Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 08.07.2022, Az. V ZR 202/21

5. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 4006

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Gegenstand

Beschlussersetzungsklage: Vertretung einer Wohnungseigentümergemeinschaft


Leitsatz

1. Wird eine Beschlussersetzungsklage entgegen § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG nicht gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, sondern gegen die übrigen Wohnungseigentümer erhoben, muss ein gewillkürter Parteiwechsel auf Beklagtenseite vorgenommen werden; andernfalls ist die Klage als unzulässig abzuweisen.

2. Hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen Verwalter, führt der Ausschluss des oder der klagenden Wohnungseigentümer in einem Beschlussklageverfahren von der nach § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG angeordneten Gesamtvertretung dazu, dass die Gemeinschaft in diesem Prozess durch die übrigen Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten wird. Verbleibt nur ein Wohnungseigentümer, der keinem Vertretungsverbot unterliegt, vertritt er den Verband im Prozess allein.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] vom 17. September 2021 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin und der Revisionsbeklagte zu 2 bilden eine aus zwei Einheiten bestehende Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ([X.]), die Revisionsbeklagte zu 1. Ein Verwalter ist nicht bestellt.

2

Die Klägerin hat im Dezember 2020 eine auf die Bestellung einer bestimmten Verwalterin gerichtete Beschlussersetzungsklage eingereicht, in der sie den [X.] zu 2 als Beklagten bezeichnet hat. Das Amtsgericht hat in seinem Urteil die durch die Klägerin vorgenommene Parteibezeichnung dahin ausgelegt, dass die Klage gegen die [X.], vertreten durch den [X.] zu 2, gerichtet sei, das Rubrum von Amts wegen entsprechend geändert und die vorgeschlagene Verwalterin auf Grundlage eines von der Klägerin vorgelegten [X.] für ein Jahr ab Rechtskraft des Urteils bestellt. Der Revisionsbeklagte zu 2 hat im Namen der [X.] hiergegen Berufung eingelegt. Das [X.] hat in seinem Urteil die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und die Klage als unzulässig abgewiesen. Mit der von dem [X.] zugelassenen, gegen beide [X.] gerichteten Revision will die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erreichen.

Entscheidungsgründe

I.

3

Das Berufungsgericht hält die Berufung der [X.] für zulässig. Sie sei insbesondere bei der Berufungseinlegung durch den [X.] zu 2 wirksam vertreten worden. Zwar erfolge die Vertretung der verwalterlosen [X.] nach § 9b Abs. 1 Satz 2 [X.] durch die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich. Sei ein Wohnungseigentümer aber - wie hier die Klägerin - aufgrund seiner Stellung im Prozess verhindert, die [X.] zu vertreten, wachse die Vertretungsmacht den übrigen Wohnungseigentümern an. Die Berufung sei auch begründet, da die [X.] unzulässig sei. Sie sei, anders als das Amtsgericht meine, gegen den [X.] zu 2 erhoben worden und daher nicht zulässig, da sie gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 [X.] gegen die [X.] hätte gerichtet werden müssen. Für eine interessengerechte Auslegung dahin, dass die [X.] in erster Instanz die Beklagte sei, mangele es an Anhaltspunkten. Die Klägerin habe auch in der Berufungsinstanz keinen [X.]wechsel erklärt. Zwar habe sie beantragt, die Berufung zurückzuweisen; eine Klageänderung lasse sich ihrer [X.] aber nicht entnehmen.

II.

4

Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zu entscheiden ist durch Versäumnisurteil. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 1962 - [X.], [X.], 79, 81 ff.).

5

1. Die Revision ist ungeachtet der möglicherweise nicht ordnungsgemäßen Vertretung der [X.] als der [X.] zu 1 im Revisionsverfahren insgesamt zulässig. Zwar ist die nach § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu prüfende Prozessfähigkeit bzw. die ordnungsgemäße Vertretung der im Prozess selbst nicht handlungsfähigen [X.] im Sinne der §§ 51 f. ZPO nicht nur Sachurteils-, sondern auch Prozesshandlungsvoraussetzung, d.h. die von oder gegenüber einer prozessunfähigen bzw. nicht ordnungsgemäß vertretenen [X.] vorgenommenen Prozesshandlungen sind unwirksam (vgl. [X.]/[X.]/[X.], Zivilprozessrecht, 18. Aufl., § 44 Rn. 24; [X.], ZPO, 23. Aufl., § 51 Rn. 10). Es ist im Rahmen der Zulässigkeit der Revision aber zu unterstellen, dass die [X.] durch den [X.] zu 2 wirksam vertreten wird.

