Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 26.02.2010, Az. 1 BvR 1541/09, 1 BvR 2685/09

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2010, 8892

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Aufgrund Verfristung, Subsidiarität sowie mangelnder Substantiierung unzulässige Verfassungsbeschwerde bzgl Entschädigungsleistungen zugunsten Contergan-Geschädigter


Gründe

1

Die [X.] betreffen den Umfang und die Höhe der Leistungen für [X.].

[X.]

2

1. In der [X.] sind mehr als 2500 Kinder von Müttern, die während der Schwangerschaft das von der Firma [X.] hergestellte und am 1. Oktober 1957 auf den Markt eingeführte thalidomidhaltige Schlaf- und Beruhigungsmittel "Contergan" eingenommen hatten, mit schweren Fehlbildungen ihrer Gliedmaßen und anderen Körperschäden zur Welt gekommen.

3

Am 10. April 1970 verpflichtete sich die Firma [X.] zur vergleichsweisen Regelung "aller denkbaren Ansprüche" von Kindern und deren Eltern wegen Fehlbildungen des Kindes zur Zahlung von 100 Mio. DM. Um den bei der Durchführung des Vergleichs zu erwartenden Schwierigkeiten und Unsicherheiten (vgl. die Begründung des [X.], [X.]) zu begegnen und um die Hilfsmaßnahmen durch eine Stiftung auf eine möglichst breite finanzielle Basis zu stellen, erging das am 17. Dezember 1971 verkündete und am 31. Oktober 1972 in [X.] getretene Gesetz über die Errichtung einer Stiftung "[X.]" - [X.] - ([X.]). Die Stiftung wurde zusätzlich zu dem von der Firma eingebrachten Betrag mit zunächst 100 Mio. DM aus [X.] ausgestattet. Das Gesetz sah als Leistungen je nach der Schwere des Körperschadens und der hierdurch hervorgerufenen Körperfunktionsstörungen eine Kapitalentschädigung in Höhe von mindestens 1.000 DM und höchstens 25.000 DM sowie eine monatliche Rente von mindestens 100 DM und höchstens 450 DM vor (§ 14 Abs. 2 Sätze 1 und 2 [X.]). Unter bestimmten Voraussetzungen war auf Antrag eine Kapitalisierung der Rente insbesondere zum Erwerb von Grundeigentum möglich (§ 14 Abs. 3 [X.]). Die Leistungen der Stiftung waren einkommensteuerfrei und blieben bei der Ermittlung von Einkommen und Vermögen nach anderen Gesetzen grundsätzlich außer Betracht (§ 21 [X.]). Leistungspflichten anderer wurden durch das Stiftungsgesetz grundsätzlich nicht berührt (§ 22 [X.]). Nach § 23 erloschen alle etwa bestehenden Ansprüche gegen die Firma [X.].

4

Mit Urteil vom 8. Juli 1976 (1 [X.] 19 und 20/75, 1 BvR 148/75) erklärte der Erste Senat des [X.] (vgl. [X.] 42, 263) die Regelung zum Inkrafttreten (§ 29 [X.]) für vereinbar mit dem Grundgesetz und wies eine [X.]beschwerde gegen das Stiftungsgesetz zurück. Er maß die Umformung der privatrechtlichen Vergleichsforderungen in gesetzliche Leistungsansprüche unter Überführung der Vergleichssumme in das Stiftungsvermögen am Maßstab des Art. 14 Abs. 1 GG und befand insbesondere, dass die Substanz des [X.] der Beteiligten prinzipiell erhalten geblieben war (vgl. [X.] 42, 263 <301>). Das [X.] wies außerdem darauf hin, dass es dem Gesetzgeber obliege, auch in Zukunft darüber zu wachen, dass die Leistungen der Stiftung - sei es in Form von Rentenerhöhungen oder in sonstiger Weise - der übernommenen Verantwortung gerecht werden (vgl. [X.] 42, 263 <312>).

5

Der Gesetzgeber war in der Folgezeit mehrfach tätig. Mit dem ersten Änderungsgesetz vom 22. Juli 1976 ([X.]) wurden die Bundesmittel um 50 Mio. DM, mit dem zweiten Änderungsgesetz vom 31. Januar 1980 ([X.]) um weitere 170 Mio. DM aufgestockt. Seit 1997 werden die Renten aus [X.] finanziert. Mit insgesamt neun Änderungsgesetzen zum [X.] (zuletzt [X.] über die Errichtung einer Stiftung "[X.]" vom 21. Juni 2002, [X.]) wurden die Renten linear erhöht. Dies erfolgte seit 1984 in Anpassung an einen erheblichen Anstieg der Lebenshaltungskosten und Nettoeinkommen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum [X.] zur Änderung des [X.], [X.] 102/02, [X.] 3 ff.).

