Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.02.2010, Az. VI ZR 243/08

6. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 9538

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Gegenstand

Individualisierende Berichterstattung: Bereithalten von Dossiers über schwere Straftaten mit den Täter identifizierenden alten Wort- und Bildberichterstattungen


Leitsatz

Zur Zulässigkeit des Bereithaltens von sogenannten Dossiers zum Abruf im Internet, in denen den Täter identifizierende alte Wort- und Bildberichterstattungen über eine schwere Straftat zusammengefasst sind .

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 29. Juli 2008 aufgehoben und das Urteil des [X.] vom 18. Januar 2008 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der [X.] Berichterstattung über eine Straftat in Anspruch.

2

Der Kläger wurde im Jahr 1993 zusammen mit seinem Bruder wegen Mordes an dem bekannten Schauspieler [X.] zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Tat hatte erhebliches Aufsehen erregt. [X.] stellte der Kläger einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, vor dessen Zurückweisung er sich an die Presse wandte. Im [X.] 2007 wurde der Kläger auf Bewährung aus der Strafhaft entlassen. Die Beklagte betreibt das [X.]portal www.spiegel.de. Dort hielt sie in der Rubrik "Dossiers" unter dem Titel "[X.] · [X.]" eine Zusammenstellung von fünf älteren - jeweils durch Angabe der Überschrift und des Datums näher bezeichneten - Veröffentlichungen aus der Druckausgabe des Nachrichtenmagazins "[X.]" bzw. ihrem [X.]auftritt zum kostenpflichtigen Abruf bereit. In mehreren dieser Meldungen war der Kläger als wegen Mordes an [X.] Angeklagter bzw. Verurteilter namentlich bezeichnet. Die Veröffentlichungen vom 21. September und 30. November 1992, in denen über die Anklageerhebung bzw. den Beginn der Hauptverhandlung berichtet wurde, enthielten jeweils ein Foto des [X.].

3

Der Kläger sieht in dem Bereithalten der seinen Namen und sein Bild enthaltenden Veröffentlichungen zum Abruf im [X.] eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Nachdem das [X.] seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine entsprechende Unterlassungsklage wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückgewiesen hatte, hat der Kläger sein Begehren vor dem [X.] weiterverfolgt. Mit der dort nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhobenen Klage verlangt er von der [X.], es zu unterlassen, über ihn im Zusammenhang mit der Tat unter voller Namensnennung zu berichten, solche Berichte zu verbreiten oder öffentlich zugänglich zu machen sowie die in den Artikeln vom 21. September und 30. November 1992 enthaltenen Bilder im Zusammenhang mit Berichten über den Mord zu veröffentlichen oder zugänglich zu machen. Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

A.

4

Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der Klage bejaht. Der [X.], der mehrere Gerichtsstände zur Auswahl ständen, sei es nicht versagt, in ihre Entscheidung über die Auswahl des Gerichts auch die Frage einzubeziehen, vor welchem Gericht sie mit ihrem Klagebegehren am ehesten Erfolg haben werde. Die Klage sei auch begründet. Dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. [X.]. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu, weil die Verbreitung der den Kläger identifizierenden Meldung diesen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Ende des Jahres 2006, als das Dossier noch verbreitet worden sei, habe sich der Kläger kurz vor der Entlassung aus der Strafhaft unter Aussetzung des [X.] zur Bewährung befunden, weshalb eine Konstellation gegeben gewesen sei, wie sie der Entscheidung des [X.] vom 5. Juni 1973 ([X.] 35, 202 ff. - [X.]) zugrunde gelegen habe. Das im Hinblick auf seine bevorstehende Wiedereingliederung in die Gesellschaft besonders schutzwürdige Interesse des [X.], nicht weiterhin öffentlich mit der Tat konfrontiert zu werden, überwiege das Interesse der [X.] an der weiteren Verbreitung der Meldung umso mehr, als die Einschränkungen, die dem Verbreiter solcher Meldungen auferlegt würden, denkbar gering seien. Diesem werde nämlich nicht die Berichterstattung über die Tat, sondern nur die Nennung der Namen der Täter untersagt.

5

Der Umstand, dass - wie auch im Streitfall - Meldungen im [X.] häufig dauerhaft abrufbar gehalten würden und als ältere Meldungen erkennbar seien, rechtfertige keine andere Beurteilung. Es mache keinen Unterschied, ob die Identität des Betroffenen in einer neuen oder in einer älteren Meldung preisgegeben werde. Es komme auch nicht darauf an, ob die beanstandete Meldung mittels Suchmaschinen oder Querverweisen über ein auf die Tat bezogenes Schlagwort oder über den Namen des [X.] auffindbar sei. Auch der Umstand, dass über das [X.] verbreiteten Meldungen in der Regel noch ein geringerer Verbreitungsgrad zukomme als Meldungen, die über die Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen verbreitet würden, lasse nicht die Anlegung anderer als der vom [X.] für die Massenmedien entwickelten Maßstäbe zu.