6

a) Anerkannt ist, dass im Interesse eines vollständigen Rechtsschutzes auch der Prozessunfähige die Möglichkeit haben muss, den Prozess durch seine Handlungen in die höhere Instanz zu bringen, um eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung darauf zu erreichen, ob er in der Vorinstanz zu Unrecht, sei es als prozessfähig, sei es als prozessunfähig behandelt worden ist. Andernfalls bliebe ein an dem [X.] leidendes Urteil der unteren Instanz aufrechterhalten, erwüchse in Rechtskraft und könnte nur mit einer Nichtigkeitsklage (§ 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) beseitigt werden (vgl. Senat, Urteil vom 23. Februar 1990 - [X.], [X.], 294, 295 f.; [X.], Urteil vom 4. November 1999 - [X.], [X.]Z 143, 122, 127, jeweils mwN). Dieser Gesichtspunkt, der der Schutzbedürftigkeit des Prozessunfähigen Rechnung trägt, hat nicht nur Bedeutung, wenn die prozessunfähige [X.] das Rechtsmittel mit dem Ziel einer anderen Beurteilung ihrer Prozessfähigkeit einlegt, sondern ebenfalls dann, wenn die [X.], deren Prozessfähigkeit fraglich ist, sich mit ihrem Rechtsmittel gegen ein zu ihren Ungunsten ergangenes Sachurteil wendet. Denn auch in diesem Fall würde mit der Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig ein möglicherweise fälschlich gegen die prozessunfähige [X.] ergangenes Urteil bestätigt, obwohl es sich bei der Prozessfähigkeit der [X.] um eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung handelt (vgl. [X.], Urteil vom 4. November 1999 - [X.], [X.]Z 143, 122, 127 f. und im [X.] daran [X.], Urteil vom 8. Dezember 2009 - [X.], [X.], 548 Rn. 12; so im Hinblick auf die [X.]fähigkeit auch [X.], Beschluss vom 31. Mai 2010 - [X.], NJW 2010, 3100 Rn. 11). Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 23. Februar 1990 ([X.], [X.], 294, 296) eine hiervon abweichende Auffassung vertreten hat, hält er daran nicht fest.

7

b) Ebenso ist im Hinblick auf die Vertretung einer im Prozess selbst nicht handlungsfähigen [X.] im Sinne des § 51 Abs. 1 Alt. 2 ZPO anerkannt, dass Personen, die als Vertreter der beklagten [X.] bezeichnet sind und gegen die in dieser Eigenschaft die Klage gerichtet ist, Rechtsmittel zu dem Zweck einlegen können, den Streit über die Vertretungsmacht zum Austrag zu bringen (vgl. Senat, Urteil vom 23. Oktober 1963 - [X.], [X.]Z 40, 197, 198; [X.], 340, 342). Die als vermeintliche gesetzliche Vertreter in einen Prozess hineingezogenen Personen sind - jedenfalls auch - berechtigt, den Streit über die gesetzliche Vertretungsmacht zur Herbeiführung einer rechtskräftigen Entscheidung auszutragen und die erforderlichen Prozesshandlungen vorzunehmen (vgl. [X.], Urteil vom 28. Februar 2005 - [X.], [X.] 2005, 560, 561 mwN; [X.]/Schütze/Loyal, ZPO, 5. Aufl., § 51 Rn. 31).

8

c) So liegt es hier. Der Revisionsbeklagte zu 2 ist im amtsgerichtlichen Urteil als Vertreter der [X.] bezeichnet worden und konnte daher nach den oben ausgeführten Grundsätzen für die [X.] zulässig Berufung einlegen. In der Konsequenz dessen und nach dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit ist auch für die Zulässigkeit der Revision der Klägerin die ordnungsgemäße Vertretung der [X.] durch den [X.] zu 2 zu unterstellen. Denn nur so besteht für die Klägerin die Möglichkeit, die sachliche Entscheidung des Berufungsgerichts, dass die [X.] nicht Beklagte sei, inhaltlich überprüfen zu lassen.

9

2. Die Revision ist auch begründet.

a) Im Ergebnis zutreffend ist allerdings die Wertung des Berufungsgerichts, dass die Berufung der [X.] zulässig ist, was der [X.] wegen zu prüfen hat (vgl. [X.], Urteil vom 6. April 2017 - [X.], [X.]Z 214, 324 Rn. 14 mwN). Da das erstinstanzliche Urteil formal gegen sie als Beklagte ergangen ist, ist die [X.] zur Einlegung der Berufung befugt (vgl. [X.], Urteil vom 24. Januar 1952 - [X.], [X.]Z 4, 328, 332). Dass die [X.] durch den [X.] zu 2 wirksam vertreten wird, ist - wie ausgeführt - im Rahmen der Zulässigkeit des Rechtsmittels zu unterstellen (siehe oben Rn. 8).

b) Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Klage aber nicht abgewiesen werden. Die [X.] ist nicht deswegen unzulässig, weil sie gegen den [X.] zu 2 und damit gegen den falschen Beklagten gerichtet ist. Vielmehr ist die Klage nur noch gegen die [X.] gerichtet und daher zulässig.

[X.]) Im Ausgangspunkt zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass [X.]n nach § 44 Abs. 2 Satz 1 [X.] gegen die [X.] zu richten sind und eine gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtete Klage unzulässig ist.

[X.]) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klage sei auch in dem für die Berufungsinstanz entscheidungserheblichen Zeitpunkt gegen den [X.] zu 2 gerichtet gewesen, hat jedoch im Ergebnis keinen Bestand. Die Klage war in diesem Zeitpunkt nur gegen die [X.] gerichtet.

(1) Richtig ist allerdings, dass die Klage vor dem Amtsgericht gegen den [X.] zu 2 und nicht gegen die [X.] gerichtet gewesen ist.

