Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.07.2012, Az. V ZR 135/11

5. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4413

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Gegenstand

Auslegung eines über eine in Deutschland belegene Sache geschlossenen Vertrages nach ausländischem Recht: Eigentumsübertragung an in einem deutschen Lager für Kernbrennstoffe gelagertem Uran


Leitsatz

Wird über eine in Deutschland belegene Sache ein Vertrag nach ausländischem Recht abgeschlossen und ist fraglich, ob das Eigentum übergehen soll, muss der Vertrag zunächst nach den von dem Vertragsstatut vorgegebenen Regeln ausgelegt werden; deutsches Recht als lex rei sitae entscheidet darüber, ob eine danach vereinbarte Eigentumsübertragung auch den Anforderungen an eine dingliche Einigung gemäß § 929 Satz 1 BGB entspricht.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 4. Mai 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionsverfahren, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen einer Hauptintervention der Klägerin um die Rechte an angereichertem Uran 235, an dem die Klägerin, eine [X.] Bank, ein vertragliches Pfandrecht für sich in Anspruch nimmt. In dem im Hinblick auf die Interventionsklage ausgesetzten [X.] verlangt die Beklagte zu 1, ein Unternehmen [X.] Rechts, ihrerseits die Herausgabe des Urans von der [X.] zu 2, einem [X.] Unternehmen.

2

Die Anreicherung des Urans erfolgte in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts im Auftrag der [X.] zu 1 durch die [X.]. in [X.]. Anschließend lagerte die Beklagte zu 1 unter anderem das in vierzehn Zylindern befindliche Uran in einem von der [X.] zu 2 in [X.] betriebenen Lager für Kernbrennstoffe ein.

3

Die Klägerin gewährte der [X.], einer Aktiengesellschaft [X.] Rechts, ein Darlehen über 18,5 Mio. US-Dollar. In einem im Jahr 1989 geschlossenen Vertrag einigten sich die Klägerin und die [X.] über die Bestellung eines Pfandrechts an [X.] künftig in gesonderter Korrespondenz bezeichneten Waren.

4

Am 7. März 1994 schloss die Beklagte zu 1 mit der [X.] unter anderem über das in den vierzehn Zylindern gelagerte Uran einen [X.] (loan agreement) nach [X.] Recht. Nach dessen Bestimmungen war das Uran von dem Darlehensgeber, der [X.] zu 1, in dem Lager der [X.] zu 2 an den Darlehensnehmer, die [X.], zu liefern; das Eigentum sollte bei der Lieferung übergehen. Im April 1994 wies ein als Vertreterin der [X.] auftretendes und mit dieser konzernmäßig verbundenes Unternehmen, die [X.] mit Sitz in [X.]/[X.], die Beklagte zu 1 an, das Uran zum 25. April 1994 auf das [X.] der [X.], eines Tochterunternehmens der [X.] zu 2, zu übertragen. Aufgrund dessen erteilte das Vorstandsmitglied der [X.] zu 1, Direktor [X.], der [X.] zu 2 mit Schreiben vom 18. April 1994 folgende, auf die Zylinder nebst Inhalt bezogene Anweisung:

„bitte übertragen Sie das oben genannte Material zum [X.] auf [X.] der [X.] bei der [[X.] zu 2]. …

Wir bitten Sie, der [X.] zu bestätigen, dass die … Zylinder mit angereichertem [X.] für die [X.] gehalten werden und jederzeit an einen anderen Ort verlagert werden können. Die [X.] ist darüber informiert, dass die … Zylinder Eigentum der [[X.] zu 1] sind.“

5

Hintergrund dessen war, dass sich die [X.] ihrerseits mit einem dem Recht des US-Bundesstaates [X.] unterstellten Vertrag vom 8. April 1993 verpflichtet hatte, der [X.] Uran zu überlassen. Einer Absichtserklärung der [X.] vom 18. April 1994 zufolge sollte der [X.] unter anderem das in Rede stehende Uran zur Verfügung gestellt werden.

6

Die Beklagte zu 2 schrieb daraufhin der [X.] - nachrichtlich der [X.] zu 1 - am 20. April 1994, dass sie das Uran gemäß Anweisung der [X.] zu 1 zum 29. April 1994 auf das [X.] der [X.] übertragen werde. Am 29. April 1994 wandte sich das Vorstandsmitglied [X.]  der [X.] zu 1 an die [X.] mit der Bitte, das Uran nunmehr dem von der [X.] für die [X.] geführten [X.] gutzuschreiben. Dies bestätigte die [X.] der [X.] am 3. Mai 1994. Die Lager- und Versicherungskosten für das Uran stellte die Beklagte zu 2 der [X.] zu 1 im September 1994 zunächst nur für die [X.] bis zum 28. April 1994 in Rechnung.

