Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.05.2010, Az. X ZR 51/06

10. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 6733

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsverfahren für ein Europäisches Patent: Einbeziehung eines weiteren Nichtigkeitsgrundes in der Berufungsinstanz; Beweislast des Nichtigkeitsklägers für die Unmöglichkeit einer Patentausführung durch einen Fachmann - Polymerisierbare Zementmischung


Leitsatz

Polymerisierbare Zementmischung

1. Die Einbeziehung eines weiteren Nichtigkeitsgrundes (hier: unzureichende Offenbarung) in der Berufungsinstanz, nachdem die Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht nur auf einen oder mehrere andere der in Art. 138 Abs. 1 EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 IntPatÜbkG aufgeführten Nichtigkeitsgründe gestützt war, stellt eine Klageänderung (objektive Klagehäufung) im Sinne der Vorschrift des § 533 Nr. 1 ZPO dar, welche nach § 99 Abs. 1 PatG auch im Patentnichtigkeitsverfahren anwendbar ist .

2. Der Nichtigkeitskläger trägt die Beweislast dafür, dass es dem Fachmann auch nach Kenntnisnahme der Angaben in der Beschreibung und der Zeichnungen der Patentschrift nicht möglich ist, die beanspruchte Lehre unter Einsatz seines Fachwissens ohne unzumutbare Schwierigkeiten auszuführen .

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Februar 2006 verkündete Urteil des 3. Senats ([X.]) des [X.] wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des [X.] 0 219 058 (Streitpatents), das am 8. Oktober 1986 angemeldet wurde und am 8. Oktober 2006 durch Zeitablauf erloschen ist. Das Streitpatent betrifft "polymerisierbare Zementmischungen" und umfasst in der erteilten Fassung 37 Patentansprüche.

2

Die Beklagte hat die Klägerin aus dem Streitpatent wegen Patentverletzung in Anspruch genommen. Der Rechtsstreit ist derzeit in der Berufungsinstanz bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main anhängig.

3

Die Klägerin hat das Streitpatent mit einer Nichtigkeitsklage angegriffen und im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht neu sei und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Zur Begründung hat sie insbesondere auf die [X.] Patentanmeldung 2 094 326 (Anlage [X.] und Übersetzung), die [X.] [X.] 28 28 381 (Anlage D4), die [X.] Patentschrift 0 115 410 B1 respektive die [X.] Patentanmeldung 0 115 410 [X.] ([X.], [X.] und Übersetzung) und die [X.] Patentanmeldung 0 155 812 (Anlage [X.] und Übersetzung) verwiesen. Zudem hat die Klägerin die unangemessene Breite des Patentanspruchs 1 gerügt.

4

Das [X.] hat das Streitpatent durch Urteil vom 15. Februar 2006 dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass die Patentansprüche folgende Fassung erhalten haben:

"1. Polymerisierbare Zementmischungen, enthaltend

a) polymerisierbare, ungesättigte Monomere und/oder Oligomere und/oder Prepolymere, die Säuregruppen und/oder deren reaktive [X.] enthalten,

b) feinteilige, reaktive Füllstoffe, die mit diesen Säuren oder Säurederivaten reagieren können, nämlich Pulver von [X.] ([X.]/MgO) Silikatzementen oder Ionomerzementen

sowie

c) Härtungsmittel,

dadurch gekennzeichnet, dass die Komponenten a) und b) derart ausgewählt sind, dass die Säuregruppen oder Säurederivatgruppen gemäß a) mit den feinteiligen, reaktiven Füllstoffen gemäß b) ionisch zu einer Zementreaktion zu führen vermögen.

2. Mischungen nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die polymerisierbaren Verbindungen mindestens zwei polymerisierbare Gruppen und mindestens zwei Säuregruppen bzw. deren reaktive Derivatgruppen enthalten.

3. Mischungen nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die polymerisierbaren Verbindungen drei oder mehr polymerisierbare Gruppen und drei oder mehr Säuregruppen bzw. deren reaktive Derivatgruppen enthalten.

4. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die polymerisierbaren ungesättigten Verbindungen Acryl-, Methacryl-, Vinyl-, Styryl- oder eine Mischung dieser Gruppen enthalten.

5. Mischung nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die polymerisierbaren ungesättigten Verbindungen Acryl- oder Methacrylgruppen enthalten.

6. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Säuregruppen Carbonsäurereste oder deren Salze, Phosphorsäurereste der Formeln

Abbildung

oder deren Salze, wobei [X.], [X.] oder Vinyl bedeutet, Schwefelsäurereste der Formeln - SO2H [X.], -O-[X.] oder deren Salze oder Borsäurereste der Formeln

Abbildung

deren Salze, wobei [X.], [X.], Vinyl bedeutet, sind.

7. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die reaktiven Säurederivatgruppen in Form von Säurehalogeniden oder -anhydriden vorliegen.

8. Mischungen nach Anspruch 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass das ungesättigte Monomer ein Halophosphorsäureester des [X.] ist.

9. Mischungen nach Anspruch 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Oligomeren oder Prepolymeren solche Verbindungen sind, die die polymerisierbaren ungesättigten Gruppen und die Säurereste, deren Salze oder deren reaktive Derivate an ein oligomeres oder prepolymeres Grundgerüst gebunden enthalten.

10. Mischungen nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die [X.] oder prepolymeren Grundgerüste Homo- oder [X.] von ethylenisch ungesättigten Monomeren sind.

11. Mischungen nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass sie poly(meth-)acrylierte Oligomaleinsäure, poly(meth-)acrylierte Polymaleinsäure, poly(meth-)acrylierte Poly(meth-)acrylsäure, poly(meth-)acrylierte Polycarbon-polyphosphonsäure, poly(meth-)acrylierte Polychlorophosphorsäure, poly(meth-)acryliertes Polysulfonat oder poly(meth-)acrylierte Polyborsäure enthalten.

12. Mischungen nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die [X.] oder polymeren Grundgerüste Polyester, Polyamide, Polyether, [X.], [X.] oder Polysaccaride sind.

13. Mischungen nach Anspruch 9 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Oligomeren ein Molekulargewicht von mindestens 500 aufweisen.

14. Mischungen nach Anspruch 9 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Prepolymeren ein Molekulargewicht von mindestens 1.500 aufweisen.

15. Mischungen nach Anspruch 9 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Prepolymeren ein Molekulargewicht von maximal 100.000 aufweisen.

16. Mischungen nach Anspruch 9 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Prepolymeren ein Molekulargewicht von maximal 20.000 aufweisen.

17. Mischungen nach Anspruch 1 bis 16, dadurch gekennzeichnet, dass die Monomeren, Oligomeren oder Prepolymeren außer den Säure- und polymerisierbaren Gruppen [X.], [X.], [X.] oder Halotriazingruppen enthalten.

18. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 17, dadurch gekennzeichnet, dass sie zusätzlich andere polymerisierbare ungesättigte Monomere und/oder Oligomere und/oder Prepolymere enthalten, die keine Säuregruppen oder deren reaktive, leicht hydrolysierbare Säurederivatgruppen aufweisen.

19. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 18, dadurch gekennzeichnet, dass sie zusätzlich andere Verbindungen enthalten, die Säuregruppen oder deren reaktive, leicht hydrolysierbare Säurederivatgruppen aufweisen, aber keine Gruppen enthalten, die ungesättigt und polymerisierbar sind.

20. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 19, dadurch gekennzeichnet, dass die polymerisierbaren, säuregruppen- oder säurederivatgruppenhaltigen Verbindungen in einem Anteil von mindestens 5 % der polymerisierbaren Verbindungen vorliegen.

21. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 19, dadurch gekennzeichnet, dass die polymerisierbaren säuregruppen- oder säurederivatgruppenhaltigen Verbindungen in einem Anteil von 20 % bis 60 % der polymerisierbaren Verbindungen vorliegen.

22. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 21, dadurch gekennzeichnet, dass zusätzliche, im Sinne von [X.] nicht reaktive, anorganische oder organische Füllstoffe zugemischt sind.

23. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 22, dadurch gekennzeichnet, dass der Anteil der reaktiven Füllstoffe am Gesamtfüllstoffgehalt mindestens 5 % beträgt.

24. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 22, dadurch gekennzeichnet, dass der Anteil der reaktiven Füllstoffe am Gesamtfüllstoffgehalt mindestens 30 % beträgt.

25. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 24, dadurch gekennzeichnet, dass der Anteil des Gesamtfüllstoffs zwischen 10 % und 95 % der Mischung beträgt.

26. Mischungen nach Anspruch 1 bis 25, dadurch gekennzeichnet, dass das Härtungsmittel ein Polymerisationskatalysator oder -system ist.

27. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 26, dadurch gekennzeichnet, dass das Polymerisationskatalysatorsystem lichtaktivierbar ist und aus einem Gemisch aus einem α-Diketon und einem tertiären Amin und/oder einem tertiären Phosphin besteht.

28. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 26, dadurch gekennzeichnet, dass das Polymerisationskatalysatorensystem aus 2 getrennten Komponenten besteht, wobei die eine Komponente ein organisches Peroxid und die andere Komponente ein tertiäres Amin, eine Schwefelverbindung, in der Schwefel in der Oxidationsstufe + 2 oder + 4 vorliegt, oder ein Gemisch der beiden ist, oder chelatbildende zweiwertige Metallionen enthält.

29. Mischungen nach Anspruch 28, dadurch gekennzeichnet, dass die Komponente eines 2-Komponenten Gemisches, die die Schwefelverbindung enthält, keine polymerisierbare säure- oder säuregruppenenthaltende Verbindungen, jedoch mindestens ein polymerisierbares Monomer mit Hydroxylgruppen enthält.

30. Verwendung von Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 29 als härtbare Mischungen zum Ausfüllen, Versiegeln und Kleben von oxidischen, mineralischen, glasartigen, keramischen, metallischen und biologischen Substraten.

31. Verwendung von Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 29 als haftvermittelnde Schicht zwischen [X.], mineralischem, glasartigem, keramischem, metallischem oder biologischem Substrat und radikalisch polymerisierbaren Kunststoffmaterialien.

32. Verwendung von Mischungen nach Anspruch 1 bis 29 zum Herstellen von ausgehärteten Formkörpern.

33. Verwendung von Mischungen nach Anspruch 1 bis 29 zur Herstellung von Produkten oder Zubereitungen für dentale und medizinische Zwecke."

5

Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

6

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie vertritt die Ansicht, dass Anspruch 1 des Streitpatents auch in der Fassung des Urteils des [X.]s mangels Neuheit bzw. erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sei. Auch den Ansprüchen 2 bis 33 komme keine eigenständige Patentfähigkeit zu.

7

Die Klägerin beantragt, das Urteil des [X.]s abzuändern, soweit die Klage abgewiesen worden ist, und festzustellen, dass das Streitpatent von Anfang an unwirksam war.

8

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

9

Im Auftrag des Senats hat Univ.-Prof. Dr. rer.nat. et med.dent.habil. [X.], …-Universität M., Fachbereich Medizin, Institut für Angewandte Struktur- und Mikroanalytik, ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Die Klägerin hat nach Erstellung des schriftlichen Gutachtens durch den gerichtlichen Sachverständigen zusätzlich geltend gemacht, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann ihn ausführen könne. Die Beklagte sieht darin eine Klageänderung, der sie nicht zustimmt, und für den Fall, dass diese als sachdienlich angesehen wird, auch inhaltlich entgegen tritt.

Entscheidungsgründe

[X.]ie zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

I. [X.]er von der Klägerin mit der Berufung verfolgte Feststellungsantrag ist nach Ablauf der [X.]chutzdauer des [X.]treitpatents im Hinblick auf den zwischen den Parteien vor dem Oberlandsgericht [X.] anhängigen auf das [X.]treitpatent gestützten Verletzungsrechtsstreit unter dem Gesichtspunkt des Feststellungsinteresses zulässig.

II. 1. [X.]as [X.]treitpatent betrifft [X.] Zementmischungen, insbesondere zur Verwendung in der Zahnheilkunde und Medizin.

In der [X.] wird ausgeführt, dass in der Zahnmedizin eine Reihe von Zementen für verschiedene Verwendungszwecke, wie beispielsweise der Befestigung von [X.] und Inlays sowie von orthodontischen Vorrichtungen, als Wurzelkanalfüllungsmaterial, als [X.] bei der Einbringung von dentalem Restaurationsmaterial zum [X.]chutze der [X.] oder auch in Ausnahmefällen bei Läsionen im gingivalen Bereich als Füllungsmaterial selbst Anwendung finden. Zemente für dentale und medizinische Zwecke bestehen in der Regel aus einer Mischung von feinstteiligen Metalloxiden, [X.], [X.]ilikatzementschmelzen oder ionenfreisetzenden [X.]n, die mit einer Anrührflüssigkeit, die im Wesentlichen Phosphorsäure oder Polycarbonsäuren oder auch [X.]alicylsäuren enthält, zur Reaktion gebracht wird. [X.]ie Aushärtung läuft mithin über eine [X.] wie Neutralisations-, [X.]alzbildungs-, [X.]helatbildungs- oder Kristallisationsreaktion ab und zwar in Wasser.

Je nach Verwendungszweck haben sich Zemente mehr oder minder gut bewährt. [X.]ie sind zumeist gewebeverträglich und zeigen eine gute Haftung an der Zahnsubstanz (vgl. im Einzelnen, [X.], [X.], [X.] 17 ff.). Zemente haben aber auch Nachteile, nämlich vor allem Auswaschbarkeit und geringe mechanische Belastbarkeit, die dazu geführt haben, dass sie als Füllungsmaterial weitgehend durch die dauerhafteren, höher belastbaren, kantenfesteren, unlöslichen und kosmetisch vorteilhafteren, [X.]n Kunststofffüllungsmaterialien, den sogenannten "[X.]", ersetzt worden sind.

[X.] bestehen nach den weiteren [X.]arlegungen in der [X.] im Wesentlichen aus einem [X.]n Bindemittel, welches durch organische oder anorganische Füllstoffe verstärkt ist. Als [X.] Bindemittel eignen sich Verbindungen mit olefinischen ungesättigten Gruppen, für dentale oder medizinische Zwecke [X.] der (Meth)acrylsäure von einwertigen oder mehrwertigen Alkoholen, gegebenenfalls im Gemisch mit anderen Vinylmonomeren.

Als anorganische Füllstoffe dienen feinteilige Mehle aus Quarz, mikrofeiner Kieselsäure, Aluminiumoxid, Bariumgläsern und andere mineralische Teilchen, die an sich keine chemischen Bindungen mit den sie umgebenden [X.]n Bindemitteln eingehen und darum meist mit einem [X.]n [X.]ilan als Kopplungsmittel versehen sind, um einen guten Verbund mit den [X.]n Bindemitteln zu geben. Wesentlich für [X.] ist, dass ihre Aushärtung durch eine Polymerisation der olefinisch ungesättigten Gruppen des Bindemittels abläuft, und zwar als radikalische Reaktion, die keiner Gegenwart von Wasser bedarf.

In der [X.] wird darauf hingewiesen, dass heutzutage zwar hauptsächlich [X.] als dentales Restaurationsmaterial verwendet werden, auch deren Anwendung jedoch Grenzen gesetzt sind. Wegen Gewebeirritation oder aus Gründen der Toxizität ist die Anwendung von [X.] für tiefer gehende Zahnkavitäten, bei Restauration am [X.] und am [X.]entin eingeschränkt. Zudem haften sie nicht an der Zahnsubstanz. In solchen Fällen werden meist Zemente auf der Basis von Polycarbonsäuren und Metalloxiden ([X.]arboxylatzemente) oder ionenfreisetzenden [X.]n (Ionomerzemente) angewandt, die insoweit über günstigere Eigenschaften verfügen.

Nach den weiteren Ausführungen in der [X.] ist versucht worden, die mechanische Festigkeit und vor allem das Löslichkeits- und Entmischungsverhalten sowie die Kompatibilität von Zementen mit [X.] zu verbessern, ohne dass dies jedoch zu befriedigenden Ergebnissen geführt hat (vgl. im Einzelnen, [X.], [X.], [X.] 4 ff.).

