Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.04.2012, Az. B 2 U 348/11 B

2. Senat | REWIS RS 2012, 7097

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Darlegung - Zwangsmitgliedschaft deutscher Unternehmer in der gesetzlichen Unfallversicherung - Europarechtskonformität - Ausscheiden aus der Pflichtmitgliedschaft - Vorabentscheidung des EuGH gem Art 234 EG


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 31. August 2011 wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Klägerin möchte aus der Pflichtmitgliedschaft bei der beklagten Berufsgenossenschaft ([X.]) ausscheiden.

2

Das klägerische Unternehmen wurde im November 2003 gegründet. Die [X.] stellte im [X.] vom 27.1.2004 die Mitgliedschaft der Klägerin bei ihr gemäß § 136 Abs 1 [X.] fest. Gegen diesen Verwaltungsakt legte die Klägerin keinen Widerspruch ein.

3

Mit Schreiben vom 1.11.2004 erklärte die Klägerin, sie "kündige" die Pflichtmitgliedschaft bei der [X.] zum Jahresende 2004, weil beabsichtigt sei, sich privat gegen die Risiken zu versichern. Die Beklagte lehnte eine Feststellung des Ausscheidens der Klägerin im Bescheid vom 15.11.2004 ab, da ein Austritt aus der Versicherung bzw eine "Kündigung" einer gesetzlichen Pflichtmitgliedschaft rechtlich nicht möglich sei. Mit dem Widerspruch wandte sich die nunmehr rechtskundig vertretene Klägerin sowohl gegen die Ablehnung des Austritts durch Kündigung als auch gegen eine "Ablehnung der Entlassung" aus der Pflichtmitgliedschaft. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom [X.] zurück, weil ein "Austritt" oder eine "Kündigung" der Zugehörigkeit zu einer [X.] gesetzlich nicht vorgesehen sei.

4

Das [X.] hat die auf Entlassung aus der Mitgliedschaft zum 31.12.2004 gerichtete Klage durch Urteil vom 21.11.2005 abgewiesen.

5

Das L[X.] hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom [X.] ausgesetzt und dem [X.] nach Art 234 [X.] die Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob es sich bei der [X.] um ein Unternehmen iS der Art 81 und 82 [X.] handele und ob die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin gegen gemeinschaftsrechtliche Vorschriften verstoße.

6

           

Der [X.] hat durch Urteil vom [X.] ([X.]/07) entschieden:

1. Die Beklagte sei kein Unternehmen iS der Art 81 und 82 [X.], sondern nehme eine Aufgabe rein [X.] Natur wahr, soweit sie im Rahmen eines Systems tätig werde, mit dem der Grundsatz der Solidarität umgesetzt werde und das staatlicher Aufsicht unterliege, was vom vorlegenden L[X.] zu prüfen sei.

2. Die Art 49 und 50 [X.] seien dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegenstünden, soweit das System nicht über das hinausgehe, was zur Erreichung des Ziels der Gewährleistung des finanziellen Gleichgewichts eines Zweigs der [X.] Sicherheit erforderlich sei, was ebenfalls vom vorlegenden Gericht zu prüfen sei.

7

Das L[X.] hat durch Urteil vom [X.] die auf die Feststellung eines bedingten [X.]s aus der Mitgliedschaft bei der [X.] gerichtete Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

8

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.

9

Das L[X.] habe ausgeführt, streitgegenständlich sei lediglich die Europarechtskonformität des Systems der gesetzlichen Unfallversicherung in der [X.]. Für seine Entscheidung komme es nicht darauf an, ob man die Frage der Europarechtskonformität offenlasse, weil das System nicht ad hoc durch eine Gerichtsentscheidung außer [X.] gesetzt werden könne, oder ob man die Europarechtskonformität der nationalen Regelungen bejahe. Denn in beiden Fällen laufe es auf die Beitragspflicht der Klägerin zur [X.] hinaus. Letztlich handele es sich bei der Beantwortung des vom [X.] gestellten Überprüfungsauftrags um eine "politische Streitfrage" und es sei nicht Aufgabe des L[X.], dies zu entscheiden.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Rechtstreit habe grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G). Ferner liege ein Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G vor.

Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung stellt sie folgende Fragen ([X.] 6 der Beschwerdebegründung):

"1. Darf ein im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art 267 AEUV (ex Art 234 [X.]V) eine Rechtsfrage vorlegendes [X.] Gericht nach Entscheidung dieser Rechtsfrage durch den [X.] in Verbindung mit dem Auftrag, die zugrunde liegende tatsächliche Feststellung 'ob das im Ausgangsverfahren streitige gesetzliche Versicherungssystem im Hinblick auf das damit verfolgte Ziel des finanziellen Gleichgewichts der [X.] Sicherheit erforderlich ist' dahinstehen lassen, mit der Begründung, die Frage der Europarechtskonformität könne dahinstehen, da nur der [X.] Gesetzgeber befugt sei, ein solches, von ihm per Gesetz beschlossenes System zu ändern oder abzuschaffen?

2. [X.]eibt trotz Beteiligung des betroffenen Mitgliedsstaats - hier: [X.] - an einem Verfahren, in dem es um die Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nach Art 56 und Art 57 AEUV geht, nach Beweiserhebung die Frage 'einer erheblichen Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der [X.] Sicherheit' im Fall der Öffnung des Monopols der [X.]n gesetzlichen Unfallversicherung gegen die Risiken von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten ungeklärt und damit offen, zu wessen Lasten ist dann bei der Urteilsfindung die streitige Rechtsfrage (hier: Rechtfertigung des Monopols nach [X.]) zu entscheiden?"

Beide Fragen seien Rechtsfragen und sowohl entscheidungserheblich als auch klärungsbedürftig.

Das L[X.] habe bei der Frage 1 verkannt, dass jeder einzelne sich auf die Anwendung eines europarechtskonformen Zustands berufen könne. Die bisherige Rechtsprechung des B[X.] (Hinweis auf das Urteil vom [X.] - B 2 U 9/06 R), nach der die Rechtmäßigkeit der Systementscheidung als solche in einem Beitragsstreit nicht überprüft werden dürfe und der das L[X.] gefolgt sei, sei spätestens seit der Entscheidung des [X.] im vorliegenden Fall nicht mehr haltbar. Die Rechtsprechung des [X.] weiche von der des B[X.] ab.

Zu der Frage 2 führt die Klägerin [X.] aus, dass nach der Rechtsprechung des [X.] die Beweislast denjenigen treffe, der die beschränkende Regelung (hier das Versicherungsmonopol der [X.]'en) erlassen habe. Die Nichterweislichkeit von Nachteilen für das System der gesetzlichen Unfallversicherung gehe hier - entgegen der Rechtsansicht des L[X.] - zu Lasten der [X.] bzw der [X.].

Verweigere das B[X.] in diesem Verfahren die Zulassung der Revision, so entziehe es der Klägerin [X.] iS des Art 101 Abs 1 Satz 2 GG.

Ein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G liege vor, weil das L[X.] ein "Überraschungsurteil" gefällt habe. Denn es habe erstmalig in der mündlichen Verhandlung vom [X.] seine Rechtsauffassung mitgeteilt, dass es nicht befugt sei, eine so weitreichende Entscheidung zu treffen. Diese Rechtsauffassung habe das Gericht zuvor nicht ansatzweise erkennen lassen und auch nicht deutlich gemacht, dass es - entgegen vorherigen Ankündigungen - die Revision nicht zulassen werde.

Das B[X.] hat den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben [X.] zur Unanfechtbarkeit des die Zuständigkeit der [X.] für die Klägerin feststellenden Verwaltungsakts vom 27.1.2004. Die Klägerin hat dazu mit Schriftsatz vom 15.3.2012 ([X.] 53 bis 57 der B[X.]-Akte) Stellung genommen. Darauf wird Bezug genommen.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat die von ihr geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) und des Vorliegens eines [X.], auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G), nicht ausreichend dargelegt bzw bezeichnet. Die Revision war daher ohne Hinzuziehung [X.] durch Beschluss zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 [X.]G).

I. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G ist schon deshalb nicht ausreichend dargelegt, weil beide genannten Fragen den Anforderungen an die Bezeichnung einer Rechtsfrage zur Auslegung oder Anwendung einer bestimmten Vorschrift des Bundesrechts nicht genügen.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bundesrechtliche Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Beschwerdeführer müssen daher in der Beschwerdebegründung als Erstes angeben, welche rechtlichen Fragen sich zu einer bestimmten Vorschrift des Bundesrechts iS des § 162 [X.]G stellen. Sodann haben sie darzutun, dass diese Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung sowie klärungsbedürftig und im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sind (vgl B[X.] [X.] 1500 § 160 [X.]7 und § 160a [X.], 11, 13, 31, 39, 59 und 65).

Diesen Anforderungen, deren Verfassungsmäßigkeit das [X.] bestätigt hat (vgl nur [X.] Beschluss vom 24.10.2000 - 1 BvR 1412/99 - [X.]-1500 § 160a [X.]1; 11.9.2008 - 1 BvR 1616/05; 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - [X.]-1500 § 160a [X.]), genügt die Beschwerdebegründung nicht.

1. Die Beschwerdeführerin hat die grundsätzliche Bedeutung ihrer ersten Frage aus mehreren Gründen nicht dargetan.

a) Sie hat keine Rechtsfrage zur Auslegung oder Anwendung einer Vorschrift des Bundesrechts (§ 162 [X.]G) gestellt. Denn sie hat schon nicht angegeben, welche Vorschrift(en) des Bundesrechts diese Frage überhaupt und weshalb aufwerfen soll(en).

Zudem hat sie nicht mitgeteilt, welche nach dem Grundgesetz gültigen Vorschrift(en) des Bundesrechts nicht "europarechtskonform" sein sollen, sondern nur ein "im Ausgangsverfahren streitiges Versicherungssystem" erwähnt.

Es ist aber Aufgabe der Beschwerdeführerin, die Vorschriften des Bundesrechts in ihrer Beschwerdebegründung genau zu bezeichnen, die nach ihrer Ansicht zu klären sind.

In Bezug auf die erste von der Klägerin gestellte Frage ist die Zulässigkeit der Beschwerde allein schon aus diesem Grund zu verneinen.

b) Mit [X.]ick auf den Verfahrensgang, in dem das L[X.] sogar eine Vorabentscheidung des [X.] eingeholt hat, ist beiläufig darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdebegründung auch weitere Voraussetzungen dieses [X.] nicht dargelegt hat.

aa) Sie hat auch die Klärungsbedürftigkeit ihrer Frage nicht aufgezeigt.

Hierfür hätte sie unter Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung vortragen müssen, dass das B[X.] zu ihrer Frage noch keine einschlägigen Entscheidungen gefällt hat bzw dass durch schon vorliegende Urteile die aufgeworfene Frage noch nicht oder nicht umfassend beantwortet ist (B[X.] [X.] 1500 § 160a Nr 65).

Die Beschwerdeführerin trägt aber selbst vor, dass das B[X.] (Urteil vom [X.] - B 2 U 9/06 R) ihre Frage bereits genauso beantwortet hat, wie es das L[X.] seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.

Die Beschwerde beschränkt sich hierzu auf den Vortrag, diese Rechtsansicht des B[X.] sei aufgrund der (neueren) Rechtsprechung des [X.] nicht (mehr) haltbar. Das wird aber nur behauptet, ohne dass die diesem Urteil zu entnehmende rechtliche Antwort mit ihren Gründen dargestellt wird und neue, dh vom B[X.] noch nicht bedachte Gegengründe angeführt werden. Mithin wird von der Beschwerde lediglich die inhaltliche Unrichtigkeit einer vorliegenden höchstrichterlichen Entscheidung gerügt, ohne eine erneute Klärungsbedürftigkeit aufzuzeigen.

