Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.02.2017, Az. 8 B 49/16

8. Senat | REWIS RS 2017, 15283

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Gegenstand

Entschädigungserfüllungsanspruch; ausländischer Gesellschafter; freigestellte ausländische Beteiligung


Leitsatz

§ 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG eröffnet keinen entschädigungsrechtlichen Durchgriff auf frühere Unternehmensgrundstücke.

Gründe

I

1

Die Klägerin begehrt eine Entschädigung nach dem [X.].

2

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft [X.] Rechts und war im Novem[X.] 1948 an der [X.] ([X.]) beteiligt. Zu dem [X.]etriebsvermögen der [X.] gehörte ein Grundstück in [X.] mit einem Einheitswert von 62 800 RM, das auf besatzungshoheitlicher Grundlage enteignet und in Volkseigentum ü[X.]führt wurde. Die Klägerin beantragte eine Entschädigung für die Minderung ihres Aktienanteils und eine anteilige Entschädigung für den Grundstücksentzug.

3

Der hier streitgegenständliche Antrag der Klägerin auf anteilige Entschädigung für das Grundstück wurde mit [X.]escheid vom 1. März 2012 abgelehnt. Die Klage auf [X.]ewilligung einer grundstücksbezogenen Entschädigung von 1 000 € blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil ausgeführt, dass das [X.] ([X.]) vom 10. Dezem[X.] 2003 ([X.], [X.]. [X.]. I 2004 S. 1654) nur für eine mittelbare Schädigung in Form der Minderung des Werts der [X.]eteiligung ausländischer [X.]er infolge einer Enteignung von Vermögenswerten der [X.] eine Entschädigung vorsehe, nicht jedoch unmittelbar für die Enteignung der Vermögenswerte der [X.] selbst. Letztlich könne a[X.] dahinstehen, ob § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] ausländischen [X.]ern auch einen jeweils auf die Enteignung einzelner Vermögenswerte der [X.] bezogenen Entschädigungsanspruch gewähre, weil es hier jedenfalls an der erforderlichen Freistellung des enteigneten Vermögenswertes (Grundstück) fehle. Einen unmittelbar aus dem Völkerrecht stammenden Entschädigungsanspruch könne die Klägerin jedenfalls nicht gegen das beklagte [X.] geltend machen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

II

4

Die [X.]eschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor oder sind nicht ausreichend dargetan.

5

1. Das Verwaltungsgericht hat den Entschädigungsanspruch der Klägerin nach § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] mit dem tragenden Argument abgewiesen, dass jedenfalls eine grundstücksbezogene Freistellungserklärung fehle.

6

a) Nach Auffassung der Klägerin weicht das Urteil des [X.] insoweit von den Entscheidungen des [X.] vom 18. Septem[X.] 2014 - 5 C 18.13 - ([X.]VerwGE 150, 200) und vom 24. Septem[X.] 2015 - 5 C 13.14 - ([X.]VerwGE 153, 63) ab. Aufgrund einer Verwechslung [X.]uhe es auf dem Rechtssatz, die vollständige Enteignung eines Vermögenswertes stehe einer Entschädigung nach § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] entgegen. Denn ein solcher Vermögensgegenstand müsse Gegenstand der Ausnahme von der Wirkung der Enteignung, also der Freistellung sein. Demgegenü[X.] lasse das [X.] den Anspruch auch zu, wenn hinsichtlich der Vermögenswerte, die Gegenstand des Zugriffs gewesen seien, eine vollständige Enteignung vorliege und die Freistellung sich lediglich auf die Unternehmensbeteiligung beziehe ([X.]VerwG, Urteile vom 18. Septem[X.] 2014 - 5 C 18.13 - a.a.[X.] Rn. 27, 38, 43 und vom 24. Septem[X.] 2015 - 5 C 13.14 - a.a.[X.] Rn. 21).

