Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.01.2023, Az. V ZR 43/22

5. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 506

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Gegenstand

Anfechtung von Beschlüssen einer Eigentümerversammlung: Voraussetzungen einer beschränkten Zulassung der Revision; Wahrung der Klagefrist


Leitsatz

1a. Auch nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes am 1. Dezember 2020 haben Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage denselben Streitgegenstand; einzelne Beschlussmängel sind nur Teile des einheitlichen Streitgegenstands.

1b. Eine auf einzelne Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe beschränkte Rechtsmittelzulassung kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn sich die geltend gemachten Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe in tatsächlicher Hinsicht nicht voneinander trennen lassen.

2a. Werden in einer nach dem 30. November 2020 bei Gericht eingegangenen Beschlussmängelklage entgegen § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG die übrigen Wohnungseigentümer als Beklagte bezeichnet, kann die Klage nur dann als gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtet zu verstehen sein, wenn sich ein entsprechender Wille zweifelsfrei aus dem übrigen Inhalt der Klageschrift ergibt. Für eine solche Annahme genügt nicht bereits die Nennung des Verwalters im Anschluss an die Parteibezeichnung.

2b. Eine Beschlussanfechtungsklage, die nach dem 30. November 2020 eingeht und gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet ist, wahrt die Klagefrist gemäß § 45 Satz 1 WEG nicht; eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 45 Satz 2 WEG i.V.m. §§ 233 ff. ZPO kommt bei einer anwaltlich vertretenen Partei nicht in Betracht (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 6. November 2009 - V ZR 73/09, NJW 2010, 446).

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 25. Zivilkammer des [X.] vom 26. Januar 2022 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Kläger sind Mitglieder der beklagten [X.] ([X.]). Sie wenden sich gegen die in der Eigentümerversammlung vom 14. Dezember 2020 zu [X.] und 2 gefassten Beschlüsse, die die geänderte Ausführung einer Geländerkonstruktion im Zusammenhang mit einer zu einem früheren Zeitpunkt beschlossenen Instandsetzung zusammenhängender Dachterrassenflächen zum Gegenstand haben.

2

In der am 13. Januar 2021 bei Gericht eingegangenen Klage haben die Kläger die übrigen Wohnungseigentümer als Beklagte und die Verwalterin als [X.] benannt. Auf gerichtlichen Hinweis haben sie noch vor Zustellung der Klageschrift mit einem am 11. Februar 2021 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz um Berichtigung des Beklagtenrubrums dahingehend gebeten, dass Beklagte die [X.] „mit Ausnahme der Kläger“ sei. Dieser Schriftsatz und die Klageschrift sind der Verwalterin am 25. Februar 2021 zugestellt worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht haben die Kläger erklärt, die Klage richte sich ohne Ausnahmen gegen die [X.].

3

Die Klage ist bei Amts- und [X.] ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, nach der [X.]bezeichnung in der Klageschrift und den Angaben in der Klagebegründung seien zunächst die übrigen [X.] geworden. [X.] seien nach § 44 Abs. 2 Satz 1 [X.] in der zum 1. Dezember 2020 in [X.] getretenen Fassung allerdings gegen die [X.] zu richten. Da keine bloße fehlerhafte Bezeichnung, sondern die irrtümliche Benennung der falschen [X.] vorliege, scheide eine abweichende Auslegung der [X.]bezeichnung aus. Der erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht erklärte [X.]wechsel habe die Klagefrist des § 45 Satz 1 [X.] nicht gewahrt. Zwar habe der [X.] auf der Grundlage des bis zum 30. November 2020 geltenden Wohnungseigentumsgesetzes einen [X.]wechsel bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zugelassen, wenn die Klage unter Angabe des Verwalters irrtümlich gegen den Verband statt wie bis dahin richtig gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet worden sei. Diese Rechtsprechung habe aber auf § 44 [X.] aF und der Möglichkeit beruht, die namentliche Bezeichnung der Wohnungseigentümer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nachzuholen. Weil die Vorschrift ersatzlos weggefallen sei und der Verwalter seit dem 1. Dezember 2020 nicht mehr (auch) die übrigen Wohnungseigentümer vertrete, habe sich die Rechtslage entscheidend geändert.

