Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.07.2012, Az. V ZR 142/11

5. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4402

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Gegenstand

Internationales Gesellschaftsrecht: Anwendbares Recht für die Rechtsscheinhaftung einer brasilianischen Gesellschaft bei Überschreitung der Vertretungsbefugnis durch eines ihrer Organe bei einem Distanzgeschäft


Leitsatz

In Fällen mit Auslandsberührung richtet sich die Rechtsscheinhaftung der Gesellschaft für das Handeln ihres Organs, das seine Vertretungsbefugnis bei einem Distanzgeschäft überschreitet, jedenfalls dann nach der an dem Ort der Abgabe der Willenserklärung geltenden Rechtsordnung, wenn diese zugleich über die organschaftliche Vertretungsmacht entscheidet (Fortführung BGH, 9. Dezember 1964, VIII ZR 304/62, von BGHZ 43, 21 ff.).

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 4. Mai 2011 wird auf Kosten der Beklagten zu 1 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Erledigung der Hauptsache festgestellt wird.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, ein Unternehmen mit Sitz in [X.]/[X.], und die Beklagte zu 1, ein Unternehmen [X.] Rechts, streiten im Rahmen einer Hauptintervention der Klägerin um das Eigentum an angereichertem Uran 235. In dem im Hinblick auf die Interventionsklage ausgesetzten [X.] verlangt die Beklagte zu 1 ihrerseits die Herausgabe des Urans von der [X.] zu 2, einem [X.] Unternehmen.

2

Die Anreicherung des Urans erfolgte in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts im Auftrag der [X.] zu 1 durch die [X.]. (künftig: U.    ) in [X.]. Anschließend lagerte die Beklagte zu 1 unter anderem das in elf Zylindern befindliche Uran in einem von der [X.] zu 2 in [X.] betriebenen Lager für Kernbrennstoffe ein; der schon vor dieser Einlagerung zwischen den [X.] bestehende [X.] war dem [X.] Recht unterstellt.

3

Am 7. März 1994 schloss die Beklagte zu 1 mit der [X.], einer Aktiengesellschaft [X.] Rechts, unter anderem über dieses Uran einen [X.] (loan agreement) nach [X.] Recht. Nach dessen Bestimmungen war das Uran von dem Darlehensgeber, der [X.] zu 1, in dem Lager der [X.] zu 2 an den Darlehensnehmer, die [X.], zu liefern; das Eigentum sollte bei der Lieferung übergehen. Im April 1994 wies ein als Vertreterin der [X.] auftretendes und mit dieser konzernmäßig verbundenes Unternehmen, die [X.] mit Sitz in [X.]/[X.], die Beklagte zu 1 an, das Uran zum 25. April 1994 auf das [X.] der [X.], eines Tochterunternehmens der [X.] zu 2, zu übertragen. Aufgrund dessen erteilte das Vorstandsmitglied der [X.] zu 1, Direktor [X.], der [X.] zu 2 mit Schreiben vom 18. April 1994 folgende, auf die Zylinder nebst Inhalt bezogene Anweisung:

„bitte übertragen Sie das oben genannte Material zum [X.] auf [X.] der [X.] bei der [[X.] zu 2]. …

Wir bitten Sie, der [X.] zu bestätigen, dass die … Zylinder mit angereichertem [X.] für die [X.] gehalten werden und jederzeit an einen anderen Ort verlagert werden können. Die [X.] ist darüber informiert, dass die … Zylinder Eigentum der [[X.] zu 1] sind.“

4

Hintergrund dessen war, dass sich die [X.] ihrerseits mit einem dem Recht des US-Bundesstaates [X.] unterstellten Vertrag vom 8. April 1993 verpflichtet hatte, der [X.] Uran zu überlassen. Einer Absichtserklärung der [X.] vom 18. April 1994 zufolge sollte der [X.] unter anderem das in Rede stehende Uran zur Verfügung gestellt werden.