7

Im Februar 1995 fiel die [X.] in Konkurs. Die Beklagte zu 1 erklärte daraufhin gegenüber der [X.] die Anfechtung sämtlicher Erklärungen ihres Vorstandmitglieds [X.]  . Im März 1995 nahm die Klägerin gegenüber der [X.] zu 2 ein Pfandrecht an dem für die [X.] gelagerten Uran in Anspruch; im April 1995 kündigte sie das der [X.] gewährte Darlehen. Im September 1995 übersandte die [X.] der Klägerin auf deren an die [X.] gerichtete Aufforderung, die Zylinder zu bezeichnen, an denen ihr ein Pfandrecht zukomme, eine Liste über die vierzehn Zylinder mit dem Vermerk „Held for UBS“. Ebenfalls im September 1995 stellte die Beklagte zu 2 der [X.] zu 1 Lager- und Versicherungskosten auch für die [X.] vom 29. April bis zum 31. Dezember 1994 in Rechnung. Im April 1996 fiel die [X.] in Konkurs.

8

Die Klägerin hat mit ihrer Hauptintervention die Feststellung, dass der [X.] zu 1 kein Herausgabeanspruch gegen die Beklagte zu 2 zusteht, sowie die Verurteilung der [X.] zu 2 zur Herausgabe des näher bezeichneten Urans an sie beantragt, hilfsweise die Feststellung, dass der Klägerin eine Forderung der [X.] gegen die Beklagte zu 2 auf Verschaffung einer näher bezeichneten Menge Urans zur Sicherheit abgetreten worden ist. Das [X.] hat den Hauptanträgen stattgegeben. Die - zugleich als Streithelferin der [X.] zu 2 eingelegte - Berufung der [X.] zu 1 ist nach einer Vorlage an den [X.] erfolglos geblieben. Mit Urteil vom 22. Februar 2010 ([X.], juris) hat der II. Zivilsenat des [X.] das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das die Klage nunmehr abgewiesen hat. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte zu 1 - zugleich als Streithelferin der [X.] zu 2 - beantragt, will die Klägerin die Wiederherstellung der Entscheidung des [X.]s erreichen.

Entscheidungsgründe

I.

9

Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch der Klägerin gegen die [X.] zu 2 auf Herausgabe des [X.] nach [X.] Sachrecht. Die Klägerin habe kein vertragliches Pfandrecht an dem Uran erlangt. Weil es zu keinem [X.]punkt im Eigenbesitz der [X.], der [X.], gestanden habe, habe die [X.] den Besitz nicht gemäß § 1205 Abs. 2 [X.] auf die Klägerin übertragen können. [X.] sei die [X.] gewesen, die das Uran im April 1994 auf Geheiß der [X.] von der [X.] zu 1 erworben habe; der Besitz sei ihr auf Grund der durch die [X.] zu 1 erteilten Anweisung vom 18. April 1994 durch die [X.] zu 2 vermittelt worden. Die [X.] habe indes den Besitz nicht der [X.] weitervermittelt, weshalb diese auch nicht der [X.] den Besitz habe vermitteln können; die zwischen der [X.] und der [X.] getroffene vertragliche Vereinbarung habe kein Besitzmittlungsverhältnis begründet, weil die [X.] zu der Verarbeitung des ihr zur Verfügung gestellten [X.] berechtigt gewesen sei und sie der [X.] lediglich Sicherungseigentum eingeräumt habe.

Ein Pfandrecht zugunsten der Klägerin sei auch nicht dadurch begründet worden, dass die [X.] bei der auf ihr Geheiß erfolgten Eigentumsübertragung von der [X.] zu 1 auf die [X.] für eine „logische Sekunde“ Eigentümerin des [X.] gewesen sei. Zu diesem [X.]punkt sei die [X.] noch nicht - wie in der zwischen der Klägerin und der [X.] getroffenen Vereinbarung über die Pfandrechtsbestellung gefordert - hinreichend konkretisiert gewesen; die Konkretisierung sei frühestens im März 1995 erfolgt, als die Klägerin gegenüber der [X.] zu 2 ein Pfandrecht an dem von dieser gelagerten Uran in Anspruch genommen habe.