7

Damit kann eine Divergenz nicht begründet werden. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) setzt voraus, dass die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.] oder eines anderen der in der Vorschrift aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen (abstrakten) Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Hingegen reicht der Vorwurf einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung eines vom [X.] aufgestellten Rechtssatzes zur Zulassung der Revision wegen Divergenz nicht aus (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 20. Dezem[X.] 1995 - 6 [X.] - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9, vom 17. Dezem[X.] 2010 - 8 [X.] 38.10 - [X.] 2011, 45 = juris Rn. 15 und vom 9. Septem[X.] 2011 - 8 [X.] 15.11 - [X.] 2011, 226 = juris Rn. 10). So liegt es hier. Das Verwaltungsgericht hat den vom [X.] bei der Auslegung des § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] aufgestellten Rechtssätzen nicht widersprochen, sondern ausdrücklich auf die von der Klägerin genannten Entscheidungen [X.]ezug genommen. Soweit die Klägerin eine Verwechslung als Ursache von der behaupteten Abweichung annimmt, würde eine solche fehlerhafte Anwendung unbestrittener Rechtssätze für die Annahme einer Divergenz nicht genügen.

8

Im Übrigen behandelt das Verwaltungsgericht eine von den genannten Entscheidungen des [X.] grundlegend abweichende Fallgestaltung. Die Klägerin begehrt nach der von der [X.]eschwerde nicht angegriffenen Auslegung ihres [X.]egehrens durch das Verwaltungsgericht im vorliegenden Verfahren keine Entschädigung für die mit den besatzungshoheitlichen Enteignungen verbundene "mittelbare" Wertminderung ihrer Unternehmensbeteiligung, sondern für den unmittelbaren Entzug eines dem geschädigten Unternehmen gehörenden Grundstücks. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend hervorhebt, hat das [X.] einen solchen (alternativen oder kumulativen) Rechtsanspruch aus § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] in den genannten Entscheidungen nicht anerkannt und darum auch keine Rechtsausführungen zu der Frage gemacht, ob sich bei eventueller Anerkennung eines solchen Durchgriffsanspruchs auf ein einzelnes Grundstück die von § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] vorausgesetzte Freistellungserklärung ebenfalls hierauf beziehen müsste.

9

b) Die Klägerin [X.]uft sich im Zusammenhang mit der nach § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] erforderlichen Freistellungserklärung auch zu Unrecht auf die grundsätzliche [X.]edeutung der Frage:

"Muss administratives Handeln [X.] oder [X.] [X.]ehörden vorliegen, das eigens in einem konkreten Fall den Schutz der ausländischen [X.]eteiligungen gewährt, damit man das Vorliegen einer Freistellung bejahen kann?".

Damit wird keine - wie es bei einer Grundsatzrüge geboten wäre - höchst-richterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufgeworfen (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 30. Juni 2006 - 5 [X.] 99.05 - juris Rn. 3). Denn die Voraussetzungen einer Freistellungserklärung sind in der Rechtsprechung [X.]eits hinreichend geklärt. Danach ist der [X.]egriff der Freistellung ebenso wie derjenige der Enteignung vornehmlich im faktischen Sinne zu verstehen. Auf Form und Rechtmäßigkeit der Freistellung kommt es nicht an. Maßgeblich ist vielmehr, dass in der Rechtswirklichkeit deutlich zum Ausdruck gekommen ist, dass ein Anteilseigner durch die Enteignung des [X.]s auf [X.] oder besatzungshoheitlicher Grundlage nicht vollständig und endgültig aus seiner Stellung verdrängt werden sollte ([X.]VerwG, Urteile vom 18. Septem[X.] 2014 - 5 C 18.13 - a.a.[X.] Rn. 43 und vom 24. Septem[X.] 2015 - 5 C 13.14 - a.a.[X.] Rn. 21). Demnach genügt die bloße [X.]erufung auf eine zur [X.] der [X.] [X.]esatzungsmacht oder in der ehemaligen [X.] herrschende Rechtsauffassung in [X.]ezug auf die Schonung ausländischen Eigentums nicht, wenn diese Rechtsauffassung nicht tatsächlich in der Verwaltungspraxis bezogen auf die umstrittene Unternehmensbeteiligung zu einer Freistellung geführt hat.