Zudem hätte sich die Klägerin auch mit dem nach dem [X.]-Urteil vom [X.] ergangenen Beschluss des [X.] vom 10.3.2011 - 1 BvR 2891/07 - auseinandersetzen müssen, mit dem das [X.] die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des B[X.] vom [X.] nicht zur Entscheidung angenommen hat.

bb) Die Beschwerdeführerin hat darüber hinaus auch die Klärungsfähigkeit ihrer Frage nicht dargetan.

Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage nur, wenn sie für den zu entscheidenden Fall, in dem es hier, wie vor dem L[X.] allein geltend gemacht, um ein Recht auf Austritt mittels Kündigung der Mitgliedschaft geht, rechtserheblich ist (B[X.] [X.] 1500 § 160a [X.]1; [X.], 335, 336). Das Revisionsgericht muss gezwungen sein, über die aufgeworfene Frage [X.] sachlich zu entscheiden (vgl B[X.] [X.] 1500 § 160 [X.]9 und 53 und § 160a [X.]1; BVerwG [X.] 310 § 75 VwGO [X.]1; [X.], 41, 44).

Der Beschwerdeführer muss daher in der Beschwerdebegründung den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des angefochtenen Urteils und dabei insbesondere den Schritt darstellen, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage notwendig macht (B[X.] [X.] 1500 § 160a [X.]1).

aaa) Schon die Zulässigkeit der Berufung hätte dargetan werden müssen. Denn die Beschwerdeführerin hat vor dem L[X.] nur die Feststellung eines bedingten [X.]s, also eines Rechts begehrt, unmittelbar durch eigene gestaltende Erklärung das gesetzliche Pflichtmitgliedschaftsverhältnis (zum 31.12.2004) zu beenden. Demgegenüber hat sie vor dem [X.] die Entlassung aus der Pflichtmitgliedschaft, also die Verpflichtung der [X.] zum Erlass eines statusbeendenden Verwaltungsaktes, begehrt. Hierzu hätte es Ausführungen zur Berufungsbeschwer und zur Zulässigkeit der vor dem L[X.] geänderten Klage bedurft, zumal beide Begehren anscheinend einander ausschließen. Hieran ändert nichts, dass der [X.] sich bereits mit dem Rechtsstreit befasst hat. Denn er prüft (abgesehen von offensichtlichen Fällen) nicht die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen für das innerstaatliche Ausgangsverfahren.

bbb) Es fehlt auch an Darlegungen dazu, weshalb das B[X.] im angestrebten Revisionsverfahren die Frage der gesetzlichen Pflichtmitgliedschaft der Beschwerdeführerin bei der [X.] anders entscheiden müsste, als sie in dem unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakt der Zuständigkeitsfeststellung vom 27.1.2004 geregelt wurde. Ein solcher Verwaltungsakt ist für die Beteiligten (und die Sozialgerichtsbarkeit) materiell bestandskräftig und in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist (§ 77 [X.]G).

Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, dass dieser Verwaltungsakt nichtig ist oder unwirksam geworden sein könnte. Insbesondere wird nicht aufgezeigt, dass dessen sinngemäß behauptete "Europarechtswidrigkeit", die nur auf der Nichtanwendbarkeit einer durch ihn angewandten, nicht genannten Bundesrechtsvorschrift beruhen könnte, zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts führen könnte.

Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, sie habe von einer der ihr durch spezielle gesetzliche Vorschriften (vgl [X.] §§ 44 ff [X.]B X) eröffneten [X.], die Aufhebung des [X.]es vom 27.1.2004 zu erreichen, erfolgreich Gebrauch gemacht.

ccc) Gleichfalls wird nicht aufgezeigt, dass es eine gesetzliche Rechtsgrundlage für das behauptete [X.] oder eine Anspruchsgrundlage für das Begehren geben könnte, aus der Mitgliedschaft bei der [X.] entlassen zu werden.