[X.]em [X.]treitpatent liegt vor diesem Hintergrund das Problem ("die Aufgabe") zugrunde, neue, insbesondere im [X.]entalbereich zu verwendende Mischungen zu finden, die einerseits über die wesentlichen Vorteilsmerkmale von Zementen auf Polycarbonsäure- oder [X.]alicylat-Basis, nämlich eine gute Haftung an Zahn- und Knochensubstanz und gute Gewebeverträglichkeit, verfügen, andererseits aber auch die Vorteilsmerkmale von [X.], nämlich eine geringe Löslichkeit und größere mechanische Festigkeit, aufweisen, und keine ausgeprägten Entmischungserscheinungen zeigen.

[X.]as soll nach Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.]eils des [X.] durch folgende Merkmalskombination erreicht werden:

Polymerisierbare Zementmischungen enthaltend

a) Monomere und/oder Oligomere und/oder Prepolymere, diese sind

a 1) polymerisierbar,

[X.]) ungesättigt,

a 3) sie enthalten [X.] und/oder deren reaktive [X.];

b) Füllstoffe, diese sind

b 1) feinteilig,

[X.]) reaktiv

b 3) und können mit den [X.]äuren oder [X.]äurederivaten reagieren;

b 4) die Füllstoffe sind Pulver von [X.] ([X.]/MgO), [X.]ilikatzementen oder Ionomerzementen;

c) [X.];

d) die Komponenten a und b sind derart ausgewählt, dass die [X.] oder [X.] der [X.]toffe gemäß a mit den feinteiligen reaktiven Füllstoffen gemäß b ionisch zu einer Zementreaktion führen vermögen.

[X.]ie nach Patentanspruch 1 geschützten sogenannten [X.]n Zementmischungen enthalten somit einerseits Monomere und/oder Oligomere und/oder Prepolymere, die polymerisierbar und ungesättigt sind und [X.] und/oder deren reaktive [X.] enthalten (Merkmalsgruppe a und andererseits Füllstoffe (nämlich Pulver von [X.] [X.]/MgO), [X.]ilikatzementen oder Ionomerzementen), die feinteilig und reaktiv sind sowie mit den [X.]äuren oder [X.]äurederivaten der Monomere und/oder Oligomere und/oder Prepolymere reagieren können (Merkmalsgruppe b). Hinzu kommen nicht weiter spezifizierte [X.] (Merkmal c). [X.]ie Komponenten a und b sind derart auszuwählen, dass die [X.] oder [X.] der [X.]toffe gemäß a mit den feinteiligen reaktiven Füllstoffen gemäß b ionisch zu einer Zementreaktion zu führen vermögen (Merkmal d).

Für den Fachmann, bei dem es sich um einen auf dem Gebiet der Entwicklung von Füllungsmaterialien tätigen [X.] mit Fachhochschul- oder Hochschulabschluss oder approbierten Zahnarzt handelt, ergibt sich daraus, dass die unter [X.]chutz gestellten sogenannten [X.]n Zementmischungen geeignet sein sollen, eine zweifache Reaktion zu bewirken. Zum einen soll die [X.] und ungesättigte Komponente a (durch einen Katalysator wie beispielsweise Erhitzen, Lichtbestrahlung oder Zugabe eines Aktivators, [X.], [X.], [X.] 27 ff.; vgl. auch [X.]achverständigengutachten, [X.]1) zu einer radikalischen Polymerisationsreaktion induziert werden. Zum anderen soll durch die Auswahl der Komponenten a und b der Mischung (und nach Zugabe von Wasser) eine ionische Zementreaktion zwischen den [X.] oder [X.] der [X.]toffe gemäß Merkmal a und den feinteiligen reaktiven Füllstoffen gemäß Merkmal b ermöglicht werden, die zur Bildung von vernetzten Zementstrukturen führt. [X.]abei ist allerdings der Umfang, in dem es infolge der Zementreaktion bei dem Endprodukt tatsächlich zur Bildung solcher [X.]trukturen kommt, nicht weiter konkretisiert. [X.]as fügt sich mit dem Umstand, dass Gegenstand des Patentanspruchs 1 eine Mischung ist und nicht das Endprodukt, das nach der Polymerisations- und Zementreaktion aus der Mischung entsteht. [X.]ie erfindungsgemäße Lehre fordert allein, die Komponenten a und b der Mischung derart auszuwählen, dass die [X.] oder [X.] der Komponente a mit den feinteiligen reaktiven Füllstoffen der Komponente b ionisch zu einer Zementreaktion führen können, um das zu erhalten, was im [X.]treitpatent als [X.] Zementmischung bezeichnet ist. In der [X.] heißt es in diesem Zusammenhang erläuternd, dass sich überraschenderweise gezeigt habe, dass man durch eine Kombination von einigen für die Haftung an der Zahnsubstanz entwickelten [X.]n Harzmischungen mit solchen reaktiven Füllstoffen, die üblicherweise in Zementen als für die Abbindung wichtige Komponente enthalten sind, zu härtbaren Mischungen kommt, die sowohl radikalisch als auch über [X.]en aushärten. [X.]adurch könne eine große Palette von neuen [X.] erhalten werden, die verbesserte Eigenschaften und neue Möglichkeiten der Anwendung böten ([X.], [X.], [X.] 40 ff.).

Als Füllstoffe im [X.]inne des Merkmals b kommen demnach nur solche in Betracht, die feinteilig und reaktiv sind und dabei insbesondere mit den [X.]äuren und/oder [X.]äurederivaten des Merkmals a reagieren können. Nicht dazu zählen inerte Füllstoffe, wie etwa die noch im [X.]tand der Technik bei [X.] als Füllstoff verwendeten feinteiligen Mehle von Quarz, mikrofeine Kieselsäure, Aluminiumoxid, Bariumgläsern und anderen mineralischen Teilchen, die keine chemische Bindung mit den sie umgebenden [X.]n Bindemitteln eingehen können und deshalb meist mit einem [X.]n [X.]ilan als Kopplungsmittel versehen wurden (vgl. [X.], [X.], [X.] 45 ff.). Zudem muss es sich bei den Füllstoffen um Pulver von [X.] ([X.]/MgO), [X.]ilikatzementen oder Ionomerzementen handeln.

[X.] im [X.]inne des Merkmals c sind solche, welche die radikalische Polymerisationsreaktion oder die [X.] auslösen bzw. beschleunigen können, wie beispielsweise Erhitzen, Lichtbestrahlung oder Zugabe eines Aktivators bzw. Wasser, Weinsäure oder Mellithsäure ([X.], [X.], [X.] 27 ff., 51 f.).

III. 1. [X.]ie Geltendmachung des [X.]es der unzureichenden [X.] (Art. 83, 138 Abs. 1 lit. b EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) durch die Klägerin erstmals in der Berufungsinstanz ist zulässig (§ 99 [X.] i.V. mit § 533 Nr. 1 ZPO).

[X.]ie Einbeziehung eines weiteren [X.]es in der Berufungsinstanz, nachdem die Nichtigkeitsklage vor dem [X.] nur auf einen oder mehrere andere der in Art. 138 Abs. 1 EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 [X.] aufgeführten Nichtigkeitsgründe gestützt war, stellt eine Klageänderung (objektive Klagehäufung) im [X.]inne der Vorschrift des § 533 Nr. 1 ZPO dar, welche nach § 99 Abs. 1 [X.] auch im Patentnichtigkeitsverfahren anwendbar ist (Benkard/[X.], [X.], 10. Aufl., 2006, § 22 [X.] Rdn. 71; Busse/Keukenschrijver, [X.], 6. Aufl., 2003, § 83 [X.] Rdn. 9, jeweils zu § 263 ZPO). Entsprechend ist in der erstmaligen Geltendmachung des [X.]es der unzureichenden [X.] (Art. 83, 138 Abs. 1 lit. b EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) durch die Klägerin im Berufungsverfahren im [X.] an das Gutachten des gerichtlichen [X.]achverständigen eine Klageänderung zu sehen, nachdem die Klägerin ihren Antrag auf Nichtigerklärung bis dahin allein mit der fehlenden Patentfähigkeit des [X.] (Art. 54, 56, 138 Abs. 1 a EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) begründet hat. [X.]oweit die Klägerin erstinstanzlich die unangemessene Breite des Anspruchs 1 des [X.]treitpatents in der von der [X.] verteidigten Fassung gerügt hat, füllt dies - wie bereits das [X.] unter Hinweis auf die Rechtsprechung des [X.]ats ([X.], 179, 185 - blasenfreie Gummibahn I) zutreffend ausgeführt hat - keinen der gesetzlichen Nichtigkeitsgründe aus und damit insbesondere auch ohne Weiteres nicht den [X.] der unzureichenden [X.].