6

Das Gesetz über die Errichtung einer Stiftung "[X.]" wurde durch das aktualisierte [X.] ([X.]) - vom 13. Oktober 2005 (BGBl I [X.] 2967) abgelöst. Nachdem ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, mit dem die Renten linear ab 1. Juli 2008 um 5 % angehoben werden sollten (vgl. [X.] 94/08), für erledigt erklärt worden war, wurden mit dem [X.] zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes vom 26. Juni 2008 (BGBl I [X.] 1078) die Beträge der monatlichen Renten ab 1. Juli 2008 auf mindestens 242 Euro und höchstens 1.090 Euro verdoppelt. Damit verfolgte der Gesetzgeber insbesondere die Zielsetzung, die Folge- und Spätschäden der Betroffenen - verursacht durch jahrelange körperliche Fehlbelastungen - zu berücksichtigen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der [X.] und [X.], BTDrucks 16/8743, [X.] 4). Außerdem wurde die auf die Höhe der Grundrente nach dem [X.] ([X.]) bezogene Anrechnungsregelung für Renten aufgehoben, um sicherzustellen, dass die Verdoppelung der Rente auch als echte Zusatzleistung bei den Betroffenen ankommen würde (vgl. BTDrucks 16/8743, [X.] 4 f.). Noch in diesem Gesetzgebungsverfahren wurde eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend als Grundlage für weitere Maßnahmen zur Unterstützung der Betroffenen und zur Aufarbeitung des [X.] geplant (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des [X.], Frauen und Jugend, BTDrucks 16/9025, [X.] 3).

7

[X.] zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes vom 25. Juni 2009 (BGBl I [X.] 1534) sieht insbesondere zusätzliche jährliche Sonderzahlungen vor, die die contergangeschädigten Menschen je nach Schwere ihrer Behinderungen gestaffelt zwischen 460 Euro und 3.680 Euro (siehe Bekanntmachung der Neufassung der Richtlinien für die Gewährung von Leistungen wegen Contergan-Schadensfällen vom 30. Juni 2009, Anlage 4, Bundesanzeiger [X.] 2313) erstmals ab dem [X.] zur freien Verfügung erhalten. Die Finanzierung (§ 11 Satz 2 Nr. 1 [X.]) erfolgt durch eine weitere freiwillige Zuwendung in Höhe von 50 Mio. Euro der [X.] Darüber hinaus werden Mittel in gleicher Höhe aus dem Stammvermögen der Stiftung und die daraus seit dem 1. Januar 2009 erzielten Erträge für die jährlichen Sonderzahlungen verwendet. Die [X.] wird nunmehr jeweils entsprechend dem Prozentsatz angepasst, um den sich die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändern (§ 13 Abs. 2 Sätze 4 und 5 [X.]). Durch eine Änderung des Stiftungszwecks (§ 2 [X.]) soll die Projektförderung der Stiftung (§§ 19 bis 21 [X.]) künftig nur noch contergangeschädigten Menschen zugute kommen und nicht mehr generell behinderten Menschen. Diese zielt darauf, durch Förderung oder Durchführung von Forschungs- und Erprobungsvorhaben Hilfe zu gewähren, um die Teilhabe der Betroffenen am Leben in der Gesellschaft zu unterstützen und die durch Spätfolgen hervorgerufenen Beeinträchtigungen zu mildern (§ 2 Nr. 2 [X.]).

8

Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 der neugefassten Richtlinien für die Gewährung von Leistungen wegen Contergan-Schadensfällen vom 30. Juni 2009 (BAnz [X.] 2313) ist bei der Höhe der [X.] vom Schweregrad der Fehlbildung auszugehen, wie er bei der Geburt vorlag oder angelegt war - auch wenn sie erst später festgestellt wird -, unter Berücksichtigung der zu erwartenden körperlichen Behinderung.

9

2. Die Beschwerdeführer, die in den Jahren 1959 bis 1962 geboren wurden, leiden an [X.] unterschiedlichen Ausmaßes. Sie machen verschiedene Schadensposten geltend, insbesondere wegen ihrer beruflichen Einschränkungen ("Erwerbsschaden", "[X.]") und ihres schädigungsbedingten Mehrbedarfs (unter anderem Kosten für Pflege, Haushaltsführung, Umbaumaßnahmen, erhöhte Nebenkosten, Hilfsmittel, erhöhten Kleiderverschleiß). Des Weiteren berichten sie über ihre Erfahrungen von [X.] Ausgrenzung und über sich verschlimmernde Schmerzen und Probleme aufgrund von Folge- und Spätschäden. Sie verweisen auf die Höhe von [X.] und Entschädigungsansprüchen bei Schädigungen in vergleichbarem Umfang nach geltendem Arzneimittelrecht. Ihre individuellen Forderungen belaufen sich jeweils auf Größenordnungen zwischen einer halben und über 2 Mio. Euro.

Die Beschwerdeführer richten ihre [X.] gegen "das Unterlassen der [X.] Deutschland, gesetzliche Vorschriften insoweit zu erlassen, dass ab dem 1. Januar 1972 Personen, die durch das Medikament Contergan geschädigt wurden, mindestens Leistungen in einer Höhe gewährt werden, insoweit [X.] nach privatrechtlichen Vorschriften, insbesondere den jeweiligen [X.] Ansprüche hätten geltend machen können, wobei als unterer Maßstab Leistungen nach dem [X.] zu berücksichtigen sind". Ausdrücklich wenden sie sich auch gegen das Erste und [X.] zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes. Ferner richten sie ihre [X.] gegen die Richtlinie zur Leistungsgewährung, weil sie für Leistungen keine Spät- und Folgeschäden berücksichtige.

