nach dem maßgeblichen Verständnis des Fachmanns und einer am Gesamtzusammenhang orientierten Betrachtung ([X.] Rspr., vgl. [X.]. v. 18.11.2010, [X.] 149/07 = GRUR 2011, 129 - [X.]; [X.]. v. 3.6.2004, [X.] 82/03 = GRUR 2004, 845 - Drehzahlermittlung, m. w. N.) ist zu beurteilen, welche technische Lehre Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist und welcher technische Sinngehalt den Merkmalen des jeweiligen Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit zukommt. Der [X.] legt demnach dem Patentanspruch 1 folgendes Verständnis zu Grunde:

Das geschützte Verfahren soll gegenüber den in der [X.] als Stand der Technik beschriebenen Verfahren ein alternatives Verfahren zum Repositionieren der Zähne vorsehen, das wirtschaftlich sein soll und insbesondere den Zeitumfang verringert, der bei einem Kieferorthopäden beim Planen und Betreuen jedes einzelnen Patienten erforderlich ist (siehe Übersetzung der [X.] Abs. [0008]) Dies wird durch die Unterstützung des Kieferorthopäden oder Zahntechnikers mittels CAD-Maßnahmen erreicht, wobei die Manipulation der Zahnstellung nicht am Gipsmodell, sondern an einem digitalen Datensatz bzw. visuellen Bild vorgenommen wird.

Der anfängliche digitale Datensatz wird nach der nunmehr mit Haupt- und [X.]n verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 nach Merkmal 2.1.’ („wherein the step of providing a digital data set representing an initial tooth arrangement of a patient's teeth comprises scanning a three-dimensional model of the patient's teeth or scanning the patient's teeth”) durch Scannen eines dreidimensionalen Modells der Zähne des Patienten oder das Scannen der Zähne des Patienten bereitgestellt, dargestellt (Merkmale 3 und 3.1) und manipuliert (Merkmale 4 und 4.1).

Kriterien - im Unterschied zu den noch zu erläuternden Methoden, nach denen das visuelle Bild manipuliert wird, um individuelle Zähne in dem visuellen Bild zu repositionieren (Merkmale 4 und 4.1), trifft der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] und der Hilfsanträge keine näheren Festlegungen. In der [X.] heißt es hierzu, dass die Bildmanipulation völlig subjektiv erfolgen kann,

Methoden der digitalen Bildverarbeitung werden mit den Merkmalen 4.2 bis 4.2.2 nach Hauptantrag, 2'' nach Hilfsantrag I und 2'' bis 2.2.1 und 4.3 nach Hilfsantrag [X.] präzisiert. So werden nach den Merkmalen 4.2 bis 4.2.2 [X.] festgelegt und diese zur Manipulation herangezogen, indem zumindest einige der [X.] relativ zu den anderen Zähnen in einem Bild auf der Grundlage des digitalen Datensatzes bewegt werden (Merkmal 4.2.2). Die Merkmale 2'' bis 2.2.1 und 4.3 beinhalten weitere Methoden der digitalen Bildverarbeitung, die Zerlegung in graphische Komponenten (Merkmal 2'') und die Verwendung von [X.] gemäß den Merkmalen 2'' bis 2.2.1 und das Skalieren der grafischen Komponenten (Merkmal 4.3).

Nach den Merkmalen 5. bis 5.1 wird ein „schließlicher“ (finaler) digitaler Datensatz erzeugt, der den umpositionierten Zähnen entspricht, also aufgrund der Manipulation entstanden i[X.] Hierbei wird nach Merkmal 5.2 vorgegeben, dass die schließliche Zahnanordnung und damit die Auswirkungen der Manipulation auch im Bild zu beobachten i[X.] Eine Kontrolle durch den Anwender wird jedoch nicht vorgegeben: So heißt es in der Übersetzung der [X.] Abs. [0025]:

In einer digitalen Bildbearbeitung erfolgt die Manipulation eines Bildes anhand der Manipulation eines Datensatzes. Eine zeitliche Abfolge oder eine Trennung zwischen der Manipulation des visuellen Bildes und des Datensatzes ist nicht gegeben. Damit ist Merkmal 5.2 sowohl bei der vollautomatischen Manipulation (Grundlage ist Datensatz) als auch bei einer manuellen digitalen Manipulation (Grundlage ist visuelles Bild) erfüllt.

