Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.08.2021, Az. II ZB 31/14

2. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 3036

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BUNDESGERICHTSHOF (BGH) SCHADENSERSATZ BANK- UND KAPITALMARKTRECHT BANKEN VERFAHREN HYPO REAL ESTATE (HRE)

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Gegenstand

Gegenstandswert für eine Rechtsbeschwerde im Kapitalanleger-Musterverfahren: Bestimmung der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers


Tenor

Der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Kosten des [X.] wird für den Prozessbevollmächtigten des Musterklägers, des Beteiligten zu 2 sowie der [X.] bis [X.] und [X.] bis [X.] auf 41.324.609,58 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Auf den zulässigen Antrag nach § 33 Abs. 1 [X.] ist der Gegenstandswert zur Berechnung der außergerichtlichen Kosten des [X.] für den Antragsteller gemäß §§ 23b, 22 Abs. 2 [X.] auf 41.324.609,58 € festzusetzen.

2

1. Nach § 33 Abs. 1 Fall 1 [X.] setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag fest, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen. Das ist hier der Fall. Die Gerichtskosten des [X.] nach dem [X.] sind gemäß § 51a Abs. 1 GKG nach dem Gesamtwert der in sämtlichen ausgesetzten Verfahren geltend gemachten Ansprüche zu berechnen, der vorliegend den Höchstwert des § 39 Abs. 2 GKG von 30 Mio. € übersteigt. Die Festsetzung des [X.] für die außergerichtlichen Kosten des [X.] richtet sich dagegen nach § 23b [X.], wobei der [X.] gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 [X.] in derselben Angelegenheit bei Beauftra-gung durch mehrere Personen wegen verschiedener Gegenstände, für jede Person höchstens 30 Mio. €, insgesamt jedoch nicht mehr als 100 Mio. € beträgt.

3

2. Der Gegenstandswert zur Berechnung der außergerichtlichen Kosten des [X.] ist für den Antragsteller gemäß §§ 23b, 22 Abs. 2 [X.] auf 41.324.609,58 € festzusetzen.

4

Der Gegenstandswert im Musterverfahren nach dem Kapitalanleger [X.]gesetz bestimmt sich gemäß § 23b [X.] nach der Höhe des von dem Auftraggeber oder gegen diesen im Ausgangsverfahren geltend gemachten Anspruchs, soweit dieser Gegenstand des [X.] ist. Für einen Prozessbevollmächtigten, der mehrere Beteiligte im Rechtsbeschwerdeverfahren vertritt, ist der Gegenstandswert für die Bestimmung der außergerichtlichen Kosten gemäß § 22 Abs. 1 [X.] in Höhe der Summe der nach § 23b [X.] zu bestimmenden Streitwerte festzusetzen (vgl. [X.], Beschluss vom 19. September 2017 - [X.], [X.]Z 216, 37 Rn. 75 mwN; Beschluss vom 9. Januar 2018 - [X.], [X.], 578 Rn. 67; Beschluss vom 10. Juli 2018 - [X.], [X.], 2225 Rn. 156). Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 [X.] beträgt der Wert in derselben Angelegenheit höchstens 30 Mio. €, soweit durch Gesetz kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist. Sind in derselben Angelegenheit mehrere Personen wegen verschiedener Gegenstände Auftraggeber, beträgt der Wert für jede Person höchstens 30 Mio. €, insgesamt jedoch nicht mehr als 100 Mio. € (§ 22 Abs. 2 Satz 2 [X.]).

5

a) Abweichend von der im Festsetzungsantrag zum Ausdruck gebrachten Vorstellung beträgt der Höchstwert für den [X.] (vgl. [X.] [X.]/[X.]/[X.], Stand 1.6.2021, § 22 Rn. 12; HK-[X.]/[X.], 8. Aufl., § 22 Rn. 17), unabhängig von der Zahl der von ihm geführten Ausgangsverfahren.

6

Der Wortlaut von § 22 Abs. 2 [X.] spricht für eine Begrenzung des [X.] auf 30 Mio. € unabhängig von der Zahl der Ausgangsverfahren. Nach § 22 Abs. 2 [X.] beträgt der Wert in derselben Angelegenheit höchstens 30 Mio. €, soweit durch Gesetz kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist. Sind in derselben Angelegenheit mehrere Personen wegen verschiedener Gegenstände Auftraggeber, beträgt der Wert für jede Person höchstens 30 Mio. €, insgesamt jedoch nicht mehr als 100 Mio. €. Schon nach dem Wortlaut des Gesetzes muss zur Mehrheit von Gegenständen - hier die Ausgangsverfahren - eine Personenmehrheit hinzukommen. Der [X.] ist aber nur eine Person.

