Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.03.2023, Az. 25 W (pat) 521/21

25. Senat | REWIS RS 2023, 3003

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2019 105 354.0

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 16. März 2023 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, der Richterin [X.], LL.M., sowie des [X.] [X.], LL.M.Eur.,

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

[X.]er [X.]

3

ist am 23. April 2019 zur Eintragung als Wortmarke in das beim [X.] geführte Register für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 16: Bierdeckel; Servietten aus Papier; Tropfenfänger aus Papier; Untersetzer aus Papier für Biergläser und Bierkrüge; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

5

Klasse 21: Gläser und Trinkgefäße, insbesondere Biergläser und Bierkrüge; Bierkannen; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

6

[X.]: Bier und Brauereiprodukte; Biermischgetränke; alkoholfreie Getränke; alkoholfreie Präparate für die Zubereitung von Getränken;

7

[X.]: Brauen von Bier; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistung, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistung, soweit in dieser Klasse enthalten;

8

[X.]: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen, insbesondere Betrieb von Restaurants und Hausbrauereien; [X.] mit Speisen und Getränken; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten.

9

Die Markenstelle für [X.] beim [X.], besetzt mit einem Beamten des gehobenen Dienstes, hat die Anmeldung durch Beschluss vom 27. Juli 2020 zurückgewiesen. Unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid vom 17. Juli 2019 ist zur Begründung ausgeführt, dem gegenständlichen Zeichen fehle als unmittelbar beschreibende Angabe die notwendige Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Die Waren der [X.] würden in [X.] in einer Braustätte mit Hilfe der Dienstleistungen der [X.] hergestellt. Die Dienstleistungen der [X.] könnten wiederum in einem Gebäude (Hotel), in dem auch gebraut wird, also einer Hausbrauerei, angeboten und erbracht werden. Die weiterhin beanspruchten Waren der Klassen 16 und 21 seien Merchandisingprodukte (früher „Hilfswaren“), auf die die angemeldete Bezeichnung aufgebracht werde. Es handele sich bei ihr somit um eine geographische Angabe (Etablissementbezeichnung), die im Interesse des Wirtschaftsverkehrs, insbesondere der Mitbewerber der Anmelderin, freizuhalten sei.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Sie beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] beim [X.] vom 27. Juli 2020 aufzuheben

und

die [X.] zurückzuzahlen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Beschluss enthalte lediglich eine floskelhafte Aneinanderreihung von Behauptungen, die sich zum Teil noch nicht einmal auf das Anmeldezeichen bezögen. Das Verfahren vor dem [X.] leide daher an einem wesentlichen Mangel im Sinne von § 70 Abs. 3 Nr. 2 [X.]. Unter Bezugnahme auf ihren Schriftsatz vom 4. Mai 2020 macht die Beschwerdeführerin weiterhin geltend, dass es zur Annahme eines Eintragungshindernisses der Feststellung bedürfe, ob eine zukünftige Verwendung der geografischen Herkunftsangabe für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen vernünftigerweise zu erwarten sei, sofern eine solche aktuell noch nicht stattfinde. Dies erfordere eine Prognoseentscheidung, die nicht auf theoretischen Erwägungen beruhen dürfe. Zwar dürfte [X.] als siebtgrößte [X.] des Bundeslandes [X.] den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen überwiegend bekannt sein. Auch sei die [X.] lange Zeit ein bedeutender Standort für Brauereien gewesen. Dies sei heutzutage jedoch nicht mehr der Fall. [X.] werde deshalb von den beteiligten Verkehrskreisen aktuell nicht mit der Herstellung von Bier in Verbindung gebracht. Dies sei auch für die Zukunft nicht zu erwarten. Zudem sei die Kombination eines Hotels mit einer eigenen Brauerei völlig unüblich. Wenn der Gastronomiebereich eines Hotels als „[X.]" bezeichnet werde, würden die angesprochenen Verkehrskreise daher nicht annehmen, dass das Bier in diesem Hotel gebraut worden sei. Eine Täuschung über die geografische Herkunft sei ebenfalls nicht ersichtlich.