Im vorliegenden Fall wäre eine weitere revisionsgerichtliche Klärung der an eine Freistellung zu stellenden Anforderungen auch - wie der [X.]eklagte zutreffend ausführt - nicht zu erwarten. Denn § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] gewährt eine Entschädigung nur für "zunächst freigestellte [X.]eteiligungen von ausländischen [X.]en an den auf der genannten Grundlage enteigneten [X.]n". Der Anspruch erstreckt sich somit allein auf die Entschädigung für die Unternehmensbeteiligung und nicht (kumulativ oder alternativ) auf die hier begehrte Entschädigung für einen einzelnen Vermögenswert der [X.]. Dass § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] keinen entschädigungsrechtlichen Durchgriff auf frühere [X.] eröffnet, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und bedarf keiner grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren. [X.]ereits der Wortlaut der Vorschrift nennt als [X.] nur Unternehmensbeteiligungen. Aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergibt sich für einen Durchgriff auf weitere Vermögenswerte nichts. Denn es sollte lediglich eine Rechtsschutzlücke in [X.]ezug auf ausländische [X.]eteiligungen an Unternehmen geschlossen werden ([X.]VerwG, Urteil vom 18. Septem[X.] 2014 - 5 C 18.13 - a.a.[X.] Rn. 35).

2. Da das Verwaltungsgericht den Anspruch aus § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] auch mit diesem Argument verneint hat, hat die Klägerin sich auch hierzu vorsorglich auf Zulassungsgründe [X.]ufen.

a) Sie hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob der gesamte ursprüngliche [X.], dessen Vermögenswerte, darunter auch [X.]etriebe in mehreren Ländern der S[X.]Z und in [X.]erlin, enteignet wurden, der [X.] im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] war oder (ob) Abspaltungen davon" als [X.] angesehen werden können, etwa eine [X.] ([X.]), eine [X.] ([X.]/Länder) oder [X.] ([X.]-[X.]erlin).

Indessen ist auch das Tatbestandsmerkmal "enteigneter [X.]" in der Rechtsprechung des [X.] weitgehend geklärt. Unter einem [X.] ist ein Rechtsträger (natürliche oder juristische Person bzw. rechtsfähige Personenhandelsgesellschaft) zu verstehen, der mit seinem im [X.]eitrittsgebiet belegenen Unternehmensvermögen voll oder lediglich teilenteignet wurde ([X.]VerwG, Urteil vom 18. Septem[X.] 2014 - 5 C 18.13 - a.a.[X.] Rn. 33). Als [X.]eispiel für einen teilenteigneten [X.] ist im Gesetzgebungsverfahren sogar die hier streitgegenständliche [X.] genannt ([X.]VerwG, Urteil vom 18. Septem[X.] 2014 - 5 C 18.13 - a.a.[X.] Rn. 35 m.w.N.) worden. Nach dieser Rechtsprechung sind jedenfalls einzelne Grundstücke - unabhängig davon, ob man sie als "Zweckvermögen" verstehen kann - nicht als [X.] im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] anzusehen.

b) Auch die zusätzlich erhobene Divergenz- und Grundsatzrüge hat keinen Erfolg. Nach Ansicht der Klägerin weicht das Verwaltungsgericht von den Urteilen des [X.] vom 18. Septem[X.] 2014 - 5 C 18.13 - und vom 24. Septem[X.] 2015 - 5 C 13.14 - mit dem Rechtssatz ab, § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] setze eine mittelbare Schädigung der ausländischen [X.]eteiligungen am enteigneten [X.] voraus. Demgegenü[X.] spreche das [X.] von einer mittelbaren Schädigung des ausländischen [X.]eteiligten wegen der Minderung des Werts der [X.]eteiligung ([X.]VerwG, Urteile vom 18. Septem[X.] 2014 - 5 C 18.13 - a.a.[X.] Rn. 26 und vom 24. Septem[X.] 2015 - 5 C 13.14 - a.a.[X.] Rn. 13). Die [X.] ist schon deswegen unbegründet, weil das Verwaltungsgericht sich ausdrücklich die in den genannten Entscheidungen des [X.] aufgestellten abstrakten Rechtssätze zu eigen gemacht und ihnen nicht inhaltlich widersprochen hat.