6

Die Beklagte sei hinsichtlich der Rechtsbeeinträchtigung auch Störer. Ihre Störereigenschaft könne insbesondere nicht im Hinblick darauf verneint werden, dass es sich bei dem Teil des [X.]auftritts, in dem die beanstandete Meldung zum Abruf bereitgehalten worden sei, um ein privilegiertes [X.]archiv handle. Denn eine über das [X.] allgemein zugängliche, in die Rubrik "Archiv" eingestellte Äußerung werde ebenso verbreitet wie jede andere Äußerung auch. Der Rubrik, in der die beanstandete Meldung zum Abruf bereitgehalten werde, komme auch unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Kontrolle über den eigenen [X.]auftritt keine Bedeutung zu. Ferner sei unerheblich, ob bereits die erstmalige [X.] der beanstandeten Inhalte rechtswidrig oder ob die Verbreitung der Meldung ursprünglich rechtmäßig gewesen sei.

B.

7

Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gemäß §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. [X.]. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, §§ 22, 23 KUG nicht zu.

I.

8

Die Klage ist zulässig.

9

1. Der Klageantrag ist dahingehend auszulegen, dass der [X.] untersagt werden soll, das angegriffene Dossier mit Altmeldungen auf ihrer [X.]seite zum Abruf bereit zu halten, in denen im Zusammenhang mit dem Mord an [X.] der Name des [X.] genannt wird und die im Tenor des landgerichtlichen Urteils näher bezeichneten Fotos wiedergegeben werden. Der Klageantrag ist dagegen nicht auf Unterlassung jedweder künftiger Berichterstattung gerichtet. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der Klagebegründung, die zur Ermittlung des Klagebegehrens heranzuziehen ist (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2009 - [X.]/08 - [X.], 1269, 1271 m.w.[X.]; [X.], 188, 192 jeweils m.w.[X.]). Der Kläger hat [X.] deutlich gemacht, dass er sich lediglich gegen das weitere Vorhalten des streitgegenständlichen Dossiers mit den ihn identifizierenden früheren [X.]en zum Abruf im [X.] wendet. In diesem Sinne haben auch die Vorinstanzen das Begehren des [X.] verstanden. Dieses Verständnis hat der Kläger auch in der Revisionserwiderung bestätigt.

2. Der Klage fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Klageerhebung nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil der Kläger sein Unterlassungsbegehren unter Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe verfolgt und sein erster Prozesskostenhilfeantrag vom [X.] mangels Erfolgsaussicht zurückgewiesen worden ist. Der zuletzt genannte Umstand hätte allein im Prozesskostenhilfeverfahren Berücksichtigung finden und unter Umständen zur Verneinung des [X.] für den beim [X.] eingereichten zweiten Prozesskostenhilfeantrag führen können (vgl. [X.], Beschluss vom 16. Dezember 2008 - [X.]/06 - NJW 2009, 857). Die Zulässigkeit der im [X.] an die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhobenen Klage wird hiervon jedoch nicht berührt.

II.

Die Klage ist aber nicht begründet.

1. Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. [X.]. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu, es zu unterlassen, auf ihrer [X.]seite ein Dossier mit Altmeldungen zum Abruf bereit zu halten, in denen im Zusammenhang mit dem Mord an [X.] der Name des [X.] genannt wird.

a) Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht angenommen, dass das Bereithalten der den Kläger namentlich als wegen Mordes Angeklagten bzw. Verurteilten bezeichnenden Meldungen zum Abruf im [X.] einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des [X.] darstellt. Denn die Berichterstattung über eine Straftat unter Nennung des Namens des Straftäters beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens, weil sie sein Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert (vgl. Senatsurteile [X.]Z 143, 199, 202 f.; 178, 231 Rn. 33; vom 15. November 2005 - [X.]/04 - [X.], 274; [X.] 35, 202, 226; [X.] NJW 2006, 2835; [X.], 365 Rn. 15). Dies gilt nicht nur bei aktiver Informationsübermittlung durch die Medien, wie es im Rahmen der herkömmlichen Berichterstattung in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen geschieht, sondern auch dann, wenn - wie im Streitfall - den Täter identifizierende Inhalte lediglich auf einer passiven Darstellungsplattform im [X.] zum Abruf bereitgehalten werden (vgl. [X.] [X.], 365 Rn. 17). Diese Inhalte sind nämlich grundsätzlich jedem interessierten [X.]nutzer zugänglich (vgl. [X.]/[X.], [X.], 133, 137).

