Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 27.06.2013, Az. 1 BvR 1501/13

1. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2013, 4703

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

ÖFFENTLICHES RECHT BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) VERWALTUNGSRECHT UNIVERSITÄTEN UND HOCHSCHULEN WISSENSCHAFT WISSENSCHAFTSFREIHEIT

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung: Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz und Einrichtung der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) - Aussetzung des Vollzugs des angegriffenen Landesgesetzes aufgrund einer Gesamtabwägung nicht gerechtfertigt


Gründe

1

Die Antragstellerinnen, zwei von vier Fakultäten der [X.] ([X.]), begehren mit ihren Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, die Art. 1, §§ 1, 5, 7, 8, 9, 12, 17, 18, 20 und 21 und Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Neustrukturierung der Hochschulregion [X.] erst in [X.] treten zu lassen, wenn das [X.] über ihre zugleich eingelegte [X.]beschwerde entschieden hat.

2

Am 11. Februar 2013 beschloss der [X.] das Gesetz zur Neustrukturierung der Hochschulregion [X.] (GVBl I Nr. 4), das unter anderem in Art. 1 das Gesetz zur Weiterentwicklung der Hochschulregion [X.] ([X.]) und in Art. 2 Änderungen des [X.] ([X.]) vorsieht.

3

1. § 1 [X.] errichtet mit Wirkung zum 1. Juli 2013 die neue [X.] ([X.]-Senftenberg). Die Fakultäten, Einrichtungen und Studiengänge der [X.] und der Hochschule [X.] (FH [X.]) werden mit ihrer Errichtung solche dieser neuen [X.]; die bisherigen Verwaltungen bilden deren Hochschulverwaltung. Die [X.]-Senftenberg wird zum 1. Juli 2013 gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] Rechtsnachfolgerin von [X.] und FH [X.] und nach Art. 2 Nr. 1 Buchstabe a des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Hochschulregion [X.] anstelle der [X.] in die Liste der staatlichen Hochschulen des [X.] aufgenommen.

4

Alle Mitglieder der alten Hochschulen werden gemäß § 5 [X.], alle Planstellen, Stellen und Mittel gemäß § 7 [X.] in die neue [X.] überführt. Desgleichen werden - jenseits der [X.]sleitung und des Senats, die nach § 8 Abs. 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 [X.] zum 1. Juli 2013 aufgelöst werden - Gremien und Untereinheiten der bisherigen Hochschulen nach § 17 Abs. 1, § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] in die neue [X.] übernommen. Wichtige Entscheidungen trifft der [X.], in dem mehrheitlich [X.] vertreten sind, die je zur Hälfte aus der [X.] und der FH [X.] kommen. Nach § 17 Abs. 2 [X.] bleiben Entscheidungen in der neuen Hochschule auch bei einer rechtskräftig festgestellten fehlerhaften Wahl oder Besetzung der Handelnden rechtswirksam.

5

Für die Übergangsphase bestellt das zuständige Mitglied der Landesregierung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] eine oder einen Beauftragten zur Leitung der neuen [X.], bis ein Gründungspräsident bzw. -präsidentin gewählt ist. Dazu wird gemäß § 9 [X.] eine Findungskommission eingesetzt: ihr gehört je eine von den dort zuständigen Organen gewählte Vertretung für die Mitgliedergruppen der [X.] und der FH [X.] sowie eine Vertretung des Ministeriums an, die die Findungskommission auch leitet. Die Findungskommission schlägt jedenfalls mit den Stimmen der [X.]n und des Ministeriums bis zu drei Personen vor, die nicht aus der [X.] oder FH [X.] kommen sollen (§ 9 Abs. 4 Satz 2 [X.]). Der Präsident bzw. die Präsidentin werden dann nach § 9 Abs. 1 [X.] im Einvernehmen mit dem erweiterten [X.] bestellt. Dieser besteht nach § 12 Abs. 3 [X.] aus 31 Personen, mit einer Mehrheit der [X.]n von 16 Personen, die je zur Hälfte in der vormaligen [X.] beziehungsweise der vormaligen [X.] gewählt werden.

6

§ 20 [X.] enthält Bestimmungen zur Ersatzvornahme.

