26. Senat | REWIS RS 2020, 45
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Markenbeschwerdeverfahren – "Popcorn" - Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis – negativ formulierter Disclaimer - Einschränkung der Anmeldung in der Art und Weise – Rechtsunsicherheit – Unzulässigkeit
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2017 024 280.8
hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 30. März 2020 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] von Hartz und Schödel
beschlossen:
1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des [X.] vom 4. Januar 2018 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren der
Klasse 32: [X.]; Fruchtsäfte
zurückgewiesen worden ist.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I.
Das Wortzeichen
[X.]
ist am 25. September 2017 unter der Nummer 30 2017 024 280.8 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register angemeldet worden für Waren und Dienstleistungen der
[X.]: Kaffee; Tee; Kakao; Zucker; [X.]; Tapioka; Sago; Kaffee-Ersatzmittel; Mehle; Getreidepräparate; Brot; feine Backwaren; Konditorwaren; Pralinen mit und ohne Füllung; Schokoladewaren, soweit in [X.] enthalten; Bonbons; Fruchtgummi; Kaugummi [nicht für medizinische Zwecke]; Zuckerwaren; Speiseeis; Honig; Melassesirup; Hefe; Backpulver; Salz; Senf; Essig; Soßen [Würzmittel]; Gewürze; Kühleis; ausgenommen [X.] und Waren, die [X.] enthalten und/oder zur Herstellung von [X.] bestimmt sind;
[X.]: Biere; Mineralwässer; kohlensäurehaltige Wässer; alkoholfreie Getränke; entalkoholisierte Getränke; [X.]; Fruchtsäfte; Sirupe für die Zubereitung von Getränken; Präparate für die Zubereitung von Getränken;
Klasse 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere).
Mit Beschluss vom 4. Januar 2018 hat die Markenstelle für Klasse 33 des [X.] die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, [X.] werde durch starkes Erhitzen einer speziellen Maissorte hergestellt und könne wahlweise mit Salz oder Zucker vermischt werden. Der vorrangig angesprochene Durchschnittsverbraucher fasse das Anmeldezeichen im Sinne einer Beschaffenheits- oder Bestimmungsangabe dahingehend auf, dass die Waren entweder bei der Herstellung von [X.] verwendet würden, geschmacklich zu [X.] passten oder zusammen mit [X.] verzehrt werden könnten. Die in [X.] vorgenommene Einschränkung "ausgenommen [X.] und Waren, die [X.] enthalten und/oder zur Herstellung von [X.] bestimmt sind" könne als negative Formulierung das absolute Schutzhindernis nicht überwinden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie vertritt die Ansicht, das Anmeldezeichen, das sich aus dem Wort "Pop" für Popmusik oder Pop Art und "Corn" für [X.] zusammensetze, deute in sehr fantasievoller Weise auf ein modernes [X.] hin und sei für die beanspruchten Waren weder glatt beschreibend noch stelle es einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen her. Denn sie fänden weder bei der Herstellung oder Zubereitung von [X.] noch als dessen Dekoration Verwendung und würden auch nicht mit [X.] vermischt vertrieben (vgl. BPatG 25 W (pat) 531/11 – Gummibärchen). [X.] werde üblicherweise nicht zu alkoholischen Getränken gereicht. Der Verkehr erkenne in dem Anmeldezeichen zwar eine Sachangabe für ein Nahrungsmittel, das durch starkes Erhitzen einer bestimmten Maissorte hergestellt werde. Derartige Waren seien im [X.] aber nicht enthalten. Alkoholische Getränke hätten keinen Bezug zu [X.]. [X.] habe keinen markanten, schon gar keinen typischen Geschmack. Wenn Verbraucher im [X.] von einem [X.]-Aroma sprächen, werde damit der leicht süßliche Geschmack beschrieben, der auf den Zucker und nicht auf [X.] zurückzuführen sei. Auch wenn Cocktails mit [X.] zubereitet oder garniert würden, entstehe dadurch noch kein [X.]getränk. [X.]mehl möge für die Bierherstellung verwendet werden, bei der Produktion alkoholischer Getränke finde es keine Verwendung. Wegen des offensichtlich sachfremden Sinngehalts sei das Wortzeichen originell. Die Wortfolge "Berry Dessert" i. S. v. Beerennachtisch sei u. a. für "Fruchtgummi" als eintragungsfähig beurteilt worden, weil es kein typisches [X.] sei (vgl. BPatG 25 W (pat) 77/09). Auch die Bezeichnungen "[X.]" für alkoholische Getränke ([X.] (pat) 245/02), "[X.] CHOCOLATE" für Tee ([X.] (pat) 205/01) und "[X.]" für Käse ([X.] (pat) 46/01) seien eingetragen worden. Die Unionswortmarken "[X.]" (001 522 283), "turkey-popcorn" (001 523 158), [X.] (001 524 156) und "[X.]" (001 524 222) jeweils für Geflügelfleisch sowie "Pink [X.]" (013 134 416) für frisches Obst und Früchte seien ebenfalls registriert worden.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des [X.] vom 4. Januar 2018 aufzuheben.