IV.

Die nach Patentanspruch 1 gemäß Haupt- und [X.]n verteidigte Lehre erweist sich nicht als patentfähig [X.]. [X.] § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.], Art. 138 Absatz 1 [X.] a EPÜ. Insoweit geht der [X.] von der bisherigen nationalen Rechtsprechung aus, dass es sich bei den in Art. 54 - Art. 57 EPÜ enthaltenen Patentierungsvoraussetzungen nur um unterschiedliche rechtliche Aspekte eines einheitlichen [X.]es [X.]. [X.] § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.]; § 138 Abs. 1 [X.] a EPÜ; §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 [X.] und nicht um eigenständige Streitgegenstände handelt (siehe bereits [X.], [X.]. v. 12.11.2013, [X.]. 4 Ni 53/11 (EP) - Abdeckung; [X.], Patentnichtigkeitsverfahren, 5. Aufl., [X.]. 63; [X.]. [X.], [X.] 19/12 = GRUR 2013, 1272, [X.]. 36 - Tretkurbeleinheit; [X.]/Busse, [X.], 7. Aufl., § 21 [X.]. 28 und 30).

1. Die erfindungsgemäße Lehre aus Anspruch 1 des Streitpatents in der Fassung des [X.] und der Hilfsanträge I und [X.] ist als Erfindung im Sinne des Art. 52 Abs. 1 EPÜ zu qualifizieren. Sie liegt nach den von der Rechtsprechung des [X.] gesetzten Kriterien bereits deshalb auf technischem Gebiet, weil der Gegenstand des Patentanspruchs 1 eine bestimmte Nutzung der Komponenten einer Datenverarbeitungsanlage lehrt und damit zumindest mit einem Teilaspekt eine Anweisung zum technischen Handeln darstellt ([X.] Rspr. [X.], [X.]. v. 26. 10. 2010, [X.] 47/07 = GRUR 2011, 125 - Wiedergabe topografischer Informationen).

2. Der [X.] hat hinsichtlich der gemäß Haupt- und Hilfsanträgen verteidigten Fassungen aufgrund des hinzugefügten Merkmals 2.1.’ auch keine Bedenken mehr, dass das Verfahren in Patentanspruch 1 über die von Art. 52 Abs. 2 [X.] c, d EPÜ erfassten [X.] hinausführt.

2.1. Nach Art. 52 Abs. 2 [X.] c, d, Abs. 3 EPÜ kann die bestimmungsgemäße Verwendung eines Computers zum Betreiben eines Datenverarbeitungsprogramms als solches keine Erfindung begründen, nämlich wenn der technische Aspekt sich lediglich auf die Anweisung beschränkt, zur Auswahl der Daten Mittel der elektronischen Datenverarbeitung einzusetzen (zur erfinderischen Tätigkeit: [X.], [X.]. v. 18. 12. 2012, [X.] 3/12 = GRUR 2013, 275 - Routenplanung). Nach [X.] Rspr. des [X.] wird deshalb zur Überwindung des [X.]s nach Art. 52 Abs. 2 [X.] c, Abs. 3 EPÜ (§ 1 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 [X.]) bzw. zur Stützung der Patentfähigkeit der Lehre gefordert, dass die Anweisungen die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen ([X.] GRUR 2013, 275 - Routenplanung, unter Hinweis auf die gleichlautende Entscheidungspraxis der Beschwerdekammern des [X.] (dazu [X.], ABl[X.] 2011, 10 [X.]rn. 10.33 ff. = [X.]. 2010, 608 - Programs for computers).

Von einem zur Lösung eines technischen Problems eingesetzten technischen Mittel kann dann gesprochen werden, wenn der Ablauf eines zur Problemlösung eingesetzten Datenverarbeitungsprogramms durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder wenn die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt ([X.], [X.]. v. 24. 2. 2011, [X.] 121/09 = GRUR 2011, 610 - Webseitenanzeige; Beschl. v. 22. 4. 2010, [X.]/08 = [X.], 613 - Dynamische Dokumentengenerierung).