Der Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet. Der [X.] habe weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht der [X.] zu 1 ein Anspruch auf Herausgabe des [X.] gegen die [X.] zu 2 zugestanden, den sie an die Klägerin hätte abtreten können.

Da die Klägerin an dem Uran keine Rechte erworben habe, fehle es für ihren Antrag auf Feststellung, dass die [X.] zu 1 ihrerseits nicht die Herausgabe des [X.] von der [X.] zu 2 verlangen könne, an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse.

II.

Die Revision hat Erfolg. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung lassen sich weder ein Pfandrechtserwerb der Klägerin noch das Rechtsschutzinteresse für den auf negative Feststellung gerichteten Antrag verneinen.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass sich die Bestellung des Pfandrechts ebenso wie die weiteren [X.] Tatbestände nach [X.] Recht als der zur [X.] der fraglichen Rechtsänderungen maßgeblichen lex rei sitae beurteilen; die nachträgliche Verbringung des [X.] in das Ausland durch die [X.] zu 2 ändert daran nichts (vgl. [X.], Urteil vom 2. Februar 1966 - [X.], [X.]Z 45, 95, 99 f.; [X.]/[X.], 5. Aufl., Art. 43 EG[X.] Rn. 128). Die wirksame Bestellung eines Pfandrechts zugunsten der Klägerin setzt gemäß § 1205 [X.] unter anderem voraus, dass die [X.] ihren mittelbaren Besitz auf die Klägerin übertragen hat. Den mittelbaren Besitz hätte die [X.] erlangt, wenn die [X.] zu 2 als unmittelbare Besitzerin der [X.], diese der [X.] und diese der [X.] den Besitz vermittelt hätten. Im Hinblick auf die jeweiligen Besitzkonstitute im Sinne von § 868 [X.] ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass diese gesondert anzuknüpfen sind (vgl. [X.], Urteil vom 22. Februar 2010 - [X.], juris Rn. 29; [X.]/[X.], aaO Rn. 83 mwN). Nach [X.] Recht als lex rei sitae beurteilt sich nur, ob die dem ausländischen Recht unterstellte [X.]sbeziehung den in § 868 [X.] geregelten [X.]sverhältnissen gleichzusetzen ist. Auf die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen der [X.] und der [X.] ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die in der Revisionsbegründung nicht angegriffen werden, das Recht des US-Bundesstaates [X.] anwendbar.

2. Das Berufungsgericht ist im Wege der Auslegung der zwischen der [X.] und der [X.] bestehenden Absprachen zu dem Ergebnis gelangt, die [X.] habe das Uran nicht für die [X.] besitzen, sondern selbst Eigentum erlangen sollen. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

a) Allerdings ist die Auslegung eines einer ausländischen Rechtsordnung unterstehenden [X.]s jedenfalls gemäß § 545 Abs. 1 ZPO in der maßgeblichen bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung (Art. 111 Abs. 1 und 2, Art. 112 Abs. 1 [X.]) nicht revisibel, weil die Bestimmungen über die [X.]sauslegung als Bestandteil des ausländischen Rechts nicht nachprüfbar sind. Grundsätzlich zulässig ist jedoch die auf § 293 ZPO gestützte Verfahrensrüge, mit der eine unzureichende oder fehlerhafte Ermittlung des ausländischen Rechts geltend gemacht wird. Aus dieser Norm leitet sich nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] die Pflicht des Tatrichters ab, das für die Entscheidung eines Rechtsstreits maßgebende ausländische Recht von Amts wegen zu ermitteln. Wie sich der Tatrichter die erforderliche Kenntnis des ausländischen Rechts verschafft, steht zwar in seinem Ermessen. Die Entscheidungsgründe müssen aber erkennen lassen, dass er dieses Ermessen tatsächlich ausgeübt hat (vgl. nur Senat, Urteile vom 6. November 1998 - [X.], [X.] 1999, 264, 265 f.; vom 8. Mai 1992 - [X.], [X.], 3106 f.; vom 24. November 1989 - [X.], NJW-RR 1990, 248, 249; [X.], Urteil vom 23. April 2002 - [X.], NJW-RR 2002, 1359 ff.).