(a) Wer [X.] ist, ergibt sich aus der in der Klageschrift nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorzunehmenden [X.]bezeichnung. Als Teil einer Prozesshandlung ist diese grundsätzlich auslegungsfähig. Maßgebend ist, wie die Bezeichnung bei objektiver Deutung aus der Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zu verstehen ist. Bei objektiv unrichtiger oder auch mehrdeutiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als [X.] anzusehen, die erkennbar durch die [X.]bezeichnung betroffen werden soll (vgl. Senat, Urteil vom 14. Dezember 2012 - [X.], NJW-RR 2013, 458 Rn. 5; [X.], Urteil vom 10. März 2011 - [X.], NJW 2011, 1453 Rn. 11, jeweils mwN). Von einer bloß fehlerhaften [X.]bezeichnung zu unterscheiden ist die irrtümliche Benennung der falschen, an dem materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person als [X.]; diese wird [X.], weil es entscheidend auf den Willen des [X.] so, wie er objektiv geäußert ist, ankommt (vgl. [X.], Urteil vom 24. Januar 2013 - [X.], NJW-RR 2013, 394 Rn. 13). Die Benennung der falschen [X.] kann nicht durch eine [X.]berichtigung, sondern nur durch einen [X.]wechsel korrigiert werden (so schon zur letzten Reform des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das [X.], Urteil vom 6. November 2009 - [X.], NJW 2010, 446 Rn. 11; zu weitgehend deshalb [X.], [X.] 2022, 186 Rn. 35 f.; [X.]/[X.], 8. Aufl., § 44 [X.] nF Rn. 49). Wird eine [X.] entgegen § 44 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht gegen die [X.], sondern gegen die übrigen Wohnungseigentümer erhoben, muss ein gewillkürter [X.]wechsel auf Beklagtenseite vorgenommen werden; andernfalls ist die Klage als unzulässig abzuweisen.

(b) Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin die Klage gegen die falsche [X.] gerichtet. Sie hat in der Klageschrift unmissverständlich den [X.] zu 2 persönlich als Beklagten benannt. Anhaltspunkte für eine versehentliche Abweichung des Erklärten von dem tatsächlich Gewollten bestehen nicht. Es handelt sich daher nicht um eine offensichtliche Unrichtigkeit, sondern um eine in Bezug auf § 44 Abs. 2 Satz 1 [X.] in rechtlicher Hinsicht falsche Willensbildung.

(c) Zutreffend geht das Berufungsgericht überdies davon aus, dass die Klägerin in erster Instanz keinen [X.]wechsel vorgenommen hat. Das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht weist eindeutig den [X.] zu 2 als Beklagten aus und enthält auch im Übrigen keinerlei Angaben, die für einen von der Klägerin mindestens konkludent erklärten [X.]wechsel sprechen könnten. Die Änderung des [X.] hat das Amtsgericht erst in seinem Urteil von Amts wegen vorgenommen. Deshalb fehlte es entgegen der Ansicht der Revision an einer Klage gegen die [X.], auf die diese sich in der mündlichen Verhandlung hätte [X.] einlassen können (vgl. zur konkludenten Einwilligung nach § 263 ZPO [X.], Urteil vom 28. Juni 2016 - [X.], juris Rn. 10).

(2) Der Senat teilt jedoch nicht die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe auch im [X.] keinen wirksamen [X.]wechsel vorgenommen.

(a) Im Ausgangspunkt richtig ist, dass die Klägerin als Berufungsbeklagte eine Änderung ihrer Klage nur über eine zulässige [X.]berufung vornehmen kann (vgl. allgemein zur Klageänderung durch den Berufungsbeklagten im Berufungsverfahren Senat, Urteil vom 7. Dezember 2007 - [X.], [X.], 1953 Rn. 12 ff.; [X.], Urteil vom 9. Juni 2011 - [X.], [X.], 979 Rn. 22; Urteil vom 4. Februar 2015 - [X.], [X.]Z 204, 134 Rn. 15; Urteil vom 7. Mai 2015 - [X.], [X.], 1871 Rn. 26 ff.).

(b) Anders als das Berufungsgericht meint, hat die Klägerin binnen der nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO maßgeblichen [X.]sfrist eine solche [X.]berufung eingelegt und in dieser eine Klageänderung in Form eines [X.]wechsels auf Beklagtenseite (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 16. Dezember 2005 - [X.], [X.], 1351 Rn. 24 mwN) erklärt.

([X.]) Ein [X.]rechtsmittel braucht nicht als solches bezeichnet zu werden, sondern kann auch konkludent eingelegt werden (vgl. Senat, Urteil vom 7. Dezember 2007 - [X.], [X.], 1953 Rn. 16; [X.], Urteil vom 9. Juni 2011 - [X.], [X.], 979 Rn. 26; Urteil vom 4. Februar 2015 - [X.], [X.]Z 204, 134 Rn. 16). Es genügt deshalb für eine Klageänderung in der Form eines [X.]wechsels durch [X.]berufung jede Erklärung, die sich ihrem Sinn nach als Umstellung der ursprünglich erhobenen Klage von dem bisherigen Klagegegner auf einen neuen Beklagten darstellt. Bei der Auslegung einer Prozesshandlung ist dabei von dem allgemeinen Grundsatz auszugehen, dass eine [X.] im Zweifel das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. Senat, Urteil vom 19. September 2014 - [X.], [X.], 2269 Rn. 26; Urteil vom 4. Dezember 2015 - [X.], [X.], 1089 Rn. 24). Der Wille zur Vornahme einer Prozesshandlung muss sich dabei objektiv unmissverständlich aus dem Vorbringen der [X.] ergeben. Gerade wenn zur Einlegung einer [X.]berufung die Änderung des Antrags des Berufungsbeklagten in formaler Hinsicht nicht erforderlich ist, muss für den Gegner aufgrund der sonstigen Erklärungen klar zu erkennen sein, welche prozessualen Ansprüche gegen ihn erhoben werden, damit er seine Rechtsverteidigung danach ausrichten kann (vgl. [X.], Urteil vom 9. Juni 2011 - [X.], [X.], 979 Rn. 27 zur Einführung eines neuen Klagegrunds).