Diese Voraussetzungen sind nach den beschränkt verteidigten [X.] jedenfalls im Hinblick auf das hinzugefügte Merkmal 2.1.’ erfüllt, da das sich der Datenverarbeitungsanlage bedienende Verfahren in den Ablauf einer technischen Einrichtung eingebettet ist; hier das Scannen oder die Visualisierung vom dreidimensionalen Modell der Zähne oder der Zähne selb[X.] Damit geht das Verfahren über die Erfassung und [X.]eicherung von Informationen hinaus, da die körperliche Eigenschaft des Patienten berücksichtigt wird, indem die Zahnanordnung des Patienten erfasst und verarbeitet wird. Zumindest ein Teilaspekt der Lehre nach Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hauptantrag und nach den [X.]n bewältigt somit ein konkretes technisches Problem und geht über den Bereich der Datenverarbeitung als solche hinaus.

2.2. Entsprechende Anforderungen gelten für die nach Art. 52 Abs. 2 [X.] d, Abs. 3 EPÜ erfasste Wiedergabe von Informationen, die als solche keinem Patentschutz zugänglich i[X.] Anweisungen, die die Informationen betreffen, die nach der Lehre eines Patents wiedergegeben werden sollen, können daher sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Erfindung als auch der Patentfähigkeit die beanspruchte Lehre nur dann und nur insoweit stützen, als sie die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen (zur erfinderischen Tätigkeit: [X.], [X.]. v. 23. 4. 2013, [X.] 27/12 = GRUR 2013, 909 - [X.]). Insoweit enthält der Patentanspruch 1 allerdings mit dem [X.] keine Lehre, welche über die von Art. 52 Abs. 2 [X.] d, Abs. 3 EPÜ ausgeschlossene Wiedergabe von Informationen hinausgeht.

3. Die erfindungsgemäße Lehre aus Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] und der Hilfsanträge ergibt sich jedoch für den hier maßgeblichen Fachmann durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik in nahe liegender Weise (Art. [X.] § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 [X.] a, Art. 56 EPÜ). Insoweit können auch bei der Prüfung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nur diejenigen Anweisungen die beanspruchte Lehre stützen, als sie die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest auf die Lösung des konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln Einfluss nehmen ([X.] Rspr., [X.], [X.]. v. 18. 12. 2012, [X.] 3/12 = GRUR 2013, 275 - Routenplanung; zur erfinderischen Tätigkeit: [X.] GRUR 2013, 909 - [X.]).

3.1. [X.] betrifft im [X.] ein Verfahren zur Manipulation von Bilddaten. Die Lehre setzt sich dabei aus den Bestandteilen der Erfassung der Patientendaten, der Darstellung des [X.] und der Manipulation der Bilddaten zusammen. Die ausschließlich den Einsatz des Datenverarbeitungsprogramms und die Wiedergabe von Informationen [X.]. 52 Abs. 2 [X.] c, [X.] d; Abs. 3 EPÜ betreffende digitale Bildverarbeitung nach Hauptantrag besteht aus folgenden Anweisungen:

- Ein visuelles Bild aufgrund des anfänglichen Datensatzes wird dargestellt (Merkmale 3 und 3.1),

- Es erfolgt eine Manipulation zur Repositionierung der individuelle Zähne (Merkmale 4, 4.1 und 4.2)

- Ein finaler (schließlicher) digitaler Datensatz wird erzeugt (Merkmale 5 bis 5.2).

Die Manipulation der Daten beinhaltet hierbei folgende Schritte:

- Grenzen von zumindest einigen der einzelnen Zähne werden festgelegt (Merkmal 4.2.1),

- zumindest einige der [X.] werden relativ zu den anderen Zähnen in einem Bild auf der Grundlage des digitalen Datensatzes bewegt (Merkmal 4.2.2).

