Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.06.2023, Az. 26 W (pat) 547/22

26. Senat | REWIS RS 2023, 5507

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2021 116 820.8

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 20. Juni 2023 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], des Richters [X.] und der Richterin am Amtsgericht Streif

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des [X.] vom 10. Mai 2022 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

[X.] Bier

3

ist am 11. Oktober 2021 unter der Nummer 30 2021 116 820.8 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register angemeldet worden für Waren der

4

[X.]: Biere; Alkoholfreie Getränke; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer; [X.]; Fruchtsäfte; Sirupe und andere alkoholfreie Präparate für die Zubereitung von Getränken.

5

Mit [X.]uss vom 10. Mai 2022 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für [X.] des [X.] die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Wortfolge setze sich aus den Wörtern „[X.]“ und „Bier“ zusammen. „[X.]“ bezeichne laut [X.] „in Bildungen mit Substantiven jemanden oder etwas als besonders groß, hervorragend, bedeutend (als Steigerung von Super-)“. In der Gesamtheit vermittle sie den angesprochenen Verbrauchern die rein sachbezogene Information, dass es sich um hervorragendes, großartiges Bier handele. Denn „[X.]“ werde vielfach für unterschiedliche Erzeugnisse verwendet, um diese werblich anpreisend als solche mit besonderer Güte zu bezeichnen, wie [X.] [X.]event, [X.]projekt, [X.]liner oder [X.]flop. In Bezug auf die damit gekennzeichneten „Biere“ der [X.] weise das Anmeldezeichen somit rein beschreibend auf deren Art und Beschaffenheit hin. Zu den weiteren beanspruchten Waren stelle es einen engen sachlichen Bezug her, da es sich um Getränke bzw. Zutaten handele, die mit Bier gemischt werden könnten. Es existierten viele Möglichkeiten, Biere mit Sirup, Limonade, Fruchtnektar, Fruchtsaft oder Mineralwasser zu mischen und auf diese Weise Biermischgetränke herzustellen. Das Anmeldezeichen erschöpfe sich somit in einer sprachüblichen Kombination aus einer Qualitätsangabe und einer Angabe über die Art der Ware selbst, ohne auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Zwar könne der Bestandteil „[X.]“ mehrdeutig sein, aber es reiche schon eine beschreibende Bedeutung für die Verneinung der Unterscheidungskraft aus.

6

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, die Markenstelle habe das Anmeldezeichen unzulässigerweise in seine Bestandteile zergliedert und nicht in seiner Gesamtheit betrachtet. Die ungewöhnliche Wortneuschöpfung beschreibe keine Eigenschaften der beanspruchten Produkte. Vielmehr ergäben die Recherche nach dem Begriff „[X.]“ mit der [X.]suchmaschine „[X.]“ sowie 60 mit dem Bestandteil „[X.]“ eingetragene nationale Marken und 50 mit diesem Element registrierte Unionsmarken, dass „[X.]“ als [X.] stets auf bestimmte, sehr bekannte Unternehmen, wie [X.], [X.] oder [X.], hinweise. „[X.]“ werde im Alltag höchstens als Größenangabe im technischen Bereich bzw. in der Physik als Dateigröße wie „[X.]byte“ oder zur Beschreibung elektromagnetischer Wellen wie „[X.]hertz“, aber nicht als Superlativ bzw. Qualitätsangabe verwendet. Dagegen spreche schon die getrennte Schreibweise des gewöhnlich nur als Präfix verwendeten Begriffs. Lediglich eine Handvoll inländischer Verbraucher verwende „[X.]“ als Synonym für etwas Großes, aber nicht für Alltagswaren oder Getränke. Da „[X.]“ keine übliche Maßeinheit für Getränke sei, verstünden sie das Anmeldezeichen nicht im Sinne von „besonders großes Bier“. Dafür gebe es in [X.] die vom [X.] [X.] bekannte Schenk-Maßeinheit von ursprünglich 1,069 Litern, die inzwischen auf einen Liter reduziert worden sei. Die Wortkombinationen [X.]bit, [X.]byte, [X.]flop, [X.]hertz, [X.]joule, [X.]parsec und [X.]watt seien Fachbegriffe, vornehmlich Maßeinheiten aus dem Bereich der Informatik oder Naturwissenschaften, die nicht im Zusammenhang mit Getränken oder anderen Verbrauchsgütern benutzt würden. Die beanspruchte Wortfolge werde im [X.] vielmehr mit der Beschwerdeführerin als Autoproduzentin in den weltbekannten „[X.]factories“ in Verbindung gebracht, die am 9. Oktober 2021 am [X.] auf dem Gelände der [X.]factory Berlin-Brandenburg vor 9.000 Besuchern angekündigt habe, künftig auch Bier unter der angemeldeten Bezeichnung brauen zu wollen, worüber in zahlreichen Medien berichtet worden sei. Das [X.] ([X.]) habe auch die Wortkombinationen „[X.]flex“ (33 W (pat) 38/07) und „[X.]“ (27 W (pat) 121/03) als schutzfähig eingestuft. Das [X.] ([X.]) habe die Anmeldung der beiden Unionsmarken „[X.]bier“ (018 574 565) u .a. für „Bier und [X.]e“ und „[X.]beer“ (018 659 133) u. a. für „Biere und alkoholfreie Biere“ veröffentlicht, ohne die fehlende Unterscheidungskraft zu beanstanden. Da es sich um bösgläubige Anmeldungen eines [X.] handele, habe die Beschwerdeführerin dagegen Widerspruch eingelegt.