Sie [X.] eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 1, Art. 2 Abs. 2, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 GG und Art. 1 GG in Verbindung mit Art. 5 des [X.] sowie verschiedene Bestimmungen des [X.] über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Hierzu tragen sie unter anderem vor, dass der Staat seine Schutzpflicht verletzt habe, weil im [X.] keine geeigneten [X.]e mit hinreichender Kontrolle vorhanden gewesen seien. Der Gesetzgeber habe es verabsäumt, die Leistungen an die Entwicklungen im zivilrechtlichen Schadensersatzrecht, insbesondere an das geltende Arzneimittelrecht, anzugleichen. Es stünden ihnen mindestens Leistungen im Umfang des [X.]es und anderer Ansprüche im [X.] Entschädigungsrecht zu. Ein selbstbestimmtes Leben sei mit den gesetzlichen Leistungen nicht möglich. Spät- und Folgeschäden seien nicht abgedeckt. Diese würden auch bei der Leistungsverteilung nach der Richtlinie nicht erfasst, aber bei der [X.] - gleichheitswidrig - berücksichtigt.

I[X.]

Die [X.] sind nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] liegen nicht vor.

1. Die [X.] sind teilweise verfristet. § 93 [X.] sieht eine Frist bei [X.] gegen positive Akte der öffentlichen Gewalt vor (vgl. [X.] 16, 119 <121>). Eine [X.]beschwerde wegen gesetzgeberischen Unterlassens ist dagegen fristlos möglich. Allerdings gilt dies nur im Fall eines echten Unterlassens, wenn der Gesetzgeber im Hinblick auf einen verfassungsrechtlichen Auftrag, der auch in der Verpflichtung zur Nachbesserung bestehen kann, gänzlich untätig geblieben ist.

Enthält ein Gesetz eine Regelung zu den geltend gemachten Ansprüchen, hat der Gesetzgeber nicht "unterlassen" über diese Ansprüche zu entscheiden (vgl. [X.] 13, 284 <287>; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 4. Dezember 1998 - 2 BvR 2126/96 -, NVwZ-RR 1999, [X.] 281). In einem solchen Fall ist eine auf Grundrechtsverletzungen gestützte [X.]beschwerde gegen die - existente - gesetzliche Vorschrift zu erheben (vgl. [X.] 29, 268 <273>). Wer eine solche Regelung als unzureichend ansieht, ist gehalten, sie im Rahmen der Anfechtung eines [X.] oder - sofern die Voraussetzungen vorliegen - unmittelbar mit einer [X.]beschwerde innerhalb der Frist anzugreifen (vgl. [X.] 56, 54 <71>), die auch durch eine spätere Änderung der Regelung prinzipiell nicht berührt wird.

Andernfalls träte neben die fristgebundene [X.]beschwerde gegen ein Gesetz wahlweise die weitere unbefristete [X.]beschwerde, die den Gesetzgeber zum Erlass eines grundrechtsgemäßen Gesetzes anhalten wollte. Dies liefe auf eine Ausschaltung der im Interesse der Rechtssicherheit bestehenden Frist zur Erhebung der [X.]beschwerde hinaus und würde zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen und daher unzulässigen Ausdehnung der [X.]beschwerde führen (vgl. [X.] 23, 229 <238>).

Seit der Umformung der privatrechtlichen Vergleichsforderungen in gesetzliche Leistungsansprüche nach dem Gesetz über die Errichtung einer Stiftung "[X.]" wurden die Leistungen mehrfach - wenn auch nur in geringem Ausmaß - erhöht (siehe unter [X.]). Den Beschwerdeführern geht es in der Sache darum, dass diese Regelungen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen. Die zugleich gerügte Unterlassung stellt insoweit nur die Kehrseite der jeweils getroffenen Entscheidung des Gesetzgebers dar. Soweit der [X.] den Zeitraum ab dem 1. Oktober 1972 bis zum Inkrafttreten des [X.]es zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes erfasst, sind die [X.] unmittelbar gegen die bis dahin geltenden Gesetze somit verfristet.

2. Den [X.] steht im Übrigen der aus § 90 Abs. 2 [X.] hergeleitete Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Er gebietet, dass ein Beschwerdeführer alle prozessualen Möglichkeiten ausschöpft, um eine Korrektur der geltend gemachten [X.]verletzung zu erwirken (vgl. [X.] 84, 203 <208>; 104, 65 <70 f.>). Die Beschwerdeführer haben nicht dargelegt, warum sie den Rechtsweg nicht beschritten haben.

Der Grundsatz der Subsidiarität gilt auch, wenn ein Spielraum der Verwaltung fehlt (vgl. [X.] 58, 81 <104 f.>). Auch dann kann das Fachgericht eine Klärung herbeiführen, ob und in welchem Umfang der Bürger durch die beanstandete Regelung konkret in seinen Rechten betroffen und ob sie mit der Verfassung vereinbar ist; dabei ist im fachgerichtlichen Verfahren nach den Voraussetzungen des Art. 100 Abs. 1 GG zur Frage der [X.]mäßigkeit gegebenenfalls eine Entscheidung des [X.] einzuholen (vgl. [X.] 1, 97 <103 f.>; 79, 29 <34> stRspr). Es ist insoweit nicht ersichtlich oder dargelegt, dass der Zweck einer vorrangigen Anrufung der nach § 23 [X.] zuständigen Verwaltungsgerichte nicht erreicht werden kann. Der Grundsatz der Subsidiarität dient einer umfassenden Vorprüfung des [X.] (vgl. [X.] 51, 386 <396>) und der Vermittlung der Fallanschauung insbesondere der obersten Bundesgerichte (vgl. [X.] 4, 193 <198>; 51, 386 <396>).