Die Anmelderin ist mit gerichtlichen Schreiben vom 7. Oktober 2019 und 17. Februar unter Beifügung von [X.] (Anlagen 1 bis 3.5, [X.]. 13 – 44 [X.] sowie Anlagen 4.1 bis 6.9, [X.]. 53 - 93 [X.]) auf die vorläufige Auffassung des Senats hingewiesen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, hat aber nur im tenorierten Umfang Erfolg, weil insoweit weder die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] noch das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.] i. V. m. § 37 Abs. 3 [X.] gegeben sind. Für die übrigen beanspruchten Produkte steht der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens "[X.]" als Marke das Schutzhindernis der Freihaltebedürftigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb insoweit im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 Abs. 5 [X.]).
1. a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der [X.] oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Wirtschaftsteilnehmern frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden ([X.] GRUR 2011, 1035 [X.]. 37 – 1000; [X.], 186 [X.]. 38 – [X.]). Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erfordert keinen weiteren Nachweis, dass und in welchem Umfang das fragliche Zeichen bereits im Verkehr bekannt ist oder bereits tatsächlich zur Beschreibung der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen verwendet wird. Vielmehr genügt es, dass es zu diesen Zwecken verwendet werden kann (vgl. [X.] GRUR 1999, 723 [X.]. 30 – [X.]; [X.], 146 [X.]. 32 – [X.], [X.], 674 [X.]. 98 – Postkantoor; GRUR 2010, 534 – [X.]). Dies ist bei einem Wortzeichen dann der Fall, wenn es ein oder mehrere Merkmale der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet ([X.] a. a. O. – [X.]).
Für die Beurteilung der Eignung eines Zeichens als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise zum Anmeldezeitpunkt abzustellen (vgl. [X.] [X.], 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.], 682 [X.]. 23 - 25 – [X.]; GRUR 1999, 723 [X.]. 29 – [X.]).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht das angemeldete Wortzeichen "[X.]" ausschließlich aus einer zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren der Klassen 30, 32 und 33 geeigneten Angabe mit Ausnahme der tenorierten Getränke.
aa) Von den beanspruchten Waren werden breite Verkehrskreise, nämlich sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch der Lebensmittel-, Süßwaren-, Back- und Konditorwaren- sowie Getränkefachhandel und der Gastronomiefachverkehr angesprochen.
bb) Das Anmeldezeichen, das aus dem Wort "[X.]" besteht, geht auf das [X.] Substantiv "popcorn" zurück, das sich aus den Begriffen "pop" für "Knall" und "corn" für "Mais" zusammensetzt und mit der Bedeutung "[X.]" in die [X.] eingegangen ist (www.duden.de). "[X.] Maiskörner werden erhitzt, dabei platzen sie auf. Das Volumen erhöht sich um das 20- bis 30-fache, weil das enthaltene Eiweiß denaturiert (ausflockt). Es wird ohne Zusatzstoffe hergestellt, gesüßt, gesalzen, mit Käse, Paprika oder Karamell gewürzt. [X.] ist weltweit ein beliebter Knabberartikel" (Rose, Küchenbibel [X.], [X.] 2009, Stichwort: [X.], Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis). Der Verkehr hat entgegen der Ansicht der Anmelderin keinen Anlass, den gebräuchlichen Alltagsbegriff "[X.]" in "Pop" für Popmusik oder Pop Art und "Corn" für [X.] zu zergliedern.