3.2. Dies gilt insbesondere auch für die Erzeugung des finalen (schließlichen) digitalen Datensatzes einer Zahnanordnung wie sie im Bild zu beobachten ist (Merkmal 5.2). Entgegen der Ausführungen der Beklagten geht auch diese Anweisung nicht über die bloße Wiedergabe von Informationen hinaus und enthält keine konkrete technische Lösung eines konkreten technischen Problems, da in der digitalen Bildverarbeitung das visuelle Bild und der Datensatz synonym zu betrachten sind. Daher sind nach Auffassung des [X.]s die Merkmale 3.3.1 und 5. bis 5.2 für die erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen. Auch bei den Schritten zur Manipulation der Bilddaten nach [X.] 4 vermag der [X.] nicht zu erkennen, welche konkrete Problemlösung mit welchen konkreten Mitteln außerhalb des bloßen Einsatzes einer Datenverarbeitung als Bildbearbeitungsprogramm insoweit gelöst werden soll. Der Einsatz digitaler Bildverarbeitung mittels eines Computers stellt auch dann keine konkrete technische Lösung eines konkreten technischen Problems dar, wenn die mit der Bildverarbeitung bezweckte Manipulation durch Datensätze erfolgt, die auf visuell simulierter Bewegung von Abbildern eines oder mehrere Zähne basiert und nicht mittels sonstiger Datensätze.

Es bedarf deshalb keiner näheren Erörterung, dass sich die danach nicht vom [X.] nach Art. 52 Abs. 2, Abs. 3 EPÜ erfasste, allein verbleibende Lehre, einen Computer zur Lehre nach Merkmal 2.1’ einzusetzen, als nicht erfinderisch erwei[X.]

3.3. Selbst wenn insoweit jedoch Zweifel bestünden, würde dies am Ergebnis der Beurteilung der Patentfähigkeit nichts ändern, da sich auch unter Berücksichtigung des [X.]es 4 die verteidigte Lehre des Streitpatents in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik nach [X.] ([X.]) und [X.] ergibt.

Abbildung

3.3.1. Ausgangslage für die Bemühungen des Fachmanns um eine Problemlösung der verbesserten, computerunterstützten Planung der Zahnanordnung eines Patienten waren im Prioritätszeitpunkt 20. Juni 1997 Verfahren zur Simulation einer Zahnanordnung wie sie in den Druckschriften [X.] ([X.]) und [X.] dargestellt sind und bekannt waren.

2]. Das Abtasten der anfänglichen Zahnanordnung der Zähne eines Patienten erfolgt mittels Laser-Scannen (vgl. [X.] S. 365 re. [X.]. 4. Abs.: „2.1''].

3, 3.1].

Abbildung

die Kriterien, insbesondere die Algorithmen zu dieser Bildmanipulation (Verschiebung der Vorderzähne und Ausrichtung aller Zähne an einem Bogen) in der Druckschrift [X.] nicht explizit angegeben, sondern es ist offen gelassen, ob diese Simulation auf Grundlage von Benutzereingaben oder programmgesteuert durchgeführt wird. Dies ist aber, wie unter [X.][X.] ausgeführt, auch nach der Lehre des Patentanspruchs 1 so, der auch beide Möglichkeiten - eine direkte bildliche Umpositionierung oder eine indirekte Manipulation - gemäß den Merkmalen 4 und 4.1. umfas[X.] Entgegen der Auffassung der Beklagten unterscheidet sich die Lehre der [X.] deshalb nicht von derjenigen des Streitpatents, da auch die [X.] nicht lehrt, nach welchen Kriterien der Endzustand der Umpositionierung erreicht bzw. bestimmt wird.

1, 1.1, 5, 5.1, 5.2].

Methode der Bildbearbeitung und Manipulation der Zähne nicht ausdrücklich offenbart. Die Ausrichtung der Zähne an der virtuellen [X.] erfordert aber zwingend eine Verschiebung von einzelnen Zähnen. Daher ist für das dargestellte Verfahren notwendig, die einzelnen Zähne zu definieren. Dieses Erfordernis gehörte zum Fachwissen des zuständigen Fachmanns, ebenso wie die Erkennung von Objekten in der digitalen Bildverarbeitung mittels Segmentierung, Merkmalsextraktion und Klassifizierung der Bildobjekte durchzuführen. Dabei werden in der Regel Objektgrenzen der interessierenden Bildobjekte festgelegt (vgl. u. a. [X.] S. 513 [X.]. 2.2., [X.]. [X.]. „4.2 3D [X.]“, [X.] [X.]. 2 „Material und Methode“). Ferner gehörte es auch zu diesem Fachwissen und zum Standard-Repertoire ([X.], [X.]. v. 25.2.2014, [X.] = GRUR 2014, 461 - [X.]; [X.]. v. 11.3.2014, [X.] 139/10 = GRUR 2014, 647 - Farbversorgungssystem) des hier angesprochenen [X.], dass im Rahmen der Bildverarbeitung die Manipulation eines bildlich dargestellten und segmentierten Objekts auf der Grundlage eines digitalen Datensatzes erfolgen kann, der [X.] durch Drag & Drop mittels direkter bildlicher Umpositionierung des segmentierten Objekts erzeugt wird und dessen visuelle Endposition einem finalen Datensatz entspricht. Dies entspricht den Merkmalen 4.2 bis 4.2.2.

