BT-Drucksache 17/149

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP -17/15, 17/138, 17/147- Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz)

Vom 2. Dezember 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 17/149
17. Wahlperiode 02. 12. 2009

Änderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Volker Beck (Köln), Lisa Paus,
Kerstin Andreae, Birgitt Bender, Katrin Göring-Eckardt, Priska Hinz (Herborn),
Ingrid Hönlinger, Sven Kindler, Markus Kurth, Monika Lazar, Beate Müller-
Gemmeke, Ingrid Nestle, Brigitte Pothmer, Christine Scheel, Hans-Christian
Ströbele, Josef Philip Winkler und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP
– Drucksachen 17/15, 17/138, 17/147 –

Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums
(Wachstumsbeschleunigungsgesetz)

Der Bundestag wolle beschließen:

Artikel 6 wird wie folgt geändert:

1. Der Nummer 1 wird folgende Nummer 0 vorangestellt:

„0. § 13 Absatz 1 Satz 2 wird gestrichen.“

2. Vor der Nummer 2 wird folgende Nummer 1a eingefügt:

,1a. § 15 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a) In der Nummer 1 der ersten Aufzählung (Steuerklasse I) werden nach
dem Wort „Ehegatte“ die Wörter „oder Lebenspartner“ eingefügt.

b) In der Nummer 7 der zweiten Aufzählung (Steuerklasse II) werden
nach dem Wort „Ehegatte“ die Wörter „oder Lebenspartner, dessen
Lebenspartnerschaft aufgehoben wurde“ eingefügt.‘

Berlin, den 2. Dezember 2009

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion
Begründung

Änderungen bei der Erbschaftsteuer führen nicht zu Wachstum. Das Wachs-
tumsbeschleunigungsgesetz ist in seiner Gesamtanlage verfehlt. Die von der
Koalition der Fraktionen der CDU/CSU und FDP beabsichtigen Maßnahmen
werden weder Wirtschaftswachstum beschleunigen, noch gibt es dafür eine ge-
rechte Gegenfinanzierung. Wenn aber das Erbschaftsteuergesetz angegangen
wird, kann es nicht darum gehen, Klientelpolitik zu betreiben, sondern darum,

Drucksache 17/149 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

die Gelegenheit zu nutzen, einen derzeit geltenden verfassungswidrigen Zustand
zu beenden. Der Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP setzt
hingegen die Ungleichbehandlung von Lesben und Schwulen im Erbschaftsteu-
errecht fort. Trotz angeglichener Freibeträge werden eingetragene Lebenspart-
ner weiterhin einer ungünstigeren Steuerklasse zugeordnet als Ehegatten. Diese
Ungleichbehandlung ist nicht sachgerecht. Gleichgeschlechtliche Lebenspartne-
rinnen und Lebenspartner übernehmen füreinander in gleicher Weise Verant-
wortung und Pflichten wie Eheleute. Darum ist es angemessen, sie auch im Erb-
fall wie Ehegatten zu behandeln.

Damit Lebenspartner erbschaftsteuerrechtlich nicht mehr wie Fremde behandelt
werden, sind Ergänzungen in den §§ 13 und 15 des Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetzes erforderlich. Mit der hier vorgeschlagenen Änderung
werden Lebenspartner wie Ehegatten der Steuerklasse I zugeordnet. Bei auf-
gehobenen Lebenspartnerschaften sollen wie bei geschiedenen Ehen die
Bestimmungen der Steuerklasse II zum Tragen kommen. Weiterhin bekommen
Lebenspartner auch für den Fall von Schenkungen den gleichen Steuerbefrei-
ungstatbestand für Wohneigentum eingeräumt, wie Ehegatten.

Der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat am 7. Juli 2009 in seinem
Urteil zur Hinterbliebenenrente für Lebenspartner entschieden, dass die Un-
gleichbehandlung von Lebenspartnerschaften gegenüber Ehen einen Verstoß
gegen Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes darstellen. Demnach stellt die
Rechtfertigung der Privilegierung der Ehe auf die „auch rechtlich verbindlichen
Verantwortung für den Partner“ ab. Das Bundesverfassungsgericht stellt aber
klar, dass sich in diesem Punkt Ehen nicht von eingetragenen Lebenspartner-
schaften unterscheiden: „Beide sind auf Dauer angelegt und begründen eine ge-
genseitige Einstandspflicht“. Weiterhin heißt es in dem Urteil: „Ein Grund für
die Unterscheidung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft kann nicht
… darin gesehen werden, dass typischerweise bei Eheleuten … aufgrund von
Kindererziehung ein anderer Versorgungsbedarf bestünde als bei Lebenspart-
nern.“ Vielmehr stellt das Bundesverfassungsgericht für die Hinterbliebenen-
rente darauf ab, dass „vor dem Tod ein Unterhaltsanspruch des Angehörigen be-
stand, der durch den Tod weggefallen ist.“ Auch bei der Erbschaft- und Schen-
kungsteuer kann eine Besserstellung von Ehegatten gegenüber anderen Gruppen
von Begünstigten nur mit der besonderen Unterhaltsverpflichtung in einer Ehe
begründet werden. Diese besteht aber für eingetragene Lebenspartnerschaften
im gleichen Umfang. Eine Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspart-
nerschaften in der Erbschaft- und Schenkungsteuer entspricht daher nicht mehr
den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Dieser Interpretation schließt sich auch der wissenschaftliche Dienst des Deut-
schen Bundestags (Ausarbeitung WD 3 – 391/09) an, der feststellt, dass „nach
der Entscheidung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts einge-
tragene Lebenspartner Eheleuten auch im Beihilfe und Steuerrecht grundsätz-
lich gleichzustellen sind“.

„Wir werden insbesondere gleichheitswidrige Benachteiligungen im Steuer-
recht abbauen und insbesondere die Entscheidungen des Bundesverfassungsge-
richts zur Gleichstellung von Lebenspartnern mit Ehegatten umsetzen“ so erklä-
ren CDU, CSU und FDP in ihrem Koalitionsvertrag. Im Wahlkampf hatte die
FDP bereits in ihrem Wahlprogramm erklärt: „Lebenspartnerschaften müssen
mit der Ehe gleichgestellt werden, insbesondere im Steuerrecht, bei Adoptionen
und im Beamtenrecht.“

Im Wachstumsbeschleunigungsgesetz ändert die Koalition der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP nun das Erbschaftsteuerrecht ohne die im Koalitionsvertrag
vereinbarten Änderungen umzusetzen. Um die erneute Verfassungswidrigkeit

des Erbschafts- und Schenkungsteuergesetzes zu verhindern, beschränkt sich
dieser Änderungsantrag auf die Behebung eines offenkundigen Mangels im Ge-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/149

setzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP. Weitere Änderungen, die
nach Auffassung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Erbschaftsteu-
errecht wie im Lebenspartnerschaftsrecht erforderlich sind, hat sie an anderer
Stelle dargelegt (Bundestagsdrucksachen 16/8185, 16/3423, 16/5596).

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