Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.05.2014, Az. III ZR 371/12

3. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5716

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Gegenstand

Einrede des Schiedsvertrags: Schiedsbindung des Zessionars bei gerichtlicher Geltendmachung eines abgetretenen Anspruchs aus einer Patentverletzung – Dreidimensionale rahmenartige Konstruktion


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 31. Oktober 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin mit Sitz in [X.] und die in [X.] ansässige Beklagte stellen Gehäuse für elektrische Anlagen her. Der Geschäftsführer und alleinige Gesellschafter der Klägerin [X.]      ist Inhaber des eine dreidimensionale rahmenartige Konstruktion und deren Verwendung betreffenden [X.] Patents EP            , aus dem das [X.] Patent [X.]        resultiert. Mit zum 15. Dezember 2008 beendetem Lizenzvertrag vom 12. Februar 1999 zwischen der [X.]. (im Folgenden: [X.]) – mit Sitz in [X.] - als Lizenzgeberin, vertreten durch den Patentinhaber [X.]      , und der [X.]. (im Folgenden: BIP) – mit Sitz in [X.] - als Lizenznehmerin, wurde letzterer unter anderem die Nutzung der streitgegenständlichen Erfindung gestattet. Der Vertrag enthielt unter Art. VIII Ziffer 8.2 und 8.3 eine [X.], wonach Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien aus und im Zusammenhang mit dem Vertrag einem Schiedsgericht in [X.] ([X.]) gemäß den Regeln der [X.] zur Entscheidung vorgelegt werden sollten.

2

Die Beklagte war auf der [X.] im April 2010 mit einem Stand vertreten. Zwischen den Parteien ist streitig, ob es in diesem Zusammenhang zum Anbieten von das Patent verletzenden Gehäusen gekommen ist.

3

Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung, Herausgabe patentverletzender Rahmenkonstruktionen, Auskunft und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Ihre Aktivlegitimation stützt die Klägerin dabei zum einen auf eine schriftliche "[X.]" des [X.] vom 15. November 2010, zum anderen darauf, dass ihr der Patentinhaber im Oktober 1999 mündlich eine ausschließliche Lizenz für das Gebiet der [X.] erteilt habe.

4

Die Beklagte hat in der Klageerwiderung die Einrede des [X.] erhoben. Die [X.] im Lizenzvertrag vom 12. Februar 1999 gelte auch für die Parteien dieses Rechtsstreits. Sie sei Rechtsnachfolgerin der BIP. Die Klägerin ihrerseits sei an die Abrede gebunden aufgrund der Verbindungen zwischen der [X.], dem Pateninhaber und der Klägerin. Aus Ziffer [X.] (d) des Lizenzvertrags folge, dass sie über das Vertragsende hinaus berechtigt sei, das Patent in Form des Vertriebs zu nutzen. Deshalb falle der Streitgegenstand unter die Schiedsvereinbarung. Hilfsweise hat die Beklagte widerklagend die Feststellung der Rechtswidrigkeit der außerprozessualen Abmahnung der Klägerin sowie ihrer daraus folgenden Schadensersatzverpflichtung beantragt.

5

Das [X.] hat in einem Zwischenurteil die Einrede des [X.] als unbegründet erachtet und Klage sowie Widerklage für zulässig erklärt. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die von der Vorinstanz zugelassene Revision der Beklagten.

6

Der Senat hat während des Revisionsverfahrens die Klägerin mit Beschluss vom 27. November 2013 ([X.] 2014, 117) darauf hingewiesen, dass die Klage bislang mangels hinreichender Bestimmung des Streitgegenstands (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) unzulässig sei. Die Klägerin stütze ihre Klage gleichrangig sowohl auf Ansprüche aus eigenem wie aus fremdem Recht. Insoweit handele es sich jedoch auch bei einheitlichem Klageziel um unterschiedliche Streitgegenstände. Diese könnten nicht im Wege einer alternativen Klagehäufung derart geltend gemacht werden, dass zwar nur einer der Ansprüche tenoriert, die Auswahl aber dem Gericht überlassen werden solle. Vielmehr sei es Sache der klagenden Partei, die Streitgegenstände in ein Eventualverhältnis zu stellen, was auch noch in der Revisionsinstanz geschehen könne.

7

Die Klägerin hat daraufhin erklärt, dass sie die Klage primär auf die "[X.]" des [X.] vom 15. November 2010 stütze.

8

Zum 3. Dezember 2013 ist das Patent des Geschäftsführers der Klägerin erloschen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts greift die von der [X.] gemäß § 1025 Abs. 2, § 1032 Abs. 1 ZPO, Art. II Abs. 3 des (UN-)Überein-kommens vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (nachfolgend [X.]) erhobene Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit nicht durch.