7

Bestätigt wird dies durch die Systematik des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 2. März 2010 - [X.], [X.], 823 Rn. 10). Nach § 22 [X.] werden in derselben Angelegenheit die Werte mehrerer Gegenstände zusammengerechnet und auf 30 Mio. € begrenzt. Eine darüber hinausgehende Vergütung sieht das Gesetz nur bei Vorliegen verschiedener Angelegenheiten oder mehrerer Auftraggeber vor. Die Durchführung aller Rechtsbeschwerden und Beitritte gegen den [X.] bildet wegen des inneren Zusammenhangs sowie der inhaltlich und in der Zielsetzung gleichgerichteten Aufgabenstellung, die in einer einzigen Begründungsschrift für sämtliche Rechtsbeschwerden und Beitritte bearbeitet werden konnte, aber nur eine gebührenrechtliche Angelegenheit ([X.], Beschluss vom 15. Dezember 2015 - [X.], [X.], 495 Rn. 9, 11 mwN). Betrifft die Vertretung mehrerer Mandanten in einer gebührenrechtlichen Angelegenheit verschiedene Gegenstände, nämlich verschiedene von den Feststellungszielen abhängende, gegebenenfalls in verschiedenen Ausgangsverfahren geltend gemachte Ansprüche, so fallen die Gebühren zwar nur einmal an, jedoch gemäß § 22 Abs. 1 [X.] aus der Summe der nach § 23b [X.] zu bestimmenden Streitwerte ([X.], Beschluss vom 21. Oktober 2014 - [X.], [X.]Z 203, 1 Rn. 168; Beschluss vom 15. Dezember 2015 - [X.], [X.], 495 Rn. 9; Beschluss vom 9. Januar 2018 - [X.], [X.], 578 Rn. 67; Beschluss vom 10. Juli 2018 - [X.], [X.], 2225 Rn. 156). Voraussetzung für die Addition ist aber die Beauftragung durch mehrere natürliche oder juristische Personen. Das Auftreten derselben Personen in verschiedenen Verfahrensrollen genügt nicht. Erst recht genügt nicht, dass der Auftraggeber wegen zweier Ausgangsverfahren zum [X.] bestellt wurde.

8

Auch wenn eine Angelegenheit mehrere Gegenstände umfasst, verbleibt es beim Höchstwert gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 [X.] ([X.] [X.]/[X.]/[X.], Stand 1.6.2021, § 22 Rn. 8). Selbst eine Erhöhung bei mehreren Auftraggebern gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 [X.] setzt voraus, dass verschiedene Gegenstände vorliegen ([X.] 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 17/11471, [X.]; [X.], Beschluss vom 2. März 2010 - [X.], [X.], 823 Rn. 8 ff.). Dementsprechend kommt es auf Seiten der [X.] für die Anwendung der Wertgrenze in § 22 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht darauf an, in wie vielen Ausgangsverfahren sie in Anspruch genommen werden (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Oktober 2014 - [X.], [X.]Z 203, 1 Rn. 169; Beschluss vom 15. Dezember 2020 - [X.], juris Rn. 170).

9

Auch nach Sinn und Zweck von § 22 Abs. 2 Satz 2 [X.] gilt die Wertgrenze unabhängig von der Zahl der Ausgangsverfahren. Durch § 22 Abs. 2 [X.] sollen die Kosten für dieselbe Angelegenheit für jeden Auftraggeber unabhängig davon begrenzt werden, ob einer oder mehrere Gegenstände geltend gemacht werden (vgl. [X.] 1. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 15/1971, S. 194 f.). Dieser Zweck trifft auch auf die Rechtsbeschwerde nach dem [X.] zu. Durch die Erhöhung der Wertgrenze bei mehreren Auftraggebern soll bis zum Erreichen der neuerlichen Höchstgrenze in Höhe von 100 Mio. € jeder Auftraggeber so gestellt werden, als habe er den Auftrag alleine erteilt ([X.] 1. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 15/1971, [X.]). Dadurch wird dem mit dem Vorhandensein mehrerer Beteiligter typischerweise verbundenen Mehr an Arbeit und Aufwand und dem höheren Haftungsrisiko Rechnung getragen (vgl. zu Nr. 1008 VV-[X.] bzw. § 6 [X.]: [X.] BT-Drucks. 7/2016, [X.]; [X.], Urteil vom 12. Februar 1987 - [X.], NJW 1987, 2240; Beschluss vom 19. Januar 2010 - [X.] 36/08, [X.], 1377 Rn. 6 ff.). Dem erhöhten Haftungsrisiko, das durch einen über der Wertgrenze liegenden Gegenstandswert entsteht, soll dagegen mit dem [X.] Nr. 7007 VV-[X.] Rechnung getragen werden, der einen Ausgleich der im Einzelfall gezahlten Prämie für eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung ermöglicht ([X.] 1. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 15/1971, [X.], 232).

b) Danach ist der Gegenstandswert für die Bestimmung der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers auf 41.324.609,58 € festzusetzen. Von der mit Schriftsatz vom 12. Februar 2021 als Anlage 2 durch den antragstellenden Prozessbevollmächtigten übermittelten Liste weicht die Gegenstandswertfest-setzung insoweit ab, als für den Beigetretenen [X.] ein Betrag von [X.] sowie weitere 9.538,02 € gemeinsam mit der Beigetretenen [X.], für die Beigetretenen [X.] und [X.] ein Betrag von 13.576,90 €, für die Beigetretenen [X.], B67b ein Betrag von 56.549,02 € und für die Beigetretene [X.] ein Betrag von 78.275,20 € in Ansatz zu bringen ist.

[X.]

Meta

II ZB 31/14

26.08.2021

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend BGH, 17. Dezember 2020, Az: II ZB 31/14, Beschluss

§ 22 Abs 1 RVG, § 22 Abs 2 S 1 RVG, § 22 Abs 2 S 2 RVG, § 23b RVG, § 1 KapMuG, §§ 1ff KapMuG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.08.2021, Az. II ZB 31/14 (REWIS RS 2021, 3036)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 3036

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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