3. Unabhängig davon sind die [X.] nicht hinreichend begründet im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 und des § 92 [X.].

Nur in seltenen Ausnahmefällen lassen sich der Verfassung konkrete Pflichten entnehmen, die den Gesetzgeber zu einem bestimmten Tätigwerden zwingen. Ansonsten bleibt die Aufstellung und normative Umsetzung eines Schutzkonzepts dem Gesetzgeber überlassen. Ihm kommt ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Ge-staltungsspielraum zu (vgl. [X.] 77, 170 <214>; 79, 174 <202>; 88, 203 <262>; 96, 56 <64>; 106, 166 <177>; 121, 317 <356>). Nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung und dem [X.] Prinzip der Verantwortung des vom Volk unmittelbar legitimierten Gesetzgebers muss dieser die regelmäßig höchst komplexe Frage entscheiden, wie eine aus der Verfassung herzuleitende Schutzpflicht verwirklicht werden soll (vgl. [X.] 56, 54 <81>). Die Entscheidung, welche Maßnahmen geboten sind, kann vom [X.] nur begrenzt nachgeprüft werden. Das [X.] kann erst dann eingreifen, wenn der Gesetzgeber seine Pflicht evident verletzt hat (vgl. [X.] 56, 54, 80 f.; 77, 170 <214 f.>; 79, 174 <202>; 85, 191 <212>; 92, 26 <46>; Beschluss der [X.] des [X.] vom 26. Mai 1998 - 1 BvR 180/88 -; NJW 1998, [X.] 3264 ff.; Beschluss der [X.] des [X.] vom 29. Juli 2009 - 1 BvR 1606/08 -, juris, Rn. 12). Einen [X.]verstoß durch unterlassene Nachbesserung eines Gesetzes kann das [X.] insbesondere erst dann feststellen, wenn evident ist, dass eine ursprünglich rechtmäßige Regelung wegen zwischenzeitlicher Änderung der Verhältnisse verfassungsrechtlich untragbar geworden ist, und wenn der Gesetzgeber gleichwohl weiterhin untätig geblieben ist oder offensichtlich fehlsame [X.] getroffen hat (vgl. [X.] 56, 54 <81 f.>).

Eine evidente Verletzung von Pflichten mit [X.]rang, um die es hier allein gehen kann, ist nach dem Vortrag der Beschwerdeführer nicht ersichtlich.

a) Aus Art. 2 Abs. 2 GG folgt eine Schutzpflicht des Staates, die auch eine Risikovorsorge gegen Gesundheitsgefährdungen umfasst (vgl. [X.] 56, 54 <78>; 121, 317 <356>). Die Verfassung gebietet, dass sich der Staat schützend und fördernd vor das Leben des Einzelnen stellt (vgl. [X.] 39, 1 <42>; 121, 317 <356>).

Soweit die Beschwerdeführer auf die mangelnde staatliche Arzneimittelkontrolle hinweisen, [X.] sie keine aktuelle, sondern eine lange zurückliegende Schutzpflichtverletzung. Ob insoweit die Begründungsanforderungen bezüglich einer evidenten [X.]verletzung vorliegen, kann dahinstehen, da die Beschwerdeführer nicht darlegen, woraus sie einen Anspruch auf Entschädigung gegen den Staat herleiten, welchen Voraussetzungen dieser unterliegen soll und ob sie insoweit den Rechtsweg beschritten haben. Eine umfassende unmittelbare Staatsunrechtshaftung ist von [X.] wegen grundsätzlich nicht gefordert (vgl. [X.] 61, 149 <198>; Beschluss der [X.] des [X.] vom 20. November 1997 - 1 BvR 2068/93 -, NVwZ 1998, [X.] 271 f.; Beschluss der [X.] des [X.] vom 27. Dezember 2005 - 1 BvR 1359/05 -, NJW 2006, [X.] 1580 f.). Mit dem Gesetz über die Errichtung einer Stiftung "[X.]" war auch kein Schuldanerkenntnis durch den Gesetzgeber verbunden.

b) Soweit sich die Beschwerdeführer auf Art. 2 Abs. 2 und Art. 1 Abs. 1 GG berufen, um die aktuell nötigen Leistungen für ein "selbstbestimmtes Leben" einzufordern, erfolgt keine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des [X.] zum Existenzminimum. Dieses betrifft nur die Mindestvoraussetzungen, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins erforderlich sind (vgl. [X.] 99, 246 <259>; 82, 60 <85>). Aus Art. 2 Abs. 2 folgt regelmäßig kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Bereitstellung bestimmter Gesundheitsleistungen (vgl. [X.] 115, 25 <44>).

Hierzu wären insbesondere auch substantiierte Ausführungen zu den jeweiligen konkreten Verpflichtungen Dritter, insbesondere der Träger der Sozialhilfe oder anderer Sozialleistungen (vgl. § 18 Abs. 2 ContStiftG), erforderlich.

