Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.09.2015, Az. V ZR 292/14

5. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 5353

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Gegenstand

Beiordnung eines Notanwalts: Mandatsniederlegung durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt wegen Vorgaben der Partei für die Rechtsmittelbegründung


Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Beiordnung eines beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalts wird zurückgewiesen.

Die Revision gegen das zweite Versäumnisurteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 26. November 2014 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Revisionsverfahrens beträgt 7.440,89 €.

Gründe

I.

1

Die Klägerin hat durch zwei beim [X.] zugelassene Rechtsanwälte fristgerecht Revision gegen ein in der Berufungsinstanz ergangenes, sie beschwerendes zweites Versäumnisurteil eingelegt. Beide Rechtsanwälte haben das Mandat niedergelegt.

2

Die Klägerin hat innerhalb der bis zum 8. Juli 2015 verlängerten Begründungsfrist, in der eine Revisionsbegründung nicht eingegangen ist, unter Vorlage von 31 Absagen von bei dem [X.] zugelassenen Rechtsanwälten beantragt, ihr einen Notanwalt zur weiteren Durchführung des Revisionsverfahrens beizuordnen.

3

Dem Antrag der Klägerin auf Beiordnung eines Notanwalts ist nicht zu entsprechen.

4

1. Nach § 78b ZPO kann einer [X.] ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Hat die [X.] - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und mandatiert, kommt im Fall einer späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur in Betracht, wenn sie die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat (Senat, Beschluss vom 12. März 2014 - [X.], juris Rn. 1; [X.], Beschluss vom 18. Dezember 2013 - [X.], [X.], 425 Rn. 9 mwN). Nach der Rechtsprechung des [X.]s kann deshalb keine Beiordnung eines Notanwalts verlangt werden, wenn der bei ihm zugelassene und an sich zur Vertretung bereite Rechtsanwalt nicht willens war, eine Revisionsbegründung nach den Vorstellungen oder Vorgaben der [X.] zu fertigen. Denn es liefe dem Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte beim [X.] zuwider, wenn die [X.] einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen die des - auf das Revisionsrecht spezialisierten - Rechtsanwalts durchzusetzen (Senat, Beschluss vom 13. September 2013 - [X.], [X.]. 2013, 826; Beschluss vom 12. März 2014 - [X.], juris Rn. 2; [X.], Beschluss vom 18. Dezember 2013 - [X.], NJW 2013, 1011 Rn. 4; Beschluss vom 24. Juli 2014 - [X.], juris Rn. 2; Beschluss vom 17. September 2014 - [X.], juris Rn. 3; Beschluss vom 20. Mai 2015 - [X.], juris Rn. 2).

5

2. Ob an dieser Rechtsprechung (kritisch dazu [X.], [X.], 1181 ff.; Vollkommer, [X.], 569 f.; [X.], [X.]. 2014, 301 ff.; vgl. aber auch Nassall, [X.]. 2014, 498 f.) ohne jede Einschränkung festzuhalten ist, kann hier offen bleiben. Jedenfalls in den Fällen, in denen eine [X.] auf der Aufnahme von Ausführungen in die [X.] besteht, die für die Entscheidung des [X.] offenkundig ohne Bedeutung sind, ist eine dadurch verursachte Mandatsbeendigung durch die [X.] zu vertreten. In diesen Fällen verbietet sich die Beiordnung eines beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalts. Dieser könnte sogleich seine Entpflichtung aus wichtigem Grund (§ 48 Abs. 2 [X.]) verlangen, weil ihm die Aufnahme von evident unerheblichen Ausführungen in seinen Begründungsschriftsatz nicht zuzumuten ist. Um einen solchen Fall handelt es sich hier.

6

a) Die Revision gegen ein zweites Versäumnisurteil ist nach § 565 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 514 Abs. 2 ZPO ohne eine Zulassung und losgelöst von der Höhe der Beschwer ([X.], Beschluss vom 3. März 2008 - [X.], NJW-RR 2008, 876 Rn. 3) statthaft. Sie soll der Kontrolle dienen, ob das Berufungsgericht den Rechtsschutz einer [X.] in unzulässiger Weise verkürzt hat, weil es ihren Einspruch gegen ein erstes Versäumnisurteil zu Unrecht verworfen hat. Von dem Revisionsgericht ist daher nur zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Verwerfung des Einspruchs vorlagen. Fehlt es daran, ist das zweite Versäumnisurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Damit ist dem gesetzgeberischen Ziel der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes für den von einem zweiten Versäumnisurteil Betroffenen Rechnung getragen. Demgegenüber ist es nicht Aufgabe des [X.], sich inhaltlich mit der Sache zu befassen.

7

b) Gerade auf einer solchen, dem Revisionsgericht hier verschlossenen Prüfung der Sache besteht die Klägerin, obwohl sie durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt über die fehlende Erheblichkeit dieses Vorbringens aufgeklärt wurde, wie aus dem Parallelverfahren ([X.]/15) vor dem Senat hervorgeht. Gleichwohl hat sie auch gegenüber den hier zunächst mandatierten und den weiteren, von ihr um die Mandatsübernahme ersuchten Rechtsanwälten darauf beanstanden, dass Ausführungen zum „[X.]“ in der Sache in die Revisionsbegründung aufgenommen werden. Daher hat die Klägerin die Mandatsbeendigung und die fehlende Bereitschaft anderer beim [X.] zugelassener Rechtsanwälte zur Mandatsübernahme zu vertreten.

III.

8

Die Revision wird als unzulässig verworfen, weil sie entgegen § 551 Abs. 1, § 551 Abs. 2 Satz 6 ZPO nicht innerhalb der bis zum 8. Juli 2015 verlängerten Begründungsfrist durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt begründet worden ist.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 49a GKG.

Stresemann                          Schmidt-Räntsch                          Weinland

                        Kazele                                        [X.]

Meta

V ZR 292/14

16.09.2015

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Dresden, 26. November 2014, Az: 2 S 340/13

§ 78b ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.09.2015, Az. V ZR 292/14 (REWIS RS 2015, 5353)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 5353


Verfahrensgang

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Az. V ZR 292/14

Bundesgerichtshof, V ZR 292/14, 16.06.2016.

Bundesgerichtshof, V ZR 292/14, 16.09.2015.


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