([X.]) Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin im [X.] eine [X.]berufung eingelegt und einen [X.]wechsel schlüssig erklärt. Der Senat teilt zwar die Würdigung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin in der [X.] nicht hinreichend deutlich gemacht hat, ihre ursprünglich gegen den [X.] zu 2 erhobene Klage nunmehr gegen die [X.] als neue Beklagte weiterverfolgen zu wollen. Jedoch hat die Klägerin in dem Schriftsatz vom 15. Juli 2021, der innerhalb der vom Berufungsgericht zur Erwiderung auf die Berufung gesetzten Frist eingegangen ist und den der Senat im Hinblick auf darin enthaltene Prozesshandlungen von Amts wegen zu prüfen und selbst auszulegen hat (vgl. [X.], Beschluss vom 23. August 2016 - [X.], [X.], 1955 Rn. 25 mwN), eine konkludente [X.]berufung eingelegt und in dieser konkludent einen [X.]wechsel erklärt.

Die Klägerin hat dort zwar in erster Linie den Standpunkt vertreten, schon das Urteil des Amtsgerichts richte sich gegen die [X.] persönlich. Aus dem Schriftsatz ergibt sich aber, dass sie eine Sachentscheidung erreichen wollte. Sie hat außerdem in Kenntnis des vorangegangenen Hinweises des Berufungsgerichts, wonach der Revisionsbeklagte zu 2 der Beklagte sei, in diesem Schriftsatz ausgeführt, dass die [X.] [X.] sei und deren Vertretung durch „den ursprünglich beklagten Miteigentümer“ problematisiert. Insbesondere der Formulierung, dass der Revisionsbeklagte zu 2 „ursprünglich“ Beklagter gewesen sei, lässt sich entnehmen, dass die Klägerin die Möglichkeit in Betracht gezogen hat, dass dieser zunächst der Beklagte gewesen sei. Insgesamt ergibt sich hieraus, dass die Klägerin zur Erlangung der angestrebten Sachentscheidung eine Änderung der Klage auf die [X.] als Beklagte jedenfalls für den Fall vornehmen wollte, dass nicht bereits der zunächst gestellte Antrag diese Tragweite hatte. Darin lag eine konkludente [X.] und die konkludente Erklärung eines [X.]wechsels (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation Senat, Urteil vom 26. Oktober 1990 - [X.], NJW-RR 1991, 510).

(c) Der Wirksamkeit der [X.]berufung und des [X.]wechsels stehen auch keine sonstigen Bedenken entgegen.

([X.]) Zwar kann im Wege der [X.]berufung die Klage nicht auf einen bisher nicht am Verfahren beteiligten [X.] erstreckt werden. Vielmehr muss diese sich gerade gegen den Berufungsführer als solchen richten (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 2000 - [X.], [X.], 1114 mwN). Diese Voraussetzung war in der hier vorliegenden Sonderkonstellation aber gegeben. Die Änderung der Klage dahin, dass nicht mehr der Revisionsbeklagte zu 2, sondern die [X.] beklagt sein sollte, hat nämlich überhaupt erst dazu geführt, dass die Klage gegen die Berufungsführerin als solche gerichtet wurde; dass die [X.] zunächst nur [X.] war, ändert an ihrer Stellung als Berufungsführerin nichts.

([X.]) Die Zulässigkeit der in dem [X.]wechsel liegenden Klageänderung scheitert auch nicht daran, dass mit der [X.]berufung mehr als die Zurückweisung des Rechtsmittels des Berufungsführers erstrebt werden muss (vgl. Senat, Urteil vom 7. Dezember 2007 - [X.], [X.], 1953 Rn. 14 mwN). Hier hat die Klägerin durch die Erklärung des [X.]wechsels gerade mehr erreichen wollen als die bloße Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung über den mit der Klage verfolgten Anspruch. Denn dadurch, dass sie die Klage nicht mehr gegen den [X.] zu 2, sondern gegen die [X.] gerichtet hat, hat sie einen neuen Klageantrag gestellt und damit einen neuen prozessualen Anspruch in den Prozess eingeführt (vgl. auch Senat, Urteil vom 7. Dezember 2007 - [X.], [X.], 1953 Rn. 15).

(cc) Dem wirksamen [X.]wechsel steht nicht die fehlende Zustimmung eines Prozessbeteiligten entgegen. Zwar setzt der [X.]wechsel im [X.] die Zustimmung sowohl des ausscheidenden als auch des neuen Beklagten voraus (vgl. Senat, Urteil vom 7. Mai 2021 - [X.], NJW-RR 2021, 1170 Rn. 19; [X.], Urteil vom 28. Juni 2016 - [X.], juris Rn. 9). Eine Verweigerung wäre aber im Hinblick auf die enge Verbindung, die der Revisionsbeklagte zu 2 als weiterer Wohnungseigentümer und die [X.] zu dem Rechtsstreit haben, mangels schutzwürdigen Interesses missbräuchlich und damit unbeachtlich (vgl. hierzu bereits Senat, Urteil vom 7. Mai 2021 - [X.], NJW-RR 2021, 1170 Rn. 19 mwN).

c) Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Insbesondere ist die [X.] nicht deswegen unzulässig, weil ihr das Rechtsschutzbedürfnis mangels Vorbefassung der [X.] fehlte. Denn aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts kann - abgesehen von der Frage, wie die Einberufung einer Eigentümerversammlung derzeit überhaupt erfolgen könnte - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Antrag in der Eigentümerversammlung nicht die erforderliche Mehrheit finden wird, so dass die Befassung der Versammlung eine unnötige [X.] wäre (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - [X.], [X.]Z 184, 88 Rn. 15).