Angesichts des ergänzenden Charakters der Leistungen und deren Verbesserungen durch das Erste und [X.] zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes wird jedenfalls nicht evident erkennbar, dass das [X.] in Bezug auf die genannten Grundrechte verletzt wurde.

c) Soweit die Beschwerdeführer unter Berufung auf Art. 14 Abs. 1 GG eine Angleichung ihrer Ansprüche an den derzeitigen Stand des zivilrechtlichen Schadensrechts fordern, liegt keine substantiierte Grundrechtsrüge vor.

Für die Ausgestaltung der gesetzlichen Leistungen ist der Maßstab des Art. 14 Abs. 1 GG deshalb heranzuziehen, weil die ursprünglichen Ansprüche der Berechtigten aus dem Vergleichsvertrag mit der Firma [X.] unter den Eigentumsschutz des Grundgesetzes fielen (vgl. [X.] 42, 263 <294, 303>). Das [X.] hat aber bereits festgestellt, dass das Stiftungsgesetz ohne Verstoß gegen die Verfassung die privatrechtlichen Vergleichsansprüche durch gesetzliche Ansprüche ersetzt hat. Die Substanz des [X.] der am Vergleich Beteiligten wurde durch das Stiftungsgesetz erhalten (vgl. [X.] 42, 263 <301 f.>). Es hatte bei dieser Bewertung berücksichtigt, dass die Vergleichssumme für alle Beteiligten auf 100 Mio. DM limitiert war und dieser Betrag die Summe aller [X.] nicht abgedeckt hätte. Die [X.] aus dem Gesetz blieben nicht hinter den Ansprüchen aus dem Vergleich zurück, da die Vermögensmasse für Entschädigungsansprüche bei Stiftungsgründung auf insgesamt 150 Mio. DM erhöht und weitere 50 Mio. DM für Förderungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt wurden. Weitere Vorteile durch die gesetzliche Lösung lagen insbesondere in dem geordneten Verteilungsverfahren mit zeitgerechter Realisierung der Ansprüche, in der Einbeziehung aller Geschädigten und der Nichtanrechnung auf andere Sozialleistungen. Einwendungen der Beschwerdeführer, dass schon bei Stiftungsgründung nicht ausreichende Leistungen erbracht worden seien oder der Vergleich nichtig gewesen sei, sind nicht geeignet, diese Feststellungen des [X.] in Frage zu stellen.

Die konkreten Forderungen der Beschwerdeführer lassen sich nicht mit dem im Urteil des [X.] vom 8. Juli 1976 ([X.] 42, 263 <311>) enthaltenen Hinweis begründen, dem Gesetzgeber obliege es, auch in Zukunft darüber zu wachen, dass die Leistungen der Stiftung - sei es in Form von Rentenerhöhungen oder in sonstiger Weise - der übernommenen Verantwortung gerecht werden.

Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber seine Überwachungspflicht offensichtlich fehlsam wahrgenommen hätte. Nachdem er über die Jahre hinweg Anpassungen bei einem erheblichen Anstieg der allgemeinen Lebenshaltungskosten und Nettoeinkommen vorgenommen hatte, reagierte er mit dem [X.] zur Änderung des [X.] in einem ersten Schritt darauf, dass der Bedarf der Betroffenen wegen der zunächst nicht absehbaren Folge- und Spätschäden gestiegen ist (BTDrucks 16/8743, [X.] 4). Weitere Verbesserungen der finanziellen Lage der Betroffenen führte das [X.] zur Änderung des [X.] herbei. Durch die Änderung des Stiftungszwecks in § 2 Nr. 2 [X.] schuf der Gesetzgeber auch die Grundlage für Forschungsvorhaben über die durch Spätfolgen hervorgerufenen Beeinträchtigungen und deren Milderung.

Soweit die Beschwerdeführer diese Maßnahmen am Maßstab des Eigentumsschutzes nicht für ausreichend halten, setzen sie sie nicht ins Verhältnis zu ihren von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Positionen. Es ist nicht ersichtlich, dass die vom Gesetzgeber bei der Umformung der Vergleichsansprüche gefundene Gesamtlösung im Nachhinein - durch die Verbesserungen der fristgemäß angegriffenen Gesetze - entwertet worden wäre. Ebenso wenig ist ein Substanzverlust der im Stiftungsgesetz eingeräumten Ansprüche, die ihrerseits auch den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG genießen (vgl. [X.] 42, 263 <303>), erkennbar.

Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Anforderungen an einen gerechten Ausgleich (vgl. [X.] 42, 263 <295>; 112, 93 <109>) deshalb verletzt hätte, weil die Beschwerdeführer ohne die gesetzliche Umformung ihrer zivilrechtlichen Ansprüche zwischenzeitlich besser stünden. Die Beschwerdeführer haben insoweit nicht dargelegt, dass die erst nach Abschluss des Vergleichs erfolgten Änderungen des Schuldrechts oder des [X.]es auf die Vergleichsforderungen anwendbar gewesen wären. Auch setzen sich die Beschwerdeführer nicht damit auseinander, inwieweit sie von der Firma [X.] nach Erschöpfung der Vergleichssumme weitergehende Leistungen wegen ihrer Folge- und Spätschäden hätten durchsetzen können als im Rahmen des [X.] zur Änderung des [X.].