Die Frage, ob für einen Anspruch nach § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] eine mittelbare Schädigung der ausländischen Unternehmensbeteiligung oder des ausländischen [X.]n vorliegen muss, hat auch keine grundsätzliche [X.]edeutung. Der [X.]egriff der mittelbaren Schädigung findet sich nicht als Tatbestandsvoraussetzung in § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Er wird nur zur Erklärung der Einführung der in der Vorschrift angesprochenen Entschädigung zunächst freigestellter ausländischer Unternehmensbeteiligungen herangezogen. Daher ist es von rein hermeneutischer [X.]edeutung, ob sich die mittelbare Schädigung auf den ausländischen [X.]eteiligten oder auf die ausländische [X.]eteiligung bezieht. Dass der [X.] allein die Unternehmensbeteiligung sein kann, ergibt sich - wie ausgeführt - zweifelsfrei aus dem Gesetz.

3. Keine Zulassungsgründe bestehen auch hinsichtlich der Entscheidung des [X.], dass ein Anspruch der Klägerin aus § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] ausscheidet. Nach Ansicht des [X.] war für die auf besatzungshoheitlicher Grundlage durchgeführte Enteignung des Grundstücks erstens schon keine Entschädigung vorgesehen. Die Klägerin wäre in diesem Fall zweitens auch nicht die Entschädigungs[X.]echtigte gewesen. Drittens erfolge die Entschädigung für eine mittelbare Schädigung der [X.]eteiligung ausländischer [X.]er nur unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Die Klägerin hat zu jeder der drei selbstständig tragenden [X.]egründungen eine Grundsatzrüge erhoben.

a) Sie hält insbesondere folgenden Rechtssatz für grundsätzlich klärungsbedürftig:

"Eine Entschädigung ist nicht 'vorgesehen' im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.], wenn ein Entschädigungsanspruch des enteigneten [X.]s ausgeschlossen ist".

Es treffe zwar zu, dass eine Entschädigung nicht für das enteignete Unternehmen vorgesehen gewesen sei (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 30. Juni 1994 - 7 C 58.93 - ZIP 1994, 1318 "[X.]rambacher Sprudel"). Es stünde jedoch nirgends, dass die Entschädigungslosigkeit auch gegenü[X.] den ausländischen [X.]eteiligten eines Unternehmens gelten sollte, und daher sei diese Frage klärungsbedürftig. Damit wird der Zulassungsgrund der grundsätzlichen [X.]edeutung der Streitsache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend dargetan, weil bei der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage nicht auf die einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung eingegangen wird (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 2. Okto[X.] 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91>, vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 30. Juni 2006 - 5 [X.] 99.05 - juris Rn. 3). Nach der Rechtsprechung des [X.] ist eine Entschädigung im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] "vorgesehen", wenn im Einzelfall für Enteignungen im [X.]eitrittsgebiet nach den damals geltenden [X.]estimmungen der [X.] ein hinreichend konkretes unerfülltes Entschädigungsversprechen vorgelegen hat ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 19. März 2009 - 5 [X.] 106.08 - [X.] 428.43 [X.] Nr. 2 Rn. 4 und 7 f.; [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 1. August 2012 - 1 [X.]vR 1184/09 - juris Rn. 22 f. und [X.]VerwG, Urteile vom 18. Septem[X.] 2014 - 5 C 18.13 - a.a.[X.] Rn. 47 f. und vom 24. Septem[X.] 2015 - 5 C 13.14 - a.a.[X.] Rn. 24). Mithilfe dieses Maßstabs lässt sich auch die Frage beantworten, ob für eine ausländische [X.] eine Entschädigung an einem entzogenen [X.] "vorgesehen" gewesen ist. Die Klägerin zeigt einen grundsätzlichen Klärungsbedarf in Hinblick auf den Maßstab des verdichteten Entschädigungsversprechens nicht auf und kann mit ihren Ausführungen auch die Feststellung des [X.] nicht widerlegen, dass für sie als ausländische [X.] eine anteilige Entschädigung für das Grundstück in diesem Sinne nicht vorgesehen gewesen ist.