cc) Vor diesem Hintergrund haben die breiten inländischen Verkehrskreise das Anmeldezeichen [X.] in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klassen 30, 32 und 33 mit Ausnahme der tenorierten Produkte schon zum Anmeldezeitpunkt am 25. September 2017 als ausschließlich beschreibende Beschaffenheits- oder Bestimmungsangabe, nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis aufgefasst.
aaa) Die in [X.] beanspruchten Lebensmittel
" Kaffee; Tee; Kakao; Zucker; [X.]; Tapioka; Sago; Kaffee-Ersatzmittel; Mehle; Getreidepräparate; Brot; feine Backwaren; Konditorwaren; Pralinen mit und ohne Füllung; Schokoladewaren, soweit in [X.] enthalten; Bonbons; Fruchtgummi; Kaugummi [nicht für medizinische Zwecke]; Zuckerwaren; Speiseeis; Honig; Melassesirup; Hefe; Backpulver; Salz; Senf; Essig; Soßen [Würzmittel]; Gewürze; Kühleis; ausgenommen [X.] und Waren, die [X.] enthalten und/oder zur Herstellung von [X.] bestimmt sind"
können entweder [X.] oder [X.]aroma enthalten oder sich für die Zubereitung von [X.] besonders eignen.
(1) Die Nahrungsmittel "Mehle; Getreidepräparate; Brot; feine Backwaren; Konditorwaren" können entweder ganz oder teilweise aus [X.]mehl bestehen oder fertig hergestelltes [X.] als Zutat aufweisen (https://www.wunderkessel.de/t/popcornbrot.11164/; https://www.henriettewulff.de/single-post/2019/03/16/CroPop-Croissant-[X.]-mit-Zimt-Zucker; https://www.lisbeths.de/popcorn-cookies-mit-schokolade-salzkaramell/; https://www.kochbar.de/rezept/256843/[X.]-Plaetzchen.html; http://www.monsieurmuffin.de/popcorntorte/).
(2) Auch die Waren "Pralinen mit und ohne Füllung; Schokoladewaren, soweit in [X.] enthalten; Zuckerwaren; Speiseeis" können sowohl erhitzten [X.] enthalten als auch mit einem entsprechenden Geschmacksaroma versehen sein (https://www.kochbar.de/rezept/345894/[X.]-Pralinen.html; https://naschkaterchen.wordpress.com/2017/12/18/schogetten-popcorn/; (https://naschkater.com/2018/02/22/popcorn-als-geschmacksgebende-zutat-in-suesswaren/; https://www.fem.com/gesundheit-ernaehrung/rezepte/eis-selber-machen-rezept-popcorn-eiscreme).
[X.] wird bei vielen Nahrungsmitteln, insbesondere aber bei Genuss- und Süßwaren als Geschmacksrichtung angeboten (https://naschkater.com/2018/02/22/popcorn-als-geschmacksgebende-zutat-in-suesswaren/). Dabei wird der Geschmack unterschiedlich beschrieben, wie [X.] als Röstaroma, nämlich geröstet bis leicht verbrannt, oder butterig, süß oder salzig. Denn bei einem [X.]aroma geht der Verbraucher nicht von dem reinen ausgeflockten [X.] aus, der fast geschmacklos ist, sondern verbindet dieses Aroma mit dem fertig gesüßten, gesalzenen oder anderweitig gewürzten [X.].
(3) Eine derartige Aromatisierung findet man auch bei den Produkten "Bonbons; Fruchtgummi; Kaugummi [nicht für medizinische Zwecke]" ([X.]; https://www.amazon.de/Haribo-[X.]-Menge-125g/dp/B00S361304; https://www.mikfunshopping.de/Kaugummi-CINEMA-GUMBALLS-mit-[X.]-Cola-Geschmack).