b) Im Ausgangspunkt zutreffend hat es das Berufungsgericht auch für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts des [X.] auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus [X.]. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 [X.] mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 [X.] verankerten Recht der [X.] auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der [X.] interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - [X.]/02 - VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - [X.]/06 - [X.], 695 Rn. 13; vom 11. März 2008 - [X.] - [X.], 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - [X.] - [X.], 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - [X.] - [X.], 1545 Rn. 16; [X.] 114, 339, 348 m.w.[X.]; 120, 180, 200 f.; [X.], 365 Rn. 17; [X.], 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - [X.]/04 - [X.], 1403, 1404; vom 17. November 2009 - [X.]/08 - z.[X.]. m.w.[X.]).

c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des [X.] durch das Bereithalten der beanstandeten Inhalte zum Abruf im [X.] in rechtswidriger Weise verletzt worden sei. Das Berufungsgericht hat die besonderen Umstände des [X.] nicht ausreichend berücksichtigt und das von der [X.] verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung mit einem zu geringen Gewicht in die Abwägung eingestellt.

aa) In der Rechtsprechung des [X.] sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. [X.], [X.], 365 Rn. 17; [X.], 480 Rn. 61 f., jeweils m.w.[X.]). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine [X.] Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. [X.] 97, 391, 404 f.; [X.] [X.], 365 Rn. 17).

Geht es um eine Berichterstattung über eine Straftat, so ist zu berücksichtigen, dass eine solche Tat zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern, die Furcht vor Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben, dem vorzubeugen, begründen grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter. Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Tat in Begehungsweise und Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt. Bei schweren Gewaltverbrechen ist in der Regel ein über bloße Neugier und Sensationslust hinausgehendes Interesse an näherer Information über die Tat und ihren Hergang, über die Person des [X.] und seine Motive sowie über die Strafverfolgung anzuerkennen (vgl. [X.] 35, 202, 231; [X.] [X.], 365 Rn. 18; vgl. auch [X.]Z 143, 199, 204).

Bei der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung mit der damit zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des [X.] verdient für die aktuelle Berichterstattung über Straftaten das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang. Denn wer den Rechtsfrieden bricht und durch diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen angreift oder verletzt, muss sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern er muss auch dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (vgl. [X.] 35, 202, 231 f.; [X.] [X.], 365 Rn. 19; vgl. auch Senatsurteile [X.]Z 143, 199, 204; 178, 213 Rn. 22 f.; vom 15. November 2005 - [X.]/04 - [X.], 274 Rn. 14).

Mit zeitlicher Distanz zur Straftat gewinnt dagegen das Interesse des [X.], vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmende Bedeutung. Das Persönlichkeitsrecht bietet Schutz vor einer zeitlich uneingeschränkten Befassung der Medien mit der Person des Straftäters und seiner Privatsphäre (vgl. [X.] 35, 202, 233; [X.] [X.], 365 Rn. 21). Hat die das öffentliche Interesse veranlassende Tat mit der Verfolgung und Verurteilung die gebotene rechtliche Sanktion erfahren und ist die Öffentlichkeit hierüber hinreichend informiert worden, lassen sich wiederholte Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des [X.] im Hinblick auf sein Interesse an der Wiedereingliederung in die [X.] nicht ohne weiteres rechtfertigen. Hiermit ist allerdings keine vollständige Immunisierung vor der ungewollten Darstellung persönlichkeitsrelevanter Geschehnisse gemeint. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht vermittelt Straftätern keinen Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr mit ihrer Tat konfrontiert zu werden. Selbst die Verbüßung der Straftat führt nicht dazu, dass ein Täter den uneingeschränkten Anspruch erwirbt, mit der Tat "allein gelassen zu werden". Maßgeblich ist vielmehr stets, in welchem Ausmaß das Persönlichkeitsrecht einschließlich des [X.] des Straftäters von der Berichterstattung unter den konkreten Umständen des Einzelfalls beeinträchtigt wird (vgl. [X.] [X.], 1859, 1860; [X.], 365 Rn. 21; [X.], Urteil vom 7. Dezember 2006 - Beschwerde Nr. 35841/02 -, [X.] gegen [X.], [X.], [X.] 2007, 472, 473, jeweils m.w.[X.]). Für die Intensität der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kommt es auch auf die Art und Weise der Darstellung, insbesondere auf den Grad der Verbreitung des Mediums an. So stellt eine Fernsehberichterstattung in der Regel einen weitaus stärkeren Eingriff in die Privatsphäre des Betroffenen dar als eine Wortberichterstattung (vgl. [X.] [X.], 1859, 1860 und [X.], 365 Rn. 21, jeweils m.w.[X.]).

[X.]) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des [X.] am Schutz seiner Persönlichkeit und an der Achtung seines Privatlebens vorliegend hinter dem von der [X.] verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten. Zwar kommt dem Interesse des [X.], vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, vorliegend erhöhtes Gewicht zu. Die von ihm begangene Straftat und die Verurteilung liegen lange zurück; der Kläger ist im [X.] 2007 aus der Strafhaft entlassen worden. Andererseits beeinträchtigen die in dem beanstandeten Dossier zusammengefassten Meldungen sein Persönlichkeitsrecht einschließlich seines [X.] unter den besonderen Umständen des Streitfalls nicht in erheblicher Weise. Sie sind insbesondere nicht geeignet, ihn "[X.]" zu stellen oder in einer Weise "an das Licht der Öffentlichkeit zu zerren", die ihn als Straftäter (wieder) neu stigmatisieren könnte.