b) Ist das angefochtene Urteil - wie hier - auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, kann die Revision jedoch nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder [X.]egründung ein Revisionszulassungsgrund prozessordnungsgemäß geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 15. Juni 1990 - 1 [X.] 92.90 - [X.] 11 Art. 116 GG Nr. 20 S. 11 und vom 22. Juni 2015 - 2 [X.] 54.14 - [X.] 237.6 § 25 NdsL[X.]G Nr. 2 Rn. 8). Daher bedarf es keines weiteren [X.] auf die zu den übrigen verwaltungsgerichtlichen Argumenten angebrachten Grundsatz- und Verfahrensrügen.

4. Schließlich greift die Klägerin auch die Entscheidung des [X.] mit Grundsatzrügen an, dass der von ihr beanspruchte völkerrechtliche Entschädigungsanspruch nicht im Verfahren nach dem [X.] und nicht gegen das beklagte Land geltend gemacht werden kann.

a) Die Klägerin hält dabei den Rechtssatz für grundsätzlich klärungsbedürftig:

"Völkerrechtliche Entschädigungsansprüche eines Ausländers wegen Eigentumsschädigung können ein [X.]undesland nicht treffen".

Damit ist die grundsätzliche [X.]edeutung der Sache schon deshalb nicht im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt, weil sich die aufgeworfene Frage in dieser Allgemeinheit in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde. Das Verwaltungsgericht ist nicht verallgemeinernd davon ausgegangen, dass das beklagte Land nicht Anspruchsgegner eines völkerrechtlichen Anspruchs sein könne. Es hat lediglich für einen - unterstellten - völkerrechtlich begründeten Durchgriffsanspruch des ausländischen Aktionärs in [X.]ezug auf enteignete [X.] die Anspruchsverpflichtung des [X.] in Abrede gestellt.

Unabhängig davon lässt die [X.]eschwerde auch die erforderlichen Ausführungen zu der Frage vermissen, ob sich diese wesentlich eingeschränktere Rechtsfrage der Passivlegitimation des [X.] in einem Revisionsverfahren ü[X.]haupt stellen würde. Dazu hätte die Klägerin - worauf der [X.]eklagte mit Recht hinweist - innerhalb der [X.]eschwerdebegründungsfrist darlegen müssen, dass ihr nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ü[X.]haupt ein ü[X.] § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] hinausgehender völkerrechtlicher Durchgriffsanspruch zustehen kann. Nach der Rechtsprechung des [X.] besteht jedoch grundsätzlich keine völkerrechtliche Verpflichtung der [X.]undesrepublik Deutschland, für eine rechtswidrige Hoheitsmaßnahme der ehemaligen [X.] oder der [X.] [X.]esatzungsmacht einzustehen. Daher hat das [X.] in den Fällen der sogenannten "steckengebliebenen Enteignungen" keine völkerrechtliche Verpflichtung der [X.]undesrepublik Deutschland anerkannt, das damit verbundene Unrecht durch Rückgängigmachung der Enteignung oder durch Ü[X.]nahme von völkerrechtlichen Schadensersatz- oder Wiedergutmachungsansprüchen auszugleichen ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 24. Februar 1998 - 7 [X.] 42.98 - [X.] 428 § 1 VermG Nr. 139 S. 420 = juris Rn. 4 und vom 1. Juli 1999 - 7 [X.] 2.99 - [X.] 428 § 1 Abs. 1 VermG Nr. 5 S. 17 = juris Rn. 3). Angemerkt wurde lediglich, dass mit dem Ü[X.]gang des Vermögens des untergegangenen Staates auf den Nachfolgestaat zugleich etwaige noch unerfüllte Entschädigungsverpflichtungen auf diesen ü[X.]gehen ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 1. Juli 1999 - 7 [X.] 2.99 - a.a.[X.] und vom 9. Mai 2005 - 7 [X.] 144.04 - juris Rn. 11).