Die Beschwerdeführerin hat mit Schriftsatz vom 23. Januar 2023 ihren hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Die Sache ist nicht gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 2 [X.] an das [X.] zurückzuverweisen. Ein Verfahren vor dieser Behörde leidet nämlich nur dann an einem wesentlichen Mangel, wenn es nicht mehr als ordnungsgemäße Entscheidungsgrundlage für den darauf beruhenden Beschluss anzusehen ist, wozu auch völlig ungenügende Begründungen zu rechnen sind (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 70, Rn. 13). Ob ein wesentlicher Verfahrensfehler vorliegt, ist in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des [X.] zur entsprechenden Regelung in der Zivilprozessordnung allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts der Vorinstanz zu beurteilen, auch wenn dieser verfehlt ist oder das Beschwerdegericht ihn für verfehlt erachtet (vgl. [X.], 230, Rn. 8 – [X.]; [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 70, Rn. 14). Ein wesentlicher Verfahrensmangel, der zum Fehlen einer ordnungsgemäßen Entscheidungsgrundlage führt, kann ferner nur angenommen werden, wenn er sich auf das Ergebnis der Entscheidung rechtlich ausgewirkt hat (vgl. [X.], 68, 69 - [X.]). Gemessen an diesen Anforderungen kann in vorliegendem Fall nicht davon ausgegangen werden, dass die Entscheidung unzureichend begründet worden ist. Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzugeben, dass der [X.] eine Aneinanderreihung einer Vielzahl von Textbausteinen enthält, deren Fallbezug und damit -relevanz sich dem Leser nicht unmittelbar erschließt. Bedenklich ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich diese zum Teil auf nicht verfahrensgegenständliche Zeichen beziehen. Allerdings beruht die Zurückweisung der Anmeldung letztlich nicht hierauf. Die beantragte Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „[X.]er [X.]“ wurde wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Wegen des festzustellenden beschreibenden Bezugs zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen verweist der Beschluss zur „Vermeidung von Wiederholungen“ auf den Beanstandungsbescheid vom 17. Juli 2019. In diesem finden sich die obigen Ausführungen zum beschreibenden Sinngehalt des Anmeldezeichens im Kontext der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Damit wird letztlich hinreichend klar, auf welche Erwägungen die Markenstelle ihre Entscheidung gestützt hat.

2. Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge „[X.]er [X.]“ als Marke steht in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung des gegenständlichen Zeichens daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft in obigem Sinne ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.], 569, Rn. 10 - [X.]; [X.], 731, Rn. 11 - [X.]; [X.], 1143, Rn. 7 - [X.]; [X.], 270, Rn. 8 - Link economy; [X.], 1100, Rn. 10 - [X.]!; [X.], 825, Rn. 13 - [X.]; [X.], 850, Rn. 18 - [X.]; GRUR 2018, 301, Rn. 11 - [X.]). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. [X.] GRUR 2003, 604, Rn. 60 - [X.]; [X.], 565, Rn. 17 - [X.]). Bei der Beurteilung von [X.] ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. [X.] [X.], 411, Rn. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944, Rn. 24 - [X.] 2; [X.], 428, Rn. 30 f. - Henkel; [X.] [X.], 850 - [X.]) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. [X.] [X.], 1143, 1144, Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872, Rn. 10 - [X.]; GRUR 2014, 482, Rn. 22 - test; [X.] MarkenR 2010, 439, Rn. 41 bis 57 - Flugbörse).

Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.] [X.], 850, Rn. 19 - [X.]; [X.] [X.], 674, Rn. 86 - Postkantoor), oder sonst gebräuchliche Wörter der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache, die – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. [X.], a. a. [X.] - Link economy; [X.], 778, Rn. 11 - [X.]; [X.], 640, Rn. 13 - hey!). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt wird (vgl. [X.], a. a. [X.] - [X.]). Gemessen an diesen Maßstäben verfügt das angemeldete Zeichen, das sich in einem eindeutigen, in engem sachlichen Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen stehenden Aussagegehalt erschöpft, nicht über die erforderliche Unterscheidungskraft.

a) Der [X.] „[X.]er“ ist die adjektivierte Form des Substantivs „[X.]“, mit dem zum einen eine im Bundesland [X.] belegene Großstadt, aber auch der sie umgebende [X.] bezeichnet wird (vgl. „https://de.wikipedia.org/wiki/[X.]“).

Das weitere Zeichenelement „[X.]“, veraltet auch „[X.]“, bezeichnet die Kombination einer Brauerei mit einer ihr angeschlossenen Gaststätte, in der vornehmlich das brauereieigene Bier, aber auch andere alkoholische und alkoholfreie Getränke sowie Speisen serviert werden. Daneben gibt es gastronomische Einrichtungen, die sich traditionell [X.] nennen, obwohl deren Brauerei seit langem ausgelagert wurde oder nicht mehr existiert. Andere Gaststätten, die von vornherein nicht Teil einer Brauerei waren, werden [X.] genannt, wenn sie von einer Brauerei zu ihrem Stammhaus und Aushängeschild erhoben wurden. Heutzutage nennen sich in vielen Städten Gastronomiebetriebe ohne räumlichen Bezug zu einer Brauerei „[X.]“ (vgl. „https://de.wikipedia.org/wiki/[X.]“).