5

[X.], die außerhalb der Anfechtungsfrist vorgebracht werden könnten, seien nicht gegeben. Beschlüsse zur Instandsetzung der zusammenhängenden Dachterrassenflächen unterlägen der [X.] der Wohnungseigentümer. Weder nach dem Wortlaut noch nach dem im Wege der Auslegung ermittelten Sinn werde in das Sondernutzungsrecht der Kläger eingegriffen. Sollte durch die geänderte Ausführung der [X.] die Ausübung des Sondernutzungsrechts erschwert werden, könne dies (nur) im Rahmen einer Anfechtungsklage geprüft werden.

II.

6

Die Revision hat keinen Erfolg.

7

1. Die Revision ist unbeschränkt zulässig. Ob das Berufungsgericht die Zulassung der Revision auf die allein für Anfechtungsgründe erhebliche Frage der Wahrung der Klagefrist gemäß § 45 Satz 1 [X.] beschränken und die in der Sache verneinten [X.] von der Zulassung ausnehmen wollte, kann offenbleiben. Eine solche Beschränkung wäre jedenfalls wirkungslos.

8

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s ist eine Beschränkung der Zulassung der Revision nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und damit abtrennbaren Teil des [X.] möglich, auf den auch die [X.] selbst ihre Revision beschränken könnte. Das setzt voraus, dass der von der Beschränkung betroffene Teil des Streits in tatsächlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Streitstoff beurteilt werden kann und eine Änderung des von der beschränkten Zulassung erfassten Teils nicht in die Gefahr eines Wi[X.]pruchs zu dem nicht anfechtbaren Teil gerät. Auf einzelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente kann die Zulassung dagegen nicht beschränkt werden (vgl. nur Senat, Urteil vom 11. November 2022 - [X.], NJW 2023, 217 Rn. 8 mwN).

9

b) Die Voraussetzungen für eine beschränkte Zulassung der Revision sind hier nicht erfüllt.

aa) Ein selbständiger Teil des [X.] ist allerdings regelmäßig gegeben, wenn das Berufungsgericht über mehrere prozessuale Ansprüche entscheidet und die als zulassungsrelevant angesehene Rechtsfrage nur einen der Streitgegenstände betrifft (vgl. Senat, Urteil vom 20. April 1990 - [X.], [X.], 158, 166). Die von den Klägern geltend gemachten Anfechtungs- und [X.] stellen aber keine unterschiedlichen Streitgegenstände dar. Auch nach Inkrafttreten des [X.] am 1. Dezember 2020 ([X.]) haben Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage (§ 44 Abs. 1 Satz 1 [X.]) denselben Streitgegenstand; einzelne [X.] sind nur Teile des einheitlichen [X.]. An dieser zum alten Wohnungseigentumsrecht ergangenen Rechtsprechung (vgl. Senat, Urteil vom 2. Oktober 2009 - [X.], [X.], 307 Rn. 5; Urteil vom 26. Oktober 2012 - [X.], [X.], 49 Rn. 8; Urteil vom 12. April 2019 - [X.], [X.], 373 Rn. 26; Urteil vom 15. Oktober 2021 - [X.]/20, NJW 2022, 326 Rn. 21) hält der Senat fest.

(1) Der bisherigen Rechtsprechung des Senats lag zugrunde, dass Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage materiell auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichtet waren. Dieses Ziel bestand darin, unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt eine verbindliche Klärung der Gültigkeit des zur Überprüfung gestellten [X.] herbeizuführen. Ein [X.] war daher immer auch auf die Feststellung der Nichtigkeit des angefochtenen [X.] gerichtet (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Oktober 2003 - [X.], [X.], 279, 294; Urteil vom 2. Oktober 2009 - [X.], [X.], 307 Rn. 21). Wurde die Klage sowohl auf Anfechtungs- als auch auf [X.] gestützt, begründete dies keine eventuelle Klagehäufung (Senat, Urteil vom 15. Oktober 2021 - [X.]/20, NJW 2022, 326 Rn. 37). Wegen der Identität des Streitgegenstandes waren auch die Auswirkungen der Rechtskraft dieselben, gleichgültig, ob die Ungültigkeit des in Rede stehenden Beschlusses festgestellt oder durch Urteil ausgesprochen wurde. Mit dem Eintritt der Rechtskraft stand in beiden Fällen fest, ob der Beschluss Rechtswirkungen entfaltete oder nicht (vgl. Senat, Urteil vom 2. Oktober 2009 - [X.], aaO Rn. 21; Urteil vom 20. Mai 2011 - [X.], NJW-RR 2011, 1232 Rn. 9). Ob einzelne Gründe, die zur Nichtigkeit oder zur Anfechtbarkeit führen könnten, tatsächlich geltend gemacht und geprüft worden waren, war für den Eintritt der Rechtskraft unerheblich (Senat, Urteil vom 26. Oktober 2012 - [X.], [X.], 49 Rn. 8).