b) Daran gemessen rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht das von ihm für anwendbar erachtete Recht des US-Bundesstaates [X.] bei der Auslegung der vertraglichen Absprachen zwischen der [X.] und der [X.] nicht ermittelt hat. Es hat festgehalten, es gebe keine Zweifelsfragen, die die Heranziehung des Rechts des US-Bundesstaates [X.] erforderlich machten. Gleichwohl hat es den [X.] ausgelegt, ohne zu erkennen zu geben, welchen Auslegungsregeln es dabei gefolgt ist, und hat mit seiner Annahme, die [X.] habe das Eigentum erlangen und das Uran deshalb nicht für die [X.] besitzen sollen, den klaren Wortlaut der vertraglichen Vereinbarungen in sein Gegenteil verkehrt. Gemäß Nr. 5 des [X.]s über die Lagerung von angereichertem Uran vom 8. April 1993 sollte das Eigentumsrecht an dem von der [X.] zur Lagerung an die [X.] gelieferten Kernmaterial zu jeder [X.] bei der [X.] verbleiben. Eine nahezu wortgleiche Regelung findet sich in der - von der [X.] gegengezeichneten - Absichtserklärung der [X.] vom 18. April 1994, die sich (unter anderem) auf die Lieferung des von der Klägerin mit der Hauptintervention beanspruchten [X.] bezog. In dieser Erklärung ist ferner ausgeführt, dass die [X.] jedem von der [X.] benannten [X.] bestätigen wird, dass sie das Kernmaterial für die [X.] verwahrt. Nichts anderes folgt aus der der [X.] erteilten Erlaubnis zu der Verarbeitung des [X.]. Dafür sprechen - wie die Revision mit Recht hervorhebt - ebenfalls sowohl der eindeutige Wortlaut als auch der systematische Zusammenhang der in Nr. 5 des [X.]s vom 8. April 1993 getroffenen Absprachen. Denn im [X.] an die Regelung des Eigentums der [X.] folgt unmittelbar und „dessen ungeachtet“ die Erlaubnis der [X.] zu der Verarbeitung des „eingelagerten [Kernmaterials]“.

c) Die Ermittlung der maßgeblichen nach dem Recht des US-Bundesstaates [X.] zu bestimmenden Auslegungsregeln war schon deshalb unverzichtbar, weil dem Wortlaut bei der Auslegung schriftlicher Verträge jedenfalls in der herkömmlichen [X.] Rechtstradition noch weitaus größere Bedeutung beigemessen wird als nach kontinentaleuropäischem Recht. Auch wird die Heranziehung von außerhalb der Urkunde liegenden Umständen bei einem klaren Wortlaut regelmäßig als unzulässig angesehen (vgl. nur [X.]/[X.] in [X.]/[X.], Handbuch des [X.] Handels-, Gesellschafts- und Wirtschaftsrechts, Band 1, [X.]; [X.], [X.] 171 (2007), 490, 496 f.). Dagegen bedurfte es nicht zwingend - wie die Revision meint - einer weiteren Ermittlung des ausländischen Rechts im Hinblick auf die Regelung der Eigentumsverhältnisse nach einer erfolgten Verarbeitung. Denn entscheidend ist, wie die Parteien die Eigentums- und Besitzverhältnisse vor einer solchen Verarbeitung gestalten wollten.

3. Begründet ist die Revision auch insoweit, als sie sich gegen die Abweisung des gegen die [X.] zu 1 gerichteten Feststellungsantrags richtet. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin fehle es in Ermangelung eines eigenen Rechts an dem Uran an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Interesse an der Feststellung, dass die [X.] zu 1 nicht die Herausgabe der Zylinder von der [X.] zu 2 verlangen könne, erweist sich nach den obigen Ausführungen als rechtsfehlerhaft.

III.

Die Sache ist danach nicht zur Entscheidung reif. Für das weitere Verfahren erteilt der Senat die folgenden Hinweise:

1. Die Entstehung eines Pfandrechts der Klägerin setzt gemäß § 1205 [X.] voraus, dass sich die [X.] als Eigentümerin mit der Klägerin über die Bestellung eines Pfandrechts geeinigt und ihr das Uran übergeben hat.

a) Grundlage der Pfandrechtsbestellung war der [X.] aus dem Jahr 1989. Die erforderliche Konkretisierung der verpfändeten Gegenstände dürfte jedenfalls im September 1995 eingetreten sein, als die Klägerin die [X.] um Klarstellung bat, an welchen Zylindern sie ein Pfandrecht habe, und die [X.] der Klägerin daraufhin die Liste der streitgegenständlichen Zylinder mit dem Vermerk „Held for UBS“ übersandte.