Da dieser von der Rechtsprechung allein anerkannten völkerrechtlichen Verpflichtung durch § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 [X.] Rechnung getragen wurde (vgl. [X.]T-Drs. 15/1180 S. 15 f.), hätte es innerhalb der [X.]eschwerdebegründungsfrist näherer Darlegung bedurft, aus welchen völkerrechtlichen Gründen neben diesen Ansprüchen und der Entschädigung für die Wertminderung zunächst freigestellter ausländischer Unternehmensbeteiligungen nach § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] noch ein (zusätzlicher oder alternativer) Entschädigungsdurchgriff in [X.]ezug auf die dem Unternehmen gehörenden Vermögenswerte bestehen soll.

Im Übrigen ist geklärt, dass die [X.]undesrepublik Deutschland auch mit [X.]lick auf das Völkerrecht für eine nach [X.]-Recht rechtswidrige Vorenthaltung von Entschädigung nur durch Nachzahlung der ausstehenden Entschädigungsforderung einstehen muss ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 9. Mai 2005 - 7 [X.] 144.04 - juris Rn. 11). Dementsprechend gelangt auch das von der [X.]eschwerde selbst vorgelegte "Kurzgutachten zu Fragen des völkerrechtlichen Eigentumsschutzes im Rahmen des [X.]es" von Professor [X.] (Rn. 70) zu dem Ergebnis, dass gegenü[X.] der vom Gesetzge[X.] mit dem [X.] getroffenen Entscheidung weder aus verfassungsrechtlicher noch aus völkerrechtlicher Sicht [X.]edenken bestehen.

b) Die Klägerin hält ferner den Rechtssatz für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ein Anspruch nach § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] sei kein völkerrechtlicher Anspruch und Ansprüche aus der Norm (seien) speziell zu völkerrechtlichen Ansprüchen".

Diese Frage würde sich jedoch ebenfalls in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Zum einen hat das Verwaltungsgericht sich nicht zu der Frage verhalten, inwieweit der Gesetzge[X.] in § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] völkerrechtlichen Verpflichtungen gefolgt ist und in welchem Verhältnis die völkerrechtlichen Verpflichtungen zu dem innerstaatlichen Anspruch stehen. Zum anderen wäre die Frage nicht entscheidungserheblich, weil [X.]eits mit dem Anspruch nach § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] den völkerrechtlichen Verpflichtungen Genüge getan wird.

c) Die Klägerin rügt schließlich in diesem Zusammenhang zwei Verfahrensfehler. Sie sieht eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör darin, dass das Verwaltungsgericht ihr Vorbringen zur Passivlegitimation des beklagten [X.] ü[X.]gangen habe. Sie habe mit Schriftsatz vom 8. März 2016 vorgetragen, dass die [X.]undesrepublik Deutschland zwar als Gebietsnachfolger der [X.] für deren völkerrechtliche Verbindlichkeiten hafte ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 9. Mai 2005 - 7 [X.] 144.04 - Rn. 11, [X.], [X.] der ehemaligen [X.] und ihre Abwicklung, [X.] 1995, 83, 85). Der Teil der öffentlichen Hand, der als Rechts- und Funktionsnachfolger die enteigneten Vermögenswerte erhalten habe, dürfte a[X.] in analoger Anwendung der geltenden [X.]estimmungen zu zahlen haben. Soweit das Verwaltungsgericht ausführe, es fehle jeder Anhaltspunkt für die Haftung des [X.], müsse es dieses Vorbringen ignoriert haben. In gleicher Weise habe es ihr Vorbringen zur völkerrechtlichen Verwurzelung des § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht [X.]ücksichtigt. Das Verwaltungsgericht habe seine Auffassung, dass das Land nicht hafte und dass ihr völkerrechtlicher Anspruch nicht in einem Verfahren nach dem [X.] verfolgt werden könne, nicht begründet und damit einen Verfahrensfehler im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO begangen.