7

2. Mit ihrer [X.]beschwerde wenden sich die Beschwerdeführerinnen unmittelbar gegen Art. 1, §§ 1, 5, 7, 8, 9, 12, 17, 18, 20 und 21 sowie Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Neustrukturierung der Hochschulregion [X.] und [X.] eine Verletzung von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und von Art. 19 Abs. 4 GG. Die Beschwerdeführerinnen bringen vor, sie seien ebenso wie ihre Hochschule im Entscheidungsprozess zur Fusion von [X.] und FH [X.] unzureichend beteiligt gewesen. Der Gesetzgeber habe ihre Wissenschaftsfreiheit verletzt, weil seine Entscheidung auf Fehlinformationen durch das Ministerium beruhe und unverhältnismäßig sei. Die Forschung und Lehre der beschwerdeführenden Fakultäten seien strukturell gefährdet, denn Kooperationen und Förderung, Profil und Studienangebot beruhten darauf, dass sie Fakultäten der [X.] seien. Die Entscheidungsstrukturen der neuen [X.] verletzten zudem das Gebot der Homogenität in der Gruppe der [X.]n.

8

3. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei wegen der schwerwiegenden und irreparablen Nachteile für den Fall des Gesetzesvollzugs begründet. Personal werde abwandern oder nicht zu gewinnen sein. Es würden Forschungskooperationen zu Stellen im In- und Ausland zerstört oder irreparabel beeinträchtigt, denn sie erfolgten profilbezogen auf [X.]sniveau, welches die FH [X.] nur zu einem geringen Teil erreiche. Eine Stiftung stelle bereits ihr Engagement in Frage und habe die Freigabe von Mitteln aufgehalten, weil Planungssicherheit für sie von zentraler Bedeutung sei. Die neue Gesamthochschule habe künftig nicht die gleiche Chance wie die [X.], Drittmittel für Grundlagenforschung einzuwerben; auch persönliche Netzwerke ließen sich nicht "auf Knopfdruck" reaktivieren. Der laufende Antrag auf Aufnahme in die [X.] ([X.]) werde irreparabel scheitern. Zudem könnten von der neuen Hochschule ohne hinreichende Beteiligung der Beschwerdeführerinnen getroffene Entscheidungen nicht rückgängig gemacht werden. Dem oder der Gründungsbeauftragten fehle sogar jede Legitimation, denn eine Beteiligung der [X.]n an der Bestellung sei weder gewünscht noch gewährleistet. Es sei zu befürchten, dass unterwertige Paketberufungen erfolgten und dass in den Lehrbereichen der Beschwerdeführerinnen Studiengänge auf [X.]sniveau für lange Zeit unumkehrbar eingestellt würden, was auch zu Mindereinnahmen führe und Personalstellen verwaisen lasse. Ein schwerer und irreparabler Nachteil liege auch darin, dass Studienabschlüsse im Namen der neuen [X.] erlangt würden. Die Studierendenzahlen gingen zurück, was nur sehr langfristig wieder umzusteuern sei.

9

4. Gegen das Gesetz haben die [X.] sowie deren Studierendenschaft - verbunden mit Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung - jeweils [X.]beschwerde zum [X.]gericht des [X.] erhoben. 19 Abgeordnete des [X.] haben dort einen Normenkontrollantrag gestellt. Daneben sind weitere [X.]beschwerden einzelner Hochschulangehöriger beim Landesverfassungsgericht und beim [X.] anhängig.

Nach § 32 Abs. 1 [X.] kann das [X.] im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig.

a) Die Beschwerdeführerinnen sind als Fakultäten unbeschadet der Frage, in welcher Hinsicht sie eine Verletzung eigener Rechte geltend machen können, Trägerinnen des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Insoweit sind sie im Verfahren der [X.]beschwerde und damit auch für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beschwerdefähig (vgl. [X.] 15, 256 <261 f.>; 68, 193 <207>; 75, 192 <196>; 93, 85 <93>; 111, 333 <352>; s.a. [X.], 135 <139 ff.>).

b) Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde von den Beschwerdeführerinnen wirksam eingelegt. Die gerichtliche Geltendmachung der Wissenschaftsfreiheit gehört zwar weder nach §§ 69 ff. [X.] noch nach §§ 22 ff. der Grundordnung zu den Aufgaben der Fakultäten. Insofern den Fakultäten als organisatorische Grundeinheiten der Hochschulen für Lehre und Forschung (§ 69 Abs. 1 Satz 1 [X.]) eigene Grundrechtspositionen zustehen, ist deren Geltendmachung von der Aufgabenzuweisung aber mit umfasst (vgl. [X.] 15, 256 <261 f.>; 93, 85 <93>; 111, 333 <352>). Die Vollmacht zur Einlegung der [X.]beschwerde und Stellung des [X.] sind durch Dekanin bzw. Dekan gezeichnet und wird jeweils durch einen vorgelegten Fakultätsratsbeschluss getragen. Dies war auch erforderlich, insofern die Leitung der Fakultät nach § 70 Abs. 1 Satz 1 [X.] in Verbindung mit § 22 Abs. 1 Satz 1 der Grundordnung nicht alle Entscheidungen umfasst, die für eine Fakultät zu treffen sind.

2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zurückzuweisen.

Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 [X.] ist wegen der weittragenden Folgen einer verfassungsgerichtlichen einstweiligen Anordnung regelmäßig ein strenger Maßstab (vgl. [X.] 55, 1 <3>; stRspr), bei einer Aussetzung eines Gesetzes ein besonders strenger Maßstab anzulegen (vgl. [X.] 131, 47 <61> m.w.N. und [X.] 29, 318 <323>). Dabei müssen die Gründe, die für die [X.]widrigkeit der angegriffenen Maßnahme sprechen, außer Betracht bleiben, es sei denn, die [X.]beschwerde erwiese sich von vornherein als insgesamt unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Das [X.] hat lediglich die Nachteile abzuwägen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die [X.]beschwerde aber in der Hauptsache Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der [X.]beschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. [X.] 131, 47 <55>; stRspr).

Die [X.]beschwerde ist zwar nicht offensichtlich unzulässig (a) oder offensichtlich unbegründet (b). Doch ergibt die damit erforderliche Gesamtabwägung (c) der Folgen der begehrten Entscheidung, dass die aufgrund des Vortrags der Beschwerdeführerinnen und den von ihnen beigefügten Unterlagen absehbaren Folgen des Inkrafttretens der angegriffenen Bestimmungen des Gesetzes zur Neustrukturierung der Hochschulregion [X.] in Ausmaß und Schwere nicht von einem derartigen Gewicht sind, dass eine Aussetzung des [X.] zu rechtfertigen wäre.

a) Die [X.]beschwerde ist nicht von vornherein unzulässig.

aa) Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführerinnen gegen ein Gesetz vorgehen, denn sie sind von diesem unmittelbar betroffen (vgl. [X.] 1, 97 <101 ff.>; 109, 279 <306>; stRspr). Auch ist die Möglichkeit einer Verletzung von Rechten aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG für Fakultäten anerkannt (vgl. grundsätzlich [X.] 15, 256 <261 f.>; 93, 85 <93>; 111, 333 <352>). Entsprechende [X.] sind allerdings insofern begrenzt, als sie sich nur auf die Wissenschaftsfreiheit der Fakultät beziehen können.

bb) Die [X.]beschwerde richtet sich auch nicht gegen den Fortbestand einer wissenschaftlichen Einrichtung, den Art. 5 Abs. 3 GG als solches nicht schützt (vgl. [X.] 85, 360 <384 f.>). § 21 Abs. 1 [X.] lässt die [X.] und die FH [X.] in der neuen [X.] "aufgehen", beendet die Existenz der [X.] also nur in ihrer bisherigen Form und überführt sie mit der FH [X.] in eine neue (Gesamt-)[X.]. Alle Einheiten der [X.] werden nach § 1 Abs. 2, § 17 Abs. 1 [X.] als Einheiten der neuen Hochschule weitergeführt.

b) Die [X.]beschwerde ist bei der hier gebotenen summarischen Prüfung zumindest nicht offensichtlich gänzlich unbegründet. Sie wirft die bislang ungeklärte Frage auf, ob und gegebenenfalls wieweit sich Fakultäten unter Berufung auf die Wissenschaftsfreiheit gegen eine Umgestaltung der [X.] setzen können und ob ihnen in einem diesbezüglichen Gesetzgebungsverfahren bestimmte Beteiligungsrechte zustehen. Zugleich können sich damit Fragen danach stellen, inwieweit Fakultäten aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG Anforderungen an eine wissenschaftsadäquate Organisation geltend machen können. Die hiermit verbundenen schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfragen können in dem summarischen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht beantwortet werden.