5

Die Beklagte zu 2 schrieb daraufhin der [X.] - nachrichtlich der [X.] zu 1 - am 20. April 1994, dass sie das Uran gemäß Anweisung der [X.] zu 1 zum 29. April 1994 auf das [X.] der [X.] übertragen werde. Am 29. April 1994 wandte sich das Vorstandsmitglied [X.]  der [X.] zu 1 an die [X.] mit der Bitte, das Uran nunmehr dem von der [X.] für die [X.] geführten [X.] gutzuschreiben. Dies bestätigte die [X.] der [X.] am 3. Mai 1994. Die Lager- und Versicherungskosten für das Uran stellte die Beklagte zu 2 der [X.] zu 1 im September 1994 zunächst nur noch für die [X.] bis zum 28. April 1994 in Rechnung.

6

Die Klägerin hatte ihrerseits der [X.] im Rahmen eines [X.] Uran zur Verfügung gestellt. Im November 1994 vereinbarten die Klägerin und die [X.], dass die [X.] die [X.] zwecks Rücklieferung anweisen solle, das in den elf Zylindern befindliche Uran auf das [X.] der Klägerin umzubuchen. Die Umbuchung wurde der Klägerin durch die [X.] bestätigt.

7

Im Februar 1995 fiel die [X.] in Konkurs. Die Beklagte zu 1 erklärte daraufhin gegenüber der [X.] die Anfechtung sämtlicher Erklärungen ihres Vorstandmitglieds [X.]. Im September 1995 stellte die Beklagte zu 2 der [X.] zu 1 Lager- und Versicherungskosten auch für die [X.] vom 29. April bis zum 31. Dezember 1994 in Rechnung. Im April 1996 fiel die [X.] in Konkurs.

8

Das [X.] hat dem Antrag der Klägerin entsprechend festgestellt, der [X.] zu 1 stehe gegen die Beklagte zu 2 kein Anspruch auf Herausgabe der Zylinder zu, und hat die Beklagte zu 2 zur Herausgabe der Zylinder an die Klägerin verurteilt. Die Klägerin hat diese Entscheidung zwischenzeitlich vollstreckt und die Zylinder aus der Bundesrepublik [X.] ausgeführt. Die - zugleich als Streithelferin der [X.] zu 2 eingelegte - Berufung der [X.] zu 1 ist nach einer Vorlage an den [X.] erfolglos geblieben. Mit Urteil vom 22. Februar 2010 ([X.], NJW-RR 2010, 983) hat der II. Zivilsenat des [X.] das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das die Berufung anschließend erneut zurückgewiesen hat. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision will die Beklagte zu 1, die das Rechtsmittel nur für sich selbst eingelegt hat, die Zurückweisung des [X.] erreichen. Nach einem Hinweis des Senats hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte zu 1 hat der Erledigungserklärung widersprochen.

Entscheidungsgründe

I.

9

Das Berufungsgericht hält sowohl den Leistungs- als auch den Feststellungsantrag für begründet, weil die Klägerin das - nach [X.] Sachrecht zu beurteilende - Eigentum an dem Uran erlangt habe. Nach der Anreicherung des Materials durch die U.     sei zunächst die [X.] zu 1 Eigentümerin gewesen. Diese habe das Eigentum im April 1994 auf Geheiß der [X.] an die [X.] übertragen; den erforderlichen Eigenbesitz habe die [X.] dadurch erlangt, dass die [X.] zu 2 das Uran aufgrund der durch [X.]     erteilten - der [X.]n zu 1 zurechenbaren und von dieser auch nicht wirksam angefochtenen - Anweisung vom 18. April 1994 nicht mehr der [X.]n zu 1, sondern der [X.] vermittelt habe. Die Klägerin habe ihrerseits im November 1994 das Eigentum an dem Uran von der [X.] erworben, die durch die Übereignung eine ihr obliegende vertragliche (Rück-)Lieferpflicht erfüllt habe; der Besitz sei dadurch übertragen worden, dass die [X.] das Uran weisungsgemäß auf das von ihr für die Klägerin geführte Materialkonto umgebucht habe. Darauf, ob die [X.] zu dem Zeitpunkt der Übereignung an die Klägerin Eigentümerin des Urans gewesen sei, komme es nicht an, da die [X.] die Verfügung der [X.] genehmigt habe. Vorschriften des Vertrags über die Gründung der [X.] vom 25. März 1957 ([X.]) stünden der Wirksamkeit der Eigentumsübertragungen nicht entgegen, weil die Lieferung des Urans an die [X.] zu 1 durch die U.      für die Versorgung der [X.] neutral gewesen sei und die nachfolgenden Übertragungen aus diesem Grund nicht von dem [X.] erfasst würden.