Allein aus der Zielsetzung des Gesetzgebers, auf die Spät- und Folgeschäden zu reagieren, kann keine verfassungsrechtliche Verpflichtung nach Art. 14 Abs. 1 GG zu einem bestimmten Leistungsumfang abgeleitet werden.

d) Die Ausführungen der Beschwerdeführer lassen keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG erkennen.

Im Rahmen seines Gestaltungsauftrags ist der Gesetzgeber grundsätzlich frei bei seiner Entscheidung, an welche tatsächlichen Verhältnisse er Rechtsfolgen knüpft und wie er von Rechts wegen zu begünstigende Personengruppen definiert. Eine Grenze ist erreicht, wenn durch die Bildung einer rechtlich begünstigten Gruppe andere Personen von der Begünstigung ausgeschlossen werden und sich für diese Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt (vgl. [X.] 82, 126, 146; 99, 165, 178). Ein dem Art. 3 Abs. 1 GG genügender Vergleich muss in einem Gesamtvergleich die erheblichen Unterschiede analysieren und bewerten und dabei die typischerweise zusammentreffenden Vor- und Nachteile beachten (vgl. [X.] 12, 151 <167>; 29, 221 <237>; 84, 348 <362> 96, 1 <8>). Der allgemeine Gleichheitssatz enthält kein verfassungsrechtliches Gebot, ähnliche Sachverhalte in verschiedenen Ordnungsbereichen mit anderen systematischen und sozialgeschichtlichen Zusammenhängen gleich zu regeln (vgl. [X.] 40, 121 <139 f.>; 43, 13 <21>; 75, 78 <107>). Auch kann niemand allein daraus, dass einer Gruppe aus besonderem Anlass besondere Vergünstigungen zugestanden werden, für sich ein verfassungsrechtliches Gebot herleiten, genau dieselben Vorteile in Anspruch nehmen zu dürfen (vgl. [X.] 49, 192 <208>).

In Anbetracht dieser Grundsätze reicht es nicht aus, auf die Leistungshöhe anderer Gesetze zu verweisen. Die Beschwerdeführer setzen sich mit dem konkreten Umfang sowie den wesentlichen Unterschieden der verschiedenen gesetzlichen Leistungen nicht substantiiert auseinander. Die zum Vergleich herangezogenen Gesetze betreffen andere Sachverhalte und weisen demnach andere sachliche Kriterien für eine staatliche Hilfe auf.

Die Beschwerdeführer lassen bei ihrem Vergleich mit der aktuellen Schmerzensgeldrechtsprechung und dem geltenden [X.] ([X.]) wesentliche Punkte unberücksichtigt. Es erfolgt keine ausreichende Auseinandersetzung mit dem zeitlichen Geltungsbereich. So ist etwa die mit Art. 1 § 84 des [X.] des [X.] vom 24. August 1976 (BGBl I [X.] 2445) eingeführte Gefährdungshaftung nach Art. 3 § 21 desselben Gesetzes nicht für Schäden einschlägig, die durch Arzneimittel verursacht wurden, die vor Inkrafttreten des Gesetzes abgegeben worden sind. Es wäre insoweit auch auf den Charakter der Gefährdungshaftung als Individualhaftung einzugehen, die auf einer Risikozurechnung beruht (vgl. Bericht des [X.], BTDrucks 7/5091 [X.] 20 zu § 78 A) und deren Einführung die Verpflichtung des Unternehmers zur Deckungsvorsorge (vgl. § 94 [X.]) bedingte. Demgegenüber dient die Rente der Conterganstiftung nicht der Entschädigung für die erlittenen Missbildungen, sondern der Hilfe im Leben (vgl. [X.] 42, 263 <303, 309>).

Bei dem Vergleich mit den [X.] in § 88 [X.] weisen die Beschwerdeführer zwar darauf hin, dass danach eine individuelle Kapitalentschädigung bis zu 600.000 Euro und eine Rente bis monatlich 3.000 Euro möglich sei, während dem lediglich monatliche [X.]n von inzwischen mindestens 242 Euro und höchstens 1090 Euro gegenüberstehen. Insoweit fehlt jedoch eine nähere Auseinandersetzung mit den in § 88 Satz 1 Nr. 2 [X.] geregelten Höchstsummen im Fall der Tötung oder Verletzung mehrerer Menschen durch das gleiche Arzneimittel, die nur für 200 [X.] einen Schadensausgleich im Umfang der individuellen Haftungshöchstgrenzen gewährleisten. Seit Inkrafttreten des [X.] haben demgegenüber insgesamt 2872 Berechtigte Leistungen aus der Stiftung erhalten (siehe Antwort der Bundesregierung BTDrucks 16/13308 vom 5. Juni 2009 auf die Kleine Anfrage BTDrucks 16/13086, Frage Nr. 7). Die Höchstbeträge des [X.]es für den Kapitalbetrag (120 Mio. Euro) oder den Rentenbetrag (jährlich 7,2 Mio. Euro), bei deren Einführung sich der Gesetzgeber sogar an dem Ausmaß im [X.] orientierte (vgl. Gesetzentwurf zur Neuordnung des [X.] vom 7. Januar 1975, BTDrucks 7/3060 [X.]2 zu § 81), wären den Gesamtleistungen der Conterganstiftung gegenüberzustellen, die im Zeitraum 1972 bis 2007 den Betrag von 437,84 Mio. Euro (vgl. BTDrucks 16/13308 Anlage 1, [X.] 19) erreichten. Diese Leistungsbilanz wird durch die Rentenerhöhung ab Juli 2008 sowie durch die seit 2009 gewährten jährlichen Sonderzahlungen zwischen 460 Euro und 3680 Euro weiter verbessert. Neben der Höhe der Leistungen ist auch zu berücksichtigen, dass es sich um einkommensteuerfreie (§ 17 [X.]) Zusatzleistungen handelt, die bei der Ermittlung oder Anrechnung von Einkommen, sonstigen Einnahmen und Vermögen nach anderen Gesetzen außer Betracht bleiben; dies gilt seit dem [X.] zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes, mit dem der frühere § 18 Abs. 1 Satz 2 [X.] aufgehoben wurde, auch für Renten. Ferner wurde mit dem [X.] zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes eine Dynamisierung der Renten in § 13 Abs. 2 eingeführt.