c) Die danach für den Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das [X.] erforderliche Gesamtabwägung der Folgen einer solchen Entscheidung ergibt, dass überwiegende Gründe gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechen. Die aufgrund des Vortrags der Beschwerdeführerinnen und den von ihnen beigefügten Unterlagen absehbaren Folgen des Inkrafttretens der angegriffenen Bestimmungen des Gesetzes zur Neustrukturierung der Hochschulregion [X.] sind in Ausmaß und Schwere nicht von einem derartigen Gewicht, dass eine Aussetzung des [X.] zu rechtfertigen wäre.

aa) Wird die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes begehrt, ist bei der Folgenabwägung ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Das [X.] darf von seiner Befugnis, das Inkrafttreten eines Gesetzes zu verzögern, nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch machen, da dies stets einen erheblichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers darstellt. Die Nachteile, die mit dem Inkrafttreten nach späterer Feststellung der [X.]widrigkeit verbunden wären, müssen in Ausmaß und Schwere die Nachteile deutlich überwiegen, die im Fall der vorläufigen Verhinderung eines sich als verfassungsmäßig erweisenden Gesetzes einträten. Bei dieser Folgenabwägung sind die Auswirkungen auf alle vom Gesetz Betroffenen zu berücksichtigen, nicht nur Folgen, die sich für die Beschwerdeführerinnen ergeben (vgl. [X.] 131, 47 <61>; stRspr).

bb) Gemessen an diesen Anforderungen rechtfertigt das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht. Es sind keine Nachteile ersichtlich, die in Ausmaß und Schwere den Nachteil deutlich überwiegen, der darin liegt, die vom Gesetzgeber gewünschte Reform nicht umzusetzen. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass im Fall der vorläufig weiteren Wirksamkeit des Gesetzes zur Neustrukturierung der Hochschulregion [X.] endgültige und nicht wiedergutzumachende Schäden von besonderem Gewicht oder nur unter ganz erheblichen Schwierigkeiten wieder ausräumbare vollendete Tatsachen geschaffen würden (vgl. [X.] 91, 70 <76 f.>).

(1) Soweit die Beschwerdeführerinnen geltend machen, Forschungskooperationen würden irreparabel zerstört, ist nicht erkennbar, weshalb eine Fortsetzung der bereits laufenden Forschung bei Inkrafttreten des angegriffenen Gesetzes nicht mehr möglich sein soll. Soweit die Bereithaltung bestimmter universitärer Ressourcen in [X.] ausdrücklich zugesichert wurde, ist die [X.]-Senftenberg als Rechtsnachfolgerin der [X.] nach der Regelung des § 21 Abs. 2 [X.] daran gebunden. Im Hinblick auf die nicht näher spezifizierten Netzwerke der [X.]n erschließt sich nicht, weshalb gerade persönliche Forschungskontakte nicht auch in einem veränderten Rahmen genutzt werden können. Zwar ist es nicht undenkbar, dass eine [X.], die mit einer [X.] fusioniert wird, in der Forschungskooperation Reputation einbüßt, doch ist es keineswegs zwingend, dass Kooperationen daran scheitern. Schließlich tritt ein durch ein Schreiben einer Stiftung illustrierter eventueller Verlust von Drittmitteln bereits aufgrund der Unsicherheit ein, in der die [X.] derzeit agiert und auch bei Erlass einer einstweiligen Anordnung weiter agieren würde. Die Planungssicherheit, die für die Stiftung "von zentraler Bedeutung" ist, bietet auch eine einstweilige Anordnung nicht.