II.

Die Revision der [X.]n zu 1 hat keinen Erfolg.

1. Gegenstand der revisionsrechtlichen Prüfung ist lediglich die gegen die [X.] zu 1 gerichtete Klage, mit der die Klägerin die fehlende Berechtigung der [X.]n zu 1, die Uranzylinder von der [X.]n zu 2 heraus zu verlangen, feststellen lassen will. Die Entscheidung des [X.] ist rechtskräftig, soweit der Klägerin der Herausgabeanspruch gegen die [X.] zu 2 zuerkannt worden ist. Die [X.] zu 1 hat nämlich - anders als in den vorangegangenen Rechtsmittelverfahren - die Revision ausdrücklich nur für sich selbst und nicht zugleich auch als Streithelferin der [X.]n zu 2 eingelegt. Eine not[X.]dige Streitgenossenschaft (§ 62 ZPO) zwischen den [X.]n, bei deren Vorliegen die gerichtliche Entscheidung durch das Rechtsmittel eines Streitgenossen insgesamt zur Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht gestellt wäre, wurde durch die Hauptintervention der Klägerin nicht begründet (vgl. [X.], 60, 61 f.; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 64 Rn. 16; [X.]/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 64 Rn. 5).

2. Die Hauptsache hat sich erledigt, nachdem die Entscheidung über den Herausgabeanspruch in Rechtskraft erwachsen ist. Weil die Klägerin das Uran zuvor bereits aus der [X.] ausgeführt hatte, hat sie ihr mit der Hauptintervention verfolgtes Rechtsschutzziel vollständig erreicht. Damit ist das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche [X.]eresse an der erstrebten Feststellung entfallen, bei dem es sich um eine Prozessvoraussetzung handelt und das daher auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. nur [X.], Urteil vom 11. Januar 2007 - [X.], [X.], 3002, 3003; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 256 Rn. 35 jeweils mwN). Es setzt voraus, dass der Rechtslage des [X.] eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. [X.], Urteil vom 19. Juni 1998 - [X.], NJW 1998, 3055, 3056; [X.]/[X.], aaO, Rn. 37, jeweils mwN). Das gilt auch in der besonderen prozessualen Situation der Hauptintervention (§ 64 ZPO), sofern der [X.]erventionskläger - wie regelmäßig und auch hier - seinen Anspruch auf die Sache, über die bereits zwischen anderen Personen ein Rechtsstreit anhängig ist, durch die Kombination einer Leistungsklage (gegen den [X.]n des Ausgangsrechtsstreits) und einer Feststellungsklage (gegen den Kläger des Ausgangsrechtsstreits) verfolgt (vgl. [X.]/[X.]/[X.], Zivilprozessrecht, 17. Aufl., § 52 Rn. 17; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 64 Rn. 15). Denn in diesem Fall rechtfertigt sich das [X.]eresse an der Feststellung, dass der in dem Ausgangsrechtsstreit geltend gemachte Anspruch nicht besteht, ebenfalls aus der Rechtsunsicherheit, die sich für den [X.]erventionskläger daraus ergibt, dass er mit dem dortigen Kläger um die von beiden beanspruchte Sache konkurriert.