Insgesamt vermittelt das Anmeldezeichen damit die Bedeutung (irgend-)einer Gaststätte in der [X.] [X.] oder ihrer Umgebung mit einem (auch vermeintlichen) Bezug zu einer Brauerei.

b) Von den beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen werden breite Verkehrskreise, nämlich sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch der Getränkefachhandel und der Gastronomieverkehr angesprochen. Sie werden das Anmeldezeichen dahingehend verstehen, dass die beanspruchten Waren

„Klasse 16:

Bierdeckel; Servietten aus Papier; Tropfenfänger aus Papier; Untersetzer aus Papier für Biergläser und Bierkrüge; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

Klasse 21:

Gläser und Trinkgefäße, insbesondere Biergläser und Bierkrüge; Bierkannen; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

[X.]:

Bier und Brauereiprodukte; Biermischgetränke; alkoholfreie Getränke; alkoholfreie Präparate für die Zubereitung von Getränken“

von einer Brauereigaststätte mit Sitz in der [X.] oder dem [X.] [X.] vertrieben bzw. hergestellt werden oder für eine solche bestimmt sind. So werden Biere und Biermischgetränke mit unterschiedlichen Inhaltsstoffen und Geschmacksrichtungen produziert. Im [X.] von Brauereien finden sich auch alkoholfreie ([X.] (vgl. [X.] 26 W (pat) 56/20 - [X.] Garmisch; 26 W (pat) 541/16 - [X.]; 26 W (pat) 3/11 - [X.] - [X.]). In gastronomischen Einrichtungen mit oder ohne Brauereianbindung wird ebenfalls eine Vielzahl anderer alkoholfreier Getränke angeboten.

Die Dienstleistungen „Brauen von Bier; Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen, insbesondere Betrieb von Restaurants und Hausbrauereien; [X.] mit Speisen und Getränken; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen“ (Klassen 40 und 43) können von (irgend-)einer in [X.] beziehungsweise dem gleichnamigen [X.] ansässigen Gaststätte mit angeschlossener Brauerei angeboten werden. Insoweit erschöpft sich die Gesamtbezeichnung in der Angabe der Stätte der Erbringung der besagten Tätigkeiten. Dies gilt insbesondere auch für die Beherbergungsdienstleistungen, da in Gaststätten nicht nur Speisen und Getränke zubereitet und verkauft werden, sondern [X.] zum Übernachten zur Verfügung stehen.

Bei den weiterhin von der Zurückweisung der Anmeldung umfassten Dienstleistungen

„[X.]:

Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistung, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistung, soweit in dieser Klasse enthalten;

[X.]:

Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten“

handelt es sich um Hilfstätigkeiten im Rahmen der Brauereidienstleistungen der [X.] und der gastronomischen bzw. Unterkunfts-Dienstleistungen der [X.]. Der Verkehr wird diesbezüglich dem Anmeldezeichen die Aussage entnehmen, dass Gegenstände von einem [X.] in oder um [X.] zum Brauen von Bier oder zur Verpflegung bzw. Beherbergung von Gästen verliehen, vermietet oder verpachtet werden. Dies können beispielsweise Zapfanlagen, Biertische oder Kochutensilien sein. Weiterhin werden die Adressaten der Beratung und Information davon ausgehen, dass die Brau- und Gastronomie- bzw. Unterbringungskenntnisse von einem solchen [X.] vermittelt werden.

c) Da das in Rede stehende Zeichen als Umschreibung eines Ortes aufgefasst wird, an dem üblicherweise die betroffenen Waren produziert oder vertrieben und die angemeldeten Dienstleistungen erbracht werden, ist es nicht geeignet, die Verknüpfung zu einem bestimmten Unternehmen herzustellen und dessen Waren oder Dienstleistungen von denen anderer, auf demselben Gebiet tätiger Betriebe [X.] abzugrenzen. Vielmehr benennt es lediglich Umstände, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren und Dienstleistungen hergestellt wird. Dies gilt auch für die beanspruchten Hilfsdienstleistungen (vgl. [X.] [X.], 850, Rn. 32 - [X.]; [X.], 952, Rn. 13 bis 15, 19 - [X.]). Demzufolge ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfassen und die Wortfolge „[X.]er [X.]“ nicht als Unterscheidungsmittel ansehen wird (vgl. [X.], 1204, Rn. 12 - [X.]; [X.] 33 W (pat) 525/12 - [X.]; 25 W (pat) 70/09 - CHOCOLATERIA; GRUR 2007, 61, 62 - Christkindlesmarkt).