(2) Soweit die Beschwerdeführerinnen vortragen, die Unterstützung von Promotionsvorhaben sei bei Inkrafttreten des Gesetzes gefährdet, ist ein besonders schwerer Nachteil nicht auszumachen. Die Fakultäten verlieren das Promotionsrecht nicht, denn die neue [X.]-Senftenberg wird gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 [X.] in Verbindung mit Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Hochschulregion [X.] als [X.] das Promotionsrecht haben. Die bisherigen [X.] der [X.] sind mit Inkrafttreten des Gesetzes an der [X.]-Senftenberg eingeschrieben. Dass ein Kooperationspartner tatsächlich die Promotionsförderung von einer unveränderten Struktur der [X.] abhängig gemacht hat und damit eine Unterstützung jeglicher Promotionsvorhaben ausgeschlossen wäre, ist jedenfalls nicht hinreichend erkennbar.

(3) Auch die Wirkungen, die das Inkrafttreten des angegriffenen Gesetzes auf einen von der [X.] gestellten Antrag auf Aufnahme in die [X.] haben kann, sind nicht in einem solchen Ausmaß und einer solchen Schwere ersichtlich, dass sie die Aussetzung des Inkrafttretens eines Gesetzes rechtfertigen könnten. Zwar wäre es für die [X.] ersichtlich ein Nachteil, von Mitwirkungsmöglichkeiten in dieser Forschungsorganisation ausgeschlossen zu sein. Doch ist nicht erkennbar, wie erfolgversprechend der laufende Antrag ist, der sich nach Angaben der Beschwerdeführerinnen in der Phase der Vorprüfung befindet. Zudem zielt der Antrag lediglich auf Mitgliedschaft in der [X.], ist aber keine Voraussetzung für die Gewährung von Forschungsfördermitteln.

(4) Soweit die Beschwerdeführerinnen weiter vortragen, von der neuen [X.]-Senftenberg getroffene Entscheidungen seien nach Inkrafttreten des Gesetzes unumkehrbar, sind daraus erwachsende Folgen nicht von einem derartig nachteiligen Ausmaß und Gewicht, dass sie ein Aussetzen des Gesetzes rechtfertigen könnten. Die Immatrikulation von Studierenden durch die neu gegründete [X.] sowie deren Anspruch auf Durchführung und Beendigung eines begonnenen Studiums gemäß den (neuen) Studien- und Prüfungsordnungen ist nicht unumkehrbar. Zwar ist es für die Wahrnehmung der Wissenschaftsfreiheit in Bezug auf die Lehre nicht folgenlos, nach welchen Kriterien immatrikuliert und auf welchem fachlichen Niveau studiert wird. Es sind jedoch keine unumkehrbaren und unzumutbaren Beeinträchtigungen erkennbar, die durch die Fusion verursacht würden. Die Maßstäbe zur Anerkennung von Leistungen (vgl. § 22 [X.]) verschiebt das angegriffene Gesetz nicht. Gegen neue Satzungen steht zudem die Normenkontrolle - inklusive Eilrechtsschutz - zum Oberverwaltungsgericht offen (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 Abs. 1 BbgVwGG).

(5) Ein besonders schwerwiegender Nachteil, der den Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das [X.] rechtfertigen könnte, liegt auch nicht in einer eventuellen Einstellung von Studiengängen, insofern die [X.]-Senftenberg bei der Einrichtung der organisatorischen Grundeinheiten für Lehre und Forschung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] die Empfehlungen der [X.]-Kommission berücksichtigen "soll". Es ist schon zweifelhaft, ob eine Sollvorschrift überhaupt als Nachteil bewertet werden kann. Zudem gelten die Empfehlungen auch ohne die Reorganisation. Derartige Entscheidungen lassen sich weder hinreichend sicher vorhersehen noch sind sie unumkehrbar. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] sind die bisherigen Studiengänge der [X.] solche der neuen [X.]-Senftenberg. § 14 [X.] sieht für deren Neuordnung eine Frist bis zum 31. Dezember 2014 vor, doch ist mit einem länger andauernden Aufbau- und Entwicklungsprozess zu rechnen (vgl. die Gesetzesbegründung, [X.] 5/56180, [X.]). Schließlich steht gegen die Aufhebung von Studiengängen wiederum verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung (vgl. [X.], 135 <139 ff.>).

