Bundesverfassungsgericht, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren vom 13.06.2013, Az. 1 BvR 2952/08

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2013, 5071

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Gegenstandswertfestsetzung im Verfassungsbeschwerdeverfahren - Zur objektiven Bedeutung eines Verfahrens ua für Parallelverfahren - hier: Minderung des subjektiven Wertes wegen geringerer objektiver Bedeutung um ein Drittel


Tenor

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 70.000 € (in Worten: siebzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betraf eine zivilrechtliche Auseinandersetzung im Zusammenhang mit dem finanzierten Erwerb einer Eigentumswohnung zu Steuersparzwecken.

2

1. Im zivilgerichtlichen Ausgangsverfahren nahm der Beschwerdeführer eine Bausparkasse und eine Bank, die den Kauf finanziert hatten, auf Rückabwicklung des [X.] und der Finanzierung im Wege des Schadensersatzes in Anspruch. Zur Begründung führte er unter anderem aus, die beklagte Bausparkasse und die beklagte Bank hätten ihn darüber unterrichten müssen, dass er durch die Angaben im "Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag", der auch ihm gegenüber verwendet worden sei, über die Höhe der Vertriebsprovisionen getäuscht worden sei. Das [X.] gab der Klage im Wesentlichen statt. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten wies das [X.] die Klage ab. Der [X.] wies die Nichtzulassungsbeschwerde zurück und setzte den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren auf 107.106,11 € fest.

3

2. Mit seiner hiergegen gerichteten Verfassungsbeschwerde rügte der Beschwerdeführer hinsichtlich der Entscheidungen des Berufungsgerichts und des [X.]s eine Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG und hinsichtlich der angegriffenen Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde darüber hinaus - der Sache nach - eine Verletzung des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. [[X.]-5a8069519aec]Art. 20 Abs. 3 [X.]]) sowie des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG). Nach Zustellung der Verfassungsbeschwerde gab die [X.] des [X.] statt, soweit sie sich gegen den Beschluss des [X.]s richtete, stellte eine Verletzung des Justizgewährungsanspruchs fest, hob den Beschluss des [X.]s auf, verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an den [X.] zurück und ordnete die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers durch die [X.] an (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 28. Juni 2012 - 1 BvR 2952/08 -, [X.], S. 15 f.).

4

3. Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2012 hat der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers die Festsetzung des [X.]auf mindestens 20.000 € beantragt.

II.

5

1. Nach § 37 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist der Gegenstandswert im Verfassungsbeschwerdeverfahren unter Berücksichtigung der in [[X.]-4e87-4970-a3d9-cefcc35b07fb]§ 14 Abs. 1 [X.]] genannten Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen; er beträgt jedoch mindestens 4.000 €.

6

2. Ausgangspunkt der Bewertung ist die Bedeutung der Angelegenheit (vgl. [X.]E 79, 365 <366>, dort noch zu [ref=efc7a3a4-c1e6-4945-821b-2ac66894efcb]§ 113 Abs. 2 Satz 3 BRAGO[/ref] a.F.). Der Umstand, dass § 14 Abs. 1 [X.] die in der genannten Grundsatzentscheidung aufgegriffene "gesetzliche Reihenfolge" der Kriterien geändert hat und - anders als § 113 Abs. 2 Satz 3 BRAGO a.F. - nunmehr den anwaltlichen Arbeitsaufwand an erster Stelle nennt, hat insofern keine inhaltliche Änderung bewirkt (vgl. [X.], in: [X.]/Schmidt-Bleibtreu/[X.]/[X.], [X.]G, § 34a Rn. 97 mit [X.]. 236 ). Die durch das [X.] im 79. Band seiner Entscheidungssammlung für die Festsetzung des [X.] im Verfahren der Verfassungsbeschwerde entwickelten Maßstäbe gelten fort (vgl. [X.], Beschluss des [X.] vom 19. August 2010 - 1 BvR 2192/05 -, juris; Beschluss des [X.] vom 10. November 2011 - 1 BvR 611/07 -, juris; Beschluss der [X.] des [X.] vom 18. Juni 2012 - 1 BvR 774/10 -, juris, Rn. 27, insofern in NJW 2012, [X.] ff. nicht abgedruckt).