[X.]ie Klageänderung ist sachdienlich und somit zulässig (§ 533 Nr. 1 ZPO). [X.]ie Einbeziehung des [X.]es der unzureichenden [X.] in das hiesige Nichtigkeitsberufungsverfahren ist sachdienlich, weil die damit verbundenen Fragen im laufenden Verfahren mitbehandelt werden konnten und eine neue Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des [X.]treitpatents vermieden wird. Zu einer zeitlichen Verzögerung des laufenden Verfahrens ist es nicht gekommen, weil die Anhörung des gerichtlichen [X.]achverständigen im Verhandlungstermin, die bereits im Hinblick auf den von Anfang an erhobenen [X.] der fehlenden Patentfähigkeit angeordnet worden war, dazu genutzt werden konnte, offene Fragen auch im Hinblick auf den [X.] der fehlenden [X.] zu klären.

2. [X.]er Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des [X.]eils des [X.] ist so deutlich und hinreichend offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (Art. 83, 138 Abs. 1 b EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 [X.]).

a) [X.]ie Klägerin trägt vor, dass die [X.] dem Fachmann keine ausreichende Lehre vermittelt habe, wie die [X.]n, ungesättigten [X.]äuren bzw. [X.]äurederivate nach Merkmalsgruppe a und die feinteiligen, reaktiven Füllstoffe nach Merkmalsgruppe b auszuwählen seien, so dass sie [X.] Zementmischungen ergäben, die über eine ionische Reaktion zu einem Zement führten. Um dies herauszufinden, habe der Fachmann umfangreiche und damit unzumutbare eigene Untersuchungen anstellen und selbst erfinderisch tätig werden müssen. [X.]elbst wenn jedoch unterstellt werde, dass die Beispiele des [X.]treitpatents Zementmischungen offenbarten, die ionisch zu einer Zementreaktion geführt hätten, so habe sich hieraus keine ausreichende [X.] für den gesamten beanspruchten Bereich ergeben. [X.]ie Beispiele hätten keine Verallgemeinerung dahingehend erlaubt, dass der Fachmann auf Grundlage der Beispiele wisse, wie er die [X.]äuren bzw. [X.]äurederivate nach Merkmalsgruppe a auszuwählen habe, damit sie mit entsprechenden reaktiven Füllstoffen der Merkmalsgruppe b zu einer ionischen Zementreaktion führen könnten.

[X.]er Argumentation der Klägerin kann nicht beigetreten werden. Eine für die Ausführbarkeit hinreichende [X.] ist gegeben, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare [X.]chwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs aufgrund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder [X.] praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird ([X.].[X.]. v. 14.10.1979 - [X.], [X.], 166, 168 - [X.]oppelachsaggregat). Es ist also nicht erforderlich, dass bereits der Patentanspruch alle zur Ausführung der Erfindung erforderlichen Angaben enthält. Vielmehr genügt es, wenn der Fachmann die insoweit notwendigen Einzelangaben der allgemeinen Beschreibung oder den Ausführungsbeispielen entnehmen kann ([X.].Beschl. v. 16.6.1998 - [X.], [X.], 899, 900 - Alpinski; [X.]. v. 1.10.2002 - [X.], [X.], 223, 225 - Kupplungsvorrichtung II). Nach mittels Einspruchs nicht mehr anfechtbarer Erteilung des Patents ist von einer in diesem [X.]inne ausreichenden [X.] so lange auszugehen, bis das Gegenteil nachgewiesen ist. Im [X.] führt das zur Beweislast des [X.] dafür, dass es dem Fachmann auch nach Kenntnisnahme der Angaben in der Beschreibung und der Zeichnungen der Patentschrift nicht möglich ist, die beanspruchte Lehre unter Einsatz seines Fachwissens und ohne unzumutbare [X.]chwierigkeiten auszuführen (Busse/Keukenschrijver, aaO, § 83 [X.] Rdn. 32, § 34 [X.] Rdn. 301; [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., 2008, § 34 [X.] Rdn. 374).

Im [X.]treitfall hat sich das Gegenteil nicht ergeben. Es ist zwar zutreffend, dass Patentanspruch 1 des [X.]treitpatents - wie auch der gerichtliche [X.]achverständige in seinem Gutachten wiederholt hervorhebt ([X.]achverständigengutachten, [X.], Abs. 2; [X.]2, Abs. 3; [X.]. 40, Abs. 2; [X.], Abs. 5; [X.], Abs. 3), keine näheren Angaben zur [X.] in Merkmal d entnommen werden kann, wonach die Komponenten a, also die [X.]n, ungesättigten und [X.] und/oder deren reaktive [X.]äurederivate enthaltenden Monomere, Oligomere und/oder Prepolymere, und b also die feinteiligen und reaktiven Pulver von [X.]en, [X.]ilikatzementen oder Ionomerzementen so auszuwählen sind, dass die [X.] oder [X.]äurederivategruppen der [X.]toffe gemäß a) mit den feinteiligen Füllstoffen gemäß b ionisch zu einer Zementreaktion führen können. [X.]ie [X.] enthält jedoch mehrere Ausführungsbeispiele, in denen dem Fachmann konkrete Mischungen vorgeschlagen werden (vgl. [X.], [X.] ff.). [X.]ass diese Ausführungsbeispiele insgesamt nicht ausführbar sind, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben.

[X.]afür, dass die Komponenten a und b derart ausgewählt worden sind, das die [X.] bzw. [X.] der Komponente a mit den feinteiligen reaktiven Füllstoffen der Komponente b zu einer Zementreaktion zu führen vermögen, spricht etwa bei dem Beispiel 9 des [X.]treitpatents das Quellverhalten des [X.] in Wasser, welches darauf hindeutet, dass sich zumindest in Teilbereichen des [X.] Zementstrukturen gebildet haben. Nach den Angaben in der [X.] wurde im Hinblick die Polymerisationsschrumpfung des [X.] in Wasser nach 10 Minuten mit 0,0 % gemessen. Nach 30 Minuten hat der [X.] eine Expansion von 0,24 % gezeigt und nach 16 [X.]tunden eine solche um 0,80 % ([X.], [X.], [X.] 46 ff.). Zwar hat der gerichtliche [X.]achverständige im Termin ausgeführt, dass im Expansionsverhalten kein wissenschaftlicher Nachweis für die Bildung zementartiger Vernetzungen in dem [X.] liegt; er hat aber auch dargelegt, dass eine mögliche Erklärung für die Ausdehnung in der Bildung zementartiger Vernetzungen im [X.] unter [X.] liegen kann.

[X.]er gerichtliche [X.]achverständige hat zudem zwar kritisiert, dass die Eigenschaft "Zement" nicht durch spektroskopische (z.B. IR, [X.], etc.) Methoden nachgewiesen worden sei, zugleich aber überzeugend dargelegt, dass Angaben zur Härte von [X.] nach in vitro Nasslagerung und zu deren in vitro Kantenfestigkeit indirekte Hinweise auf deren Vorhandensein sein können ([X.]achverständigengutachten, [X.]18, Abs. 4). [X.]o wird in der [X.] hinsichtlich des Beispiels 4 ausgeführt, dass der durch Mischen von zwei härtbaren Pasten auf Basis von [X.] und [X.]pulver entstandene gehärtete [X.] zunächst eine [X.] von 51 gehabt hat. Im [X.]tresstest (Wassertauchbäder im Wechsel von 0° [X.] und 60° [X.] nach 4.000 Zyklen) wies das Material keine Ermüdungserscheinungen auf, stieg die [X.] auf 59 und war das Material äußerst kantenfest. Zudem haftete es sehr gut an [X.]entin und [X.]chmelz von Rinderzähnen ([X.], [X.], [X.] 25 ff., 44 ff.). Zum Beispiel 3 heißt es in der Beschreibung, dass 30 Minuten nach dem Vermischen von zwei Pasten auf Basis von halophosphoryliertem Bis-GMA und [X.] eine [X.] von 57 gemessen wurde, die [X.]ruckfestigkeit nach 24 h/37° [X.] bei 2.100 kg/cm² lag und eine Löslichkeit nach 24-stündiger Lagerung im Wasser von 37° [X.] nicht festgestellt wurde ([X.], [X.], [X.] 13 ff., [X.] 21 ff.).