Daran fehlt es wegen der bereits erfolgten Vollstreckung ab dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils im Hinblick auf die gegen die [X.] zu 2 gerichtete [X.]. Ob der [X.]n zu 1 ebenfalls ein Herausgabeanspruch gegen die [X.] zu 2 zusteht, ist für die bereits gesicherte Rechtsposition der Klägerin ohne Belang, weil die [X.] zu 1 einen solchen Anspruch jedenfalls nicht mehr mit Erfolg durchsetzen könnte.

3. Die einseitige Erledigungserklärung der Klägerin ist auch in der Revisionsinstanz jedenfalls dann zulässig, [X.]n das zugrunde liegende Geschehen unstreitig ist (vgl. [X.], Urteile vom 8. Februar 1989 - [X.], [X.]Z 106, 359, 368 und vom 5. Mai 1999 - [X.], [X.]Z 141, 307, 316; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 91 a Rn. 112, jeweils mwN). Nichts anderes kommt in Betracht, [X.]n das erledigende Ereignis - wie hier - in dem Eintritt der Rechtskraft des Berufungsurteils hinsichtlich eines nicht angegriffenen Klageantrags begründet ist, da der Kläger andernfalls keine Möglichkeit hätte, im Revisionsverfahren eine für sich günstige Kostenfolge herbeizuführen.

4. Auf der Grundlage des geänderten Klageantrags erweist sich die Revision als unbegründet. Das Berufungsgericht hat den gegen die [X.] zu 1 gerichteten Feststellungsantrag ohne Rechtsfehler als zulässig und begründet angesehen.

a) Einen Anspruch gemäß § 985 [X.] hat der [X.] nicht zu prüfen. Die [X.] zu 1 stützt ihr Herausgabeverlangen ausdrücklich nur auf eine vertragliche Grundlage, weil sie davon ausgeht, dass das Eigentum an dem Uran nach Art. 86 [X.] der [X.] zusteht. Auch einen - nach ihrer Ansicht wegen einer drohenden Umgehung der Bestimmungen des [X.] ohnehin nicht zulässigen - gutgläubigen Erwerb behauptet sie nicht.

Das hat zur Folge, dass der [X.] an der Prüfung eines Anspruchs gemäß § 985 [X.] gehindert ist. Eine negative Feststellungsklage bewirkt lediglich eine Umkehrung der Parteirollen mit der Folge, dass der [X.], der sich des von dem Kläger bestrittenen Anspruchs berühmt, dessen Voraussetzungen nach Grund und Höhe darzulegen hat (vgl. [X.], Urteil vom 25. Oktober 1991 - [X.], [X.], 1101, 1103; [X.]/[X.], aaO, § 256 Rn. 18). Zwar ist das Gericht grundsätzlich nicht daran gehindert, den Lebenssachverhalt unter eine andere als die vorgetragene Anspruchsgrundlage zu subsumieren (vgl. [X.] in [X.]/[X.], ZPO, 33. Aufl., § 308 Rn. 4; Musielak in Musielak, ZPO, 9. Aufl., § 308 Rn. 15). Seine Prüfungskompetenz kann aber beschränkt werden, sofern das Rechtsschutzziel unter verschiedenen Voraussetzungen erreicht werden kann. In diesem Fall hat der Kläger - bzw. im Fall der negativen Feststellungsklage der [X.] - mit Blick auf die jeweils unterschiedlichen Verteidigungsmöglichkeiten des Gegners die Wahl, auf welche Grundlage er den Anspruch stützt (vgl. Musielak, aaO, § 308 Rn. 15 mwN; [X.]/Vollkommer, aaO, Einl. Rn. 70; vgl. auch [X.], Urteil vom 25. Mai 1984 - [X.], [X.]Z 91, 282, 283 f.). Aus diesem Grund ist bereits in dem ersten Revisionsurteil vom 22. Februar 2010 darauf hingewiesen worden, dass die [X.] zu 1 den Rechtsgrund eines Herausgabeanspruchs gegen die [X.] zu 2 darlegen und beweisen müsse ([X.], Urteil vom 22. Februar 2010 - [X.], NJW-RR 2010, 983 Rn. 35).