(6) Ein schwerwiegender Nachteil für die Fakultäten liegt nicht darin, dass Absolventinnen und Absolventen von Fachhochschulstudiengängen einen Mastergrad im Namen der neuen [X.] erlangten. Dies ist für die Studierenden zunächst ein Vorteil. Ob Absolventinnen und Absolventen von [X.]sstudiengängen allenfalls indirekt benachteiligt werden, weil sie mit anderen konkurrieren, die einen weniger wissenschaftlich ausgerichteten Fachhochschulstudiengang durchlaufen haben, ist zweifelhaft. Das Diploma Supplement, das dem Zeugnis zwingend beizufügen ist, weist auch gegenüber Dritten weiterhin Unterschiede aus.

(7) Der von den Beschwerdeführerinnen angeführte Rückgang der Studierendenzahlen ist ebenfalls kein gravierender Nachteil, den eine einstweilige Anordnung verhindern könnte. Dieser Rückgang hat bereits eingesetzt und lässt sich durch eine Eilentscheidung nicht beenden, denn Planungssicherheit für Studienanfängerinnen und -anfänger lässt sich nur durch eine Entscheidung in der Hauptsache herstellen.

(8) Schließlich ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass sich Fakultäten in ihrem wissenschaftsrelevanten Profil und Handeln unumkehrbar verändern, wenn in erheblichem Maße "Paketberufungen" durchgeführt werden. Doch ist ein darin liegender schwerer und irreparabler Nachteil zu Lasten der Beschwerdeführerinnen bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht ersichtlich. So ist nicht erkennbar, in welchem Umfang derartige Berufungen überhaupt anstehen, da Professuren bislang besetzt sind - die bisherigen Professorinnen und Professoren der [X.] werden gemäß § 5 Abs. 1 [X.], die Planstellen gemäß § 7 [X.] auf die neue [X.]-Senftenberg übergeleitet - oder aber eher gekürzt als ausgebaut werden. Zudem nehmen Berufungsverfahren geraume Zeit in Anspruch. Nach § 15 Abs. 3 [X.] treffen die Grundordnungen der [X.]-Senftenberg schließlich Regelungen, wie zumindest eine nach § 59 Abs. 1 Satz 6 [X.] erforderliche Mehrheit der Professorinnen und Professoren und bestimmter Juniorprofessorinnen und -professoren in [X.] in den Organen und Gremien der neuen [X.] sichergestellt wird.

(9) Auch eine einstweilige Anordnung könnte die von den Beschwerdeführerinnen befürchtete Abwanderung von Personal nicht verhindern. Die vorgelegten Schreiben zur Annahme eines Rufes an eine andere [X.] und zur Ablehnung eines Rufes lassen nicht den Schluss auf eine signifikante und unumkehrbare Personalabwanderung gerade durch das Inkrafttreten des Gesetzes zu.

(10) Ein gravierender Nachteil liegt für die Beschwerdeführerinnen jedenfalls bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache nicht darin, dass sie eventuell nicht hinreichend an der Selbstverwaltung der [X.]-Senftenberg mitwirken können, obwohl § 17 Abs. 2 Satz 2 [X.] die Rechtswirksamkeit von Entscheidungen bei einer fehlerhaften Wahl oder Besetzung von Organen oder Gremien normiert. Es ist nicht ersichtlich, dass auf diese Weise bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache schwerwiegende Fakten geschaffen würden, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Eventuell nachteilige Folgen können, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung, durch finanziellen Aufwand wettgemacht werden, den das [X.] und nicht die Beschwerdeführerinnen zu tragen hätten (vgl. [X.], Beschluss des [X.] vom 11. Dezember 1990 - 1 BvR 1245/90 -, juris Rn. 8).