III.

Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil weitere Feststellungen zu treffen sind. Sie ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Für das weitere, allein gegen die [X.] gerichtete Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Das Berufungsgericht wird - wie es in dem aufgehobenen Urteil der Sache nach zutreffend angenommen hat - davon auszugehen haben, dass die [X.] in diesem Verfahren im Sinne des § 51 Abs. 1 Alt. 2 ZPO wirksam durch den [X.] zu 2 vertreten wird.

a) Die nach § 9a Abs. 1 Satz 1 [X.] parteifähige [X.] wird dann, wenn ein Verwalter bestellt ist, durch diesen (§ 9b Abs. 1 Satz 1 [X.]), soweit - wie hier - ein solcher nicht bestellt ist, durch die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten (§ 9b Abs. 1 Satz 2 [X.]). Die nach altem Recht bestehende Möglichkeit, einen oder mehrere Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss zur Vertretung zu ermächtigen, sieht das neue Recht nicht mehr vor (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 49).

b) Eine Vertretung im Sinne von § 9b Abs. 1 Satz 2 [X.] durch die Klägerin und den [X.] zu 2 gemeinsam ist in diesem Verfahren nicht möglich. Denn die Klägerin ist als Prozessgegnerin von der Vertretung der [X.] ausgeschlossen. Da es prozessrechtlich nicht zulässig ist, einen Rechtstreit mit sich selbst - und zwar auch als Vertreter eines anderen - zu führen (vgl. [X.], Urteil vom 11. Juli 1983 - [X.], NJW 1984, 57, 58; Urteil vom 9. Februar 2009 - [X.], [X.]Z 179, 344 Rn. 20; Urteil vom 7. Juni 2010 - [X.], [X.], 2311 Rn. 11; [X.], 404 f.), darf ein Wohnungseigentümer in Rechtsstreitigkeiten, die er gegen die [X.] führt, an deren Vertretung nicht mitwirken.

c) Umstritten ist, welche Folgen ein derartiger, auf der prozessualen Situation beruhender Ausschluss des klagenden Wohnungseigentümers von der Vertretung der verwalterlosen [X.] auf deren ordnungsgemäße Vertretung in einem [X.] nach § 44 Abs. 1 [X.] hat. Dabei werden im Wesentlichen zwei Auffassungen vertreten.

[X.]) Die wohl herrschende Meinung, der sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, nimmt - wenn auch mit gewissen Unterschieden in der Begründung - an, die Vertretung der verwalterlosen [X.] stehe in [X.] in Anlehnung an die gesellschaftsrechtliche Rechtsprechung des [X.] den übrigen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich bzw. dem verbleibenden Wohnungseigentümer alleine zu (sog. kupierte Gesamtvertretung). Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, § 9b Abs. 1 Satz 2 [X.] solle die Handlungsfähigkeit der [X.] auch im Falle ihrer Verwalterlosigkeit gewährleisten. Der Ausschluss des klagenden Wohnungseigentümers von der Vertretung führe deshalb nicht zu einem Mangel der gesetzlichen Vertretung; die Bestellung eines [X.] gemäß oder entsprechend § 57 ZPO komme nicht in Betracht (vgl. [X.], [X.] 2021, 277, 279; [X.], 574, 575 f., Revision anhängig bei dem Senat unter [X.]/21; [X.], [X.] 2022, 94 Rn. 2; [X.], Beschluss vom 18. Januar 2022 - 1 C 667/21 [X.], juris Rn. 3 f.; [X.]/[X.], [X.] [1.6.2022], § 9b Rn. 18.1; [X.] [X.]/[X.] [1.3.2022], § 44 Rn. 39; [X.]/[X.], [X.], 81. Aufl., § 9b [X.] Rn. 3, § 44 Rn. 9; Suilmann in [X.], [X.], 7. Aufl., § 44 Rn. 196; NK-[X.]/[X.]/[X.], 5. Aufl., § 44 Rn. 16; [X.] in Hügel, Wohnungseigentumsrecht, 5. Aufl., § 17 Rn. 24; vgl. auch - mit anderem Begründungsschwerpunkt - Zschieschack in [X.], [X.], 7. Aufl., § 9b Rn. 65 ff.).

[X.]) Nach anderer Ansicht wird die Aktivvertretung der [X.] in [X.] durch die nicht klagenden Wohnungseigentümer abgelehnt. Eine gemeinschaftliche Vertretung nach § 9b Abs. 2 Satz 1 [X.] könne nur durch sämtliche Wohnungseigentümer erfolgen; diese Vorschrift habe nicht den Zweck, die Vertretung der verwalterlosen [X.] in jedem Fall zu gewährleisten. Mangels eines Aktivvertreters sei die [X.] nicht prozessfähig, so dass die gegen sie gerichtete [X.] unzulässig sei, sofern nicht ein Verwalter oder aber auf Antrag des klagenden Wohnungseigentümers ein Prozesspfleger nach § 57 ZPO bestellt werde (vgl. [X.], [X.] 2022, 100 Rn. 6 ff.; [X.]/Skauradszun, [X.] [1.6.2022], § 44 Rn. 59.3 ff.; jurisPK-[X.]/[X.], 9. Aufl., § 44 [X.] Rn. 60; [X.], [X.] 2022, 67, 69; [X.]/[X.], [X.]-Reform 2020, Rn. 245 ff., Rn. 1904 f.; [X.], [X.] 2022, 61, 65, 67; im Ergebnis wohl auch [X.]/[X.], 8. Aufl., § 44 [X.] nF Rn. 52).