b) In Betracht kommt danach nur ein schuldrechtlicher Anspruch aus dem zwischen den [X.]n geschlossenen [X.]; diesen verneint das Berufungsgericht im Ergebnis ohne Rechtsfehler.

aa) Auf einen solchen Anspruch stützt sich die [X.] zu 1. Sie hat zwar auch die Wirksamkeit des [X.]s nach dem [X.] in Zweifel gezogen. Ihr Vorbringen in der Revisionsbegründung lässt sich aber insgesamt nur so verstehen, dass sie einen vertraglichen Herausgabeanspruch - anders als den auf das Eigentum gestützten Anspruch - für gegeben hält.

[X.]) Das Berufungsgericht hat diesen Anspruch der Sache nach zwar nur im Zusammenhang mit der Frage geprüft, ob die [X.] zu 1 den mittelbaren Besitz an dem Uran verloren hat. Dabei ist es aber zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der nach dem Parteiwillen fortbestehende [X.] ab dem 29. April 1994 nicht mehr auf das hier in Rede stehende Uran erstrecken sollte und die vertragliche Beziehung damit insoweit beendet war.

[X.]) Der Ausgangspunkt des [X.], wonach sich der [X.] nach dem Willen der Parteien nur auf das jeweils durch die [X.] zu 1 eingelagerte Uran habe erstrecken sollen, und demnach entscheidend sei, für [X.] die [X.] zu 2 nach der im April 1994 zwischen den Parteien erfolgten Korrespondenz den Besitz an dem Uran ausgeübt habe, begegnet keinen Bedenken; auch die Revision erhebt dagegen keine Ein[X.]dungen. Die fehlende Ermittlung des auf den Vertrag an[X.]dbaren [X.] Rechts ist unbeachtlich, weil dies nicht - wie es erforderlich wäre - mit einer auf § 293 ZPO gestützten Verfahrensrüge geltend gemacht worden ist (vgl. nur [X.], Urteil vom 6. November 1998 - [X.], [X.] 1999, 264, 265).

[X.]) Die Revision [X.]det sich gegen die Annahme des [X.], die [X.] zu 1 habe ihren mittelbaren Besitz verloren, was - nach der nicht angegriffenen Auslegung des [X.]s - die Vertragsbeziehung insoweit beendet habe. Ferner meint sie, die [X.] zu 1 müsse sich die Anweisungen des Direktors [X.]nicht zurechnen lassen. Diese [X.] haben keinen Erfolg.

(1) Die Annahme des [X.], die [X.] zu 1 habe ihren mittelbaren Besitz aufgegeben und infolge ihrer Anweisungen habe die [X.] zu 2 nach April 1994 der [X.] den Besitz vermittelt, ist - soweit es um tatsächliche Umstände geht - als tatrichterliche Würdigung revisionsrechtlich insbesondere daraufhin überprüfbar, ob das Berufungsgericht ein Vorbringen, einen Beweisantrag oder das Ergebnis einer Beweisaufnahme übersehen hat (vgl. [X.]/[X.], 3. Aufl., § 559 Rn. 13).

Gemessen daran ist die Entscheidung rechtsfehlerfrei. Das Berufungsgericht hat den Sachverhalt umfassend und widerspruchsfrei gewürdigt. Der Korrespondenz zwischen den [X.]n im April 1994 hat es entnommen, dass nach dem 29. April 1994 nicht die [X.] zu 1, sondern die [X.] mittelbare Besitzerin sein sollte. Dass eine interne Umbuchung bei der [X.]n zu 2 unterblieben ist, hat es dabei unterstellt. Es hat das Schreiben des Direktors [X.]der [X.]n zu 1 vom 18. April 1994 an die [X.] zu 2, das darauf folgende Schreiben der [X.]n zu 2 vom 20. April 1994 an die [X.] und die Anweisung des Direktors [X.]vom 29. April 1994 an die [X.] dahingehend gewürdigt, dass der mittelbare Besitz der [X.]n zu 1 beendet werden sollte. In diesem Zusammenhang hat es erläutert, dass die Erwähnung der im Eigentum der [X.]n zu 1 stehenden Zylinder allein auf die Behälter bezogen war. Einbezogen hat es auch, dass die [X.] zu 2 die Verwahrungskosten der [X.]n zu 1 zunächst nur bis zum 28. April 1994 in Rechnung stellte. Mit dem Schreiben der [X.]n zu 2 vom 16. Mai 1994 hat es sich befasst und ist nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass diese den dort eingenommenen Rechtsstandpunkt anschließend korrigiert hat.