(11) Soweit der vom [X.] eingesetzte Gründungsbeauftragte die Hochschule leitet, ist nicht ersichtlich, dass unumkehrbare Fakten von entsprechendem Gewicht geschaffen würden. Ohnehin soll die Dauer dieser Interims-Leitung "so kurz wie möglich bemessen sein" (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, [X.] 5/6180, [X.]); die Wahl des erweiterten [X.]s soll nach § 12 Abs. 1 Satz 2 [X.] spätestens bis zum 31. Oktober 2013 erfolgen. Der Beauftragte verfügt jenseits des Erlasses der Wahlordnung für die [X.]e nach § 12 Abs. 4 [X.] über keine Befugnisse, wissenschaftsrelevante Entscheidungen zu treffen, bei denen von [X.] wegen eine hinreichende Mitwirkung der [X.]n gesichert sein müsste. Aus einem umfassenden Informationsrecht des [X.]s gegenüber dem Gründungsbeauftragten nach § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] ergeben sich keine Befugnisse. Im Gesetz zur Weiterentwicklung der Hochschulregion [X.] sind wissenschaftsrelevante Entscheidungsbefugnisse für den Beauftragten - anders als für den Gründungspräsidenten in der Gründungsphase in § 2 Abs. 2 Nr. 5, § 3 Abs. 6 Satz 2, § 6 Abs. 2 oder § 17 Abs.1 [X.] - nicht normiert. Sie ergeben sich auch nicht aus dem [X.] Hochschulgesetz, da dieses keinen Gründungsbeauftragten kennt. Der [X.] Gesetzgeber hat es selbst zumindest vorsorglich für erforderlich gehalten, neben der allgemeinen Verweisung in § 1 Abs. 4 [X.] auf die Vorschriften des [X.] mit § 9 Abs. 5 [X.] eine eigene Verweisungsvorschrift zur entsprechenden Anwendbarkeit der Vorschriften über den Präsidenten auch auf den Gründungspräsidenten oder die Gründungspräsidentin - aber auch nur auf diese - zu schaffen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, [X.] 5/6180, [X.]). Folglich kommt eine darüber hinausgehende Gleichsetzung des Beauftragten mit dem Präsidenten nicht in Betracht. Dies ist auch sachgerecht. Die Leitung der Hochschule nach § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] durch den Beauftragten des Ministeriums kann mangels hinreichender Mitwirkung der [X.]n von [X.] wegen nicht das Recht enthalten, wissenschaftsrelevante Entscheidungen zu treffen.

cc) [X.] das [X.] die begehrte einstweilige Anordnung, würde sich demgegenüber die Umsetzung der vom Landesgesetzgeber für dringend erforderlich gehaltenen Strukturentscheidungen verzögern. Kann ein Überwiegen der Nachteile, die entstünden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, nicht festgestellt werden, fordert das gemeine Wohl den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht (vgl. [X.] 91, 70 <81> m.w.N.).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 1501/13

27.06.2013

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 3. Kammer

Ablehnung einstweilige Anordnung

Sachgebiet: BvR

nachgehend BVerfG, 12. Mai 2015, Az: 1 BvR 1501/13, Beschluss

Art 5 Abs 3 S 1 GG, Art 19 Abs 4 GG, § 32 Abs 1 BVerfGG, § 90 Abs 1 BVerfGG, §§ 69ff HSchulG BB 2008, § 69 HSchulG BB 2008, § 70 Abs 1 S 1 HSchulG BB 2008, Art 1 HSchulRegLausNStruktG BB, Art 2 Nr 1 HSchulRegLausNStruktG BB, HSchulRegLausWeitEG BB

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 27.06.2013, Az. 1 BvR 1501/13 (REWIS RS 2013, 4703)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4703


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 BvR 1501/13, 1 BvR 1682/13

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 1501/13, 1 BvR 1682/13, 12.05.2015.


Az. 1 BvR 1501/13

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 1501/13, 27.06.2013.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 BvR 1501/13, 1 BvR 1682/13 (Bundesverfassungsgericht)

Vorübergehende Leitung der im Wege einer Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz entstandenen Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg …


2 BvL 10/16 (Bundesverfassungsgericht)

§ 67 Abs 2 S 3 Halbs 1 des brandenburgischen Hochschulgesetzes (juris: HSchulG BB 2014) …


1 BvR 1525/20 (Bundesverfassungsgericht)

Erfolgloser Eilantrag gegen die teilweise Entziehung der elterlichen Sorge, um dem betroffenen Kind den Besuch …


2 BvR 1459/17 (Bundesverfassungsgericht)

Ablehnung eines eA-Antrags bzgl Familiennachzugs (hier: Kindernachzugs) zu subsidiär schutzberechtigtem Elternteil sowie insofern Ablehnung eines …


1 BvR 1553/14 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Zum Ausgleich zwischen Wissenschaftsfreiheit (Art 5 Abs 3 S 1 GG) und Krankenversorgung bei …


Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.