Ob eine den Streitgegenstand der Klage erfassende Schiedsvereinbarung bestehe und wie diese auszulegen sei, richte sich im Streitfall grundsätzlich nach [X.] Recht. Denn zur Bestimmung des Statuts der Schiedsvereinbarung sei primär auf das von den Vertragsparteien gewählte Recht abzustellen. Hierbei könne die Rechtswahl auch stillschweigend erfolgen, was insbesondere bei einer für das Statut des [X.] erfolgten Rechtswahl anzunehmen sei. Die Parteien des Lizenzvertrags hätten in dessen Art. [X.] Nr. 8.1 bestimmt, dass sich Gültigkeit, Auslegung und Durchführung des Vertrags nach [X.] Recht richteten. Ferner sei in Art. [X.] Nr. 8.3 als Schieds-ort das [X.] [X.] bestimmt. Hieraus folge, dass nach ihren Vorstellungen auch für die Schiedsvereinbarung in Art. [X.] Nr. 8.2 [X.]s Recht gelten solle.

Ob der Streitgegenstand des Verfahrens unter die Schiedsvereinbarung falle, sei zweifelhaft, könne aber letztlich offen bleiben. Denn die Vereinbarung erstrecke sich jedenfalls nicht auf die Klägerin. Die Beklagte berufe sich insoweit zu Unrecht auf die Grundsätze der sogenannten "[X.]", die nach ihrer Darstellung unter anderem auch im [X.]n Recht gelte und die deshalb zu einer Erstreckung der [X.] auf die Klägerin führe, da diese - ebenso wie die [X.] - zum Konzern des [X.] [X.]      gehöre. Nach der "[X.]" würden [X.] innerhalb eines Konzerns erstreckt, wenn sich die Vertreter des nicht unterzeichnenden Konzernunternehmens in irgendeiner Weise an den Verhandlungen oder der Vertragserfüllung beteiligt hätten, dieses Unternehmen als wirkliche Partei des [X.] oder der Schiedsvereinbarung anzusehen sei und ihm aus diesem Auftreten Vorteile erwüchsen oder solche zu erwarten seien. Auch komme eine Erstreckung der [X.] bei - aufgrund etwa konzerninterner Abhängigkeit - übermäßiger Kontrolle einer Partei des [X.] durch den [X.] in Betracht. Diese Voraussetzungen lägen im Verhältnis der Klägerin zur [X.] aber nicht vor. Einer Einbeziehung nach der "[X.]" stehe auch entgegen, dass diese Rechtsfigur im [X.] Recht nicht anerkannt sei. Für die spezielle Frage der Einbeziehung Dritter in eine Schiedsvereinbarung sei das Recht maßgeblich, das den [X.] mit einer der ursprünglichen Parteien der Schiedsvereinbarung verbinde, was hier - abweichend von dem ansonsten anwendbaren [X.]n Recht - zum [X.] Recht führe. Denn insoweit sei nach konzernrechtlichen Grundsätzen auf das Personalstatut der [X.] Klägerin abzustellen. Im Übrigen verstoße die "[X.]" gegen den [X.]. Es sei Bestandteil der [X.] öffentlichen Ordnung, dass niemand der staatlichen Gerichtsbarkeit zugunsten eines Schiedsgerichts entzogen werden dürfe, wenn er sich dem Spruch des Schiedsgerichts nicht freiwillig unterworfen habe. Dem widerspreche es aber, wenn man die Klägerin allein deshalb an die Schiedsvereinbarung binde, weil sie zum gleichen Konzern wie die Lizenzgeberin gehöre. Zudem wäre bei Anwendung der "[X.]" das Schriftformerfordernis des Art. II Abs. 1 [X.] jedenfalls hinsichtlich der Klägerin nicht erfüllt. Es fehle an ihrer Unterschrift, da ihr Geschäftsführer [X.]      bei Abschluss des Lizenzvertrags nicht für sie, sondern als Vertreter der [X.] aufgetreten sei. Die Beklagte berufe sich letztlich auch zu Unrecht auf § 242 [X.]. Die Klägerin verhalte sich weder widersprüchlich noch treuwidrig, wenn sie die Bindung an eine Vereinbarung in Abrede stelle, die nicht sie, sondern ein anderes Unternehmen getroffen habe.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand.

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht die - auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfende (vgl. nur Senat, Urteil vom 28. November 2002 - [X.], [X.], 82, 84 ff.; [X.], Urteil vom 7. November 2012 - [X.] ZR 108/12, [X.]Z 195, 243 Rn. 10, [X.]. [X.]) - internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte nach Maßgabe des § 32 ZPO bejaht. Hiergegen wendet sich die Revision zu Recht nicht.