Es fehlt außerdem eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des [X.], das statt der isolierten Betrachtung individueller Rechtspositionen nur eine Gesamtbetrachtung für sachgerecht gehalten hat (vgl. [X.] 42, 263 <301, 303>). Die Rechtsposition der Geschädigten erhält ihren Charakter gerade durch die Einbindung in eine relativ große Schicksalsgemeinschaft. Insofern stellt auch die Möglichkeit von Neuanträgen (§ 12 Abs. 2 [X.]) durch die Aufhebung der Ausschlussfrist eine zu berücksichtigende Verbesserung der Rechtslage dar.

Auch mit den weiteren genannten Gesetzen ist eine Vergleichbarkeit nicht ersichtlich.

Soweit sich die Beschwerdeführer auf § 5 [X.] ([X.]) berufen, gibt diese Regelung zum Sozialen Entschädigungsrecht nach § 2 Abs. 1 Satz 2 [X.] selbst keinen eigenen Anspruch, sondern setzt eine Entscheidung des Gesetzgebers voraus. Die Versorgung nach dem [X.] steht einem Geschädigten grundsätzlich deshalb zu, weil er im [X.] oder Leben für die Allgemeinheit geopfert hat (vgl. [X.], 206 <210>). Ein solches Sonderopfer im Interesse des Staates ist bei den hier vorliegenden Schädigungen nicht gegeben. Die Entschädigungspflicht der öffentlichen Hand nach dem Opferentschädigungsgesetz tritt aus Solidarität für den von einer Gewalttat betroffenen Bürger ein (vgl. [X.], 281, 287), weil der Staat keinen wirksamen Schutz vor krimineller Handlung gegen Leib oder Leben geben konnte (vgl. [X.], 206, 208 f.; 52, 281, 287 m.w.N.). Dabei begrenzt der Gesetzgeber die Entschädigungspflicht grundsätzlich auf vorsätzliche, rechtswidrige und tätliche Angriffe (§ 1 Abs. 1 OEG). Die Impfopferentschädigung beruht auf dem [X.]. Der Staat verlangt dem [X.] ein Sonderopfer ab, nämlich die Duldung eines nicht ganz risikofreien Eingriffs, der die Gesundheit gefährden kann. Die Maßnahme soll nicht allein den Geimpften persönlich schützen, sondern darüber hinaus die Krankheit, die durch Ansteckung verbreitet wird, im Interesse der Allgemeinheit eindämmen (vgl. [X.], 172 <175>). Die gesamte Bevölkerung ist mithin Nutznießer der individuellen Impfung (vgl. [X.], [X.] § 54 Nr. 2). Die vormalige Impfverpflichtung mit [X.] ist zwar weitestgehend durch die Impfempfehlung ersetzt worden. Gleichwohl legt diese dem Einzelnen mit staatlicher Autorität nahe, sich dem Eingriff zum Schutz der Allgemeinheit zu unterziehen (vgl. [X.]E 50, 136, 140, 141). Durch die Impfopferentschädigung soll das staatlich initiierte Risiko des Einzelnen im Schadensfall verringert werden. Soweit die Beschwerdeführer auf den Leistungsumfang nach dem [X.] ([X.]) hinweisen, unterscheiden sich die gesetzlichen Grundlagen des Conterganstiftungsgesetzes von der gesetzlichen Unfallversicherung durch ihre verfassungsrechtliche Verankerung, ihre Finanzierung, ihre Leistungsvoraussetzungen und ihre Leistungsformen.