(2) Hieran hat sich mit dem Inkrafttreten des [X.] nichts geändert. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.] kann das Gericht auf die Klage eines Wohnungseigentümers einen Beschluss für ungültig erklären (Anfechtungsklage) oder seine Nichtigkeit feststellen (Nichtigkeitsklage). Inhaltliche Veränderungen zum bisherigen Recht sollten damit nach dem Willen des Gesetzgebers nicht verbunden sein (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 82; [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., § 44 Rn. 7). Die Unterscheidung zwischen beiden Klagen bringt - wie bisher - lediglich den unterschiedlichen rechtstechnischen Charakter der gerichtlichen Entscheidung zum Ausdruck (vgl. Senat, Urteil vom 20. Mai 2011 - [X.], NJW-RR 2011, 1232 Rn. 9; Suilmann in [X.], [X.], 7. Aufl., § 44 Rn. 14). [X.] Bedeutung kommt der Unterscheidung zwischen Anfechtungs- und [X.]n damit weiterhin hauptsächlich dann zu, wenn zumindest eine der Fristen des § 45 Satz 1 [X.] versäumt worden ist. Die Klage kann dann nur noch Erfolg haben, wenn der Beschluss nach § 23 Abs. 4 Satz 1 [X.] nichtig ist (vgl. Senat, Urteil vom 2. Oktober 2009 - [X.], [X.], 307 Rn. 19).

(3) Dass durch die [X.] eine verbindliche Klärung der Gültigkeit des zur Überprüfung gestellten [X.] herbeigeführt wird, entspricht (weiterhin) der Interessenlage aller Wohnungseigentümer, für und gegen die das Urteil gemäß § 44 Abs. 3 [X.] wirkt, auch wenn sie nach § 44 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht [X.] sind. Die Einheitlichkeit des Streitgegenstandes dient dabei der Sicherung des Rechtsfriedens in der [X.]. Dieses Ziel wird nur dann erreicht, wenn das Gericht in einem Verfahren abschließend und umfassend über die Gültigkeit des Beschlusses entscheidet, so dass mit der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung verbindlich feststeht, ob der Beschluss Rechtswirkungen entfaltet oder nicht (vgl. [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., § 44 Rn. 8; [X.]/[X.], 9. Aufl., § 44 [X.] Rn. 7; Suilmann in [X.], [X.], 7. Aufl., § 44 Rn. 15; [X.]. [X.] 2021, 246, 252). Dadurch wird der Rechtsschutz der Wohnungseigentümer, die durch eine rechtskräftige Abweisung der [X.] daran gehindert sind, den Beschluss erneut aus anderen Gründen auf seine Gültigkeit überprüfen zu lassen, auch nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. In erster Linie können sie selbst Klage erheben, die nach § 44 Abs. 2 Satz 3 [X.] mit der bereits anhängigen Klage zu verbinden ist. Im Übrigen sind sie gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 [X.] von dem Verwalter über die Erhebung von [X.] anderer Wohnungseigentümer zu unterrichten und können dies zum Anlass nehmen, dem Rechtsstreit auf Seiten des [X.] als streitgenössischer Nebenintervenient gemäß § 69 ZPO beizutreten (vgl. [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., § 44 Rn. 8; Suilmann in [X.], [X.], 7. Aufl., § 44 Rn. 19; [X.]. [X.] 2021, 246, 252).