Die in dem Dossier zusammengefassten Meldungen enthalten wahrheitsgemäße Aussagen über ein Kapitalverbrechen an einem bekannten Schauspieler, das erhebliches öffentliches Aufsehen erregt hatte. In ihnen werden die Umstände der Tat, das Straf- und das Wiederaufnahmeverfahren sachbezogen und objektiv dargestellt. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung wird der Kläger nicht in reißerischer Weise als Mörder qualifiziert. Vielmehr wird mitgeteilt, dass er wegen Mordes angeklagt bzw. verurteilt worden sei. Zugleich wird seine Haltung zu dem Tatvorwurf geschildert und auf ungeklärte Umstände hingewiesen, was für den Leser die Möglichkeit offen lässt, dass er zu Unrecht angeklagt bzw. verurteilt worden sei. Die den Kläger identifizierenden Angaben in den Meldungen waren angesichts der Schwere des Verbrechens, der Bekanntheit des Opfers, des erheblichen [X.], das die Tat in der Öffentlichkeit erregt hatte und des Umstands, dass sich die Verurteilten noch im [X.] unter Inanspruchnahme aller denkbaren Rechtsbehelfe um die Aufhebung ihrer Verurteilung bemühten, zum Zeitpunkt der erstmaligen [X.] unzweifelhaft zulässig.

In der Art und Weise, wie das beanstandete Dossier zum Abruf bereitgehalten wurde, kam ihm eine nur geringe Breitenwirkung zu. Der Verbreitungsgrad des konkret gewählten Mediums war gering; eine Fallgestaltung, wie sie der Lebach-I-Entscheidung des [X.] ([X.] 35, 202) zugrunde lag, ist nicht gegeben. Gegenstand dieser Entscheidung war eine Fernsehdokumentation zur besten Sendezeit, die zu einem intensiven Nacherleben der Straftat unter Betonung der emotionalen Komponente führte (vgl. [X.] 35, 202, 228 f.). Unter den damaligen Fernsehbedingungen war gerade für eine solche Sendung mit einer besonders hohen Einschaltquote zu rechnen ([X.] aaO). Hingegen setzte eine Kenntnisnahme vom Inhalt der in dem beanstandeten Dossier zusammengefassten und den Kläger identifizierenden Meldungen im Streitfall zum einen eine gezielte Suche und zum anderen die Zahlung eines Entgelts für den Abruf des Dossiers voraus. Das Dossier wurde nur auf einer als passive Darstellungsplattform geschalteten Website angeboten, die typischerweise nur von solchen Nutzern zur Kenntnis genommen wird, die sich selbst aktiv informieren (vgl. [X.] NJW 2003, 2818, 2819; NJW 2008, 1298, 1299; [X.], [X.] 15/2009 [X.]). Es war auch nicht auf den aktuellen Seiten des [X.]auftritts der [X.] zugänglich, wo es dem Nutzer unmittelbar nach Aufruf der Homepage der [X.] ins Auge hätte fallen können. Vielmehr wurde das Dossier ausweislich der Feststellungen des [X.], auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, nur als Zusammenstellung von Altmeldungen angeboten und enthielt eindeutig - und für den Nutzer ohne weiteres ersichtlich - nur ältere [X.]en. Es war auch nicht in sonstiger Weise in einen Kontext eingebettet, der ihm den Anschein der Aktualität oder den Charakter einer erneuten Berichterstattung verlieh und die Annahme rechtfertigen würde, die Beklagte habe sich erneut bzw. zeitlich uneingeschränkt mit der Person des Straftäters befasst (vgl. dazu [X.], [X.], 342, 346 f.; von [X.], ZUM 2008, 102, 107; [X.], aaO; [X.], ZUM 2008, 156). Darüber hinaus war eine Kenntnisnahme von den den Kläger identifizierenden Inhalten nicht ohne weiteres möglich, sondern setzte den kostenpflichtigen Abruf des Dossiers voraus, wodurch der Zugang zu den beanstandeten Inhalten zusätzlich erschwert wurde.

