Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.10.2016, Az. XII ZB 134/15

12. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 3284

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Gegenstand

Auskunftsanspruch des Unterhalt begehrenden Antragstellers: Rechtsmittelbeschwer des zur Auskunft verpflichteten Antragsgegners; Berücksichtigung eines rechtskräftig feststehenden Hauptanspruchs aufgrund einer ausländischen Entscheidung


Leitsatz

1. Die Beschwer eines zur Auskunft verpflichteten Antragsgegners bemisst sich nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen; es kommt auf den Aufwand, die Zeit und Kosten an, den die Erteilung der Auskunft erfordert. Der Zeitaufwand ist dabei grundsätzlich in Anlehnung an den Stundensatz zu bewerten, den ein Zeuge im Zivilprozess erhalten würde. Zusätzlich kann ein Geheimhaltungsinteresse zu berücksichtigen sein (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2015, XII ZB 405/15, FamRZ 2016, 454).

2. Das gilt auch dann, wenn der Hauptanspruch aufgrund einer ausländischen Entscheidung bereits dahingehend rechtskräftig feststeht, dass ein Bruchteil des sich aus der Auskunft ergebenden Einkommens als Unterhalt zu zahlen ist.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 16. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 3. März 2015 wird auf Kosten der Antragsgegnerin verworfen.

Wert: bis 600 €

Gründe

I.

1

Die im Dezember 1996 geborene und in [X.] lebende Antragstellerin ist die Tochter der in [X.] lebenden Antragsgegnerin. In einem durch den Vater der Antragstellerin in [X.] eingeleiteten Unterhaltsverfahren wurde die Antragsgegnerin im [X.] durch ein [X.] Gericht rechtskräftig dazu verpflichtet, Unterhalt in Höhe von "einem Viertel allen Arbeitseinkommens ausgehend vom 1. Oktober 2012 bis zur Erlangung der Volljährigkeit des Kindes" zu zahlen.

2

In dem vorliegenden, im Februar 2014 eingeleiteten Verfahren hat die Antragstellerin die Antragsgegnerin auf Erteilung von [X.] über ihr Einkommen im [X.] in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin antragsgemäß zur [X.]serteilung verpflichtet. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Beschwerdegericht verworfen. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

3

Die gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

4

1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.]. Die angefochtene Entscheidung verletzt die Antragsgegnerin insbesondere nicht in ihrem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten nach ständiger Rechtsprechung, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. zuletzt Senatsbeschlüsse vom 11. Mai 2016 - [X.] - FamRZ 2016, 1448 Rn. 5 und vom 16. Dezember 2015 - [X.] 405/15 - FamRZ 2016, 454 Rn. 6 [X.]). Weiterhin legt die Rechtsbeschwerde keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dar.

5

2. Die Begründung des [X.], die Beschwer der Antragsgegnerin liege unter 600 €, weil bei einer Verurteilung zur [X.] insoweit auf den Zeitaufwand für die Erfüllung des Anspruchs abzustellen sei, der hier unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 21 € nach § 22 [X.] jedenfalls unter 600 € liege, bewegt sich im Rahmen der Rechtsprechung des Senats.

6

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bemisst sich die Beschwer eines zur [X.] verpflichteten Beteiligten nach seinem Interesse, die [X.] nicht erteilen zu müssen. Es kommt auf den Aufwand an Zeit und Kosten an, den die Erteilung der [X.] erfordert. Der Zeitaufwand ist dabei grundsätzlich in Anlehnung an den Stundensatz zu bewerten, den ein Zeuge im Zivilprozess erhalten würde. Zusätzlich kann ein Geheimhaltungsinteresse zu berücksichtigen sein (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 11. Mai 2016 - [X.] - FamRZ 2016, 1448 Rn. 11 ff. [X.] und vom 9. Dezember 2015 - [X.] 614/14 - FamRZ 2016, 452 Rn. 14 ff. [X.]; vgl. bereits [X.] - [X.] - 128, 85, 91 = [X.], 349, 350 f.).

7

b) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist die aufgrund eines vorliegenden rechtskräftigen ausländischen Unterhaltstitels mögliche Erhöhung der bisherigen Unterhaltszahlungen nach Erteilung der [X.] bei der Bemessung der Beschwer nicht zu berücksichtigen.

