BT-Drucksache 17/3079

zu der vereinbarten Debatte "20 Jahre Deutsche Einheit"

Vom 28. September 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3079
17. Wahlperiode 28. 09. 2010

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Roland Claus, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, Karin
Binder, Matthias W. Birkwald, Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn, Dr. Martina
Bunge, Dr. Dagmar Enkelmann, Dr. Rosemarie Hein, Dr. Barbara Höll, Dr. Lukrezia
Jochimsen, Harald Koch, Jan Korte, Katrin Kunert, Caren Lay, Sabine Leidig,
Ralph Lenkert, Michael Leutert, Stefan Liebich, Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze,
Kornelia Möller, Petra Pau, Jens Petermann, Richard Pitterle, Ingrid Remmers,
Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-Schäfer, Kersten Steinke, Sabine Stüber, Alexander
Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann, Frank Tempel, Alexander Ulrich, Katrin Werner,
Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

zu der vereinbarten Debatte „20 Jahre Deutsche Einheit“

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Auch 20 Jahre nach der Herstellung der deutschen Einheit stagniert die Herstel-
lung gleichwertiger Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland.
Unverändert besteht eine soziale und wirtschaftliche Spaltung zwischen Ost-
und Westdeutschland, die zeigt, dass die bisherige Strategie des Nachbaus
westdeutscher Strukturen gescheitert ist. Im diesjährigen Jahresbericht stellt die
Bundesregierung lediglich die Möglichkeit einer Angleichung der Lebensver-
hältnisse in Ostdeutschland an diejenigen in strukturschwächeren westdeut-
schen Ländern bis zum Jahr 2019 in Aussicht. Damit bekennt sich die Bundes-
regierung endgültig zu einer Abkehr von dem Ziel, gleichwertige Lebensver-
hältnisse in Deutschland anzustreben.

Die anhaltende Ost-West-Spaltung etwa hinsichtlich der Arbeitslosigkeit, der
Einkommenshöhe oder der Wirtschaftskraft allein auf eine vermeintlich deso-
late Ausgangslage nach dem Mauerfall zurückzuführen und den strikten Priva-
tisierungskurs der Treuhandanstalt als notwendige Aufbauleistung zu würdi-
gen, ist auch im diesjährigen Bericht nicht überzeugend. Zu den wichtigen
sozialen Themen wie beispielsweise Armut oder Wohngeldbezug, von denen
Ostdeutschland überproportional betroffen ist und die Basis der anhaltenden
Ost-West-Unterschiede sind, enthält der Bericht keine Angaben. Auch hinsicht-
lich der Einführung eines einheitlichen Rentenrechts, die CDU, CSU und FDP

in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben, ist die Bundesregierung bislang
tatenlos geblieben und kündigt auch im Bericht keine konkreten Schritte an.

Zwar muss gewürdigt werden, dass im diesjährigen Bericht erstmals mehrfach
positiv auf Erfahrungen aus der DDR verwiesen wird, auf die für die Umset-
zung gesamtstaatlicher Vorhaben im Gesundheitsbereich zurückgegriffen
wurde, wie etwa bei der Einführung des Modellprojekts AGnES (Arzt entlas-

Drucksache 17/3079 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
tende, Gemeinde-nahe, E-Health-gestützte, Systemische Intervention) oder
dem Infektionsschutz. Ein aufrichtiges Bemühen der Bundesregierung, gleich-
wertige Lebensverhältnisse in Ost und West anzustreben und die deutsche Ein-
heit mehr als 20 Jahre nach dem Mauerfall endlich zu vollenden, kann aller-
dings nicht erkannt werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. eine Gesetzesfolgenabschätzung für Ostdeutschland einzuführen, die alle
Vorhaben einer Prüfung ihrer Auswirkung auf Ostdeutschland und gegebe-
nenfalls auf strukturschwache westdeutsche Regionen unterzieht und eine
gerechte Verteilung von Steuergeldern ermöglicht,

2. den Erfahrungsvorsprung Ost vom Gesundheitsbereich auf andere Politik-
felder wie das Niveau öffentlicher Kinderbetreuung auszudehnen, damit alle
Bundesländer von den guten Errungenschaften Ostdeutschlands profitieren
können und

3. schnellstmöglich einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem unter Beibehal-
tung der Hochwertung der Entgelte in Ostdeutschland der Rentenwert (Ost)
an den Rentenwert angeglichen wird.

Berlin, den 28. September 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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