Damit gelangte der Fachmann in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik zu dem Verfahren nach Anspruch 1 in der Fassung des [X.].

3.3.2. Auch die Druckschrift [X.] kann als Ausgangspunkt für das Naheliegen des Verfahrens nach Hauptantrag verwendet werden.

2 und eine Alternative des Merkmals 2.1].

3 und 3.1 des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag erfüllt, da das dargestellte Bild auf den eingescannten Daten basiert. Auch nach Hinzufügen der Daten aus der Datenbank werden die Patientenzähne in korrekter Anordnung (

4]. Wie in [X.]. 8 ersichtlich (vgl. [X.]. 8: „4.1]. Die Manipulation kann indirekt erfolgen, indem kieferorthopädische Instrumente verwendet werden und die Zahnbewegung simuliert wird (vgl. [X.] [X.]. 4: „

Abbildung

4.1 erfüllt, zumal eine direkte Manipulation mittels PC-Eingabegerätes ([X.] durch Drag & Drop) nach Merkmal 4.1 nicht vorgegeben wird.

1, 1.1, 5, 5.1, 5.2].

4.2, 4.2.1 und 4.2.2] festgelegter [X.] auf Basis der durch einen digitalen Datensatz festgelegten Bildes war dem Fachmann, wie dargelegt, selbstverständlich und wurde von diesem bereits aufgrund der nach der Lehre der [X.] möglichen Einzelverschiebung mitgelesen; jedenfalls entsprach sie dem Standard-Repertoire des hier angesprochenen Informatikers.

Damit gelangt der Fachmann ebenfalls in naheliegender Weise zum Verfahren nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag.

4. Auch die nach den Hilfsanträgen I und [X.] hinzugefügten Merkmale erweisen sich bereits aus den unter 3.1 und 3.2. genannten Gründen nicht als technische Anweisungen oder solche, die hierauf Einfluss nehmen, da sie nicht über die bloße Anwendung mathematischer Prinzipien unter Einsatz des Computers hinausgehen, und können bereits deshalb bei der Beurteilung auf erfinderische Tätigkeit nicht berücksichtigt werden. Sowohl das Zerlegen in individuelle grafische Einheiten nach Merkmal 2‘‘ als auch die Verwendung von [X.] gemäß den Merkmalen 2.2 und 2.2.1 und die Skalierung nach Merkmal 4.3 stellen lediglich Modifikationen mathematischer Algorithmen dar und unterfallen dem Art. 52 Abs. 2 [X.] a EPÜ.

Hilfsanträgen I und [X.] ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Art. 56 EPÜ).

4.1. Patentanspruch 1 weist in der mit dem Hilfsantrag I verteidigten Fassung statt der Merkmale 4.2, 4.2.1 und 4.2.2 nach Hauptantrag das Merkmal 2'' auf, wonach das abgetastete Bild in einzelne graphische Komponenten zerlegt wird.

Das Zerlegen in individuelle grafische Einheiten ist dem Fachmann in der digitalen Bildverarbeitung geläufig; er wird diese Technik aufgrund fachmännischen Handelns auch bei der Bilderkennung der Einzelzähne einsetzen. Eine Besonderheit, die über diese übliche Verwendung hinausgeht, hat die Beklagte nicht geltend gemacht.

4.2. Auch die mit Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] [X.] vorgeschlagene Lösung, welche die Bildverarbeitung gegenüber dem Hauptantrag zusätzlich mit den Merkmalen

2.2 indem ein Weg für das Schneiden des grafischen Bildes definiert wird, indem zwei kubische [X.] verwendet werden, die im Raum liegen, die geschlossen sind

2.2.1 wobei ein Satz von Linien die beiden Kurven verbindet und den allgemeinen Weg zum Schneiden zeigt

4.3 eine einzelne Komponente wird auf eine kleinere oder größere Größe skaliert

präzisiert, ist dem Fachmann nahegelegt.

