Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 19.05.2021, Az. 1 BvR 487/20, 1 BvR 515/20, 1 BvR 623/20, 1 BvR 972/20, 1 BvR 1088/20, 1 BvR 1290/20, 1 BvR 1450/20, 1 BvR 1571/20, 1 BvR 1622/20, 1 BvR 1648/20, 1 BvR 1711/20, 1 BvR 1720/20, 1 BvR 1761/20, 1 BvR 1762/20, 1 BvR 1763/20, 1 BvR 1891/20, 1 BvR 2046/20, 1 BvR 2111/20, 1 BvR 2737/20, 1 BvR 19/21, 1 BvR 366/21

1. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2021, 5742

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Wegfall des Rechtsschutzinteresses in Verfassungsbeschwerdeverfahren gegen "Berliner Mietendeckel" nach Ergehen einer Leitentscheidung des Senats (25.03.2021, 2 BvF 1/20 ua) - Anordnung der Auslagenerstattung


Tenor

Die [X.] in den Verfahren 1 BvR 623/20, 1 BvR 1290/20 und 1 BvR 2046/20 sind in der Hauptsache erledigt. Alle übrigen [X.] werden nicht zur Entscheidung angenommen.

Das [X.] hat den Beschwerdeführenden, mit Ausnahme des Beschwerdeführers zu 1. im Verfahren 1 BvR 1088/20, ihre notwendigen Auslagen in den Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

I.

1

1. Die [X.] richten sich unmittelbar gegen das am 22. Februar 2020 verkündete und am Folgetag in [X.] getretene Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung vom 11. Februar 2020 (GVBl S. 50), namentlich gegen das im dortigen Artikel 1 enthaltene Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in [X.] (MietenWoG Bln) beziehungsweise gegen Teile hiervon.

2

2. Die Beschwerdeführenden sind - mit Ausnahme des Beschwerdeführers zu 1. im Verfahren 1 BvR 1088/20 - Vermieter von frei finanzierten und vor 2014 erstmals bezugsfertigen Wohnungen in [X.]. Sie machen geltend, durch das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in [X.] in ihren Grundrechten aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG verletzt zu sein, weil weder das Land [X.] die erforderliche Gesetzgebungskompetenz besitze noch die Regelungen verhältnismäßig seien.

3

3. Die Beschwerdeführenden in den Verfahren 1 BvR 623/20, 1 BvR 1290/20 und 1 BvR 2046/20 haben ihre [X.] für erledigt erklärt.

II.

4

1. Die [X.], mit Ausnahme der für erledigt erklärten, werden nicht zur Entscheidung angenommen, weil die hierfür nach § 93a Abs. 2 [X.]G erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Sie haben weder grundsätzliche Bedeutung noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführenden erforderlich, da sie wegen fehlenden [X.] unzulässig sind.

5

a) Das [X.] hat das mit den [X.] angegriffene Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in [X.] mit Beschluss vom 25. März 2021 (2 [X.] u.a.) für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig erklärt, weil das Land nicht die Gesetzgebungskompetenz hierfür nach Art. 70 GG besitzt. Diese Entscheidung hat Gesetzeskraft (§ 31 Abs. 2 Satz 2 [X.]G).

6

b) Für eine auf denselben Gegenstand zielende verfassungsgerichtliche Entscheidung besteht daher kein Rechtsschutzbedürfnis mehr (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 10. August 2017 - 1 BvR 571/16 -, Rn. 17 f.; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 27. Februar 2020 - 2 BvR 1494/16 -, Rn. 6).

7

2. Die Auslagenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 3 [X.]G.

8

a) Die Erstattung der Auslagen der Beschwerdeführenden - mit Ausnahme des Beschwerdeführers zu 1. im Verfahren 1 BvR 1088/20 - entspricht der Billigkeit. Die maßgeblichen Rechtsfragen waren zum Zeitpunkt der Erhebung der [X.] nicht geklärt und die [X.] hatten, wie aus dem Beschluss des [X.]s vom 25. März 2021 - 2 [X.] u.a. - ersichtlich ist, Aussicht auf Erfolg.

9

b) Allein die Tatsache, dass bereits zum Zeitpunkt der Erhebung einiger [X.] weitere [X.] erhoben waren, die sich gegen das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in [X.] richteten und zur Nichtigkeitserklärung dieser Vorschrift durch Beschluss des [X.]s vom 25. März 2021 - 2 [X.] u.a. - führten, hat nicht die Versagung der Auslagenerstattung zur Folge.