Zugunsten der [X.] fällt darüber hinaus ins Gewicht, dass ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit nicht nur an der Information über das aktuelle Zeitgeschehen, sondern auch an der Möglichkeit besteht, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse zu recherchieren (vgl. [X.], [X.], 126, 127; KG, [X.], 561, 563; [X.], ZUM 2007, 915, 917; [X.], 568, 569; [X.], aaO, 345 ff.; [X.], [X.], 143, 148). Dementsprechend nehmen die Medien ihre Aufgabe, in Ausübung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren und an der [X.] Willensbildung mitzuwirken, auch dadurch wahr, dass sie nicht mehr aktuelle [X.]en für interessierte Mediennutzer verfügbar halten. Ein generelles Verbot der Einsehbarkeit und Recherchierbarkeit bzw. ein Gebot der Löschung aller früheren den Straftäter identifizierenden Darstellungen in "Onlinearchiven" würde dazu führen, dass Geschichte getilgt und der Straftäter vollständig immunisiert würde (vgl. [X.], aaO, S. 345 f.; Dreier, [X.], 2009, [X.], 68, 76 m.w.[X.]). Hierauf hat der Täter aber keinen Anspruch (vgl. [X.], [X.], 1859, 1860; [X.], 365 Rn. 21). Dies gilt insbesondere bei einem schweren Kapitalverbrechen wie im vorliegenden Fall, das in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit erregt hat.

Weiterhin ist zu beachten, dass das vom Kläger begehrte Verbot einen abschreckenden Effekt auf den Gebrauch der Meinungs- und Pressefreiheit hätte, der den freien Informations- und Kommunikationsprozess einschnüren würde (vgl. [X.] 93, 266, 292; 99, 185, 197; [X.], 480 Rn. 62; vgl. ferner [X.], [X.]Z 158, 343, 353). Die Beklagte könnte ihren verfassungsrechtlichen Auftrag, in Wahrnehmung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren, nicht vollumfänglich wahrnehmen, wenn es ihr generell verwehrt wäre, dem interessierten Nutzer den Zugriff auf frühere [X.]en zu ermöglichen. Würde auch das weitere Bereithalten als solcher erkennbarer und im Zeitpunkt der erstmaligen [X.] zulässiger Altmeldungen auf für Altmeldungen vorgesehenen Seiten zum Abruf im [X.] nach Ablauf einer gewissen Zeit oder nach Veränderung der zugrunde liegenden Umstände ohne weiteres unzulässig und wäre die Beklagte verpflichtet, sämtliche archivierten Beiträge von sich aus immer wieder auf ihre Rechtmäßigkeit zu kontrollieren, würde die Meinungs- und Medienfreiheit in unzulässiger Weise eingeschränkt. Angesichts des mit einer derartigen Kontrolle verbundenen personellen und zeitlichen Aufwands bestünde die erhebliche Gefahr, dass die Beklagte entweder ganz von einer der Öffentlichkeit zugänglichen Archivierung absehen oder bereits bei der erstmaligen [X.] die Umstände ausklammern würde, die - wie vorliegend der Name des Straftäters - das weitere Vorhalten des Beitrags später rechtswidrig werden lassen könnten, an deren Mitteilung die Öffentlichkeit aber im Zeitpunkt der erstmaligen Berichterstattung ein schützenswertes Interesse hat.

d) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist eine andere rechtliche Beurteilung auch nicht nach den Grundsätzen des Datenschutzrechts geboten. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der persönliche und sachliche Anwendungsbereich der [X.] überhaupt eröffnet ist, insbesondere ob es sich bei dem beanstandeten Bereithalten der den Namen des [X.] enthaltenden und in dem beanstandeten Dossier zusammengefassten Meldungen zum Abruf im [X.] um ein "Verarbeiten" personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 [X.] handelt. Denn das Bereithalten dieser Meldung unterfällt jedenfalls dem sogenannten [X.] des § 57 Abs. 1 Satz 1 des [X.] und Telemedien ([X.]) mit der Folge, dass seine Zulässigkeit weder von einer Einwilligung des Betroffenen noch von einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung im Sinne des § 4 [X.] abhängig ist.