7

3. In Anwendung dieser Maßstäbe ist der Gegenstandswert der Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers gerundet mit 70.000 € zu bemessen. Maßgebend sind hierfür folgende Erwägungen:

8

a) Das subjektive Interesse des Beschwerdeführers am Verfahrensausgang ist, da er mit der Verfassungsbeschwerde dasselbe Anliegen wie im Ausgangsverfahren weiterverfolgt hat, in Übereinstimmung mit der Streitwertfestsetzung durch den [X.] mit 107.106,11 € zu bewerten.

9

b) Die objektive Bedeutung der Sache, die neben der subjektiven Seite bei der [X.] einbezogen werden muss (vgl. [X.]E 79, 357 <361>; 79, 365 <367>), führt vorliegend zu einer Verringerung des Einsatzwertes.

Die objektive Seite des Falls weist im Verhältnis zum subjektiven Interesse nur ein sehr untergeordnetes Gewicht auf.

Zwar hat die angestrebte Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde zugleich den Weg für neunzehn Parallelverfahren vorgezeichnet, weil auch dort jeweils die fachgerichtliche Auslegung desselben formularmäßigen Objekt- und [X.]eine maßgebliche Rolle spielte. Indes haben - anders als im Fall eines sogenannten Musterverfahrens über eine Rechtssatzverfassungsbeschwerde - mit der Entscheidung die Verfahren der anderen Beschwerdeführer nicht ihre Erledigung gefunden. Zudem fehlt es an einer über diese Parallelverfahren hinausgehenden Bedeutung der vom Beschwerdeführer hier erstrebten Entscheidung, weil zuvor der [X.] im Rahmen eines Grundsatzurteils dasselbe Formular verbindlich ausgelegt und seine vormals vertretene Rechtsauffassung im Sinne des Beschwerdeführers selbst geändert hatte (vgl. [X.], 96 <107 ff.> Rn. 28 ff.).

Dass der Sache neben der subjektiven Bedeutung für den Beschwerdeführer nur ein sehr untergeordneter Stellenwert zukommt, findet schließlich darin seinen Ausdruck, dass über sie die Kammer entschieden hat, weil die zugrunde zu legenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe geklärt waren (§ 93c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 [X.]G; vgl. [X.]E 79, 365 <369>).

c) Hat, wie hier, die objektive Bedeutung neben dem subjektiven Interesse des Verfassungsbeschwerdeführers nur einen sehr untergeordneten Stellenwert, führt der hinzu tretende Umstand, dass das Ausgangsverfahren mit der Entscheidung des [X.]s nicht endgültig beigelegt war, sondern im fachrechtlichen Instanzenzug erneut über die Nichtzulassungsbeschwerde befunden werden muss, zu einer Verringerung des Einsatzwertes für die subjektive Bedeutung (vgl. [X.]E 79, 365 <368>). Dies rechtfertigt es vorliegend, den Einsatzbetrag für die subjektive Bedeutung der Sache (107.106,11 €) um ein Drittel zu mindern. Dabei ist auch berücksichtigt, dass sich auf Grundlage der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des [X.]s die Erfolgsaussicht der Revision geradezu aufdrängt (vgl. nur [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 28. Juni 2012 - 1 BvR 2952/08 -, [X.], S. 15 <16>), obgleich eine erfolgreiche Revision grundsätzlich keine Gewähr für eine abschließende Entscheidung durch den [X.] bietet, sondern auch eine Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht in Betracht kommt.

4. Der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit stehen nicht außer Verhältnis zu der vorstehend bewerteten Bedeutung der Sache. Deshalb ist unter diesem Gesichtspunkt eine weitere Änderung des Wertes nicht angezeigt.

5. Nach alledem sind für das vorliegende Verfahren - gerundet - zwei Drittel des Einsatzwertes für die subjektive Bedeutung der Sache festzusetzen.

Meta

1 BvR 2952/08

13.06.2013

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren

Sachgebiet: BvR

vorgehend BGH, 23. September 2008, Az: XI ZR 379/07, Beschluss

§ 113 Abs 2 S 3 BRAGebO, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren vom 13.06.2013, Az. 1 BvR 2952/08 (REWIS RS 2013, 5071)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5071

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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