Zwar sind denjenigen, die Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz einlegen, obwohl für sie erkennbar ist, dass bereits [X.] erhoben sind, die zur Überprüfung des Gesetzes durch das [X.] führen werden, in der Regel die notwendigen Auslagen auch dann nicht zu erstatten, wenn sich aufgrund einer Leitentscheidung des [X.]s ergibt, dass ihre Verfassungsbeschwerde begründet war (vgl. [X.]E 85, 117 <123, 125 f.>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 9. April 2018 - 1 BvR 790/12 -, Rn. 9 f.). Sind Beschwerdeführende aber mit einer Straf- oder wie hier erheblichen Bußgeldandrohung (vgl. § 11 Abs. 2 MietenWoG Bln) konfrontiert, sind sie indes nicht gehalten, darauf zu vertrauen, dass andere Normadressaten oder mittelbar von der Norm Betroffene die Straf- oder Ordnungswidrigkeitsvorschrift in einer den Begründungsanforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.]G genügenden Weise zur verfassungsrechtlichen Prüfung stellen, zumal sich diese Beurteilung hier den Erkenntnismöglichkeiten der Beschwerdeführenden entzog (vgl. dazu [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 27. Februar 2020 - 2 BvR 1494/16 -, Rn. 10).

c) Dies gilt nicht für den Beschwerdeführer zu 1. im Verfahren 1 BvR 1088/20. Er ist selbst nicht Vermieter. Damit fehlt ihm die nötige unmittelbare und gegenwärtige Selbstbetroffenheit, die Voraussetzung dafür ist, eine Verfassungsbeschwerde zulässig erheben zu können (vgl. [X.]E 1, 97 <101>; 40, 141 <156>; 60, 360 <370>; 72, 39 <43>; 79, 1 <13>; 143, 246 <321 Rn. 207>; stRspr.). Aufgrund der Übertragung des Nießbrauchs an dem Vermietungsobjekt auf die dortige Beschwerdeführerin zu 2. ist allein diese Vermieterin, vgl. §§ 1030 Abs. 1, 100, 99 Abs. 3, auch §§ 567, 567a in Verbindung mit § 566 BGB.

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.]G abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 487/20, 1 BvR 515/20, 1 BvR 623/20, 1 BvR 972/20, 1 BvR 1088/20, 1 BvR 1290/20, 1 BvR 1450/20, 1 BvR 1571/20, 1 BvR 1622/20, 1 BvR 1648/20, 1 BvR 1711/20, 1 BvR 1720/20, 1 BvR 1761/20, 1 BvR 1762/20, 1 BvR 1763/20, 1 BvR 1891/20, 1 BvR 2046/20, 1 BvR 2111/20, 1 BvR 2737/20, 1 BvR 19/21, 1 BvR 366/21

19.05.2021

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 3. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

nachgehend BVerfG, 2. Juni 2022, Az: 1 BvR 515/20, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren

§ 34a Abs 3 BVerfGG, § 90 BVerfGG, § 11 Abs 2 MietBegrG BE

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 19.05.2021, Az. 1 BvR 487/20, 1 BvR 515/20, 1 BvR 623/20, 1 BvR 972/20, 1 BvR 1088/20, 1 BvR 1290/20, 1 BvR 1450/20, 1 BvR 1571/20, 1 BvR 1622/20, 1 BvR 1648/20, 1 BvR 1711/20, 1 BvR 1720/20, 1 BvR 1761/20, 1 BvR 1762/20, 1 BvR 1763/20, 1 BvR 1891/20, 1 BvR 2046/20, 1 BvR 2111/20, 1 BvR 2737/20, 1 BvR 19/21, 1 BvR 366/21 (REWIS RS 2021, 5742)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 5742


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 BvR 623/20

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 623/20, 08.04.2020.


Az. 1 BvR 515/20

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 515/20, 10.03.2020.


Az. 1 BvR 487/20, 1 BvR 515/20, 1 BvR 623/20, 1 BvR 972/20, 1 BvR 1088/20, 1 BvR 1290/20, 1 BvR 1450/20, 1 BvR 1571/20, 1 BvR 1622/20, 1 BvR 1648/20, 1 BvR 1711/20, 1 BvR 1720/20, 1 BvR 1761/20, 1 BvR 1762/20, 1 BvR 1763/20, 1 BvR 1891/20, 1 BvR 2046/20, 1 BvR 2111/20, 1 BvR 2737/20, 1 BvR 19/21, 1 BvR 366/21

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Az. 1 BvR 515/20, 1 BvR 623/20, 1 BvR 972/20, 1 BvR 1290/20, 1 BvR 1450/20, 1 BvR 1648/20, 1 BvR 1891/20, 1 BvR 2046/20, 1 BvR 2111/20, 1 BvR 2737/20, 1 BvR 366/21

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1 BvR 1088/20

1 BvR 623/20

2 BvF 1/20

1 BvR 571/16

2 BvR 1494/16

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