(4) "Kaffee; Tee; Kakao; [X.]; Kaffee-Ersatzmittel" gibt es auf dem [X.] Markt auch in aromatisierter Form, darunter [X.] Instantkaffee und Tee auch schon in der Geschmacksrichtung "[X.]" (https://www.myvitamins.de/vitamine/beanies-karamell-popcorn-geschmack/11509035.html; https://tee-fee.de/products/bio-nachtisch-tee-mit-popcorn); [X.]; https://www.vinos-barron.de/feinkost/reis/630/rundkornreis-aromatesiert-mit-thymian; https://www.theehaus.de/produkt/haselnuss-kaffee-koffeinfrei/).
(5) "Zucker; Tapioka; Sago; Honig; Melassesirup; Hefe; Backpulver; Salz; Senf; Essig; Soßen [Würzmittel]; Gewürze" können bei der Zubereitung oder Herstellung von [X.] zum Einsatz kommen, so dass das Anmeldezeichen den Bestimmungs- und Verwendungszweck der Waren angibt.
"Zucker; Honig; Melassesirup" sind typische Süßungsmittel für [X.]. Als geschmackgebende Zutaten kommen auch "Salz; Senf; Essig; Soßen [Würzmittel]; Gewürze" in Betracht. "Tapioka; Sago" als Verdickungsmittel sowie "Hefe; Backpulver" als Backtriebmittel finden insbesondere bei der industriellen Produktion von [X.] Verwendung.
bbb) Soweit für alle Waren der [X.] die Beschränkung erklärt worden ist " ausgenommen [X.] und Waren, die [X.] enthalten und/oder zur Herstellung von [X.] bestimmt sind" ist dieser negativ formulierte [X.] nicht geeignet, aus dem Schutzhindernis der Freihaltebedürftigkeit herauszuführen.
(1) Die Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses gemäß § 39 Abs. 1 [X.] muss dem Gebot der Rechtssicherheit entsprechen ([X.] [X.], 674 [X.]. 114 - 117 – Postkantoor; [X.], 778 [X.]. 9 – [X.]). Dieses gebietet, dass der Umfang des Markenschutzes für Dritte und insbesondere Konkurrenten aus dem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis klar und eindeutig hervorgehen muss ([X.] GRUR 2012, 822 [X.]. 46 ff. – [X.]). Dazu muss die Einschränkung die allgemeinen und objektiven Eigenschaften und Zweckbestimmungen der Waren und Dienstleistungen in einer wirtschaftlich nachvollziehbaren und damit rechtlich abgrenzbaren Weise betreffen, wobei es auf dauerhafte charakteristische Kriterien ankommt ([X.], 340 [X.]. 29 – [X.]; GRUR 2013, 725 [X.]. 33 – [X.]). Nicht zulässig ist es, sich darauf zu beschränken anzugeben, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen ein bestimmtes Merkmal nicht aufweisen.
(2) Um einen solchen unzulässigen negativen [X.] handelt es sich hier. Bei der Formulierung "ausgenommen [X.] und Waren, die [X.] enthalten und/oder zur Herstellung von [X.] bestimmt sind" wird die Anmeldung in der Art und Weise eingeschränkt, dass die Waren der [X.] ein bestimmtes durch die Marke beschriebenes Merkmal nicht aufweisen, dass sie nämlich kein [X.] enthalten und/oder nicht zur Herstellung von [X.] bestimmt sind. Eine solche Einschränkung würde zu Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Umfangs des Markenschutzes führen.
(3) Auf die Unzulässigkeit dieses erst im Rahmen des patentamtlichen Anmeldeverfahrens vorgenommenen [X.]s ist die Beschwerdeführerin mit gerichtlichem Schreiben von 7. Oktober 2019 ausdrücklich hingewiesen worden. Da sie diesen nicht zurückgenommen hat, kommt eine Schutzfähigkeit für die Ware "Kühleis; ausgenommen [X.] und Waren, die [X.] enthalten und/oder zur Herstellung von [X.] bestimmt sind" schon aus formellen Gründen nicht in Betracht.
ccc) Das Anmeldezeichen dient auch dazu, Merkmale der angemeldeten Waren der [X.] "Biere; kohlensäurige Wässer; alkoholfreie Getränke; entalkoholisierte Getränke; [X.]; Sirupe für die Zubereitung von Getränken; Präparate für die Zubereitung von Getränken" unmittelbar zu beschreiben.