[X.]chließlich liegt in der Feststellung des gerichtlichen [X.]achverständigen in der mündlichen Verhandlung, dass bei den genannten Beispielen des [X.]treitpatents stets jedenfalls eine ionische Reaktion ([X.]) erfolgt ist, ein weiteres Indiz dafür, dass es dabei auch zur Bildung von Zementstrukturen gekommen ist.

b) Auch dem weiteren Argument der Klägerin, die Beispiele des [X.]treitpatents reichten nicht aus, um die [X.] nach Merkmal d im gesamten Bereich als offenbart anzusehen, weil diese den Fachmann nicht allgemein lehrten, wie er die [X.]äuren oder [X.]äurederivate der Merkmalsgruppe a auszuwählen habe, damit sie mit entsprechenden reaktiven Füllstoffen der Merkmalsgruppe b) zu einer ionischen Zementreaktion führen können, kann nicht gefolgt werden. [X.]enn nach der Rechsprechung des [X.]ats ist es nicht erforderlich, dass alle denkbaren unter den Wortlaut des Patentanspruchs fallenden Ausgestaltungen ausgeführt werden können. Vielmehr genügt es regelmäßig den Anforderungen des Art. 83 EPÜ, wenn - wie für den hiesigen Fall vorstehend ausgeführt - zumindest ein nacharbeitbarer Weg zur Ausführung der Erfindung offenbart worden ist ([X.], 306 (317) - [X.]; [X.].[X.]. v. 1.10.2002 - [X.], [X.], 223, 225 - Kupplungsvorrichtung II). Ein dem [X.]achverhalt der Entscheidung "Thermoplastische Zusammensetzung" ([X.], [X.]. v. [X.] - Xa ZR 100/05 Tz. 23, [X.], 414) vergleichbarer oder ähnlicher Fall ist hier nicht zu beurteilen.

IV. [X.]er Gegenstand des Patentanspruchs 1 des [X.]treitpatents in der Fassung des [X.]eils des [X.] ist patentfähig (Art. 138 Abs. 1 a EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.]).

1. [X.]er Gegenstand des Patentanspruchs 1 des [X.]treitpatents in der genannten Fassung ist neu (Art. 54 EPÜ).

a) [X.]ie [X.] Patentanmeldung 2 094 326 (Anlage [X.] und Übersetzung) offenbart einen dentalen Ausbesserungskit oder eine Zusammensetzung zum Auskleiden oder temporären Füllen von Zahnkavitäten, umfassend [X.]alciumhydroxid und ein [X.]s, organisches Bindemittel, wobei das Bindemittel ein Bisphenol-A-Glydicylmethacrylat-Präpolymer und gegebenenfalls weitere Komponenten (ein [X.], das insbesondere ein difunktionelles Methacrylat sein kann; bis zu 0,5 Gew.-% Methacrylsäure; ein Füllstoff, der insbesondere Glas, Quarz oder amorphes [X.]iliziumdioxid umfasst, etc.) umfasst. Aus [X.]icht des Fachmanns lehrt die Entgegenhaltung somit einen sog. [X.], der zur Abdeckung der Pulpa bei tiefen Kavitäten dient, um das Wachstum von sekundärem [X.]entin zu stimulieren und die Wirkungen von [X.]äuren und anderen [X.]hemikalien zu neutralisieren (Anlage [X.], [X.], [X.] 11 ff.). [X.]en Grundkomponenten der bis dahin bekannten [X.]alciumhydroxid-[X.]n werden [X.] hinzugesetzt, die ebenfalls bereits bekannt gewesen sind ([X.]achverständigengutachten, [X.]0, Abs. 1).

[X.]em Fachmann werden damit Harzkomponenten und [X.] im [X.]inne von Patentanspruch 1 des [X.]treitpatents aufgezeigt. Es fehlt aber an einer [X.] reaktiver Füllstoffe, die mit [X.]äuren oder [X.]äurederivaten reagieren können und Pulver von [X.]en ([X.]/MgO), [X.]ilikatzementen oder Ionomerzementen sind. Entsprechend geht aus der Entgegenhaltung auch nicht die [X.] des Merkmals d hervor. Anspruch 8 und der Beschreibung der [X.]n Patentanmeldung können zwar als mögliche Füllstoffe, welche die Zusammensetzung der Erfindung aufweisen können, allgemein Glas, Quarz oder amorphe Kieselsäure entnommen werden (vgl. Anlage [X.], [X.], [X.] 20 ff; [X.]. 4, [X.] 27 ff.; Übersetzung, [X.], Abs. 3; [X.], letzter Abs.). [X.]amit ist jedoch nicht offenbart, dass es sich bei dem Füllstoff um ein Pulver von Ionomer- oder [X.]ilikatzementen handelt, die mit [X.]äure- oder [X.] reagieren können. In der Entgegenhaltung wird zunächst nicht ausdrücklich erwähnt, dass es sich bei der Alternative "Glas" als Füllstoff um ein Pulver für Ionomerzemente oder bei der Alternative "amorphe Kieselsäure" als Füllstoff um ein Pulver für [X.]ilikatzemente handeln soll. [X.]arüber hinaus ist es aus [X.]icht des Fachmanns in Zusammenhang mit einem [X.], der ohne Wasserbedarf in einer katalytisch induzierten Polymerisationsreaktion aushärtet ([X.]achverständigengutachten, [X.]7 f.), auch ohne ausdrückliche Erwähnung nicht wie selbstverständlich, unter den Begriffen "Glas" bzw. "amorphe Kieselsäure" ein reaktives Pulver von Ionomer- oder [X.]ilikatzementen zu verstehen. Erst recht enthält die [X.] Entgegenhaltung keinen Hinweis auf die eine ionische Zementreaktion betreffende [X.] des Merkmals d des [X.]treitpatents.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ändert daran auch der Umstand nichts, dass in der [X.]n Patentanmeldung auf das U[X.]-Patent 3 971 754 (Anlage [X.]4, Übersetzung) Bezug genommen wird. Im Rahmen dieser Bezugnahme erstreckt sich der [X.] der [X.]n Entgegenhaltung zwar auch auf den Inhalt des U[X.]-Patentes (vgl. etwa [X.]Z 76, 97, 104 - Terephtalsäure). [X.]er Verweis in der [X.]n Entgegenhaltung erfolgt jedoch im Hinblick auf "Glaszusammensetzungen des U[X.]-Patentes 3 971 754", die "Röntgenabsorptionsverbindungen, wie beispielsweise [X.]trontiumoxid und -carbonat" umfassen, "so dass die Grenzen des Füllstoffs auf diagnostischen Röntgenaufnahmen abgegrenzt sind" (Anlage [X.], [X.], [X.] 2, [X.] 28 ff., 39 ff.; Übersetzung, [X.], Abs. 3 und 5 f.). [X.]ies entspricht der dem genannten U[X.]-Patent zugrunde liegenden Aufgabenstellung, wonach ein für Röntgenstrahlen undurchlässiges Zahnfüllmaterial mit bestimmten Eigenschaften (vgl. dazu im Einzelnen: Anlage [X.]4, [X.] 1, [X.] 61 ff.; Übersetzung, [X.], Abs. 2 ff.) zur Verfügung gestellt werden soll, um einen ausreichenden Röntgenkontrast zu erhalten, so dass die Lage und der Grenzbereich des implantierten Materials im Hinblick auf postoperative Untersuchungen klar umrissen sind, damit beispielsweise das Wiederaufleben von Karies, die Gewebeneubildung und andere Gewebestörungen ohne einen operativen Eingriff festgestellt werden können (vgl. Anlage [X.]4, [X.] 1, [X.] 9 ff., 61 ff.; Übersetzung, [X.], Abs. 2, [X.] Abs. 2 ff.). Hingegen findet sich in der [X.] kein Anhaltspunkt dafür, dass es sich bei den dort genannten Glasfüllmaterialien, um Pulver für [X.] oder Glasionomerzemente handelt, die - wie der gerichtliche [X.]achverständige in seinem Gutachten hervorhebt (vgl. [X.]achverständigengutachten, [X.]7, Abs. 2, [X.], Abs. 4 und 5) - eine sehr spezifische Zusammensetzung aufweisen müssen, damit es zu einer vernetzenden Zementreaktion kommen kann.