Die geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor. Das angegriffene Urteil verletzt nicht das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO. Die Gewährleistung rechtlichen Gehörs gebietet, das Vorbringen der [X.]eteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Daraus folgt allerdings nicht, dass in der Entscheidung sämtliche von den [X.]eteiligten vorgetragenen oder für wesentlich gehaltenen Gesichtspunkte zu behandeln wären. Nur wenn nach der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Gerichts entscheidungserhebliches tatsächliches oder rechtliches Vorbringen unerwähnt bleibt, lässt das darauf schließen, dass dieses Vorbringen nicht [X.]ücksichtigt wurde (vgl. [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 19. Mai 1992 - 1 [X.]vR 986/91 - [X.]VerfGE 86, 133; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 17. Dezem[X.] 2015 - 8 [X.] 10.15 - [X.] 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 44 Rn. 4).

Solche besonderen Umstände liegen nicht vor. Soweit das Verwaltungsgericht nicht auf das Vorbringen zur völkerrechtlichen Verwurzelung des § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] eingegangen ist, [X.]uht dies darauf, dass dieses Vorbringen nach seiner Rechtsauffassung nicht entscheidungserheblich war. Demgegenü[X.] hat es tragend auf die Frage der Passivlegitimation abgestellt, sodass das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin nach der Rechtsauffassung des [X.] erheblich gewesen ist. Zwar spricht das verwaltungsgerichtliche Urteil nicht explizit das klägerische Argument an, dass der Teil der öffentlichen Hand, der den enteigneten Vermögenswert erhalten hat, in analoger Anwendung der geltenden [X.]estimmungen eine Entschädigung zu zahlen habe. Es begründet jedoch seine davon abweichende Auffassung damit, dass ein völkerrechtlicher Entschädigungsanspruch gegenü[X.] der ehemaligen [X.] allenfalls nach Art. 23 f. des [X.] (EV) von der [X.]undesrepublik Deutschland zu erfüllen war. Damit liefert es zum Argument der Klägerin ein Gegenargument und macht deutlich, dass seines Erachtens mit Art. 23 f. EV eine abschließende normative Regelung ü[X.] den Ü[X.]gang von ehemaligen [X.]-Verbindlichkeiten erfolgt ist, sodass für die Hilfskonstruktion der Funktionsnachfolge kein Raum bleibt (ebenso [X.], Urteil vom 11. Januar 2001 - 7 U 2763/00 - [X.] 2001, 575 f. = juris Rn. 61). Dass das Verwaltungsgericht nicht auf die zitierte Literatur und Rechtsprechung eingegangen ist, liegt daran, dass die Klägerin diese Fundstellen nicht als [X.]eleg für ihre Theorie der Rechts- oder Funktionsnachfolge in Anspruch genommen hat.

Wegen dieser - wenn auch knappen - [X.]egründung kann auch nicht festgestellt werden, dass das vorinstanzliche Urteil im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen wäre. Das ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidungsgründe ihre Funktion, die [X.]eteiligten ü[X.] die dem Urteil zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen zu unterrichten und dem Rechtsmittelgericht die Nachprüfung der Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit in prozessrechtlicher und materiell-rechtlicher Hinsicht zu ermöglichen, nicht mehr erfüllen (stRspr; [X.]VerwG, Urteil vom 28. Novem[X.] 2002 - 2 C 25.01 - [X.]VerwGE 117, 228 <230>; [X.]eschluss vom 1. Juni 2016 - 3 [X.] 67.15 - juris Rn. 17). Davon kann hier keine Rede sein, weil das Verwaltungsgericht seine Rechtsauffassung zur Passivlegitimation normativ begründet hat. Auch seine Rechtsansicht, dass der behauptete völkerrechtliche Anspruch in einem anderweitigen Verwaltungsverfahren verfolgt werden müsse, erschließt sich als folgerichtig, wenn dieser Anspruch nicht gegenü[X.] dem beklagten [X.], sondern gegenü[X.] der [X.]undesrepublik Deutschland zu verfolgen wäre.

5. Von einer weiteren [X.]egründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

8 B 49/16

21.02.2017

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend VG Greifswald, 12. April 2016, Az: 2 A 387/12, Urteil

§ 1 Abs 1 DDR-EErfG, § 1 Abs 2 S 1 DDR-EErfG, § 1 Abs 2 S 2 DDR-EErfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.02.2017, Az. 8 B 49/16 (REWIS RS 2017, 15283)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15283

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