2. Allerdings hat das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung, ob die Erhebung der Einrede der Schiedsvereinbarung durch die Beklagte (§ 1032 Abs. 1 ZPO) begründet ist, wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen, aus denen sich die Bindung der Klägerin an die im Lizenzvertrag vom 12. Februar 1999 enthaltene [X.] ergeben könnte. Die insoweit erforderlichen Feststellungen sind nachzuholen.

Hierbei werden zunächst die auf die "[X.]" des [X.] vom 15. November 2010 gestützten Ansprüche zu prüfen sein.

Bei einem Anspruch aus eigenem und einem aus fremdem Recht handelt es sich auch bei einheitlichem Klageziel um unterschiedliche Streitgegenstände (Senat, Beschluss vom 27. November 2013, [X.] 2014, 117 Rn. 2 [X.]). Nachdem die Klägerin ihre Forderungen in der Revisionsinstanz in das insoweit notwendige Eventualverhältnis gebracht hat, ist über die Frage, ob für die nur hilfsweise geltend gemachten Ansprüche aus eigenem Recht der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten gegeben ist oder die von der [X.] erhobene Einrede des [X.] durchgreift, nicht vor der endgültigen Entscheidung über die primär geltend gemachten Ansprüche aus fremden Recht zu befinden. Für diese Ansprüche lässt sich aber mit der vom Berufungsgericht gegebenen, lediglich auf die Klägerin und deren Konzernzugehörigkeit abstellenden Begründung eine Zuständigkeit des Schiedsgerichts in [X.] nicht verneinen.

a) Da die Klägerin im Rahmen der [X.] vom 15. November 2010 aus dem Recht des [X.] vorgeht und es insoweit darum geht, ob die Beklagte durch ihr Verhalten auf der [X.] im April 2010 dessen Rechte verletzt hat, ist bei der Frage, ob die Klägerin die Schiedsvereinbarung gegen sich geltend lassen muss, zunächst auf die Person des [X.] abzustellen. Feststellungen dazu, ob dieser an die Schiedsvereinbarung gebunden und dann diese Bindung auf die Klägerin übergegangen ist, hat das Berufungsgericht aber nicht getroffen. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass insoweit [X.]s Recht anwendbar sein dürfte:

Das Berufungsgericht ist zunächst rechtsfehlerfrei - [X.] werden im Revisionsverfahren nicht erhoben - davon ausgegangen, dass die Parteien des Lizenzvertrags die Schiedsvereinbarung [X.] Recht unterstellt haben.

Welches Recht für die Einbeziehung Dritter - hier zunächst des [X.] - in eine solche Schiedsvereinbarung maßgeblich ist, wird im Schrifttum nur vereinzelt und insoweit unterschiedlich erörtert. Teilweise wird das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht für maßgeblich gehalten (vgl. [X.]/[X.], Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Auflage, [X.]. 44 Rn. 24; siehe auch [X.], [X.] 1996, 239 f: jedenfalls, wenn der Beklagte geltend macht, in den Anwendungsbereich des [X.], an dem er nicht beteiligt war, einbezogen worden zu sein), teilweise wird auf das Recht abgestellt, das die präsumptiv an eine Schiedsklausel gebundene Person mit einer der ursprünglichen Parteien der Schiedsvereinbarung verbindet (vgl. [X.] in Reithmann/[X.], Internationales Vertragsrecht, 7. Auflage, Rn. 6783; Schlosser in [X.], ZPO, 22. Aufl., Anhang zu § 1061 Rn. 47).

Gegen das Abstellen auf die für die Schiedsvereinbarung anwendbaren Normen könnte man einwenden, dass die Parteien des [X.] nicht das Recht haben, die für die Frage der Einbeziehung eines außerhalb des Vertrags stehenden [X.] maßgebliche Rechtsordnung zu dessen Lasten zu bestimmen, sondern dass hierfür das auch ansonsten für das Verhältnis des [X.] zu den Vertragsparteien oder einer von ihnen maßgebliche Recht anwendbar ist. Solche - letztlich im Schutz vor Fremdbestimmung wurzelnden - Überlegungen können jedoch in einem Fall wie hier nicht eingreifen, in dem der Patentinhaber die Schiedsvereinbarung selbst - wenn auch im Rahmen des Lizenzvertrags formal als Vertreter für die Lizenzgeberin - abgeschlossen hat. Seine Einbeziehung in die Schiedsvereinbarung ist deshalb ebenfalls nach dem für diese geltenden Recht zu entscheiden.