b) [X.]ie [X.] [X.] 28 28 381 (Anlage [X.]) beschreibt eine härtbare Masse bestehend aus

(A) einer ethylenisch ungesättigten [X.]arbonsäure entsprechend der folgenden allgemeinen Formel

Abbildung

worin [X.] ein Wasserstoffatom oder eine Methylgruppe und [X.] eine Alkylengruppe mit 2 bis 4 Kohlenstoffatomen bedeuten und worin im Benzolring A zwei [X.]arboxylgruppen an andere Kohlenstoffatome als die zu dem Kohlenstoffatom, woran die [X.] gebunden ist, benachbarten Kohlenstoffatome gebunden sind oder einem [X.]äureanhydrid hiervon,

(B) mindestens einem anderen ethylenisch ungesättigten Monomeren als dem Monomeren (A) und

([X.]) mindestens einem Katalysator aus der Gruppe von Initiatoren vom freien Radikaltyp und/oder Photosensibilisatoren (Anlage [X.], Patentanspruch 1),

die als [X.]entalklebstoff verwendet werden kann (aaO, Patentanspruch 11), indem sie zwischen die miteinander zu verbindenden Gegenstände aufgetragen, polymerisiert und gehärtet wird (aaO, [X.], Abs. 1; Beispiele, [X.] ff.). [X.]ie härtbare Masse soll über eine starke Haftfähigkeit am Zahnschmelz und am [X.]entin sowie an anderen [X.]ubstraten wie Metall verfügen sowie eine hohe Wasserbeständigkeit und [X.]auerhaftigkeit aufweisen (aaO, [X.], letzter Abs. bis [X.]. 6, 3. Abs.). Nach den weiteren Ausführungen in der Beschreibung der Entgegenhaltung kann die härtbare Masse verschiedene Zusätze enthalten. Namentlich erwähnt werden anorganische pulverförmige Füllstoffe wie Kaolin, [X.], Ton, [X.]alciumcarbonat, Kieselsäure, Aluminiumoxid, Kieselsäure-Aluminiumoxid, [X.]alciumphosphat und Glas, Pigmente wie Titanoxid, Klebrigmachungsmittel wie Wachse und Ethylen/Vinylacetat-[X.]opolymere, Härtungspromotoren, Polymerisationsregler und Polymerisationshemmstoffe wie Hydrochinon (aaO, [X.]2, Abs. 1).

Mit der ethylenisch ungesättigten [X.]arbonsäure offenbart die Entgegenhaltung einen Monomeren, der polymerisierbar und ungesättigt ist sowie zwei [X.] ([X.]arbonsäurereste: -[X.]OOH) enthält (Merkmalsgruppe a). Im Hinblick auf den Katalysator aus der Gruppe von Initiatoren vom freien Radikaltyp und/oder Photosensibilisatoren ist zudem ein [X.] enthalten (Merkmal c).

[X.]ie Klägerin meint, dass darüber hinaus der Begriff Glas in der Auflistung möglicher Zusätze vom Fachmann dahin verstanden werde, dass [X.] zum Einsatz kämen, die üblicherweise für [X.]entalmaterialien und insbesondere für [X.] und [X.]entalzemente verwendet würden. Eine dem Fachmann zum Prioritätszeitpunkt als üblich bekannte und für [X.]entalmaterialien als ohne weiteres geeignet erscheinende Glasgruppe seien die Pulver für [X.]ilikatzemente und Glasionomerzemente. [X.]er Fachmann habe also dem Begriff Glas, wie er in der Entgegenhaltung gegeben sei, auch die Bedeutung als Pulver für [X.]ilikatzemente und Glasionomerzemente beigemessen bzw. diese ohne weiteres mitgelesen, zumal Pulver für [X.]ilikatzemente und Glasionomerzemente weit verbreitete Anwendung in [X.]entalmaterialien gefunden hätten.

[X.]er Argumentation der Klägerin kann nicht gefolgt werden. [X.]ie verkennt den patentrechtlichen Neuheitsbegriff. [X.]anach kann zwar auch dasjenige offenbart sein, was in der Entgegenhaltung nicht ausdrücklich erwähnt ist, aus der [X.]icht des Fachmanns jedoch für die technische Information, die der Fachmann der Entgegenhaltung entnimmt, keiner besonderen [X.] bedarf, sondern "mitgelesen" wird. [X.]ie Einbeziehung von [X.]elbstverständlichem erlaubt jedoch keine Ergänzung der [X.] durch das Fachwissen, sondern dient, nicht anders als die Ermittlung des Wortsinns eines Patentanspruchs, lediglich der vollständigen Ermittlung des [X.]inngehalts, d.h. derjenigen technischen Information, die der fachkundige Leser der Quelle vor dem Hintergrund seines Fachwissens entnimmt ([X.]Z 179, 168, 174 - Olanzapin). [X.]anach kann der [X.] aus [X.]icht des Fachmanns weder die Merkmalsgruppe b noch die [X.] des Merkmals d des Patentanspruchs 1 entnommen werden.

Gegenstand der Entgegenhaltung ist ein [X.]entalklebstoff, der durch eine radikalische, von einem Katalysator induzierte Reaktion polymerisiert und aushärtet. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass neben oder nach der radikalischen Polymerisation noch eine ionische Zementreaktion herbeigeführt werden soll. [X.]as gilt sowohl für den allgemeinen Teil der Beschreibung der [X.]n [X.] als auch für die zehn Ausführungsbeispiele. Hinzu kommt, dass im Hinblick auf die Aushärtung der Masse an keiner [X.]telle die Zugabe von Wasser erwähnt wird, wie sie für eine ionische Zementreaktion zwingend erforderlich wäre ([X.]achverständigengutachten, [X.]. 63, Abs. 2, [X.], Abs. 1). Auch dies spricht dagegen, dass dem Fachmann in der [X.] die [X.]urchführung einer ionischen Zementreaktion offenbart wird und er vor diesem Hintergrund unter dem Begriff des Glases als Füllstoff gerade auch Pulver von [X.] oder [X.] verstehen wird. [X.]oweit die Klägerin in diesem Zusammenhang ausführt, dass eine nachfolgende ionische Reaktion in der Mundhöhle (durch [X.]peichelfluss) erfolgen könne, hat auch dies keine Grundlage in der Entgegenhaltung und stellt sich als rückschauende und deshalb unbeachtliche Betrachtungsweise dar.

Auch wenn es zutreffend ist, dass es mit zum Fachwissen gehört hat, dass das Pulver von [X.]ilikatzementen ein Aluminiumfluorsilikatglas ist und Glasionomerzemente durch die Reaktion von Pulvern (säurelösliches Glas mit hohem Fluorgehalt) und Flüssigkeiten (wässrige Lösung von Acrylsäurecopolymeren) gebildet werden (vgl. [X.]’s Encyclopedia of Industrial [X.]hemistry, 5. Aufl., 1987, Band [X.], [X.]76 und [X.]56, Anlagen [X.]3 und [X.]3a) und zudem diskutiert wurde, dass [X.] und [X.] freisetzen und zum [X.]chutz gegen Karies beitragen können (vgl. [X.]/[X.], Fluoride release from a fluoride-containing amalgam, a glass ionomer cement and a silicate cement in [X.], [X.], 1981, Volume 8, [X.]eiten 237-241, Anlage [X.]6, und [X.]/[X.]/[X.], Long-term F Release from Glass Ionomer [X.]ements, [X.] 63(2), [X.]eiten 158-160, Februar 1984, Anlage [X.]7), folgt daraus nicht, dass der Fachmann bei Kenntnisnahme der Aufzählung von Füllstoffen in der Beschreibung der [X.] mit der Erwähnung von Glas ohne weiteres auch Pulver für [X.] oder Glasionomerzemente "mitgelesen" hat. Vielmehr wird in [X.]’s Encyclopedia of Industrial [X.]hemistry gerade zwischen [X.], die aus einem Pulver (säurelöslichem Glas mit hohem Fluorgehalt) und einer Flüssigkeit (wässrige Lösung aus Acrylsäurepolymeren) bestehen, und sog. "[X.]omposite-[X.]ements" unterschieden, die sich aus zwei Pasten mit [X.]iacrylatoligomeren, [X.]iacrylatmonomeren, Füllstoffen und Polymerisationsstartersystemen zusammensetzen (aaO, [X.]56). Bei den letztgenannten "[X.]omposite-[X.]ements" handelt es sich also gerade nicht um Zemente, die ionisch mit Wasser reagieren, sondern um [X.] [X.] ([X.]achverständigengutachten, [X.]7). Und auch die Aufsätze von [X.]/[X.] und [X.]/[X.]/[X.] befassen sich speziell mit der Fluoridabgabe von [X.] und [X.] und den damit möglicherweise verbundenen karieshindernden Wirkungen ("anticariogenic properties"), ohne dass jedoch ein Bezug zu [X.]omposite-Materialien bzw. Füllstoffen für selbige aufgezeigt wird. Für den Fachmann gibt es daher - wie auch der gerichtliche [X.]achverständige in der mündlichen Verhandlung noch einmal hervorgehoben hat - keinen Grund, unter dem in der [X.]n [X.] verwendeten Begriff des Glases als Füllstoff auch Pulver von [X.] oder [X.] zu verstehen.