Ohne Erfolg stützt sich die Revision auf die unterbliebene ausdrückliche Würdigung des Schreibens der [X.]n zu 1 vom 12. September 1994. Es ist mit dem Ergebnis des [X.] ohne weiteres in Einklang zu bringen, weil darin von einer erfolgten Übertragung des Materials auf das Konto der [X.] und einem Eigentumserwerb der [X.] ausgegangen wird. Ebenso [X.]ig hat das Berufungsgericht gegen § 286 Abs. 1 ZPO verstoßen, indem es eine ausdrückliche Würdigung des Schriftsatzes der [X.]n zu 2 vom 19. November 2010 unterließ. Die [X.] zu 2 hat darin - anders als die Revision behauptet - gerade nicht die Auffassung vertreten, die [X.] zu 1 habe auch nach April 1994 an ihrem Anspruch festgehalten; sie hat vielmehr vorgetragen, ein [X.] sei aus ihrer Sicht eindeutig erfolgt, zwar nicht durch die Umbuchung auf die - zu ihrem Konzern gehörige - [X.], aber jedenfalls durch die Übertragung des Urans auf das Materialkonto der [X.] von Seiten der [X.]. Ohnehin ist entscheidend, wie die Vertragspartner der [X.]n zu 2 deren Schreiben verstehen mussten.

(2) Rechtsfehlerfrei ist auch die Annahme, Direktor [X.]habe die [X.] zu 1 bei der Beendigung des [X.]s bezogen auf das in Rede stehende Uran wirksam vertreten.

(a) Richtig ist zunächst, dass sich die Vertretungsmacht, die nach den tatbestandlichen Feststellungen nur auf der Rechtsstellung des Direktors [X.]als Gesellschaftsorgan beruhen kann, nach dem [X.] richtet (vgl. [X.], Urteil vom 8. Oktober 1991 - [X.], [X.], 618; [X.]/[X.], [X.], 71. Aufl., [X.]. zu Art. 10 EG[X.] Rn. 2; [X.]. zu Art. 12 EG[X.] Rn. 13). Maßgeblich ist nach den zutreffenden Ausführungen des [X.] das an dem Sitz der [X.]. Für das Revisionsverfahren ist von der für die [X.] zu 1 günstigen Würdigung des [X.] auszugehen, wonach sich aus dem [X.] Recht keine organschaftliche Vertretungsmacht für die Anweisungen ergibt.

(b) Auch für die Frage, ob sich die [X.] zu 1 die Willenserklärungen ihres Direktors aufgrund eines Rechtsscheins zurechnen lassen muss, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei das [X.] Recht herangezogen.

(aa) Als maßgebliche Anknüpfung für eine Anscheinsvollmacht hat der [X.] den Ort angesehen, an dem der Rechtsschein entstanden ist und sich ausgewirkt hat, weil die Haftung allein auf dem Rechtsschein beruhe ([X.], Urteil vom 9. Dezember 1964 - [X.], [X.]Z 43, 21, 27; vgl. auch [X.], Urteil vom 5. Februar 2007 - [X.], [X.], 1529, 1530 Rn. 9 mwN); dabei ging es allerdings nicht um ein Distanzgeschäft, bei dem - wie hier - der Ort der Abgabe der Willenserklärung ([X.]) und der ihres Zugangs ([X.]) auseinanderfallen. Die gewählte Formulierung ist als unscharf kritisiert worden ([X.], [X.] 1998, 257, 260; [X.], Das [X.] [2011], S. 211 f.). Im Ergebnis ähnlich stellen Teile der Literatur hinsichtlich der Rechtsscheinhaftung der [X.] ihrer Organe auf das Recht des Ortes ab, an dem das Geschäft stattfand (MünchKomm-[X.]/[X.], [X.]. [X.], 5. Aufl. Rn. 585; [X.]/Großfeld, [X.]. [X.] [1998] Rn. 285; [X.], [X.] 1985, 1449, 1452).