d) Richtig ist die erstgenannte Auffassung. Hat die [X.] keinen Verwalter, führt der Ausschluss des oder der klagenden Wohnungseigentümer in einem [X.] von der nach § 9b Abs. 1 Satz 2 [X.] angeordneten Gesamtvertretung dazu, dass die [X.] in diesem Prozess durch die übrigen Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten wird. Verbleibt nur ein Wohnungseigentümer, der keinem Vertretungsverbot unterliegt, vertritt er die [X.] im Prozess allein.

[X.]) Die Annahme, die verwalterlose [X.] könne auch in einer derartigen Konstellation nur durch sämtliche Wohnungseigentümer gemeinsam vertreten werden, ließe sich zwar auf den Wortlaut des § 9b Abs. 1 Satz 2 [X.] („durch die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich“) stützen. [X.] ist dies aber keineswegs, zumal bei einer verwalterlosen [X.], die - wie es nach neuem Recht möglich ist (vgl. [X.] [X.]/Hügel [1.5.2022], § 9a [X.] Rn. 9) - nur aus einer Person besteht, etwas anderes als die Vertretung allein durch diese Person nicht denkbar ist. Dem Gesetzestext lässt sich nicht entnehmen, dass ein in der Person eines einzelnen Wohnungseigentümers verwirklichter Ausschlussgrund zwangsläufig die Vertretungsmacht der übrigen Wohnungseigentümer erfassen soll. Die Fassung der Norm erlaubt vielmehr auch die Deutung, dass die Gesamtvertretung durch alle Wohnungseigentümer zwar die Regel sein soll, Ausnahmen aber möglich bleiben.

[X.]) Die Systematik des Wohnungseigentumsgesetzes gibt ebenfalls keinen Aufschluss für die Beantwortung der Streitfrage. Die Vertretung der verwalterlosen [X.] wird ausschließlich und allgemein im Zusammenhang mit der Rechtsfähigkeit der [X.] im dritten Abschnitt des ersten Teils geregelt, nicht hingegen im dritten Teil des Gesetzes, der die Verfahrensvorschriften enthält. Welche Folgen der Ausschluss der Vertretung eines Wohnungseigentümers in einem Verfahren nach § 44 Abs. 1 [X.] für die nach § 51 Abs. 1 Alt. 2 ZPO erforderliche ordnungsgemäße Vertretung haben soll, ist im Gesetz nicht festgelegt.

cc) Aus der Entstehungsgeschichte des [X.] vom 16. Oktober 2020 ([X.]l I S. 2187 - WEMoG) lässt sich nicht entnehmen, dass der Ausschluss des klagenden Wohnungseigentümers in [X.] zu einer Unmöglichkeit der Selbstvertretung der verwalterlosen [X.] durch die übrigen Wohnungseigentümer führen und deswegen der Fortgang des Verfahrens die Bestellung eines [X.] voraussetzen sollte.

(1) Nach dem bis zum 1. Dezember 2020 geltenden Recht waren Nichtigkeits- und Anfechtungsklagen gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten. Das galt auch für [X.]n (vgl. Senat, Urteil vom 25. Februar 2022 - [X.], [X.], 381 Rn. 7). Weitere Zwischenschritte waren - mit Ausnahme der grundsätzlich notwendigen Vorbefassung der [X.] bei [X.]n (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - [X.], [X.]Z 184, 88 Rn. 15) - nicht erforderlich. Mit Inkrafttreten des [X.] sind die [X.]n nunmehr gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 [X.] gegen die [X.] zu erheben. Die Gesetzesänderung hat zur Folge, dass eine Vertretung der verwalterlosen [X.] durch alle Wohnungseigentümer in jedem [X.] undurchführbar wird, weil mindestens ein Wohnungseigentümer als Kläger von der Vertretung ausgeschlossen ist.

(2) Trotz der sich aufgrund des Ausschlusses der klagenden Wohnungseigentümer zwangsläufig ergebenden Problematik bei der Vertretung der verwalterlosen [X.] in [X.] und der bereits im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens von Verbänden und Sachverständigen aufgezeigten praktischen Probleme, die bei einer Gesamtvertretung in zerstrittenen und größeren verwalterlosen [X.]en sowohl mit Blick auf die Zustellung einer gegen die [X.] gerichteten [X.] als auch bezogen auf die Verteidigung der [X.] im Prozess zu erwarten sind (vgl. Abschlussbericht der [X.] zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes, [X.] 2019, 429, 458; [X.] Richterbund, Stellungnahme Nr. 6/20 von Mai 2020 anlässlich der Anhörung des [X.] zum [X.], Anmerkung Nr. 17; [X.], Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des [X.] zum [X.], [X.], 39), findet sich in der Gesetzesbegründung keine Klarstellung oder Erläuterung, wer in diesen Fällen zur Vertretung der [X.] im Prozess berechtigt sein soll. Auch die Anregung der [X.], eine Möglichkeit zu eröffnen, einen Vertreter zu bestimmen oder das Gericht zur Bestellung eines [X.] zu ermächtigen (vgl. [X.] 2019, 429, 458), hat der Gesetzgeber nicht aufgegriffen.

Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich lediglich, dass mit der Änderung des [X.] bei [X.]n prozessual umgesetzt werden sollte, dass nach § 18 Abs. 1 [X.] materiell-rechtlich die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der [X.] zugewiesen ist. Ziel war es auch, [X.]n leichter handha[X.]ar zu machen sowie der Gefahr vorzubeugen, die darin bestehe, dass die falschen Personen verklagt werden. Außerdem sollte Irritationen entgegengewirkt werden, die nach alter Rechtslage darin bestanden, dass auch diejenigen Wohnungseigentümer zu verklagen waren, die gegen den Beschluss gestimmt hatten ([X.]. 168/20 S. 93).

(3) Hätte der Gesetzgeber durch die Gesetzesänderung in [X.] die Vertretung einer verwalterlosen [X.] durch die nicht klagenden Eigentümer ausschließen und zur Fortführung des Prozesses die Bestellung eines [X.] für erforderlich erachten wollen, wäre im Hinblick auf die darin liegende wesentliche Änderung der Verfahrensgestaltung gegenüber der vorherigen Gesetzeslage, die im Gesetzgebungsverfahren aufgezeigten Probleme der Gesamtvertretung und der fiskalischen Folgen, die die Bestellung eines [X.] nach § 45 Abs. 1 [X.] haben kann, zu erwarten gewesen, dass er dies in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck bringt.

dd) Sinn und Zweck der in § 9b Abs. 1 Satz 2 [X.] angeordneten Gesamtvertretung und der in § 44 [X.] geregelten [X.]n sprechen dafür, dass die nach § 51 Abs. 1 Alt. 2 ZPO erforderliche Vertretung durch die übrigen, nicht klagenden Wohnungseigentümer erfolgt, wie es nach der Rechtsprechung des [X.] auch bei Personenhandelsgesellschaften angenommen wird (vgl. [X.], Urteil vom 25. Mai 1964 - [X.], [X.]Z 41, 367, 368 f.; Urteil vom 4. November 1982 - [X.], [X.], 60; Beschluss vom 7. Juni 2010 - [X.], [X.], 2311 Rn. 12 ff.).

(1) Die Regelung des § 9b Abs. 1 Satz 2 [X.] soll die Vertretung der [X.] gewährleisten, wenn ein Verwalter für sie nicht bestellt ist. Dieser Zweck würde im Rahmen von [X.], in denen - wie ausgeführt (Rn. 32) - die klagenden Wohnungseigentümer immer von der Vertretung ausgeschlossen sind, niemals erreicht, wenn dieser Ausschluss dazu führte, dass eine Vertretung durch die übrigen Wohnungseigentümer nicht möglich ist. Ein derartiges Ergebnis ist insbesondere vor dem Hintergrund der Funktion von [X.]n nicht hinnehmbar. Die [X.]n im Sinne von § 44 Abs. 1 [X.] ermöglichen es einem oder mehreren Wohnungseigentümern, eine Beschlussfassung der Mehrheit überprüfen zu lassen bzw. eine Beschlussfassung gegen die ablehnende Mehrheit zu bewirken, und dienen damit dem Minderheitenschutz im Einzelfall (vgl. Senat, Urteil vom 14. Juli 2017 - [X.], [X.] 2017, 709 Rn. 12 f.; Urteil vom 18. Januar 2019 - [X.], [X.] 2019, 447 Rn. 24 mwN).

(2) Wäre die verwalterlose [X.] in jedem [X.] nicht ordnungsgemäß vertreten, hätte dies zur Folge, dass der Minderheitenschutz schwerer zu verwirklichen wäre.

(a) Anders, als die Gegenauffassung meint, kann die Bestellung eines [X.] das Fehlen eines Verwalters nicht kompensieren. Die Annahme, dass ein Prozesspfleger einen Verwalter ersetzen könne (in diese Richtung wohl [X.], [X.] 2022, 61, 67), verkennt dessen Aufgaben und Befugnisse. Die Vertretungsmacht des [X.] entspricht weitgehend dem gesetzlichen Umfang der [X.] gemäß § 81 ZPO, d.h. er ist lediglich befugt, Prozesshandlungen vorzunehmen und sachlich rechtliche Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Dezember 2020 - [X.] 128/19, [X.], 346 Rn. 12). Der Vorteil eines [X.] läge in der Praxis vornehmlich darin, dass er durch die Abgabe einer Verteidigungsanzeige im schriftlichen Vorverfahren eine schnelle Titulierung durch Versäumnisurteil verhindern könnte. Hingegen wäre er nicht in der Lage, die weitere Verteidigung gegen die Klage sachgerecht zu organisieren, weil ihm die Kompetenz fehlte, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, um die notwendige Willensbildung der Wohnungseigentümer über die Verteidigungsstrategie herbeizuführen. Es ist nicht Aufgabe eines [X.], die Interessen der [X.] im Zusammenhang mit der begehrten Beschlussfassung zu ermitteln und dem Gericht vorzutragen (so aber [X.], [X.] 2022, 61, 67). Völlig unklar ist auch, auf welche Interessen er in einer zerstrittenen [X.] aus zwei Personen überhaupt abstellen könnte.