(4) Die Gegenauffassung, nach der durch das [X.] die Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats entfallen sei und mehrere von dem Kläger geltend gemachte [X.] - mit entsprechenden Auswirkungen insbesondere auf die Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils - grundsätzlich als gesonderte Streitgegenstände anzusehen sein sollen (vgl. [X.]/[X.]/Zschieschack, [X.]-Recht 2021, Kapitel 14 Rn. 35 f.; [X.]/[X.], [X.]-Reform 2020, Rn. 1842; [X.]/[X.], [X.], 273 ff.), kann dagegen nicht überzeugen. Richtig ist zwar, dass die in § 46 Abs. 2 [X.] aF normierte, auf [X.] bezogene Hinweispflicht des Gerichts ebenso ersatzlos entfallen ist wie der in § 48 Abs. 4 [X.] aF enthaltene Ausschluss der Erhebung einer erneuten Nichtigkeitsklage nach Abweisung einer unbegründeten Anfechtungsklage. Die Vorschrift des § 48 Abs. 4 [X.] aF hatte aber lediglich klargestellt, was sich aus dem einheitlichen Streitgegenstand von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage ohnehin ergab (vgl. Senat, Urteil vom 16. Februar 2018 - [X.], NJW-RR 2018, 522 Rn. 14; [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., § 44 Rn. 8; Suilmann in [X.], [X.], 7. Aufl., § 44 Rn. 271). Daher sind auf der Grundlage des vorgetragenen Sachverhalts auch weiterhin Gründe für die Nichtigkeit des Beschlusses von Amts wegen zu prüfen (vgl. dazu Senat, Urteil vom 26. Oktober 2012 - [X.], [X.] 2013, 100 Rn. 8), so dass mit Blick auf die materielle Rechtskraft der Entscheidung die gerichtliche Hinweispflicht auch nach dem Wegfall des § 46 Abs. 2 [X.] aF gemäß § 139 Abs. 2 ZPO fortbesteht (vgl. Suilmann in [X.], [X.], 7. Aufl., § 44 Rn. 17). Unabhängig davon nehmen auch die Vertreter der Gegenauffassung einen einheitlichen Streitgegenstand jedenfalls insoweit an, als sich Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage auf denselben Sachverhalt stützen. Rüge beispielsweise der Kläger die fehlende Bestimmtheit eines Beschlusses, könne auch bei einer Anfechtungsklage die Nichtigkeit des Beschlusses festgestellt werden, ohne dass es einer Klageänderung bedürfe (vgl. [X.]/[X.] Rz. 1856; [X.]/[X.]/Zschieschack, [X.]-Recht 2021, Kapitel 14 Rn. 36 f.; [X.]/[X.], [X.], 273, 274).

bb) Dass dem Berufungsurteil hiernach ein einheitlicher prozessualer Anspruch zugrunde liegt, stünde einer beschränkten Zulassung der Revision allerdings nicht entgegen, wenn die von dem Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Rechtsfrage nur für einen selbständigen Teil des [X.] erheblich wäre. So liegt es hier indes nicht.

(1) Bei der [X.] nach dem Wohnungseigentumsgesetz können die jeweils geltend gemachten [X.]gründe abtrennbare Teile des Streitstoffs darstellen (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juli 2022 - [X.], [X.] 2022, 403 Rn. 7). Weil bereits die Klage auf einzelne [X.] begrenzt werden kann und infolgedessen nach Ablauf der Begründungsfrist des § 45 Satz 1 [X.] nachgeschobene Anfechtungsgründe - vorbehaltlich einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 45 Satz 2 [X.] - nicht mehr berücksichtigt werden können, ist eine solche Beschränkung erst recht im Verlauf des Rechtsstreits möglich (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2015 - [X.], NJW 2015, 3371 Rn. 7 mwN).

(2) Eine auf einzelne Anfechtungs- und [X.] beschränkte Rechtsmittelzulassung kommt aber jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn sich die geltend gemachten Anfechtungs- und [X.] in tatsächlicher Hinsicht nicht voneinander trennen lassen. Oft stellt es eine reine Rechtsfrage dar, ob der dem Beschluss anhaftende Mangel lediglich dessen Anfechtbarkeit begründet oder sogar die Nichtigkeit zur Folge hat; es liegt dann schon kein in tatsächlicher Hinsicht abgrenzbarer Teil des [X.] vor. Da die Rechtsprüfung weder zur Disposition der [X.]en noch der Rechtsmittelgerichte steht (vgl. [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., § 44 Rn. 11), sind auf der Grundlage des von den [X.]en in den Prozess eingeführten Sachverhalts sowohl Anfechtungs- als auch [X.] zu prüfen. Soweit der Senat mit Blick auf [X.] ausgeführt hat, dass es Sache der klagenden [X.] bleibt, ob sie ihre Klage (weiterhin) auch auf nichtigkeitsbegründende Umstände stützen möchte oder nicht (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2015 - [X.], NJW 2015, 3371 Rn. 7), wird damit lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die klagende [X.] ihrer Darlegungslast nicht enthoben ist. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts mag zwar auf Anlagen verwiesen werden; dass dem Gericht bei der Durchsicht der Anlagen rechtserhebliche Umstände auffallen, ersetzt aber nicht den erforderlichen Sachvortrag (vgl. Senat, Urteil vom 16. Januar 2009 - [X.], [X.], 230 Rn. 20).