(1) "Biere" sind schon vor dem Anmeldezeitpunkt, dem 25. September 2017, aus [X.]mehl gebraut worden (s. Anlagen 4.2 und 4.3 zum zweiten gerichtlichen Hinweis). Ferner ist seit langem aromatisiertes Bier zumindest als Importware erhältlich (vgl. zu Fruchtaromen: BPatG 26 W (pat) 550/12 – Sanddorn; 25 W (pat) 544/13 – [X.]; 26 W (pat) 546/10 – [X.]; 26 W (pat) 25/14 – [X.]). Zeitnah zum Anmeldezeitpunkt ist auch in [X.]foren darüber berichtet worden, dass Bier unterschiedliche Aromen haben kann, wie [X.] Fruchtaromen oder das Aroma von Kirschlikör oder [X.]. Sogar von einem [X.]-Aroma ist dort die Rede gewesen: "[X.], wo der Schaum sehr schnell verschwindet, wird von einer leicht süßlichen Getreide- bzw. [X.]-Aroma begleitet. [X.]." (s. Anlage 4.1 zum zweiten gerichtlichen Hinweis). Damit gibt das Anmeldezeichen einen Inhaltsstoff oder die Geschmacksrichtung der "Biere" an.
(2) Letzteres ist auch bei den Produkten "kohlensäurige Wässer; alkoholfreie Getränke; entalkoholisierte Getränke; [X.]; Sirupe für die Zubereitung von Getränken; Präparate für die Zubereitung von Getränken" der Fall. Bereits vor dem Anmeldezeitpunkt sind eine Limonade mit [X.]geschmack sowie Früchtetees mit [X.]geschmack im [X.] beworben worden (s. Anlagen 5.2 bis 5.4 zum zweiten gerichtlichen Hinweis). In der Produktbeschreibung zu einem Tee heißt es: "Der leckere Geschmack von knusprig-süßem [X.] zaubert euch jede Menge Spaß in die Tasse" (s. Anlage 5.2 zum zweiten gerichtlichen Hinweis). In der Geschmacksrichtung "[X.]" ist auch Sirup für die Zubereitung von Getränken angeboten worden. Dessen Aroma ist wie folgt beschrieben worden: "Intensiver Duft von stark buttrigem [X.] mit runden Röstaromen im Nachgeschmack" (vgl. Anlage 2.3 zum ersten gerichtlichen Hinweis).
ddd) Bei den beanspruchten Waren der Klasse 33 "alkoholische Getränke [ausgenommen Biere]" weist das Anmeldezeichen ebenfalls auf eine Zutat oder auf ein entsprechendes Aroma hin.
Im Jahr 2012 ist darüber berichtet worden, wie der klassische Cocktail "Daiquiri" mit selbst gemachtem [X.] neu interpretiert worden sei (s. Anlage 6.1 zum zweiten gerichtlichen Hinweis). Schon 2014 ist ein Rezept für einen Cocktail aus Cola und Rum entdeckt worden, bei dem der Rum zuvor in komplexen Verfahren mit [X.]-Aromen angereichert worden war (s. Anlage 6.2 zum zweiten gerichtlichen Hinweis). Auf einer Meisterschaft im [X.] ist das Rezept eines Cocktails mit dem Rum "Bombay-[X.] Infusion" vorgestellt worden (s. Anlage 6.4 zum zweiten gerichtlichen Hinweis). Seit dem Juli 2013 gibt es von der Spirituosenmarke "Kleiner Feigling" auch die Geschmacksrichtung "American [X.]" (s. Anlage 6.5 zum zweiten gerichtlichen Hinweis). Schließlich hat man auch schon vor dem Anmeldezeitpunkt bei Wein von einem [X.]aroma gesprochen. Das Aroma eines [X.] Weins von 2016 ist wie folgt beschrieben worden "Intensiv, komplex und verführerisch in der Nase mit Aromen von [X.], Honig und Buttertoast sowie blumigen Noten und einem Hauch von Menthol" (https://www.alfavin.ch/de/weine-aus-italien/956-renzo-2016.html). [X.] Weine von 2016 sind angepriesen worden mit: "Ein tolles zartduftiges Bouquet mit vegetabilen Noten, Mango und salzigem [X.] bezaubert, es folgt ein frischer und mineralisch-erdiger Gaumen" (https://www.vicampo.de/zimmermann-rhine-hill-chardonnay-trocken) oder "Das blumige, opulente Bukett erinnert an Maiglöckchen, Flieder und Veilchen. Es folgen Gebäck- und Röstaromen von [X.] und [X.]. …" (https://www.vinocentral.de/weine/weissweine/6069/domaine-francois-villard-saint-peray-version-2016/).