7

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

8

den [X.]uss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 10. Mai 2022 aufzuheben.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig und begründet.

Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge „[X.] Bier“ als Marke stehen für die beanspruchten Waren der [X.] keine Schutzhindernisse entgegen, insbesondere fehlt es dem Zeichen weder an der erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], noch handelt es sich um eine freihaltebedürftige Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Auch eine ersichtliche Täuschungsgefahr (§§ 8 Abs. 2 Nr. 4, 37 Abs. 3 [X.]) geht nicht von ihr aus.

1. Dem Anmeldezeichen kann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2015, 1198 [X.]. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.], 932 [X.]. 7 - #darferdas? I; GRUR 2018, 301 [X.]. 11 – [X.]; [X.], 934 [X.]. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] GRUR 2010, 228 [X.]. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – #darferdas? I; a. a. O. – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.], 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] [X.]. 15 – Pippi-Lang-strumpf-Marke).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] GRUR 2013, 1143 [X.]. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.], 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] GRUR 2014, 376 [X.]. 11 – grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.], 674, [X.]. 86 – Postkantoor; [X.] [X.]. 8 – #darferdas? I; [X.], 270 [X.]. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] – #darferdas? I; a. a. [X.]. 12 – [X.]; GRUR 2014, 872 [X.]. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht ([X.] – #darferdas? I; a. a. O. – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.], 146 [X.]. 32 – [X.]/[X.] [[X.]]; [X.] GRUR 2014, 569 [X.]. 18 – [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 [X.]. 77 f. – [X.]; [X.] GRUR 2014, 1204 [X.]. 16 – DüsseldorfCongress).

b) Diesen Anforderungen hat das angemeldete Wortzeichen „[X.] Bier“ zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt, dem 11. Oktober 2021, genügt, weil es entgegen der Ansicht der Markenstelle für die beanspruchten Waren der [X.] weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt vermittelt noch einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen hergestellt, sondern über die erforderliche Eigenart verfügt hat, um von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen als Unternehmenshinweis aufgefasst zu werden.

aa) Die von den angemeldeten Bieren und alkoholfreien Getränken angesprochenen breiten Verkehrskreise sind sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch der Getränkefachhandel sowie der Gastronomiefachverkehr (vgl. ständige Rspr.: [X.] 26 W (pat) 514/21 – Ei, Ei, Ei, Ei, Ei; 26 W (pat) 56/20 – [X.]; 26 W (pat) 1/20 – [X.]; 26 W (pat) 504/19 – Mauerblümchen; 26 W (pat) 508/19 – [X.]; 26 W (pat) 513/18 – [X.]; 26 W (pat) 554/18 – [X.]; 26 W (pat) 541/16 – [X.]; 27 W (pat) 32/16 – [X.]/[X.]/[X.] Bier; 26 W (pat) 25/14 - Bro Secco; 26 W (pat) 28/12 – [X.]/[X.]). Präparate für die Zubereitung von Getränken richten sich auch an Getränkehersteller.

bb) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den Bestandteilen „[X.]“ und „Bier“ zusammen.