(3) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konnte die Zulassungsentscheidung hier nicht wirksam auf die Prüfung von [X.] beschränkt werden. Denn die vor allem unter dem Gesichtspunkt der [X.] von den Klägern aufgeworfene Frage der Beschlussnichtigkeit lässt sich in tatsächlicher Hinsicht nicht von den Gründen trennen, mit welchen die Kläger die Ordnungsmäßigkeit der beschlossenen Baumaßnahme in Abrede stellen.

2. Die Revision ist aber unbegründet. Die Klage ist zu Recht abgewiesen worden.

a) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass [X.] seit dem 1. Dezember 2020 nach § 44 Abs. 2 Satz 1 [X.] gegen die [X.] zu richten sind. Die Vorschrift ist durch das am 1. Dezember 2020 in [X.] getretene [X.] an die Stelle des bisherigen § 46 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF getreten, wonach die Klage eines oder mehrerer Wohnungseigentümer auf Erklärung der Ungültigkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümer gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten war. Nach der Neuregelung in § 44 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist eine gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtete Klage unzulässig (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juli 2022 - [X.], NJW 2022, 3003 Rn. 15). Eine solche Klage kann auch die Fristen des § 45 Satz 1 [X.] nicht wahren.

b) Richtig ist auch, dass die innerhalb der Frist des § 45 Satz 1 [X.] bei Gericht eingegangene Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet gewesen ist.

aa) Für die Beschlussersetzungsklage hat der Senat bereits entschieden, dass diese als unzulässig abzuweisen ist, wenn sie entgegen § 44 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht gegen die [X.], sondern gegen die übrigen Wohnungseigentümer erhoben wird (Urteil vom 8. Juli 2022 - [X.], NJW 2022, 3003 Rn. 15 mwN). Wer [X.] ist, ergibt sich aus der in der Klageschrift nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorzunehmenden [X.]bezeichnung. Als Teil einer Prozesshandlung ist diese zwar grundsätzlich auslegungsfähig. Maßgebend ist, wie die Bezeichnung unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Klageschrift einschließlich etwaig beigefügter Anlagen bei objektiver Deutung aus der Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zu verstehen ist. Bei objektiv unrichtiger oder auch mehrdeutiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als [X.] anzusehen, die erkennbar durch die [X.]bezeichnung betroffen werden soll. Von einer bloß fehlerhaften [X.]bezeichnung zu unterscheiden ist aber die irrtümliche Benennung der falschen, an dem materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person als [X.]; diese wird [X.], weil es entscheidend auf den Willen des [X.] so, wie er objektiv geäußert ist, ankommt. Daran gemessen werden die übrigen [X.], wenn eine Beschlussersetzungsklage eindeutig gegen sie gerichtet wird (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom 8. Juli 2022 - [X.], aaO).

bb) Entgegen teilweise vertretener Auffassung (vgl. [X.], [X.] 2022, 284 Rn. 16; [X.], [X.] 2022, 186 Rn. 36; Suilmann in [X.], [X.], 7. Aufl., § 45 Rn. 27; [X.]/[X.], [X.]-Reform 2020, Rn. 1895) gilt bei einer Beschlussanfechtungsklage - auch in der Übergangszeit nach der Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes - nichts anderes. Danach sind die in der Klageschrift als Beklagte benannten übrigen Wohnungseigentümer regelmäßig [X.]. Eine Auslegung dahin, dass sich die Klage entgegen der [X.]bezeichnung gegen die [X.] richtet, kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn hierfür konkrete Anhaltspunkte bestehen. Werden in einer nach dem 30. November 2020 bei Gericht eingegangenen [X.] entgegen § 44 Abs. 2 Satz 1 [X.] die übrigen Wohnungseigentümer als Beklagte bezeichnet, kann die Klage nur dann als gegen die [X.] gerichtet zu verstehen sein, wenn sich ein entsprechender Wille zweifelsfrei aus dem übrigen Inhalt der Klageschrift ergibt (vgl. schon zur letzten Reform des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das [X.], Urteil vom 6. November 2009 - [X.], NJW 2010, 446 Rn. 11). Für eine solche Annahme genügt nicht bereits die Nennung des Verwalters im [X.] an die [X.]bezeichnung (aA [X.]/[X.], [X.]-Reform 2020, Rn. 1895). Denn der Verwalter als vertretungsberechtigtes Organ der [X.] (§ 9b Abs. 1 Satz 1 [X.]) war auch nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 [X.] in der Klageschrift zu bezeichnen; die irrtümliche Benennung der falschen [X.] ist damit gerade nicht auszuschließen (so auch [X.], [X.], 738, 739; [X.], [X.], 652; [X.], [X.], 403, 404, Revision anhängig bei dem Senat unter [X.]/22; [X.] [X.]/[X.] [1.7.2022], § 44 Rn. 43; [X.] BGB/Zschieschack/[X.] [1.8.2022], § 45 [X.] Rn. 22.2; [X.], [X.] 2022, 131; [X.], [X.], 70).