dd) Der Umfang der nachgewiesenen Verwendung des Begriffs "[X.]" vor dem Anmeldezeitpunkt reicht aus, um eine generelle Beschreibungseignung anzunehmen. Er ist zudem ein bedeutendes Indiz für das erhebliche Interesse der Mitbewerber daran, diese Bezeichnung weiterhin ungestört von Markenrechten Dritter nutzen zu können. Soweit die Eignung zur Beschreibung festgestellt worden ist, bedarf es entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin für die Begründung des Eintragungshindernisses der Freihaltebedürftigkeit keines weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweises, dass und in welchem Umfang die angemeldete Marke als beschreibende Angabe bereits bekannt ist oder verwendet wird. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ergibt, dass die Zeichen oder Angaben diesem Zweck "dienen können".
2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] vorliegt, kann es dahinstehen, ob dem angemeldeten Wortzeichen darüber hinaus gemäß § 8 Ab. 2 Nr. 1 [X.] die Unterscheidungskraft für die in Rede stehenden Waren fehlt.
3. Schließlich rechtfertigen weder die von der Beschwerdeführerin angeführten Entscheidungen noch die Voreintragungen eine andere Beurteilung.
a) Die genannten bundespatentgerichtlichen Beschlüsse sind mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar.
aa) Die Wortmarke "Berry Dessert" (BPatG 25 W (pat) 77/09) ist für Frucht-, Schaum- und Weingummi als schutzfähig angesehen worden, weil es sich bei diesen Waren weder selbst um typische Nachspeisen noch um gebräuchliche Zutaten dafür handele, so dass die Verwendung des Begriffs "Dessert" ungewöhnlich und eigentümlich erscheine. Im Gegensatz dazu weist das Anmeldezeichen "[X.]" unmissverständlich und in sprachüblicher Weise auf einen Inhalts- oder Geschmacksstoff der hier in Rede stehenden Produkte hin.
bb) Bei der Wortmarke "[X.]" ([X.] (pat) 245/02) hat der Senat im Gegensatz zum vorliegenden Fall nicht feststellen können, dass eine solche Geschmacksrichtung für alkoholische Getränke verwendet wird.
cc) Da die Wortmarke "[X.] CHOCOLATE" ([X.] (pat) 205/01) mit "heiße Schokolade" übersetzt wird und damit auf ein kakaohaltiges Getränk hinweist, enthält diese Bezeichnung keine Sachangabe für die Ware "Tee", während sich das Anmeldezeichen "[X.]" zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Produkte eignet.
dd) Die Wortmarke "[X.]" ([X.] (pat) 46/01) ist nur deshalb als unterscheidungskräftig beurteilt worden, weil die Bezeichnung "Torte" nur für Quark oder Rahmfrischkäse wegen deren Verwendung in Käsesahnetorten, nicht aber für den noch beanspruchten Weich- und Schmelzkäse als Sachangabe aufgefasst werde. Demgegenüber eignet sich das vorliegende Anmeldezeichen als Merkmalsangabe für die fraglichen Waren.
ee) Die Entscheidung zur Schutzfähigkeit der Wortmarke "Gummibärchen" (BPatG 25 W (pat) 531/11) für teilweise identische Produkte in [X.] ist nicht vergleichbar, weil diese im Gegensatz zu "[X.]" nicht bei der Herstellung oder Zubereitung von "Gummibärchen" Verwendung finden und zum anderen nicht mit einem unzulässigen [X.] verbunden sind.
b) Auch die von der Beschwerdeführerin angeführten Unionswortmarken "[X.]" (001 522 283), "turkey-popcorn" (001 523 158), [X.] (001 524 156) und "[X.]" (001 524 222) jeweils für Geflügelfleisch sowie "Pink [X.]" (013 134 416) für frisches Obst und Früchte führen zu keiner anderen Einschätzung.