aaa) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist es bei aus mehreren Bestandteilen kombinierten Zeichen zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. [X.] GRUR 2010, 534 [X.]. 42 Prana [X.][X.] [[X.]]; [X.], 943 [X.]. 28 - [X.]/[X.] [SAT.2]; [X.], 229 – BioID/[X.] [BioID]; [X.], [X.]. v. 10. September 2020, - [X.] [X.]. 9 = [X.]. 2021, 45 – [X.]; [X.] 29 W (pat) 525/21 – [X.]; 29 W (pat) 38/18 – [X.]; 29 W (pat) 212/01 – Control + Rework Service).

bbb) Laut [X.] bedeutet das von dem [X.] Wort „gígas“ für „Riese, [X.]nt“ stammende Präfix „[X.]-“ in Bildungen mit Substantiven entweder „das 10

(1) Die Vorsilbe „[X.]-“ ist in der Informatik als Größenangabe für Datenträger und -speicher ([X.] 27 W (pat) 31/07 – [X.]), wie [X.] [X.]bit, [X.]byte, [X.]flop (floating point operations per second), und in der Physik als Mengenangabe, wie [X.] [X.]hertz, [X.]joule, [X.]parsec und [X.]watt, geläufig und steht auch umgangssprachlich wegen der Anlehnung an das [X.] Substantiv „[X.]nt“ und das [X.] Adjektiv „[X.]ntisch“ für etwas riesig Großes bzw. eine gewaltige Menge (https://www.duden.de/rechtschreibung/[X.]nt; https://www.duden.de/rechtschreibung/[X.]ntisch). In diesem Sinne werden auch die im [X.] genannten Beispielwörter „[X.]event, [X.]projekt“ verstanden.

(2) Die im [X.] genannte zweite Bedeutung „hervorragend“ bzw. „Steigerung von Super-“ als Qualitätsangabe wird in mehreren [X.]üssen des [X.] schlicht nur zitiert, ohne sie mit Tatsachenfeststellungen zu untermauern. Allerdings ist in diesen Entscheidungen ein entsprechender Benutzungsnachweis auch nicht erforderlich gewesen, weil schon die erste Bedeutung im Sinne einer besonderen Größe zur Beschreibung der dort in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen zur Verneinung einer Schutzfähigkeit ausgereicht hat. Das Wortzeichen „[X.]store“ (30 W (pat) 47/00) ist als „besonders großer, leistungsstarker Datenspeicher“, das Zeichen „[X.]Lan“ (29 W (pat) 145/03) als „besonders großes und schnell verbundenes Netzwerk“ und die Anmeldung [X.]SPIELE (27 W (pat) 31/07) als „große, leistungsstarke Spiele“ aufgefasst worden.

(3) Im Kollisionsverfahren [X.]DREAMWORKS/DREAMWORKS“ ([X.] 33 W (pat) 274/03) ist die im [X.]uss vom 10. Januar 2006 aufgestellte Behauptung, dass es sich bei „[X.]-“ wie bei „[X.]“ oder Super-“ um ein in der Werbe- und Jugendsprache übliches Präfix handele, das im Sinne von „hervorragend“ verwendet und verstanden werde, ebenfalls nicht belegt worden. Mehr als zwei Jahre später, nämlich am 24. Juni 2008 ist unter Bezugnahme auf ein Lexikon der Jugendsprache von [X.] von 2006 sogar festgestellt worden, dass „[X.]“ von der Jugend weit weniger verwendet wird als „super“ oder „mega“ ([X.] 33 W (pat) 38/07 - [X.]flex). Dafür spricht auch, dass im Verfahren zu [X.]SPIELE“ ([X.] 27 W (pat) 31/07) im [X.] aus diesem Bereich nur ein einziger Beleg genannt worden ist, nämlich „[X.]geil ([X.] Girl)“.

(4) Soweit vom [X.] bisher Recherchen durchgeführt worden sind, belegen diese in der Regel keine Gleichsetzung von „[X.]-“ mit „[X.]“ oder „Super-“ als Qualitätsangabe, sondern zeigen fast ausschließlich nur Beispiele für eine sehr große Menge, eine außergewöhnliche Größe bzw. Dimension oder eine Verstärkung im Sinne von „sehr“. Dies gilt für die im [X.]uss vom 19. März 2001 zu „[X.]store“ ([X.] 30 W (pat) 47/00) genannten „[X.]-Konzerne“, „[X.]-Stau“, „[X.]-Stadion“ und „[X.]-Aktion“, für die in der Entscheidung zu [X.]SPIELE“ ([X.] 27 W (pat) 31/07) angeführten, aus dem am 27. Juli 2007 im [X.] abgefragten Wortschatz der [X.] stammenden Begriffe „[X.]-Ballon“, „[X.]-Ereignisse“, „[X.]-Fusion“, „[X.]-Jackpot“, „[X.]-Video-Leinwände“, „[X.]bombe“, „[X.]burger“, „[X.]busen“, „[X.]genies“ und „[X.]günstig“ sowie für die im [X.]uss vom 24. Juni 2008 zu „[X.]flex“ ([X.] 33 W (pat) 38/07) bei einer „[X.]-Suche“ ermittelten Wortkombinationen „[X.] informativ“, „[X.] witzig“, „[X.] cool“, „[X.]modern“ und „[X.]schnell“. Auch die in der Entscheidung zu [X.]SPIELE“ ([X.] 27 W (pat) 31/07) genannten Ausdrücke „[X.] statt mega“ ([X.]) und „[X.]flop“ gehören in den Bereich der Informatik und geben eine besondere Größe wieder.