b) Das Eigentum der [X.] ist zu prüfen.

aa) Die für einen Eigentumserwerb von der [X.] zu 1 gemäß § 929 Satz 1 [X.] erforderliche Einigung kann durch den zwischen der [X.] zu 1 und der [X.] nach [X.] Recht geschlossenen [X.] vom 7. März 1994 zustande gekommen sein. Seine dahingehende Auffassung müsste das Berufungsgericht allerdings begründen und darlegen, aus welcher konkreten vertraglichen Abrede es dies herleitet.

bb) Das Uran muss der [X.] übergeben worden sein. Eine Abtretung des schuldrechtlichen Herausgabeanspruchs, die Voraussetzung für eine Übergabe gemäß § 929 Satz 1, § 870 [X.] oder ein Übergabesurrogat gemäß § 931 [X.] wäre, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. In Betracht kommt aber eine Übergabe gemäß § 929 Satz 1 [X.]. Sie kann auch erfolgen, indem der Besitzer entweder mit dem Erwerber selbst oder mit einem von diesem bestimmten [X.] ein neues Besitzmittlungsverhältnis begründet (vgl. nur [X.], Urteil vom 10. Oktober 1984 - [X.], [X.]Z 92, 280, 288; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 929 Rn. 66 jeweils mwN). Danach reichte es für die Übergabe an die [X.] aus, wenn der Veräußerer ([X.] zu 1) seinen mittelbaren Besitz aufgegeben und der unmittelbare Besitzer ([X.] zu 2) auf Weisung des Erwerbers ([X.]) ein Besitzmittlungsverhältnis mit einem von dem Erwerber bestimmten [X.] ([X.], [X.]) begründet hätte.

(1) Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht teilweise bereits geprüft. Soweit es die tatsächlichen Umstände dahingehend gewürdigt hat, die [X.] zu 1 habe ihren mittelbaren Besitz aufgegeben und die [X.] zu 2 habe infolge ihrer Anweisungen der [X.] den Besitz vermittelt, sind seine Ausführungen rechtsfehlerfrei. Der Korrespondenz zwischen den [X.] im April 1994 hat das Berufungsgericht entnommen, dass nach dem 29. April 1994 nicht die [X.] zu 1, sondern die [X.] mittelbare Besitzerin sein sollte. Dass eine interne Umbuchung bei der [X.] zu 2 unterblieben ist, hat es dabei unterstellt. Es hat das Schreiben des Direktors [X.]der [X.] zu 1 vom 18. April 1994 an die [X.] zu 2, das darauf folgende Schreiben der [X.] zu 2 vom 20. April 1994 an die [X.] und die Anweisung des Direktors [X.]vom 29. April 1994 an die [X.] dahingehend gewürdigt, dass der mittelbare Besitz der [X.] zu 1 beendet werden sollte. In diesem Zusammenhang hat es erläutert, dass die Erwähnung der im Eigentum der [X.] zu 1 stehenden Zylinder allein auf die Behälter bezogen war. Einbezogen hat es auch, dass die [X.] zu 2 die Verwahrungskosten der [X.] zu 1 zunächst nur bis zum 28. April 1994 in Rechnung stellte. Mit dem Schreiben der [X.] zu 2 vom 16. Mai 1994 hat es sich befasst und ist nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass diese den dort eingenommenen Rechtsstandpunkt anschließend korrigiert hat.

Das Schreiben der [X.] zu 1 vom 12. September 1994 ist mit dem Ergebnis des Berufungsgerichts ohne weiteres in Einklang zu bringen, weil darin von einer erfolgten Übertragung des Materials auf das Konto der [X.] und einem Eigentumserwerb der [X.] ausgegangen wird. Auch der von der Revisionserwiderung herangezogene Schriftsatz der [X.] zu 2 vom 19. November 2010 steht dazu nicht im Widerspruch. Die [X.] zu 2 hat darin gerade nicht die Auffassung vertreten, die [X.] zu 1 habe auch nach April 1994 an ihrem Anspruch festgehalten; sie hat vielmehr vorgetragen, ein [X.] sei aus ihrer Sicht eindeutig erfolgt, zwar nicht durch die Umbuchung auf die - zu ihrem Konzern gehörige - [X.], aber jedenfalls durch die Übertragung des [X.] auf das Materialkonto der [X.] von Seiten der [X.]. Ohnehin ist entscheidend, wie die [X.]spartner der [X.] zu 2 deren Schreiben verstehen mussten.