Hierbei kommt es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht darauf an, ob es aktuell Brauereien in [X.] oder in seiner Umgebung gibt. Auch zukünftige Entwicklungen in oder rund um diese [X.] sind nicht maßgeblich für die hier vorzunehmende Beurteilung der Unterscheidungskraft. Maßgeblich ist auf das gegenwärtige, oben dargestellte Verständnis der angesprochenen Verkehrsteilnehmer im Inland abzustellen, die ohnehin die derzeitigen oder zukünftigen Gegebenheiten in und um [X.] mehrheitlich nicht kennen werden.

d) Nach der Rechtsprechung des [X.] ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass die in einer bestimmten Branche bestehenden Kennzeichnungsgewohnheiten das Verkehrsverständnis des Publikums in einem Maße bestimmen, dass der Durchschnittsverbraucher Unternehmenskennzeichen oder Betriebsbezeichnungen, die sich aus dem Namen einer Region oder Gemeinde und einem weiteren, am Unternehmensgegenstand orientierten Begriff zusammensetzen, als Produktkennzeichen ansieht und sie deshalb über originäre Unterscheidungskraft verfügen (vgl. [X.], a. a. [X.], Rn. 19 - [X.]). Allerdings ist bereits festgestellt worden, dass auf dem Biermarkt die Kombination einer freihaltungsbedürftigen geografischen Herkunftsangabe (vorliegend „[X.]er“) mit einem die Vertriebs- bzw. Herstellungsstätte glatt beschreibenden Zusatz (vorliegend „[X.]“) aufgrund besonderer Kennzeichnungsgewohnheiten von Haus aus, also ohne Nachweis der Verkehrsdurchsetzung, nicht eintragungsfähig ist (vgl. [X.], 26 W (pat) 541/16 - [X.]). Entsprechende Kennzeichnungs- und hieraus folgende Wahrnehmungsgewohnheiten der Verkehrskreise hat auch weder der Senat feststellen können, noch sind sie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht worden.

e) Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Kombination eines Hotels mit einer eigenen Brauerei sei völlig unüblich und demzufolge werde der angesprochene Verkehr nicht annehmen, dass Bier in einem als „[X.]“ bezeichneten Hotel gebraut werde, begründet ebenfalls nicht die Unterscheidungskraft der Wortkombination „[X.]er [X.]“. Sie nimmt darin Bezug auf den Umstand, dass es sich bei der Anmelderin um einen Hotelbetrieb handelt. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist von der Person des Anmelders jedoch grundsätzlich unabhängig. Dieser kann allenfalls dann eine Bedeutung zukommen, wenn zur Überwindung des Schutzhindernisses gemäß § 8 Abs. 3 [X.] der Nachweis zu führen ist, dass sich die Bezeichnung im Verkehr infolge ihrer Benutzung als Marke für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt hat (vgl. [X.] [X.], 503, Rn. 10 - Casino Bremen).

Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob die Beschwerdeführerin im Handelsregister eingetragen ist. Zudem stellt die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Regelung des § 18 Abs. 1 HGB darauf ab, dass die Firma Unterscheidungskraft besitzen muss. Vorliegend geht es jedoch nicht um die Firma „P… GmbH & Co. KG“, sondern um das angemeldete Zeichen
„[X.]er [X.]“.

Daher war die Beschwerde zurückzuweisen.

3. Der Antrag auf Rückzahlung der [X.] war zurückzuweisen. Zwar kann das [X.] gemäß § 71 Abs. 3 [X.] anordnen, dass die [X.] nach dem Patentkostengesetz zurückgezahlt wird. Eine solche Anordnung kommt aber nur in den Fällen in Betracht, in denen es aufgrund der besonderen Umstände unbillig wäre, die [X.] einzubehalten. [X.] für die Rückzahlung können sich dabei insbesondere aus Verfahrensfehlern wie schwerwiegenden Begründungsmängeln der Markenstelle ergeben. In jedem Fall ist jedoch zu überprüfen, ob die erforderliche Kausalität zwischen dem jeweiligen Fehlverhalten und der Notwendigkeit einer Beschwerdeeinlegung besteht. Eine Rückzahlung der [X.] scheidet aus, wenn auch ohne Fehlverhalten inhaltlich dieselbe Entscheidung ergangen wäre und deshalb Beschwerde hätte eingelegt werden müssen (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 71, Rn. 65 und 68).

Zwar ist die Begründung des [X.]es der Markenstelle teilweise floskelhaft. Die bereits oben erörterte, für den Begründungszwang noch ausreichende Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid, der wiederum nachvollziehbare Erwägungen zur fehlenden Unterscheidungskraft der angemeldeten Wortfolge enthält, lassen jedoch den Schluss zu, dass die Markenstelle unabhängig vom Umfang der im Beschluss enthaltenen Begründung die Anmeldung in jedem Fall zurückgewiesen hätte.

4. Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem die Beschwerdeführerin ihren hilfsweisen Antrag auf Durchführung einer solchen mit Schreiben vom 23. Januar 2023 zurückgenommen hat (§ 69 Nr. 1 [X.]) und sie nach Einschätzung des Senats auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit geboten war (§ 69 Nr. 3 [X.]).

Meta

25 W (pat) 521/21

16.03.2023

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.03.2023, Az. 25 W (pat) 521/21 (REWIS RS 2023, 3003)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3003

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