(5) Nur bei den drei Wortkombinationen „[X.]-Mannschaft“, „[X.]-Orgasmus“ und „[X.]geil“ ([X.] 27 W (pat) 31/07– [X.]) kommt „[X.]-“ wie „[X.]“ als Steigerung von Super-“ überhaupt als Qualitätsattribut in Betracht. Allerdings stammen diese wenigen Belege aus dem [X.], liegen daher schon mehr als 14 Jahre zurück und der [X.] hat bei seiner Recherche außer einem Buchtitel von 2009, einem [X.] von 2015 und einer Presseaussage aus 1997 über den Unterhaltungswert eines Museums für den Zeitraum vor dem maßgeblichen Anmeldetag, dem 11. Oktober 2021, nur eine Vielzahl markenmäßiger Verwendungen finden können. Daher hat er weder eine branchenübergreifende Verwendung der Vorsilbe „[X.]-“ zur Angabe einer besonderen Güte von Waren oder Dienstleistungen noch eine solche Benutzung für den hier betroffenen [X.] feststellen können.

ccc) Das Nomen „Bier“ bezeichnet ein „aus Malz, Hopfen, Hefe und Wasser gegorenes, kohlensäurehaltiges, würziges, leicht alkoholisches Getränk“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Bier). Damit beschreibt es Art, Beschaffenheit und [X.] der beanspruchten Waren der [X.]. Es benennt die angemeldeten Produkte „Biere“ unmittelbar und gibt bei den Waren „Alkoholfreie Getränke; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer; [X.]; Fruchtsäfte; Sirupe und andere alkoholfreie Präparate für die Zubereitung von Getränken“ an, dass diese als Zutaten für die Herstellung von Mixgetränken mit Bier besonders geeignet und bestimmt sind. Denn bereits vor dem Anmeldezeitpunkt hat es zahlreiche sog. Biermischgetränke gegeben, bei denen Bier mit anderen alkoholfreien Getränken bzw. entsprechenden Präparaten vermischt wird ([X.] 26 W (pat) 92/13 – [X.]/[X.]). Das bekannteste Biermischgetränk „Radler“ ist eine Mischung aus Bier und Limonade. Wenn dem Bier nur Mineralwasser hinzugefügt wird, entsteht ein als „saurer Radler“ bezeichnetes Getränk. Die Kombination aus Bier und Cola wird u. a. „Diesel“ genannt. Bier und Tomatensaft ergeben ein sog. „[X.]“. Weizenbier mit [X.]n ist als „Fruchtweizen“ erhältlich. Bier mit Grenadinensirup wird unter der Bezeichnung „[X.]“ angeboten. (https://de.wikipedia.org/wiki/Biermischgetränk).

cc) In der Gesamtheit kommen dem Anmeldezeichen die Bedeutungen „das 10

dd) Aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise enthält die angemeldete Wortfolge „[X.] Bier“ mit diesen Gesamtbedeutungen keine Sachaussage über Eigenschaften oder sonstige Merkmale der beanspruchten Waren der [X.], noch stellt sie einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen her.

aaa) „Das 10

bbb) Nach den Feststellungen des [X.]s ist aber auch der Ausdruck „[X.] Bier“ im Sinne „eines besonders großen Bieres“ bisher weder in der Alltags- und Umgangssprache noch in der Werbung verwendet oder in diesem Sinne vom angesprochenen Publikum verstanden worden.