c) [X.]ie [X.] Patentschrift 0 115 410 respektive die [X.] Patentanmeldung 0 115 410 [X.] ([X.], [X.], Übersetzung) betreffen ebenfalls [X.], die gut auf harten Geweben des menschlichen Körpers wie Zähnen und Knochen, metallischen Materialien, organischen Polymeren und Keramiken haften und die weiterhin eine wasserbeständige [X.] besitzen (Anlage [X.]5, [X.], [X.] 3 ff.). Patentanspruch 1 der [X.]n Patentschrift offenbart eine solche Klebstoffmasse die aus (a) 1 Gewichtsanteil einer Verbindung der allgemeinen Formel

Abbildung

worin jeweils [X.] und [X.]’ ein Wasserstoffatom oder ein Methylrest sind, [X.] einen bivalenten, organischen Rest mit 2 bis 54 Kohlenstoffatomen bedeutet, Rd ein bivalenter organischer Rest mit 4 bis 57 Kohlenstoffatomen ist, Rd’ ein bivalenter organischer Rest mit 3 bis 57 Kohlenstoffatomen ist und [X.], [X.] oder [X.] bedeutet, wobei [X.] oder [X.]1-4-Alkyl ist, und (b) 0 bis 199 Gewichtsteilen eines Vinylmonomeren besteht, der mit der vorstehend erwähnten Verbindung copolymerisierbar ist.

[X.]ie Verbindungen sind [X.], ungesättigte und säuregruppenhaltige Monomere im [X.]inne der Merkmalsgruppe a des [X.]treitpatents. In Anspruch 5 ist darüber hinaus vorgesehen, dass die Masse ein [X.] enthält (aaO, [X.]0, [X.] 63 ff.), so dass auch Merkmal c offenbart ist.

In der Beschreibung der Entgegenhaltung wird weiterhin erwähnt, dass die Klebemittelzusammensetzung einen herkömmlichen bekannten Füllstoff eines anorganischen oder organischen Polymers oder eines anorganischen oder organischen Verbundtyps enthalten könne. [X.]urch Zugabe des Füllstoffs könne die Klebemittelzusammensetzung als [X.]entalzement zum Verkleben und Füllen, dentales Verbundharz und Knochenzement verwendet werden. Als Beispiele für den verwendeten anorganischen Füllstoff werden natürliche Mineralien erwähnt und dabei neben vielen anderen auch Glas, z.B. [X.]odaglas, [X.], [X.]trontiumglas und [X.], Glas-Keramik enthaltend Lanthan usw. (aaO, [X.]2, [X.] 59 ff., [X.], [X.] 2 ff.). [X.]ie Klägerin meint, dass dem Fachmann hierdurch gelehrt werde, solche Füllmaterialien einzusetzen, welche die Ausbildung eines Zahnzements ermöglichen. Aus der Erwähnung von Glas als einem Füllstoff folge für den Fachmann, dass auch Pulver für [X.]ilikatzemente und Glasionomerzemente gemeint seien.

[X.]em ist nicht beizutreten. Auch die [X.] Patentschrift 0 115 410 bzw. die [X.] Patentanmeldung 0 115 410 betreffen einen [X.]entalklebstoff, der durch eine radikalische, von einem Katalysator induzierte Reaktion polymerisiert und gehärtet wird (Anlage [X.], [X.]2, [X.] 20 ff.; Anlage [X.], [X.]0, [X.] 20 ff.; Übersetzung, [X.]2, Abs. 2). In der Entgegenhaltung werden auch Füllstoffe erwähnt, die "manchmal" ("sometimes") in dem [X.]entalkleber enthalten sein können und dann die verschiedensten Füllstoffe einschließlich Glas genannt. Wie der gerichtliche [X.]achverständige überzeugend ausgeführt hat, veranlasst dies den Fachmann aber noch nicht dazu, Ionen abgebende Glaspulver der Glasionomerzemente mitzulesen. [X.]ass neben oder nach der [X.] auch noch eine ionische Zementreaktion erfolgen soll und deshalb aus [X.]icht des Fachmanns mit der Erwähnung von Glas als ein Füllstoff auch Glasionomerzemente gemeint sind, folgt auch nicht aus dem Umstand, dass in der Beschreibung der Entgegenhaltung erwähnt wird, dass das Klebemittel durch Zugabe des Füllstoffs als "[X.]entalzement" zum Verkleben und Füllen, als dentales Verbundharz und Knochenzement verwendet werden kann. [X.]enn aus [X.]icht des fachkundigen Lesers wird der Begriff des [X.]entalzements zum Füllen hier im [X.]inne einer kariespräventiven Behandlung für das Füllen von Fissuren und kleineren Läsionen verwendet und nicht für das Füllen von Kavitäten, so dass ohne weiteres kein Anlass besteht, darin die Andeutung einer ionischen Zementreaktion zu sehen. Im Übrigen fehlt es in diesem Zusammenhang an jeglichem Hinweis auf eine wässrige Umgebung, die für die [X.]urchführung einer ionischen Reaktion bzw. der Ausbildung einer vernetzten [X.]truktur selbständig abbindenden Zements erforderlich wäre ([X.]achverständigengutachten, [X.]. 78 Abs. 1 bis [X.]. 79 Abs. 1). [X.]chließlich findet sich in den [X.] auch kein Anhaltspunkt, der auf die [X.] nach Merkmal d des Patentanspruchs 1 des [X.]treitpatents hindeutet.

d) [X.]ie [X.] Patentanmeldung 0 155 812 (Anlage [X.], Übersetzung) hat gleichfalls einen [X.]entalklebstoff zum Gegenstand. In Anspruch 1 wird eine [X.]entalzusammensetzung offenbart, die ein Vinylmonomer umfasst, das mindestens eine [X.]äuregruppe im Molekül und einen Initiator enthält, der das Monomer durch sichtbares Licht photopolymerisieren kann, wobei der Initiator weitgehend aus einem Photosensibilisierer, der ein α-[X.]iketon, ein [X.]hinon oder ein [X.]erivat eines α-[X.]iketons oder eines [X.]hinons ist, zusammen mit einem Beschleuniger, der mindestens eine Mercaptogruppe im Molekül enthält. Offenbart werden damit die Merkmalsgruppe a und das Merkmal c des [X.]treitpatents.

[X.]ie Klägerin führt aus, dass die [X.]entalzusammensetzung nach Anspruch 8 der Entgegenhaltung auch ein Füllmaterial beinhalten kann. In der Beschreibung werden eine Vielzahl von möglichen Füllstoffen genannt, darunter auch anorganische Füllstoffe, die pulverförmig vorliegen können und Kieselsäure, Aluminiumoxid, verschiedene [X.], Keramiken, Tonmineralien, synthetisches Zeolith, Glimmer, [X.]alciumfluorid, [X.]alciumphosphat, [X.], [X.] oder Titanoxid umfassen können (Anlage [X.], [X.]5 Abs. 1; Übersetzung, [X.]7, Abs. 4). [X.]ie Klägerin ist der Ansicht, dass der Begriff "verschiedene [X.]" in der Aufzählung vom Fachmann dahin verstanden wird, dass darunter auch Pulver für [X.]ilikatzemente und Glasionomerzemente fallen können, weil diese üblicherweise im [X.]entalbereich eingesetzt werden.