(2) Nicht geprüft hat das Berufungsgericht bislang, ob die [X.] zu 1 bei ihren Anweisungen in dem Verhältnis zu den jeweiligen [X.]spartnern wirksam durch ihren Direktor [X.]vertreten worden ist. Maßgeblich ist sowohl für die Stellvertretung als auch für die Rechtsscheinhaftung das [X.] Recht; auf die Ausführungen des Senats in dem Urteil vom heutigen Tage in der Sache [X.] wird Bezug genommen. Insoweit fehlt es noch an einer tatrichterlichen Würdigung. Das gilt ebenso für die von der [X.] zu 1 erklärte Anfechtung der Erklärungen des Direktors [X.].

cc) Die [X.] muss auch im [X.]punkt der Konkretisierung der [X.], spätestens also im September 1995, noch Eigentümerin gewesen sein; dagegen hat das Berufungsgericht gemeint - was eher fernliegt -, die [X.] habe nur „für eine logische Sekunde“ Eigentum erlangt, weil die [X.] das Uran an die [X.] übereignet habe.

(1) Im Hinblick darauf bedarf es - wie ausgeführt - einer rechtsfehlerfreien Auslegung der vertraglichen Absprachen zwischen der [X.] und der [X.] nach dem Recht des US-Bundesstaates [X.] im Hinblick darauf, ob die Parteien nur einen [X.] bzw. [X.] abschließen wollten oder ob tatsächlich eine Eigentumsübertragung beabsichtigt war. Das gilt zunächst für die dingliche Einigung zwischen der [X.] und der [X.], die das Berufungsgericht diesen Absprachen entnommen hat. Zwar bestimmen sich die [X.] Anforderungen an die Eigentumsübertragung nach dem [X.] Recht als lex rei sitae. Wird jedoch über eine in [X.] belegene Sache ein [X.] nach ausländischem Recht abgeschlossen und ist fraglich, ob das Eigentum übergehen soll, muss der [X.] zunächst nach den von dem [X.]sstatut vorgegebenen Regeln ausgelegt werden (vgl. [X.]/[X.], Internationales Sachenrecht [1996] Rn. 296; [X.]/[X.], 5. Aufl., Art. 43 EG[X.] Rn. 82; [X.]/[X.], [X.], 71. Aufl., Art. 43 EG[X.] Rn. 4); [X.] Recht als lex rei sitae entscheidet darüber, ob eine danach vereinbarte Eigentumsübertragung auch den Anforderungen an eine dingliche Einigung gemäß § 929 Satz 1 [X.] entspricht.

(2) Soweit das Berufungsgericht eine dingliche Einigung in dem Verhältnis zwischen der [X.] und der [X.] nach [X.] Recht angenommen hat, sind seine Ausführungen zudem in sich widersprüchlich. Es meint nämlich, dass der [X.] - aufgrund der ihr in Nr. 2.2 des [X.] gestatteten Verarbeitung - das Eigentum an dem Uran zugestanden habe; zugleich sei der [X.] das Sicherungseigentum hieran eingeräumt worden. Dabei hat sich das Berufungsgericht möglicherweise von der Vorstellung leiten lassen, eine geplante Verarbeitung lasse darauf schließen, dass nur eine Übertragung des Eigentums auf den Verarbeitenden dem Parteiwillen entspreche. Das trifft jedenfalls nach [X.] Recht nicht zu, weil die Verarbeitungsbefugnis als solche nichts über die beabsichtigte Gestaltung der Eigentumsverhältnisse besagt. Auf jeden Fall schließt nach dem insoweit maßgeblichen [X.] Sachenrecht das Eigentum der [X.] ein gleichzeitig bestehendes Sicherungseigentum der [X.] an dem Material aus. Zudem setzt ein (wirksames) Sicherungseigentum der [X.] gemäß § 930 [X.] ein Besitzmittlungsverhältnis zwischen der [X.] und der [X.] voraus, das das Berufungsgericht aber gerade verneint hat.