aa) Gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 [X.] gelten, soweit Unternehmen oder Hilfsunternehmen der Presse als Anbieter von Telemedien personenbezogene Daten ausschließlich zu eigenen journalistisch-redaktionellen oder literarischen Zwecken erheben, verarbeiten oder nutzen, nur die §§ 5, 7, 9 und 38 a [X.] mit der Maßgabe, dass nur für Schäden gehaftet wird, die durch die Verletzung des Datengeheimnisses nach § 5 [X.] oder durch unzureichende technische oder organisatorische Maßnahmen im Sinne des § 9 [X.] eintreten. § 4 [X.], wonach die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig sind, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat, kommt dagegen nicht zur Anwendung (vgl. Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 2. Aufl., § 57 [X.] Rn. 6 f., 15 f.; [X.] in Schwartmann, Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht, 2. Teil, 16. Abschnitt, Rn. 25, 27; [X.]/[X.]/Herb, Datenschutzrecht, § 41 [X.] Rn. 6, 10a; vgl. zu § 41 [X.]: [X.]/Schomerus, [X.], 9. Aufl., § 41 Rn. 2). Das in § 57 Abs. 1 Satz 1 [X.] angeordnete [X.] ist Ausfluss der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankerten Medienfreiheit. Ohne die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten auch ohne Einwilligung der jeweils Betroffenen wäre journalistische Arbeit nicht möglich; die Presse könnte ihre in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 2 [X.], Art. 11 Abs. 1 Satz 1 der [X.] zuerkannten und garantierten Aufgaben nicht wahrnehmen (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - [X.]/08 - [X.], 1131 Rn. 20; [X.] in [X.]/[X.], Recht der elektronischen Medien, Presserecht Rn. 118 ff., 140; [X.] in Schwartmann, aaO; [X.]/[X.]/Herb, aaO, Rn. 6 ff.; [X.], ZUM 2004, 536, 540 f.; vgl. auch Art. 9 sowie Erwägungsgründe 17 und 37 der Richtlinie 95/46/[X.] und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr; [X.], Urteile vom 6. November 2003 - [X.]. [X.]/01 - [X.] gegen [X.] - ZUM-RD 2004, 107 Rn. 90; vom 16. Dezember 2008 - [X.]. [X.]/07 - Tietosuojavaltuutettu gegen [X.] - [X.], 23 ff.; Schlussanträge der Generalanwältin [X.] vom 8. Mai 2008 in der Rechtssache [X.]/07 - zitiert nach [X.], Rn. 37, 39, 66 ff., 81 f.).

[X.]) Die Voraussetzungen einer datenschutzrechtlichen Privilegierung gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind vorliegend erfüllt. Die Beklagte als Anbieterin von Telemedien hat die den Namen des [X.] enthaltenden Meldungen ausschließlich zu eigenen journalistisch-redaktionellen Zwecken in ihren [X.]auftritt eingestellt, zu einem Dossier zusammengefasst und zum Abruf im [X.] bereitgehalten.

(1) Daten werden dann zu journalistisch-redaktionellen Zwecken verarbeitet, wenn die Zielrichtung in einer [X.] für einen unbestimmten Personenkreis besteht (vgl. Hahn/Vesting, aaO, Rn. 13; [X.]/[X.]/Herb, aaO, Rn. 23). Es muss die Absicht einer Berichterstattung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG - worunter auch die Meinungsäußerung fällt (vgl. [X.] 60, 53, 63 f.; [X.]/[X.]/[X.], GG, Art. 5 Abs. 1 Rn. 201 f.) - gegeben sein (vgl. [X.]/[X.]/Herb, aaO, Rn. 26; [X.] in Schwartmann, aaO, 1. Teil, 6. Abschnitt Rn. 26 ff.). Denn nur die Tätigkeiten, die der Erfüllung der Aufgaben einer funktional verstandenen Presse bzw. des [X.] dienen, werden vom [X.] erfasst ([X.] in [X.]/[X.], aaO, Rn. 137). Dementsprechend gilt die datenschutzrechtliche Privilegierung beispielsweise nicht für im Rahmen der Personaldatenverarbeitung anfallende oder im Zusammenhang mit dem [X.], zur Akquisition von Abonnenten oder zur (kommerziellen) Weitergabe an Dritte gespeicherte Daten (vgl. BT-Drucks. 11/4306, [X.] zu Art. 1 § 37 Abs. 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes; [X.]/[X.]/Herb, aaO, Rn. 29; [X.] in [X.]/[X.], aaO, Rn. 137; [X.]/[X.], [X.] Stand 7/2009, § 41 Rn. 4). Demgegenüber sind die Recherche, Redaktion, [X.], Dokumentation und Archivierung personenbezogener Daten zu publizistischen Zwecken umfassend geschützt (vgl. [X.] in [X.]/[X.], aaO, Rn. 138). Das durch die Presse- und Rundfunkfreiheit verfassungsrechtlich vorgegebene [X.] schützt insbesondere auch die publizistische Verwertung personenbezogener Daten im Rahmen einer in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 2 [X.] fallenden [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 16. Dezember 2008 - [X.]. [X.]/07 - Tietosuojavaltuutettu gegen [X.] - [X.], 23 Rn. 61 f.; Schlussanträge der Generalanwältin [X.] vom 8. Mai 2008 in der Rechtssache [X.]/07 - zitiert nach [X.], Rn. 65 ff., 81 f. zur Richtlinie 95/46/EG).

Von einer Verarbeitung ausschließlich zu eigenen Zwecken ist dann auszugehen, wenn die Daten eigenen [X.]en des betroffenen Presseunternehmens dienen (vgl. [X.]/[X.]/Herb, aaO, Rn. 30).

(2) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die Beklagte hat die den Namen des [X.] enthaltenden Meldungen ausschließlich zu dem Zweck in ihren [X.]auftritt eingestellt, zu einem Dossier zusammengefasst und zum Abruf bereitgehalten, damit sie von der interessierten Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen werden. Sie hat damit unmittelbar ihre verfassungsrechtliche Aufgabe wahrgenommen, in Ausübung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren und an der [X.] Willensbildung mitzuwirken. Sowohl das Einstellen der beanstandeten Inhalte ins [X.] als auch ihr (dauerhaftes) Bereithalten zum Abruf ist Teil des in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 [X.] fallenden Publikationsvorgangs. Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass seit der Einstellung der Meldungen ins [X.] mittlerweile mehrere Jahre vergangen sind.