Ob sich im Falle einer Bindung des [X.] - wie bei Maßgeblichkeit [X.] Rechts (vgl. zur Bindung des Zessionars an eine vom Zedenten abgeschlossene Schiedsvereinbarung nur Senat, Urteil vom 2. Oktober 1997 - [X.], [X.], 371 [X.]) - auch die Klägerin, an die der Patentinhaber seine aus der geltend gemachten Patentverletzung folgenden Rechte abgetreten hat, an die [X.] halten muss, ist gleichfalls nach dem Recht zu beurteilen, das für die Schiedsvereinbarung maßgeblich ist.

Im internationalen Privatrecht gilt der Grundsatz, dass das Recht, dem eine Forderung unterliegt, im Fall der Abtretung ebenso für das Rechtsverhältnis zwischen dem [X.] und dem Schuldner gilt. In diesem Sinn regelte früher Art. 33 Abs. 2 [X.][X.], dass das für eine übertragene Forderung anwendbare Recht auch ihre Übertragbarkeit, das Verhältnis zwischen neuem Gläubiger und Schuldner, die Voraussetzungen, unter denen die Übertragung dem Schuldner entgegengehalten werden kann, und die befreiende Wirkung einer Leistung durch den Schuldner bestimmt. Art. 33 Abs. 2 [X.][X.] ist - wie der gesamte Erste Unterabschnitt des Fünften Abschnitts des [X.][X.] (Art. 27-37) - zum 17. Dezember 2009 außer [X.] getreten (Art. 1 Nr. 4, Art. 3 des Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung ([X.]) Nr. 593/2008 vom 25. Juni 2009, [X.] I 1574) und durch die inhaltsgleiche Regelung in Art. 14 Abs. 2 der vorgenannten Verordnung ([X.]) ersetzt worden. Allerdings findet die [X.] auf [X.] keine unmittelbare Anwendung (Art. 1 Abs. 2 Buchst. e [X.]). Dies hindert aber nicht, den diesen Regelungen zugrundeliegenden Rechtsgedanken auch auf die vorliegende Fallkonstellation zu übertragen. Sowohl Art. 33 Abs. 2 [X.][X.] als auch Art. 14 Abs. 2 [X.] liegt die zutreffende Überlegung zugrunde, dass sich der Inhalt eines Schuldverhältnisses durch die Abtretung grundsätzlich nicht ändert und daher auch das maßgebliche Recht das Gleiche bleiben soll. Insoweit wird dem schutzwürdigen Interesse des Schuldners am Fortbestand der einmal geschaffenen Situation Rechnung getragen.

Dies rechtfertigt es, die Frage, ob im Rahmen der [X.] eine Schiedsbindung des [X.] auf die Klägerin übergegangen ist, nach dem für die Schiedsvereinbarung geltenden Recht zu beurteilen. Dem Schuldner bleibt damit das für sein Verhältnis zum Zedenten maßgebliche Recht, dem er aufgrund der Schiedsvereinbarung unterworfen ist, erhalten.

Sollte der Patentinhaber [X.]     an die Schiedsvereinbarung gebunden sein, würde sich im Übrigen auch, soweit die Klägerin hilfsweise aus eigenem Recht gegen die Beklagte vorgeht, die entscheidungserhebliche Fragestellung ändern. Insoweit ginge es in erster Linie nicht darum, ob sich die Klägerin aufgrund etwaiger gesellschaftsrechtlicher Verbindungen zur [X.] an die von dieser abgeschlossene [X.] halten müsste, sondern ob letzteres (auch) deshalb der Fall ist, weil der Patentinhaber an die [X.] gebunden ist und die Klägerin ihre Rechte - ausschließliche Lizenz für das Gebiet der [X.] - aus einer zeitlich später abgeschlossenen Vereinbarung mit dem Patentinhaber herleitet.

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht einer etwaigen Bindung der Klägerin an die Schiedsklausel im Lizenzvertrag auch nicht der [X.] ordre public entgegen.

Zwar ist nach Art. 6 [X.][X.] ausländisches Recht nicht anzuwenden, wenn die Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des [X.] Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Insoweit geht es nicht um eine abstrakte Prüfung des ausländischen Rechts, sondern um das konkrete [X.] im [X.]eiligen Einzelfall.