([X.]) Andere plädieren für die Maßgeblichkeit des [X.]s. Der enge Zusammenhang zwischen Vertretungsbefugnis und Rechtsscheinhaftung erfordere die An[X.]dung derselben Rechtsordnung. Während dies bei einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht wegen ihrer Anknüpfung an den Gebrauchs- und Wirkungsort im Regelfall nicht zu anderen Ergebnissen führt, unterliegt die Rechtsscheinhaftung bei einer organschaftlichen Vertretungsmacht nach dieser Ansicht ohne Rücksicht auf den Handlungsort dem [X.] ([X.] in Reithmann/[X.], [X.]ernationales Vertragsrecht, 6. Aufl., Rn. 2480; [X.], aaO, S. 211 f.).

([X.]) Im Ergebnis führen alle Ansichten zu der An[X.]dung [X.] Rechts, es sei denn, man wollte den Ort des Zugangs der Willenserklärung als maßgeblich ansehen. Diese Auffassung wird nur vereinzelt vertreten ([X.], [X.]. 1966/67 Nr. 25, [X.] f.; [X.]/[X.], [X.] [2010], [X.]. II zu Art. 1 [X.] I-VO Rn. 39: Ort, an dem der Dritte vertraut). Die überwiegende Meinung sieht - wie das Berufungsgericht - bei [X.] stets den Ort der Abgabe der Erklärung des Vertreters als maßgeblich sowohl für die Anknüpfung einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht als auch der Rechtsscheinhaftung an ([X.], [X.] 2002, 153, 155; [X.]/Hohloch, [X.], 13. Aufl., [X.]. I nach Art. 12 EG[X.] Rn. 7; Kropholler, IPR, 6. Aufl., [X.], 308; [X.] in Reithmann/[X.], aaO, Rn. 2433, 2480; weitere Nachweise bei [X.], aaO, S. 18, 162 ff.).

([X.]) Der [X.] hält die Anknüpfung an den Ort des Zugangs der Willenserklärung auch unter [X.] jedenfalls dann nicht für richtig, [X.]n das an dem Handlungsort des Vertreters geltende Recht - wie hier - zugleich über dessen Vertretungsbefugnis entscheidet. An dieser Rechtsordnung muss sich der Geschäftspartner ausrichten, der auf die Vertretungsmacht einer im Ausland handelnden Person vertraut.

(c) Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht habe das von ihm ermittelte [X.] Recht fehlerhaft ange[X.]det, steht dem entgegen, dass die An[X.]dung ausländischen Rechts jedenfalls gemäß § 545 Abs. 1 ZPO in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung (Art. 111 Abs. 1 und 2, Art. 112 Abs. 1 [X.]) nicht revisibel ist (vgl. [X.], Urteil vom 18. Februar 2011 - [X.], [X.] 2011, 515 Rn. 9). Grundsätzlich zulässig ist demgegenüber die auf § 293 ZPO gestützte Verfahrensrüge, mit der eine unzureichende oder fehlerhafte Ermittlung des ausländischen Rechts geltend gemacht wird. Aus dieser Norm leitet sich nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s die Pflicht des Tatrichters ab, das für die Entscheidung eines Rechtsstreits maßgebende ausländische Recht von Amts wegen zu ermitteln. Wie der Tatrichter sich die erforderliche Kenntnis des ausländischen Rechts verschafft, steht zwar in seinem Ermessen. Die Entscheidungsgründe müssen aber erkennen lassen, dass er dieses Ermessen tatsächlich ausgeübt hat ([X.], Urteile vom 6. November 1998 - [X.], [X.] 1999, 264, 265 f.; vom 8. Mai 1992 - [X.], [X.], 3106 f.; vom 24. November 1989 - [X.], NJW-RR 1990, 248, 249; [X.], Urteil vom 23. April 2002 - [X.], NJW-RR 2002, 1359 ff.).