cc) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die von dem Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der [X.]bezeichnung in der am 13. Januar 2021 bei Gericht eingegangenen Klageschrift nicht zu beanstanden. Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass aufgrund des Inhalts der Klageschrift bei objektiver Würdigung auszuschließen ist, dass die Klage gegen die [X.] gerichtet werden sollte. Bereits aus der Klagebegründung, nach der die [X.]en „Mitglieder der Eigentümergemeinschaft“ sind, folgt, dass Letztere nicht selbst [X.] sein kann, sondern die übrigen Wohnungseigentümer mit Ausnahme der Kläger verklagt werden sollten (vgl. Senat, Urteil vom 21. Juli 2017 - [X.], [X.] 2017, 836 Rn. 14). Bestätigt wird dieses Auslegungsergebnis durch die Bezeichnung der Verwalterin als „[X.]“ und den Verweis auf die insoweit überholte Vorschrift des § 45 [X.] aF. Denn nach der zum 1. Dezember 2020 ersatzlos weggefallenen Regelung in § 45 Abs. 1 [X.] aF war der Verwalter der [X.] insbesondere dann [X.] der Wohnungseigentümer, wenn diese Beklagte waren.

c) Demzufolge ist die Frist des § 45 Satz 1 [X.] nicht gewahrt. Denn bei Eingang des die Beklagtenbezeichnung richtigstellenden Schriftsatzes am 11. Februar 2021, der sodann der Verwalterin zugestellt worden ist, war die Klagefrist des § 45 Satz 1 [X.], wonach die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden muss, abgelaufen.

aa) Soweit die Revision rügt, dass es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das in diesem Zusammenhang erst auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht abgestellt hat, keines [X.]wechsels bedurfte, ist dies zwar zutreffend. Dies wirkt sich aber nicht zugunsten der Revision aus. Denn obwohl die übrigen Wohnungseigentümer nicht [X.] geworden sind, weil die Kläger noch vor Rechtshängigkeit erklärt haben, dass sich die - sodann auch entsprechend zugestellte - Klage gegen die [X.] richten soll und es sich bei dem Zusatz „mit Ausnahme der Kläger“ angesichts des vorherigen Hinweises des Amtsgerichts auf die neue Rechtslage um eine unschädliche Falschbezeichnung handelt, ist innerhalb der Klagefrist des § 45 Satz 1 [X.] nur die gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtete Klage eingegangen.

bb) Eine Beschlussanfechtungsklage, die nach dem 30. November 2020 eingeht und gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet ist, wahrt die Klagefrist gemäß § 45 Satz 1 [X.] nicht.

(1) Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF genügte für die nähere Bezeichnung der übrigen Wohnungseigentümer als [X.] die bestimmte Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks, wenn zugleich der Verwalter benannt wurde. Konnte die Klagefrist danach gewahrt werden, ohne dass überhaupt ein Beklagter genannt wurde, galt dies nach der Rechtsprechung des Senats zum alten Recht auch bei rechtzeitiger Einreichung einer den inhaltlichen Anforderungen genügenden Klage gegen den Verband. Die Klage musste allerdings in dem zeitlichen Rahmen des § 44 Abs. 1 Satz 2 [X.] aF gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet werden. Ausschlaggebend war für den Senat zudem die Überlegung, dass der Verwalter im [X.] gemäß § 45 Abs. 1 [X.] aF [X.] der Wohnungseigentümer war und diese über den Eingang der Klage unterrichten musste, so dass der Zweck der Ausschlussfristen erreicht wurde, auch wenn mit der [X.] die falsche [X.] verklagt war (vgl. Senat, Urteil vom 6. November 2009 - [X.], NJW 2010, 446 Rn. 16; Urteil vom 5. März 2010 - [X.], [X.], 256 Rn. 11; Urteil vom 21. Januar 2011 - [X.], [X.], 186 Rn. 9).