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Unterlassung erneuter Verbreitung der in den Artikeln vom 21. September und 30. November 1992 enthaltenen Bilder entsprechend §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, [X.]. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu. Bei den beanstandeten A[X.]ildungen handelt es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, die auch ohne Einwilligung des [X.] als Teil des beanstandeten Dossiers zum Abruf im [X.] bereitgehalten werden durften. Ihrer Verbreitung stand kein berechtigtes Interesse des [X.] im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG entgegen.

a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats ist die Zulässigkeit von [X.] nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen (vgl. Senatsurteile [X.]Z 171, 275; 178, 213; 180, 114; vom 19. Juni 2007 - [X.] - [X.], 1135; vom 3. Juli 2007 - [X.]/06 - [X.], 1283; vom 24. Juni 2008 - [X.]/06 - [X.], 1268; vom 1. Juli 2008 - [X.]/08 - [X.], 1411 und - [X.]/06 - [X.], 1506; vom 14. Oktober 2008 - [X.] - [X.], 76 und - [X.]/06 - [X.], 78 sowie - [X.]/06 - [X.], 513 und - [X.]/06 - [X.], 511; vgl. auch [X.], Urteil vom 11. März 2009 - [X.] - NJW 2009, 3032), das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. [X.], NJW 2008, 1793, 1798 f.) als auch mit der Rechtsprechung des [X.] (nachfolgend: [X.]) im Einklang steht (vgl. [X.], NJW 2004, 2647 und NJW 2006, 591). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Hiervon besteht allerdings gemäß § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).

aa) Die Beurteilung, ob ein Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zuzuordnen ist, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus [X.]. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 [X.] einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 [X.] andererseits (vgl. Senatsurteile [X.]Z 180, 114 Rn. 10; vom 6. März 2007 - [X.]/06 - [X.], 957, 958 m.w.[X.]; vom 1. Juli 2008 - [X.]/08 - aaO, S. 1413 und - [X.]/06 - aaO, S. 1507; [X.] NJW 2008, 1793 Rn. 55, 85). Denn die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG soll nach ihrem Sinn und Zweck und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem [X.] des § 22 KUG dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den Rechten der Presse Rechnung tragen. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zu Grunde zu legen, welcher die Pressefreiheit und zugleich den Schutz der Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre ausreichend berücksichtigt (Senatsurteile [X.]Z 178, 213 Rn. 10; vom 6. März 2007 - [X.]/06 - [X.], 957, 958 m.w.[X.]; vom 19. Juni 2007 - [X.] - [X.], 1135, 1136 und vom 1. Juli 2008 - [X.]/08 - aaO, S. 1412 f.; [X.] [X.], 1021 Rn. 87 f.). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Der Begriff des Zeitgeschehens ist zugunsten der Pressefreiheit in einem weiten Sinn zu verstehen; er umfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (auch hierzu Senatsurteile [X.]Z 178, 213 Rn. 14; 180, 114 Rn. 10; vom 1. Juli 2008 - [X.]/08 - aaO, S. 1412 und - [X.]/06 - aaO, S. 1506 f., jeweils m.w.[X.]).

[X.]) Bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu. Entscheidend ist insbesondere, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie - ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis - lediglich die Neugier der Leser befriedigen (vgl. Senatsurteile [X.]Z 180, 114 Rn. 12; vom 1. Juli 2008 - [X.]/06 - aaO, S. 1508; [X.] 34, 269, 283; 101, 361, 391; [X.], NJW 2006, 3406, 3407; NJW 2008, 1793, 1796). Geht es um eine identifizierende Bildberichterstattung über eine Straftat, so sind darüber hinaus die oben unter [X.]) aa) dargestellten Grundsätze zu beachten. Denn auch eine solche Berichterstattung greift in das Recht des abgebildeten Straftäters auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens ein, weil sie sein Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert (vgl. [X.]Z 178, 213 Rn. 22, 33 m.w.[X.]). Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass mit zeitlicher Distanz zur Straftat das Interesse des [X.], vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmende Bedeutung gewinnt.

Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist dabei im Gesamtkontext, in den das [X.] gestellt ist, und unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung zu ermitteln. Daneben sind für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes der Anlass der Bildberichterstattung und die Umstände in die Beurteilung mit einzubeziehen, unter denen die Aufnahme entstanden ist. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird (vgl. [X.]Z 178, 213 Rn. 24; [X.] NJW 2008, 1793, 1796 Rn. 65).

b) Nach diesen Grundsätzen ist das Bereithalten der die Fotos des [X.] enthaltenden Meldungen vom 21. September und 30. November 1992 als Teil des angegriffenen Dossiers zum Abruf im [X.] rechtlich nicht zu beanstanden. Das Interesse des [X.] am Schutz seiner Persönlichkeit und seiner Privatsphäre hat vorliegend hinter dem von der [X.] verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurückzutreten.