8

aa) Bei der Bewertung des [X.] ist nur auf den unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung abzustellen. Der tatsächliche oder rechtliche Einfluss der Entscheidung auf andere Rechtsverhältnisse bleibt außer Betracht. Während der geltend gemachte [X.]sanspruch für den Antragsteller typischerweise zur Vorbereitung der Durchsetzung des [X.]s dient, ist Gegenstand des Rechtsmittels des im [X.]sverfahren unterlegenen Antragsgegners nur dessen Ziel, keine [X.] erteilen zu müssen. Das daneben auch bestehende Ziel des Antragsgegners, den [X.] zu verhindern, geht hingegen über das Ziel des Rechtsmittels hinaus. Es ist daher bei der [X.] nicht zu berücksichtigen (vgl. [X.]Z - [X.] - 128, 85, 89 = [X.], 349, 350). Das muss auch dann gelten, wenn - wie hier - der [X.] bereits dahingehend rechtskräftig feststeht, dass ein Bruchteil des sich aus der [X.] ergebenden Einkommens als Unterhalt zu zahlen ist. Zwar hat die Rechtsprechung die unterschiedliche Behandlung der Rechtsmittelbeschwer von Antragsteller und Antragsgegner im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG insoweit auch damit begründet, dass für den Antragsteller durch Versagung des [X.]sanspruchs der [X.] faktisch nicht durchsetzbar ist, während der Antragsgegner sich weiter gegen diesen wehren kann (vgl. [X.]Z - [X.] - 128, 85, 89 f. = [X.], 349, 350 f.). Letzteres ist im Falle eines rechtskräftigen Abschlusses des Verfahrens über den [X.] zwar nicht mehr möglich. Dies bedeutet aber keine Einschränkung des Rechtsschutzes hinsichtlich des [X.]s, denn die rechtskräftige Entscheidung hierüber ist in einem anderen Verfahren erfolgt, in dem bereits die Möglichkeit bestand, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Maßgeblich bleibt auch in diesem Fall, dass die [X.] der Verpflichtung zur [X.] nicht den Grund des [X.]s berührt (vgl. auch [X.] Beschluss vom 9. November 2011 - [X.] - FamRZ 2012, 216 Rn. 17), der somit auch nicht zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens wird.

9

bb) Im Übrigen trifft die Annahme der Rechtsbeschwerde, die Erteilung der [X.] führe ohne weiteres zu einer unmittelbaren Änderung der Unterhaltsverpflichtung, in dieser Form nicht zu, weil es zunächst einer Umsetzung durch die ausländischen Vollstreckungsorgane - mit insoweit möglicherweise bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten für den Unterhaltsschuldner - bedarf. Soweit ein ausländischer Unterhaltstitel in [X.] in einem innerstaatlichen Vollstreckbarerklärungsverfahren oder aufgrund einer völkerrechtlichen Anerkennungs- und Vollstreckungsvereinbarung für vollstreckbar erklärt werden muss, behält der zur [X.] verpflichtete Unterhaltsschuldner die Möglichkeit, Einwendungen im Exequaturverfahren vorzubringen. Es muss auch nicht entschieden werden, ob der Unterhaltstitel, der - wie hier - auf den Bruchteil eines nicht bezifferten [X.] lautet, im Hinblick auf seine Bestimmtheit überhaupt für vollstreckbar erklärt werden kann oder ob es zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche der Antragstellerin in [X.] nicht ohnehin eines neuen Leistungsantrags bedarf (vgl. dazu [X.], 384 f.; [X.] OLGR 2005, 534, 535 f.; AG Wiesbaden FamRZ 2006, 562 f.; [X.] 2011, 344; vgl. eingehend [X.], Ausländische Vollstreckungstitel und inländischer Bestimmtheitsgrundsatz, S. 169 ff.).

c) Gemessen hieran ist die Entscheidung des [X.] nicht zu beanstanden. Die Rechtsbeschwerde erhebt auch keine Einwendungen gegen die Schätzung und Bewertung des für die Erteilung der [X.] erforderlichen Aufwands und gegen die Verneinung eines Geheimhaltungsinteresses.

Dose                     Schilling                        Günter

              Botur                          [X.]

Meta

XII ZB 134/15

26.10.2016

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG München, 3. März 2015, Az: 16 UF 1573/14

§ 61 Abs 1 FamFG, § 1605 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.10.2016, Az. XII ZB 134/15 (REWIS RS 2016, 3284)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3284


Verfahrensgang

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Az. XII ZB 134/15

Bundesgerichtshof, XII ZB 134/15, 26.10.2016.


Az. 16 UF 1573/14

OLG München, 16 UF 1573/14, 03.03.2015.


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