Im Übrigen ist nicht gewährleistet, dass die Bestellung eines [X.] in jedem Fall erfolgreich ist. Zwar kann, wenn die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 ZPO vorliegen, das Gericht einen Prozesspfleger bestellen. Es besteht aber keine Pflicht des Bestellten, dieses Amt auch zu übernehmen (vgl. MüKoZPO/Lindacher/[X.], 6. Aufl., § 57 Rn. 17; [X.], ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 17, jeweils mwN).

(b) Insofern führte eine Bestellung eines [X.] vor allem zu einer zeitlichen Verzögerung des Verfahrens, die die Verwirklichung des [X.] durch die [X.]n erschwerte, ohne die sich aus der Verwalterlosigkeit der [X.] ergebenden Probleme bei deren Willensbildung zu beseitigen. Damit würde letztlich das Ziel des Gesetzgebers, mit der Anordnung der Gesamtvertretung in § 9b Abs. 1 Satz 2 [X.] bei zugleich entfallener Möglichkeit, einen oder mehrere Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss zur Vertretung zu ermächtigen, die Minderheit zu schützen (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 49), konterkariert. Dass die Erzwingung der Bestellung eines Verwalters mit einer [X.], in deren Rahmen dann wiederum ein Prozesspfleger zu bestellen wäre, kein effektiver Weg zur Überwindung der Problematik des fehlenden Verwalters ist (so aber [X.]/[X.], NJW 2021, 662 Rn. 33; [X.], [X.] 2022, 61, 64), zeigt das vorliegende Verfahren, dessen Gegenstand gerade die Bestellung eines Verwalters ist, exemplarisch.

(c) Richtig ist zwar, dass die Vertretung der verwalterlosen [X.] durch die übrigen Wohnungseigentümer in [X.] zu Schwierigkeiten führen kann. Insbesondere besteht die Möglichkeit, dass eine Gesamtvertretung durch die übrigen Wohnungseigentümer daran scheitert, dass diese nicht zeitnah zueinander finden oder keine Einigung erzielen, zum Beispiel, weil ein Wohnungseigentümer die Verteidigung gegen die Klage torpediert. Solche Schwierigkeiten sind aber kein spezifisches Problem der [X.]. Sie entstehen vor allem nicht deshalb, weil ein Wohnungseigentümer als Gesamtvertreter ausfällt. Vielmehr ist das Risiko, sich wechselseitig zu blockieren, der gesetzlich angeordneten Gesamtvertretung immanent (vgl. [X.], Beschluss vom 23. September 2014 - [X.], NJW 2014, 3779 [X.] zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts).

2. Das Berufungsgericht wird im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch auf Verwalterbestellung Folgendes zu beachten haben:

a) Die Wohnungseigentümer haben nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 [X.] einen Anspruch auf eine Verwaltung ihrer [X.], die den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Das schließt einen Anspruch auf Bestellung eines tauglichen Verwalters ein (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juni 2011 - [X.], NJW 2011, 3025 Rn. 11 - zum alten Recht), was auch in einer [X.] gilt, die nur aus zwei Einheiten besteht (vgl. [X.]/[X.], [X.] [1.6.2023], § 26 Rn. 327; [X.] [X.]/[X.] [1.3.2022], § 26 Rn. 113 und wohl auch NK-[X.]/[X.]/[X.], 5. Aufl., § 26 [X.] Rn. 14; aA [X.], [X.] 2013, 224, 226). Denn das Fehlen eines Verwalters erschwert in jeder [X.] die ordnungsmäßige Verwaltung; so ist es zum Beispiel ohne Verwalter nicht ohne weiteres möglich, eine Eigentümerversammlung einzuberufen (vgl. hierzu [X.]/[X.], § 26 [X.] [1.6.2022], Rn. 330).

b) Die Auswahl des Verwalters obliegt im Rahmen des Beschlussersetzungsverfahrens dem Gericht gemäß § 18 Abs. 2 [X.] nach billigem Ermessen. Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, inwieweit die von der Klägerin vorgeschlagene Verwalterin als tauglich zu betrachten ist und ob der Verwaltervertrag eine der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechende Vertragsgestaltung darstellt.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen [X.] der Einspruch zu. Dieser ist beim [X.] in [X.] von einem an diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Die Einspruchsschrift muss das Urteil, gegen das der Einspruch gerichtet wird, bezeichnen und die Erklärung enthalten, dass und, wenn das Rechtsmittel nur teilweise eingelegt werden solle, in welchem Umfang gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.

In der Einspruchsschrift sind die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie [X.], die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann die Vorsitzende des erkennenden Senats die Frist für die Begründung verlängern. Bei Versäumung der Frist für die Begründung ist damit zu rechnen, dass das nachträgliche Vorbringen nicht mehr zugelassen wird.

Im Einzelnen wird auf die Verfahrensvorschriften in § 78, § 296 Abs. 1, 3, 4, § 338, § 339 und § 340 ZPO verwiesen.

Brückner     

      

Göbel     

      

Haberkamp

      

Malik     

      

Laube     

      

Meta

V ZR 202/21

08.07.2022

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Versäumnisurteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Landau (Pfalz), 17. September 2021, Az: 5 S 18/21

§ 9a Abs 1 S 1 WoEigG, § 9b Abs 1 S 1 WoEigG, § 9b Abs 1 S 2 WoEigG, § 44 Abs 1 WoEigG, § 44 Abs 2 S 1 WoEigG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 08.07.2022, Az. V ZR 202/21 (REWIS RS 2022, 4006)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4006 NJW 2022, 3003 REWIS RS 2022, 4006 MDR 2022, 1273-1274 REWIS RS 2022, 4006

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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