Denn die im Ausland, in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] auf der Grundlage des harmonisierten Markenrechts oder vom Amt der [X.] für geistiges Eigentum ([X.]) aufgrund der Unionsmarkenverordnung getroffenen Entscheidungen über absolute Eintragungshindernisse sind für Verfahren in anderen Mitgliedstaaten unverbindlich ([X.] [X.], 428 [X.]. 63 – [X.]; [X.], 674 [X.]. 43 f. – Postkantoor). Sie vermögen nicht einmal eine Indizwirkung zu entfalten ([X.] a. a. O. [X.]. 30 – [X.]; [X.], 778 [X.]. 18 – [X.]).
4. Für die beanspruchten Waren der [X.] "Mineralwässer; Fruchtsäfte" ist das angemeldete Wortzeichen "[X.]" weder freihaltebedürftig (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]), noch vermittelt es den angesprochenen breiten Verkehrskreisen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt, noch stellt es einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen her (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 [X.]).
Denn diese Getränke dürfen aufgrund der Mineral- und Tafelwasserverordnung vom 1. August 1984 ([X.] I S. 1036, zuletzt geändert durch Art. 25 der Verordnung vom 5. Juli 2017, [X.] I S. 2272) sowie der Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung vom 24. Mai 2004 ([X.] I S. 1016, zuletzt geändert durch Art. 12 der Verordnung vom 5. Juli 2017, [X.] I S. 2272) weder [X.] noch ein entsprechendes Aroma enthalten (vgl. BPatG 26 W (pat) 512/16 – [X.]; 26 W (pat) 546/10 – [X.]).
5. Das Anmeldezeichen "[X.]" stellt für "Mineralwässer; Fruchtsäfte" der [X.] auch keine täuschende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.] dar.
Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen. Die Täuschungseignung muss dabei ersichtlich sein (§ 37 Abs. 3 [X.]). Diese Eignung ist hier zu verneinen.
Da der Handel mit "Mineralwässern" und "Fruchtsäften" in [X.] durch die oben genannten Verordnungen reglementiert wird, haben die Endverbraucher keine Veranlassung anzunehmen, dass diese Produkte mit [X.] oder entsprechenden Geschmacksstoffen versetzt oder angeboten werden könnten (vgl. BPatG 26 W (pat) 516/11 – [X.]; 26 W (pat) 546/10 – [X.]; 26 W (pat) 552/14 – [X.]). Denn der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher dieser Waren weiß aufgrund entsprechender Unterrichtung in den Medien, vor allem in Verbraucher- und anderen Zeitschriften, im Fernsehen und im [X.], dass Mineralwässer und Fruchtsäfte keine Zusätze enthalten (vgl. BPatG 26 W (pat) 516/16 – [X.]). Deshalb kann er durch das Anmeldezeichen auch nicht irregeführt werden. Dies gilt erst recht für den vorliegenden Fachverkehr, dessen Verständnis allein von ausschlaggebender Bedeutung sein kann ([X.] [X.] 2013, 110 [X.]. 71 – [X.]/[X.] [[X.]]; GRUR 2010, 534 – [X.]; [X.], 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.], 682 [X.]. 26 – [X.]; BPatG 26 W (pat) 507/17 – [X.]; 24 W (pat) 18/13 – [X.]; 26 W (pat) 550/10 – Responsible Furniture; [X.] 2007, 527, 529 f. – [X.]).
Meta
30.03.2020
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 4 MarkenG, § 37 Abs 3 MarkenG, Min/TafelWV
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.03.2020, Az. 26 W (pat) 513/18 (REWIS RS 2020, 45)
Papierfundstellen: REWIS RS 2020, 45
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
26 W (pat) 519/19 (Bundespatentgericht)
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