(1) Wenn vor dem maßgeblichen Anmeldetag eine über die üblichen Volumina hinausgehende Menge Bier angeboten worden ist, wie [X.] im Onlineshop [X.] in einer 2- oder 3-Liter-Flasche als (Vatertags- oder Geburtstags-)Geschenk oder in einer „Männerhandtasche“ mit 12 x 0,33 l-Bierflaschen, findet sich nur die aus dem [X.] bekannte, beschreibende Größenangabe „[X.]“, nicht aber „[X.]-“. Auch Biergläser überschreiten regelmäßig nicht die Füllmenge von einem Liter. Der Maßkrug auf dem bekannten [X.] [X.] geht schon seit langem nicht mehr darüber hinaus. Soweit es regional Gläser und Krüge mit einem Biermaß von zwei Litern gibt, werden dafür eigene Begriffe verwendet, wie [X.] der [X.] und [X.] „Stiefel“. Dies gilt auch für die im Inland kaum bekannten, wesentlich größeren Biergefäße von vier, fünf und 15 Litern in [X.], die mit „[X.]“, „Grenadier“ und „Schifferl“ bezeichnet werden (https://chemie-schule.de/KnowHow/Biermaße). Selbst im Zusammenhang mit Bierfässern, die bis zu 200 Liter fassen können, kommt die Bezeichnung „[X.] Bier“ nicht vor.

(2) Da die Vorsilbe „[X.]“ keine übliche Maßeinheit für Bier angibt, bleibt völlig unklar, was unter einem „besonders großen Bier“ zu verstehen sein soll.

(3) Hinzu kommt, dass die besondere Größe oder Menge eines [X.]s keine maßgebliche Wareneigenschaft ist, an der die angesprochenen Verkehrskreise ihre Kaufentscheidung ausrichten. Dies sind vielmehr Alkoholgehalt, Optik, Stammwürzegehalt, Geschmack, Aroma, Mundgefühl oder Herstellungsverfahren. In dieser Hinsicht können dem Anmeldezeichen über das [X.] selbst keine Informationen entnommen werden.

(4) Die besondere Größe kann sich nur auf das Gefäß bzw. die Füllmenge, nicht aber auf das [X.] selbst beziehen. Um zu einer sinnvollen [X.] im Sinne eines besonders großen Biergefäßes zu gelangen, bedarf es daher der Ergänzung um eine Behältnisangabe, wie [X.] Flasche, Dose oder Fass. Solche Ergänzungen verändern aber das Anmeldezeichen, das ausschließlich in seiner angemeldeten Gesamtheit Gegenstand der Prüfung im Eintragungsverfahren ist (vgl. [X.] GRUR 2015, 173 [X.]. 22 – for you; GRUR 2011, 65 [X.]. 10 – Buchstabe T mit Strich).

ccc) Der [X.] hat im hier betroffenen [X.] trotz umfangreicher Recherchen auch nicht feststellen können, dass die beanspruchte Wortfolge in ihrer Gesamtheit vor dem maßgeblichen Zeitpunkt im Sinne eines „hervorragenden Bieres“, also eines Bieres von besonderer Güte verstanden worden ist. Der lexikalische Nachweis von „[X.]-“ im [X.] mit der Bedeutung „hervorragend“ als Steigerungsform von „Super-“ und damit als Qualitätsangabe spiegelt sich im Zusammenhang mit den beanspruchten Bieren, alkoholfreien Getränken und Getränkepräparaten der [X.] in der Realität nicht wider.

dd) Das aufgrund der getrennten Schreibweise zudem nicht eindeutig als Präfix erkennbare Element „[X.]“ ist auf dem vorliegenden Warengebiet daher als [X.] verstanden worden, der geeignet ist, der angemeldeten Wortfolge die erforderliche Unterscheidungskraft zu verleihen, weil ihr in ihrer Gesamtheit kein verständlicher Bedeutungsgehalt entnommen werden kann. Es handelt sich vielmehr um eine ungewöhnliche und interpretationsbedürftige Wortkombination, die individualisierend wirkt.

2. Wegen der fehlenden Eignung des [X.] in seiner konkreten Zusammenstellung zur unmittelbaren Beschreibung der angemeldeten Produkte kann auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zum Anmeldezeitpunkt nicht bejaht werden.