4.2.1. Bei den in den neuen Merkmalen 2.2 und 2.2.1 genannten Bildverarbeitungsalgorithmen mittels B-[X.]line handelt es sich um dem Fachmann auch im Prioritätszeitpunkt bekannte Verfahren (siehe [X.]). Dies wird auch von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht in Zweifel gezogen. Ebenso wie Tools zum Skalieren (Merkmal 4.3) stellen diese Methoden generelle, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehende Mittel ihrer Art dar und gehören zum allgemeinen Fachwissen des angesprochenen Fachmanns (vgl. auch [X.], 12a, MH30).

Die Nutzung ihrer Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang stellt sich als objektiv zweckmäßig dar, da diese Methoden in den CAD-Programmen als Werkzeuge zur Verfügung stehen, und keine besonderen Umstände feststellbar sind, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen. Der Fachmann hatte daher Anlass, auf dieses „Standardrepertoire“ zurückzugreifen, um mit möglichst einfachen und bekannten Mitteln Schnittwege im virtuellen Zahnmodell zu zeigen (vgl. auch [X.], [X.]. v. 11.3.2014, [X.] 139/10 = GRUR 2014, 647 - Farbversorgungssystem). Schwierigkeiten, die mit der Verwendung dieser Bildverarbeitungsmethoden verbunden sind, wurden von der Beklagten nicht aufgezeigt und Lösungen zur Überwindung besonderer Probleme sind im Streitpatent auch nicht enthalten.

4.2.2. Auch das Argument der Beklagten, dass eine Skalierung gemäß Merkmal 4.3 für die übliche Zahnkorrektur sinnlos erscheint, kann nicht überzeugen. Je nach medizinischer Anforderung oder Therapieoption wird der Fachmann eine Skalierung der vorhandenen Zähne in Betracht ziehen, wenn das Verfahren nicht nur für die Behandlungsplanung bei der [X.], sondern bei der [X.] verwendet werden soll.

Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass der [X.] weder aufgrund der [X.] noch aufgrund der Erörterung mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erkennen kann, dass die aufgenommenen Merkmale 2.2, 2.2.1 und 4.3 im maßgeblichen Gesamtzusammenhang über die bloße Aggregation von Merkmalen, also um eine bloße Aneinanderreihung, die keinen aus ihrer Kombination folgenden technischen Effekt ergeben, hinausgehen oder Anhaltspunkte vorliegen, die für eine erfinderische Qualität Kombinationseffekte bzw. synergistische Effekte sprechen ([X.]. v. 13.11.2013, [X.] 79/12; [X.]. v. 10.12.2002, [X.] 68/99 GRUR 2003, 317 - [X.]). Es liegt somit keine Lehre vor, bei welcher die [X.] sich gegenseitig beeinflussen, fördern und ergänzend auf das Ziel hin wirken und sich durch das funktionale Zusammenwirken eine über die bloße Addition hinausgehende Wirkung einstellt (hierzu B[X.], [X.]. v. 1.12.2010 – 4 Ni 60/09 (EU)).

Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 beruht folglich auch in der Fassung des [X.] [X.] nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

V.

Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 [X.], 709 ZPO.

Meta

4 Ni 22/12 (EP)

06.05.2014

Bundespatentgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

§ 308 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 06.05.2014, Az. 4 Ni 22/12 (EP) (REWIS RS 2014, 5889)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5889

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 Ni 21/12 (EP) (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "System zur Umpositionierung von Zähnen (europäisches Patent)" – Unzulässigkeit des Kategoriewechsels von einer …


X ZR 90/14 (Bundesgerichtshof)


4 Ni 12/13 (EP) (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Bohrhilfe (europäisches Patent)" – erteiltes Patent enthält Verfahrensansprüche zur Erstellung einer Vorrichtung – …


4 Ni 47/17 (EP) (Bundespatentgericht)


5 Ni 41/15 (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Vorrichtung zum Erkennen einer auf einem Substrat aufzubringenden Struktur sowie geeignete Verfahren hierfür" …


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.