c) Um das Uran verpfänden zu können, muss die [X.] im September 1995 auch mittelbaren Besitz gehabt haben. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass die [X.] das Uran für die [X.] besaß, müsste es Feststellungen zu dem Innenverhältnis zwischen [X.] und [X.] treffen. Dafür, dass in diesem Verhältnis die [X.] Eigentümerin war und die [X.] ihr den Besitz (weiter)vermittelte, könnte der in dem Tatbestand des Berufungsurteils wiedergegebene [X.] vom 1. Januar 1989 sprechen.

d) Bestand eine Besitzmittlungskette von der [X.] zu 2 über die [X.] und die [X.] zu der [X.], bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die für die Pfandrechtsbestellung erforderliche Übergabe gemäß § 929 Satz 1, § 1205 Satz 1 [X.] oder gemäß § 1205 Abs. 2 [X.] erfolgt ist (siehe dazu [X.]/[X.], 5. Aufl., § 1205 Rn. 18). Denn jedenfalls dürfte die gemäß § 1205 Abs. 2 [X.] erforderliche Anzeige an den Besitzer vorliegen, die nur gegenüber dem nächsten mittelbaren Besitzer - hier der [X.] - erfolgen muss ([X.]/[X.], [X.], 71. Aufl., § 1205 Rn. 9). Deren Schreiben mit dem Vermerk „Held for UBS“ lässt sich so verstehen, dass sie von der [X.] angewiesen worden war, fortan der Klägerin als Pfandgläubigerin den Besitz zu mitteln.

2. Sollte sachenrechtlich von dem Erwerb eines Pfandrechts auszugehen sein, könnte die Klägerin grundsätzlich die Herausgabe von der [X.] zu 2 gemäß § 1227, § 985 [X.] verlangen; der Eintritt der Pfandreife wird von den Parteien nicht in Zweifel gezogen. Dann wäre allerdings die Wirksamkeit der [X.] Vorgänge im Hinblick auf den [X.] über die Gründung der [X.] vom 25. März 1957 ([X.]) zu überprüfen. Dieser wäre nicht anwendbar, wenn die Voraussetzungen des Art. 75 Nr. 1 Buchstabe c [X.] vorlägen. Insoweit hat der [X.] auf die Vorlage in dieser Sache bereits entschieden, dass auch eine Anreicherung unter diese Bestimmung fallen kann ([X.], Urteil vom 12. September 2006 - [X.], [X.], [X.]. 2006, [X.] Rn. 34 ff.). Zu klären bleibt, ob auch die von dem [X.] aufgestellten Anforderungen an die Neutralität der Anreicherung für die Versorgung der [X.] gemäß Art. 75 Nr. 1 Buchstabe c [X.] vorliegen ([X.], aaO, Rn. 52 ff.).

Sollte das Berufungsgericht die Neutralität für die Versorgung der [X.] verneinen, wäre der [X.] anwendbar. Dies könnte eine wirksame Pfandrechtsbestellung ausschließen. Unabhängig von der rechtlichen Einordnung des Eigentums der [X.] gemäß Art. 86 [X.] im Verhältnis zu dem zivilrechtlichen Eigentum hat nämlich der Generalanwalt in seinem Schlussantrag darauf hingewiesen, dass das [X.]seigentum jedenfalls einem Rechtserwerb durch Sicherungsrechte entgegenstehen müsse, weil derartige Übertragungsmöglichkeiten die Kontrollbefugnisse der [X.] verhindern würden (Schlussantrag des Generalanwalts [X.] zu [X.] und [X.], Rn. 83). Dies könnte nur der [X.] klären, der sich dazu noch nicht geäußert hat, weil er nach dem damaligen Sachstand von der Neutralität der Anreicherung für die Versorgung der [X.] auszugehen hatte.

3. Im Hinblick auf den negativen Feststellungsantrag ist bislang nicht klar, worauf die [X.] zu 1 den Anspruch stützt, dessen sie sich berühmt. Wenn das Eigentum - wie sie meint - infolge der Anreicherung durch die URENCO auf die [X.] übergegangen ist, und auch der [X.] zwischen den [X.] nach dem [X.] unwirksam war, fehlt es an der erforderlichen Darlegung eines Rechtsgrundes für ihr Herausgabeverlangen.

Krüger                                              Stresemann                                                  Czub

                         Brückner                                                     Weinland

Meta

V ZR 135/11

20.07.2012

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 4. Mai 2011, Az: 3 U 29/10

Art 43 Abs 1 BGBEG, § 929 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.07.2012, Az. V ZR 135/11 (REWIS RS 2012, 4413)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4413

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