Daran gemessen ist die Entscheidung rechtsfehlerfrei. Das sachverständig beratene Berufungsgericht hat eingehend begründet, dass es die Anweisungen zwar als Realakte ansehe, aber auch bei einem - unterstellten - rechtsgeschäftlichen Charakter eine Vollmacht kraft Rechtsscheins nach [X.]m Recht anzunehmen sei. Seine Begründung bezieht sich zwar weitestgehend auf das Rechtsverhältnis zwischen der [X.]n zu 1 und der [X.]. Im Hinblick auf das Verhältnis der [X.]n untereinander hat es auf diese Ausführungen aber Bezug genommen und deutlich gemacht, dass es die festgestellten Voraussetzungen für eine Rechtsscheinhaftung nach [X.]m Recht dieser Rechtsbeziehung ebenfalls als gegeben ansieht; eine solche Zurechnung auch in dem Verhältnis zu der [X.]n zu 2 lag auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen schon deshalb nahe, weil Direktor [X.]als Vorstandsmitglied dieser wiederholt und über einen längeren Zeitraum hinweg Anweisungen erteilt hat.

Die Verfahrensrügen der [X.]n zu 1 haben keinen Erfolg. Dass das [X.] Recht im Grundsatz eine Rechtsscheinhaftung kennt, zieht die Revision nicht in Zweifel. Ihre konkret erhobenen [X.] beziehen sich ausnahmslos auf das Verhältnis der [X.]n zu 1 zu der [X.]. Auf das Verhältnis der [X.]n untereinander lassen sie sich nicht übertragen. So wird insbesondere beanstandet, dass das Berufungsgericht nicht geprüft habe, ob nach [X.]m Recht auch eine nicht der vereinbarten Form entsprechende Willenserklärung aufgrund eines Rechtsscheins zugerechnet werden könne. Diese Frage betrifft schon deshalb nicht das Verhältnis zu der [X.]n zu 2, weil die Revision weder aufzeigt, dass der [X.] Formvorschriften für zu erteilende Anweisungen vorsah, noch, dass diese missachtet worden sind. Auch der Vorwurf, das Berufungsgericht habe den Ausschluss einer Rechtsscheinhaftung aufgrund des öffentlich-rechtlichen Charakters des Handels mit angereichertem Uran nach [X.]m Recht nicht zutreffend erfasst, bezieht sich allein auf den mit der [X.] geschlossenen [X.], nicht aber auf den Vertrag zwischen den [X.]n; insoweit bedürfte es schon deshalb einer eigenständigen Rüge, weil dieser Vertrag gerade nicht den Uranhandel, sondern nur die Lagerung zum Gegenstand hatte. Schließlich bezieht sich auch der als übergangen gerügte Sachvortrag nur auf das Verhältnis zwischen der [X.]n zu 1 und der [X.].

(d) Die von der [X.]n zu 1 erklärte Anfechtung der Erklärungen des Direktors [X.]bezog sich ebenfalls nur auf den zwischen der [X.]n zu 1 und der [X.] geschlossenen [X.] und hat daher keine Auswirkungen auf die Vertragsbeziehungen zwischen den [X.]n.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Krüger                                              Stresemann                                             Czub

                          Brückner                                                 Weinland

Meta

V ZR 142/11

20.07.2012

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 4. Mai 2011, Az: 3 U 30/10

Art 1 BGBEG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.07.2012, Az. V ZR 142/11 (REWIS RS 2012, 4402)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4402

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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