(2) Diese Rechtsprechung ist auf die neue Rechtslage nicht übertragbar. Denn durch das [X.] sind die Regelungen in § 44 Abs. 1, § 45 Abs. 1 [X.] aF und damit die Anknüpfung für den bisher angenommenen fristwahrenden [X.]wechsel ersatzlos entfallen (so auch [X.], [X.], 652; [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., § 45 Rn. 28; [X.] BGB/Zschieschack/[X.] [1.8.2022], § 45 [X.] Rn. 24; [X.] [X.]/[X.] [1.7.2022], § 45 Rn. 24; [X.]/[X.], [X.]-Reform 2020, Rn. 1898; [X.] in Hügel, Wohnungseigentum, 5. Aufl., § 17 Rn. 105; ähnlich [X.]/[X.], 9. Aufl., § 44 [X.] Rn. 40; [X.]/[X.]/Zschieschack, [X.]-Recht 2021, Kapitel 14 Rn. 110; Zschieschack, NJW 2022, 3009). Da die Klage gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 [X.] gegen die [X.] und nicht, wie nach altem Recht, gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten ist, steht auch eine Überforderung des - unter Umständen nicht anwaltlich vertretenen - anfechtenden Wohnungseigentümers nicht zu befürchten. Vor allem aber vertritt der Verwalter die Eigentümer nach neuem Recht nicht mehr. Hierin liegt ein entscheidender Unterschied zum bisherigen Recht, wonach sowohl bei der Inanspruchnahme des Verbands als auch bei der Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer die Klage dem Verwalter zuzustellen war, sodass dieser letztlich für die Koordination der Verteidigung gegen die Klage zuständig und damit ohnehin in die Klage eingebunden war.

d) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 45 Satz 2 [X.] i.V.m. §§ 233 ff. ZPO, die fehlendes Verschulden an der Versäumung der Anfechtungsfrist voraussetzt, kommt bei der Benennung der übrigen Wohnungseigentümer anstelle der [X.] bei einer - wie hier - anwaltlich vertretenen [X.] nicht in Betracht. Bei einer nicht anwaltlich vertretenen [X.] kann dies je nach den Umständen des Einzelfalls an[X.] zu beurteilen sein.

e) Da die Kläger die Klagefrist des § 45 Satz 1 [X.] versäumt haben, sind nur [X.] zu prüfen (vgl. Senat, Urteil vom 27. November 2020 - [X.], NJW-RR 2021, 667 Rn. 31).

aa) Der von der Revision vorgebrachte [X.] zu [X.] liegt indes, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler erkennt, nicht vor. So geht auch die Revision im Ansatz davon aus, dass die [X.] für die Instandsetzung der zusammenhängenden Dachterrassenflächen einschließlich des umlaufenden Gelän[X.] bestand. Die Frage, ob die beschlossene Ausführungsvariante die Ausübung des Sondernutzungsrechts erschwert, weil das Geländer möglicherweise nicht mehr am Außenrand der Sondernutzungsfläche, sondern etwas weiter innen errichtet werden soll, betrifft die ordnungsmäßige Verwaltung und wäre nur im Rahmen der - fristgebundenen - Beschlussanfechtung zu überprüfen gewesen.

bb) Die nachfolgenden Erwägungen der Revision zu einer aus der Nichtigkeit des Beschlusses zu [X.] folgenden Gesamtnichtigkeit auch des Beschlusses zu [X.] entsprechend § 139 BGB bedürfen damit keiner Erörterung.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Brückner     

      

Göbel     

      

Haberkamp

      

Laube     

      

Grau     

      

Meta

V ZR 43/22

13.01.2023

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Düsseldorf, 26. Januar 2022, Az: 25 S 57/21

§ 44 Abs 1 S 1 WoEigG, § 44 Abs 2 S 1 WoEigG, § 45 S 1 WoEigG, § 45 S 2 WoEigG, § 233 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.01.2023, Az. V ZR 43/22 (REWIS RS 2023, 506)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 506 NJW 2023, 1884 REWIS RS 2023, 506

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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