[X.]ie Argumentation der Klägerin greift nicht durch. [X.]ie [X.] Patentanmeldung 0 155 812 befasst sich mit der Optimierung eines Klebstoffs, der ohne Wasserbedarf polymerisiert. Für den Fachmann besteht aufgrund der bloßen Erwähnung von [X.]n als mögliche Füllstoffe kein Grund zu der Annahme, dass es sich dabei zumindest auch um Pulver von [X.]ilikatzementen oder Ionomerzementen handeln soll, mit denen eine vernetzende Zementreaktion in wässriger Umgebung herbeigeführt werden kann, zumal die Gegenwart von Wasser auch in dieser Veröffentlichung in Zusammenhang mit den Füllstoffen nicht erwähnt wird (vgl. [X.]achverständigengutachten, [X.]. 86, Abs. 5, [X.]. 87, Abs. 1).

2. [X.]er Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.]eils des [X.] ergibt sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem [X.]tand der Technik (Art. 56 EPÜ).

[X.]ie Klägerin meint, dass selbst für den Fall, dass sich die Verwendung von [X.]n in Form von Pulvern für [X.]ilikatzemente und Glasionomerzemente zum Prioritätszeitpunkt des [X.]treitpatents für den Fachmann nicht unmittelbar aus der Lektüre der unter [X.] behandelten [X.] ergeben hätte, der Einsatz dieser Glaspulver nahegelegen habe, weil dem Fachmann die hiermit erzielbaren Eigenschaften von [X.]entalmassen etwa aus den Veröffentlichungen von [X.]/[X.] (aaO, Anlage [X.]6), und von [X.]/[X.]/[X.], (aaO, Anlage [X.]7), bekannt gewesen seien und er diese ohne weiteres auch zum Einsatz in den Zusammensetzungen der genannten [X.] unter Berücksichtigung der [X.] des Merkmals d hätte bringen können, um eine Masse mit guten [X.] unter Zementbildung und Freisetzung von Fluoriden (Kariesprophylaxe) zu erhalten.

[X.]er Ansicht der Klägerin kann nicht gefolgt werden. [X.]en unter [X.] behandelten [X.] konnte der Fachmann [X.]omposite-Materialien entnehmen, die durch im Einzelnen modifizierte, aber wiederkehrende chemisch ähnliche [X.]toffgruppen gekennzeichnet sind. Bei diesen [X.]toffgruppen handelt es sich um ungesättigte [X.] Monomere, Oligomere und/oder Prepolymere, um Katalysatoren, Initiatoren, [X.]tabilisatoren und Reaktionshemmstoffe zur [X.]teuerung des Aushärtevorgangs und optional um organische oder anorganische Füllstoffe. [X.]iese Gemische härten ohne Wasserbedarf radikalisch aus, wobei es für die Reaktion der Induzierung durch einen Katalysator bedarf ([X.]achverständigengutachten, [X.]11 f.).

[X.]erartige [X.]omposite-Materialien verfügen über positive, aber auch negative Produkteigenschaften. Während sie einerseits insbesondere dauerhaft, hoch belastbar und kantenfest sind, sind sie andererseits vor allem im Hinblick auf Gewebeirritationen, Toxizität und Haftung an der Zahnsubstanz nur eingeschränkt verwendbar ([X.]achverständigengutachten, [X.]3, Abs. 2, [X.], [X.], [X.] 36 ff., 52 ff.). Im Hinblick auf diese negativen Eigenschaften kann zum Prioritätszeitpunkt zwar ein Bedürfnis zur Fortentwicklung der [X.]omposite-Materialien als dentaler Füllstoff festgestellt werden. Ein Fachmann, der sich die Aufgabe stellte, hier Abhilfe zu schaffen, wird auch an die Vorteile von [X.] gedacht haben, die zumindest teilweise komplementär zu den negativen Eigenschaften der [X.]omposite-Materialien sind. [X.]o war dem Fachmann aufgrund seiner Fachkenntnisse bekannt, dass gerade Glasionomerzemente, welche die klassischen Zahnzemente seit Mitte der 80er Jahre fast vollständig vom [X.] verdrängt hatten, über gute Eigenschaften hinsichtlich Bioverträglichkeit, Beständigkeit im Mund und Haftung an der Zahnsubstanz verfügen ([X.]achverständigengutachten, [X.]4 f.). Von daher spricht viel dafür, dass der Fachmann, der [X.]omposite-Materialien als dentalen Füllstoff verbessern wollte, allgemein auch an die Möglichkeit einer Kombination von [X.]omposite-Materialien mit [X.] gedacht hat.

Einer solchen wünschenswerten Kombination stand aber die [X.]chwierigkeit entgegen, dass beide [X.]toffgruppen zum Prioritätszeitpunkt als nicht mischbar galten, weil es sich einerseits bei den [X.]omposite-Materialien um hydrophobe Polymere und andererseits um wässrige Zementmischungen handelt ([X.]achverständigengutachten, [X.]26, Abs. 1). [X.]er Fachmann durfte sich von dieser Vorstellung nicht abhalten lassen. [X.]tatt dessen musste er sich daran machen, das Konzept einer Mischung zu entwickeln, die eine zweifache Reaktion erlaubt, die - wenn man auch insoweit den Ausführungen des gerichtlichen [X.]achverständigen folgt - etwa so abläuft, dass zunächst die radikalische Polymerisation ohne Wasserbedarf stattfindet und danach das [X.] in wässriger Umgebung zur Reaktion gebracht wird, so dass es möglich wird, einen Füllstoff bereit zu stellen, der die vorteilhaften Eigenschaften von [X.]omposite-Materialien mit denen von Zementen, insbesondere [X.] verbindet. Hinzu kamen besondere Herausforderungen bei der praktischen Umsetzung dieses Konzeptes. Bei der Anwendung musste sicher gestellt werden, dass trotz der Polymerisation an den [X.] noch hinreichend [X.] mit Ionen abgebenden Füllstoffen in leicht zugänglicher Weise vorliegen, damit auch die Reaktion mit den reaktiven [X.]n in wässriger Umgebung erfolgen und die erwünschte Zementstruktur in der bereits gehärteten Kunststoffmatrix entstehen kann ([X.]achverständigengutachten, [X.]26). Um dies zu erreichen bedurfte es einer sorgfältigen Abstimmung der beteiligten Komponenten, was entsprechende Untersuchungen erforderlich machte ([X.]achverständigengutachten, [X.]22).

[X.]ie Entwicklung eines solchen Konzepts und das Auffinden eines ausführbaren Wegs zur Verwirklichung dieses Konzepts waren zudem dadurch erschwert, dass es weder in der wissenschaftlichen Literatur noch in der Praxis Anregungen gab, Mischungen bereitzustellen, die zweiteilig (radikalisch und ionisch) reagieren. Vielmehr wurde in den wissenschaftlichen Abhandlungen, wie beispielsweise in dem jährlich im [X.]n "[X.]" unter der Überschrift "[X.]ental Materials: Literature Review" veröffentlichten Übersichtsartikel, streng zwischen [X.]n [X.] auf der einen und ionisch reagierenden Zementen auf der anderen [X.]eite unterschieden, indem diese in getrennten Abschnitten behandelt wurden ([X.]achverständigengutachten, [X.]4, 18; vgl. auch [X.]’s Encyclopedia of Industrial [X.]hemistry, aaO, [X.]56, r. [X.], Abs. 2, Anlage [X.], [X.]a). [X.]ich von dieser Kategorisierung zu lösen und ein Konzept für die Mischung beider [X.]toffgruppen zu entwickeln, um ein Füllmaterial zu erhalten, das die positiven Eigenschaften beider Produkte in sich vereint, kann angesichts all dieser Umstände als erfinderisch gelten.

V. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 [X.]atz 2 [X.] i.V. mit §§ 92, 97 ZPO.

[X.]charen                                  Gröning                                  Berger

                     [X.]                                 [X.]

Meta

X ZR 51/06

11.05.2010

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BPatG München, 15. Februar 2006, Az: 3 Ni 25/02 (EU), Urteil

Art 83 EuPatÜbk, Art 138 Abs 1 Buchst b EuPatÜbk, Art 2 § 6 Abs 1 Nr 2 IntPatÜbkG, § 99 Abs 1 PatG, § 533 Nr 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.05.2010, Az. X ZR 51/06 (REWIS RS 2010, 6733)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6733

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