3. Die schutzsuchende Wortfolge „[X.] Bier“ hat trotz des Bestandteils „Bier“ für die angemeldeten Produkte „Alkoholfreie Getränke; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer; [X.]; Fruchtsäfte; Sirupe und andere alkoholfreie Präparate für die Zubereitung von Getränken“ zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt auch keine ersichtlich täuschende Angabe gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 4, 37 Abs. 3 [X.] dargestellt.

a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen. Die Täuschungseignung muss dabei ersichtlich sein (§ 37 Abs. 3 [X.]). Bei der Beurteilung, ob ein solches Schutzhindernis besteht, geht es um die Irreführung durch den [X.] und nicht um die Prüfung, ob das Zeichen bei einer besonderen Art der Verwendung im Geschäftsverkehr geeignet sein kann, irreführende Vorstellungen zu erwecken. Dabei wird der [X.] im Wesentlichen geprägt durch die Waren oder Dienstleistungen, für die der markenrechtliche Schutz beansprucht wird ([X.] GRUR 2002, 540, [X.]. 24 – [X.]). Ist für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen eine Markenbenutzung möglich, bei der keine Irreführung des Verkehrs erfolgt, liegt das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.] insoweit nicht vor (vgl. [X.] GRUR 2017, 186 [X.]. 21 – [X.]; a. a. O., [X.]. 25 – [X.]).

b) Die Täuschungseignung ist im vorliegenden Fall zu verneinen.

aa) Dies gilt zunächst für die beanspruchten Waren „Alkoholfreie Getränke“, weil sie auch alkoholfreie Biere umfassen.

bb) Im Hinblick darauf, dass es schon lange vor dem Anmeldetag sog. Biermischgetränke gab, bei denen Bier u. a. auch mit kohlensäurehaltigen Wässern oder [X.]n vermischt werden, entfällt auch für diese angemeldeten Produkte die Täuschungseignung.

cc) Eine nicht irreführende Benutzung der Wortkombination „[X.] Bier“ ist auch für „Sirupe und andere alkoholfreie Präparate für die Zubereitung von Getränken“ möglich, weil schon vor dem maßgeblichen Anmeldezeitpunkt [X.] als fertige Produkte vertrieben worden sind („[X.] „blondie“ – Bier zum Selbersprudeln“, 27. Mai 2016, [X.]/; „Konzentrat für alkoholfreies Bier“ im Angebot von [X.] seit dem 19. März 2021) oder Rezepte zur Herstellung von [X.] veröffentlicht wurden (Rezept vom 19.05.2009, https://www.kochbar.de/rezept/169842/[X.].html; Rezept vom 1. Mai 2017, http://www.bierjubilaeum.de/bierblog/page/28/).

dd) Da der Handel mit den Waren „Mineralwässer“ und „Fruchtsäfte“ in [X.] durch die Mineral- und Tafelwasserverordnung vom 1. August 1984 ([X.], zuletzt geändert durch Art. 25 der Verordnung vom 5. Juli 2017, [X.]. I S. 2272) sowie der Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung vom 24. Mai 2004 ([X.]. I S. 1016, zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 18. Mai 2020, [X.]. I S. 1075) reglementiert wird, haben die Endverbraucher am 11. Oktober 2021 nicht angenommen, dass diese Produkte mit Bier oder einem entsprechenden Geschmacksstoff versetzt oder angeboten werden (vgl. [X.] 26 W (pat) 516/11 – [X.]; 26 W (pat) 546/10 – [X.]; 26 W (pat) 552/14 – [X.]). Denn der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher dieser Waren weiß seit langem aufgrund entsprechender Unterrichtung in den Medien, vor allem in Verbraucher- und anderen Zeitschriften, im Fernsehen und im [X.], dass Mineralwässer und Fruchtsäfte keine Zusätze enthalten (vgl. [X.] 26 W (pat) 1/20 – [X.]; 26 W (pat) 516/16 – [X.]). Deshalb kann er durch das Anmeldezeichen auch nicht irregeführt werden. Dies gilt erst recht für den vorliegenden Fachverkehr, dessen Verständnis allein von ausschlaggebender Bedeutung sein kann ([X.] [X.] 2013, 110 [X.]. 71 – [X.]/[X.] [[X.]]; a. a. [X.]. 30 – Prana Haus/[X.] [[X.]]; [X.], 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.], 682 [X.]. 26 – [X.]; [X.] 26 W (pat) 507/17 – [X.]; 24 W (pat) 18/13 – [X.]; 26 W (pat) 550/10 – Responsible Furniture; [X.] 2007, 527, 529 f. – [X.]).

Meta

26 W (pat) 547/22

20.06.2023

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.06.2023, Az. 26 W (pat) 547/22 (REWIS RS 2023, 5507)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 5507

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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