Hinsichtlich der Verweisung auf den Leistungsumfang des [X.] fehlt eine Auseinandersetzung insbesondere mit den finanziellen Grundlagen des [X.]. Da dort ein vom übrigen Staatsvermögen getrenntes, besonders haftendes Vermögen zur Verfügung stand, ist ein erheblicher sachlicher Unterschied erkennbar (vgl. [X.] 41, 126 <181>).

e) Soweit die Beschwerdeführer auf Rechte nach dem Übereinkommen der [X.] über die Rechte von Menschen mit Behinderungen hinweisen, setzen sie sich nicht damit auseinander, dass dieses Gesetz vom 21. Dezember 2008 (BGBl II [X.] 1419) in der Qualität eines Bundesgesetzes transformiert wurde. Mit den [X.] können aber nur Rechte mit [X.]rang geltend gemacht werden (vgl. [X.] 41, 88 <106>; 74, 102 <128>).

f) Die Rüge der Beschwerdeführer, dass Spät- und Folgeschäden nicht ausreichend berücksichtigt werden, betrifft nicht nur die im Gesetz festgelegte Leistungshöhe, sondern auch den Verteilungsmaßstab. § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] richtet die Höhe der Leistungen an der Schwere des Körperschadens und der hierdurch hervorgerufenen Körperfunktionsstörungen aus. Die Beschwerdeführer greifen jedoch nicht diese gesetzliche Regelung an, sondern [X.] ausdrücklich die Vorgabe der Richtlinie (§ 8 Abs. 2 Satz 2), wonach bei der [X.] auszugehen sei "vom Schweregrad der Fehlbildung, wie er bei Geburt vorlag oder angelegt war". Damit würde das Schadensbild der Betroffenen nicht ausreichend erfasst.

Insoweit haben die Beschwerdeführer den Rechtsweg nicht erschöpft. Sie müssten gegen die jeweilige Verwaltungsentscheidung vorgehen (vgl. [X.] 2, 237 <243>; 18, 1 <15>). Die Fachgerichte können selbst inzident darüber entscheiden, ob eine Richtlinie mit dem einfachen Gesetz oder dem [X.]recht vereinbar ist (vgl. [X.] 12, 180 <199>).

Davon unabhängig fehlt aber auch eine hinreichende Begründung, warum der für alle Beschädigten geltende Bewertungsmaßstab gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen soll. Zwar kann auch ein einheitlich geltender Maßstab zu einer Ungleichbehandlung führen, wenn er wesentliche Unterschiede der Betroffenen nicht erfasst. Ausgehend von der Zielsetzung des Gesetzgebers, die Leistungen auch zum Ausgleich der Aufwendungen für Folge- und Spätschäden der Betroffenen zu gewähren (vgl. BTDrucks 16/8743, [X.] 1, 4), wäre die geforderte Differenzierung nach den gegenwärtigen Behinderungen der Beschwerdeführer sachgerecht.

Ohne hinreichende Darlegungen zur Sach- und Rechtslage im Einzelfall ist aber nicht ersichtlich, dass die geltenden [X.] bereits sachwidrig sind. Es fehlt insoweit eine Auseinandersetzung mit der Regelung in § 8 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinien und mit der neuen Öffnungsklausel unter Nummer III der Anlage 2 zu den Richtlinien. Danach können Fehlbildungen nun auch dann bewertet werden, wenn sie bei der [X.] noch nicht bekannt waren (vgl. BTDrucks 16/13308, [X.] zu Frage 20). Soweit dagegen belastungsabhängige oder degenerative Veränderungen bisher offenbar nicht berücksichtigt werden (vgl. BTDrucks 16/13308, [X.] 10 zu [X.]), fehlen hierzu nähere Angaben. Die Bundesregierung verweist diesbezüglich in der von den Beschwerdeführern vorgelegten Stellungnahme (Anfrage BTDrucks 16/13086, [X.] 10) auf das Forschungsprojekt, von dem weiterer Aufschluss zum möglichen Handlungsbedarf erwartet wird. Insoweit wäre eine Auseinandersetzung veranlasst gewesen, inwieweit solche Folgeschäden derzeit hinreichend erfassbar und nach gleichmäßigen Kriterien bewertbar sind.

Für die Rüge des Art. 3 Abs. 1 GG wegen der Ungleichbehandlung von [X.]n und [X.] fehlen ebenso hinreichende Darlegungen. Sollten [X.] gegenüber [X.] bevorteilt werden, so könnte dies wegen der insgesamt begrenzten Summe für die jährlichen Sonderzahlungen und deren anteilige Verteilung zu einem erheblichen Rechtsnachteil der anderen Geschädigten führen. Die von den Beschwerdeführern befürchtete Ungleichbehandlung bei der Begutachtung findet aber weder im Gesetz noch in den Richtlinien eine Grundlage, da es keine unterschiedlichen Kriterien für die Bemessung von Alt- und [X.]n gibt. Die Richtlinien weisen ausdrücklich in § 8 Abs. 2 Satz 2 darauf hin, dass der Maßstab auch für spätere Feststellungen gilt. Soweit auf die gutachterliche Schwierigkeit hingewiesen wird, Spät- und Folgeschäden von Ursprungsschäden zu trennen, fehlen dazu ausreichend konkrete Anhaltspunkte. Es wäre auch darzulegen, ob und auf Grund welcher Verfahrensweise die Folgen von etwaigen Beweisschwierigkeiten jeweils wirklich zu Gunsten der [X.] wirken.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 1541/09, 1 BvR 2685/09

26.02.2010

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

Art 14 Abs 1 GG, Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 2 Abs 2 GG, Art 3 Abs 1 GG, § 88 AMG 1976, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 90 Abs 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 93 BVerfGG, § 13 Abs 2 S 1 ContStifG, § 23 ContStifG, ContStifGÄndG 1, ContStifGÄndG 2, HiWerkBehKG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 26.02.2010, Az. 1 BvR 1541/09, 1 BvR 2685/09 (REWIS RS 2010, 8892)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8892

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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