Auf dem Foto in der Meldung vom 21. September 1992 ist der Kläger in Begleitung des späteren Mordopfers auf der Straße vor dem von ihm betriebenen Lokal "Beim [X.]" zu sehen. Die angegriffene Aufnahme in der Meldung vom 30. November 1992 zeigt den Kläger als Angeklagten im Gerichtssaal. Beide Fotos illustrieren die Meldungen vom 21. September bzw. 30. November 1992, in denen wahrheitsgemäß, sachbezogen und objektiv über die Anklageerhebung gegen den Kläger wegen Mordes an einem bekannten Schauspieler - seinem "Geschäftspartner im gastronomischen Gewerbe" - bzw. den Beginn der Hauptverhandlung berichtet wird und die damit an ein zeitgeschichtliches Ereignis anknüpfen. Wie unter [X.]) [X.]) im Einzelnen ausgeführt, durfte die Beklagte über dieses Ereignis wie geschehen unter Namensnennung des [X.] berichten und die als frühere [X.]en erkennbaren Meldungen in Form des beanstandeten Dossiers auch noch im [X.] zum kostenpflichtigen Abruf im [X.] bereithalten.

Die beanstandeten Aufnahmen sind kontextbezogen. Die [X.] kontextbezogener Fotos ist als Visualisierung des berichteten Ereignisses aber regelmäßig zulässig (vgl. Senatsurteil [X.]Z 178, 213 Rn. 39; [X.], NJW 2001, 1921, 1925). Die verwendeten Aufnahmen beeinträchtigen den Kläger nicht stärker als kontextneutrale Portraitaufnahmen. Sie stellen den Kläger nicht ungünstig dar und berühren nicht seine Intimsphäre. Als kontextbezogene Aufnahmen unterstreichen sie mehr als ein kontextneutrales Bild die Authentizität des Berichts (vgl. [X.], NJW 2008, 1793, 1797).

Die Verbreitung der angegriffenen Fotos ist auch im Übrigen nicht geeignet, den Kläger "[X.]" zu stellen oder in einer Weise "an das Licht der Öffentlichkeit zu zerren", die ihn als Straftäter (wieder) neu stigmatisieren könnte. Die Aufnahmen sind Bestandteil einer ausdrücklich als solcher gekennzeichneten Altmeldung, der in der Art und Weise, wie sie zum Abruf bereitgehalten wurde, eine nur geringe Breitenwirkung zukam. Sie stammen aus dem [X.] und illustrieren allein das damalige Aussehen des [X.]. Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter [X.]) [X.]) Bezug genommen, die auch im vorliegenden Zusammenhang Geltung beanspruchen.

Bei der gebotenen Würdigung der [X.] in ihrer Gesamtheit sind keine überwiegenden berechtigten Interessen des [X.] (§ 23 Abs. 2 KUG) erkennbar, die der Verbreitung der ihn zeigenden Fotos im Rahmen des angegriffenen Dossiers entgegengestanden hätten (vgl. Senatsurteil vom 6. März 2007 - [X.] - [X.], 697, 700).

c) Eine andere rechtliche Beurteilung ist auch nicht nach den Grundsätzen des Datenschutzrechts geboten. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der persönliche und sachliche Anwendungsbereich der [X.] überhaupt eröffnet ist, insbesondere ob es sich bei Fotografien um personenbezogene Daten im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes handelt (bejahend: [X.]/Schomerus, aaO, Rn. 6a; [X.], [X.] 1981, 57) und ob das Bereithalten der die Fotos des [X.] enthaltenden und in dem beanstandeten Dossier zusammengefassten Meldungen zum Abruf im [X.] ein "Verarbeiten" personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 [X.] darstellt. Denn wie unter 1. d) ausgeführt unterfällt das Bereithalten dieser Meldungen jedenfalls dem sogenannten [X.] des § 57 Abs. 1 Satz 1 [X.] mit der Folge, dass seine Zulässigkeit weder von einer Einwilligung des Betroffenen noch von einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung im Sinne des § 4 [X.] abhängig ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Galke                                 [X.]                                     Pauge

                    [X.]                                            von [X.]

Meta

VI ZR 243/08

09.02.2010

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 29. Juli 2008, Az: 7 U 20/08, Urteil

Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 5 Abs 1 GG, § 823 Abs 1 BGB, § 1004 Abs 1 S 2 BGB, § 22 KunstUrhG, § 23 KunstUrhG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.02.2010, Az. VI ZR 243/08 (REWIS RS 2010, 9538)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9538

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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