2. Auch mit der zweiten Frage der Beschwerdeführerin ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dargelegt worden.

Erstens wird auch hierzu nicht gesagt, zu welcher Norm des Bundesrechts sich diese Beweislastfrage stellen soll.

Zweitens behauptet die Beschwerde nicht, dass diese Frage iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G klärungsbedürftig sei, weil entsprechende höchstrichterliche Entscheidungen fehlten. Eine [X.] mit der Rechtsprechung des B[X.] zur materiellen Beweislast liegt nicht vor. [X.] wird lediglich, dass der [X.] die Beweislastfrage angeblich bereits im Sinne der Klägerin entschieden habe und das Urteil des L[X.] insofern falsch sei. Ob eine Entscheidung inhaltlich zutreffend ist oder nicht, ist jedoch keine Frage, die den Zugang zur Revisionsinstanz eröffnet. Außerdem fehlt es auch hier [X.] aus den oben genannten Gründen an der hinreichenden Darlegung der Klärungsfähigkeit. Es ist daher nicht dargetan, weshalb das B[X.] im angestrebten Revisionsverfahren zu der Beweislastfrage Stellung nehmen müsste.

II. Der geltend gemachte Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G - Überraschungsentscheidung - ist nicht in zulässiger Weise bezeichnet worden (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G).

Nach der Rechtsprechung des B[X.] (Beschluss vom 22.9.2009 - B 2 U 182/09 B) muss das Gericht sicherstellen, dass die Beteiligten sich sachgemäß zum Prozessstoff äußern können. Wenn ein Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung eine unerwartete Wendung nimmt und bisher nicht erörterte, eventuell entscheidungserhebliche Gesichtspunkte auftauchen oder das Gericht den Beteiligten mit einer geänderten Rechtsauffassung gegenübertritt, muss es den Beteiligten eine angemessene Frist zur Stellungnahme einräumen. Dazu muss es erforderlichenfalls auf Antrag vertagen (vgl B[X.] vom 23.10.2003 - [X.]/03 B - [X.]-1500 § 62 [X.] RdNr 6). Die Beschwerde behauptet aber nicht, einen Vertagungsantrag gestellt zu haben. Insofern hätte sie darlegen müssen, weshalb sie entgegen ihrer rügelosen Einlassung (§ 295 ZPO iVm § 202 [X.]G) von der ihr vorher mitgeteilten Rechtsansicht des L[X.] in dessen Urteil überrascht worden sein könnte.

III. [X.] ergeht entsprechend § 197a Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO.

IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird gemäß §§ 197a, 183 [X.]G iVm § 52 Abs 2 Gerichtskostengesetz auf 5000 Euro festgesetzt (vgl hierzu Urteil des Senats vom 18.1.2011 - B 2 U 16/10 R - Rd[X.]2), da es nicht um einen bezifferbaren Beitrag, sondern um das Bestehen einer Mitgliedschaft geht ([X.], NZS 2012, 283).

Meta

B 2 U 348/11 B

19.04.2012

Bundessozialgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: U

vorgehend SG Leipzig, 21. November 2005, Az: S 7 U 90/05

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a SGG, § 162 SGG, § 136 SGB 7, § 150 SGB 7, Art 49 EG, Art 50 EG, Art 81 EG, Art 82 EG, Art 234 EG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.04.2012, Az. B 2 U 348/11 B (REWIS RS 2012, 7097)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7097

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 12 R 22/21 B (Bundessozialgericht)

(Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Rentenversicherung - Befreiung von der Versicherungspflicht - …


B 9 SB 32/10 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Merkzeichen G - erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr - …


B 12 R 25/18 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Divergenz - Verfahrensfehler - Amtsermittlungsgrundsatz - Übergehen eines Beweisantrages


B 12 R 23/16 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Anforderungen an die Darlegung der Klärungsfähigkeit einer Rechtsfrage


B 12 KR 60/14 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache - Unverzichtbarkeit der Bezeichnung einer abstrakten, aus …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 2891/07

1 BvR 2856/07

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.