Hierbei setzt die Überprüfung des Ergebnisses der Anwendung ausländischen Rechts regelmäßig jedoch zunächst die Ermittlung dieses Auslegungsergebnisses voraus, wobei sämtliche anwendbaren komplementären Rechtsinstitute der verwiesenen Rechtsordnung zu berücksichtigen sind. Eine Anwendung von Art. 6 [X.][X.] "auf Verdacht" unter Verzicht auf die Feststellung und Ermittlung des anwendbaren Rechts ist grundsätzlich unzulässig. Vielmehr sind erst das ausländische Recht und die ihm zugrundeliegenden Wertungen zu ermitteln, bevor in einem zweiten Schritt ein Verstoß gegen Art. 6 [X.][X.] bejaht werden kann (vgl. nur [X.], Urteile vom 19. März 1997 - [X.] ZR 316/96, [X.]Z 135, 124, 139 f und vom 26. März 1998 - [X.], [X.], 1637, 1640; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., Art. 6 [X.][X.] Rn. 13; MüKo[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., Art. 6 [X.][X.] Rn. 43; [X.]/[X.], [X.], 73. Aufl., Art. 6 [X.][X.] Rn. 5). Das Berufungsgericht hätte deshalb zunächst prüfen müssen, ob das ausländische Recht im konkreten Fall eine Bindung der Klägerin an die [X.] im Lizenzvertrag vorsieht.

Selbst wenn man hiervon aber - wie das Berufungsgericht - absehen wollte, ist nicht ersichtlich, dass eine solche Bindung gegen den ordre public verstoßen würde. Art. 6 [X.][X.] schützt - wie andere entsprechende Vorbehaltsklauseln (z.B. § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO; § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO; Art. V Abs. 2 Buchst. b [X.]) auch - nur den "Kernbestand der inländischen Rechtsordnung" (Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des [X.], BT-Drucks. 222/83, [X.]). Maßgeblich ist insoweit, ob das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts zu den Grundgedanken der [X.] Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach inländischen Vorstellungen untragbar erscheint (vgl. nur [X.], Urteil vom 28. April 1988 - [X.], [X.]Z 104, 240, 243 zu Art. 6 [X.][X.] und Art. 30 [X.][X.] a.F.; Urteil vom 4. Juni 1992 - [X.], [X.]Z 118, 312, 330 zu § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO; Beschluss vom 16. September 1993 - [X.], [X.]Z 123, 268, 270 zu Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ). Hierfür reicht es nicht aus, wenn [X.], hätte er den Prozess nach [X.]m Recht zu entscheiden, aufgrund zwingender [X.] Normen zu einem anderen Ergebnis kommen würde (vgl. [X.], Urteil vom 4. Juni 1992 und Beschluss vom 16. September 1993, [X.]. aaO). Die Annahme eines Verstoßes gegen den ordre public kommt daher nur in extremen Ausnahmefällen in Betracht (Senat, Beschluss vom 28. Januar 2014 - [X.]/13, [X.], 595 Rn. 2 zu § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO).

Insoweit greift bereits die Argumentation des Berufungsgerichts, der ordre public sei verletzt, wenn man die Klägerin gegen ihren Willen allein deshalb der staatlichen Gerichtsbarkeit entziehe und der Schiedsgerichtsbarkeit unterwerfe, weil sie zum selben Konzern wie die Lizenzgeberin gehöre, zu kurz. Es geht nicht allein darum. Entscheidend ist, dass - wie bereits ausgeführt – die Klägerin im Rahmen der [X.] Rechte des [X.] geltend macht. Sollte das ausländische Recht eine Bindung des [X.] an die von ihm als Vertreter der Lizenzgeberin selbst vereinbarte Schiedsklausel bezüglich eines unter diese fallenden Streitgegenstands bejahen, würde dies genauso wenig zu einem aus Sicht des [X.] Rechts unerträglichen Ergebnis führen wie eine daraus folgende Bindung auch der Klägerin, soweit sie ihre Rechte vom Patentinhaber ableitet. Gleiches würde im Übrigen auch gelten, soweit die Klägerin hilfsweise Rechte aus der behaupteten mündlichen Lizenzvereinbarung vom Oktober 1999 geltend macht. Denn auch insoweit leitet sie ihre Rechtsposition vom Patentinhaber ab.

c) Einer etwaigen Bindung der Klägerin stünde auch nicht Art. II Abs. 1 [X.] entgegen, wonach sich jeder Vertragsstaat verpflichtet hat, eine durch "schriftliche Vereinbarung" getroffene [X.] anzuerkennen. Nach Art. 11 Abs. 1 [X.][X.] ist ein Rechtsgeschäft formgültig, wenn es die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder das Recht des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird. Feststellungen dazu, ob nach dem insoweit maßgeblichen ausländischen Recht die Erstreckung einer schriftlichen Schiedsvereinbarung auf Dritte - zumal unter den konkreten Umständen des hiesigen Falls - ihrerseits formbedürftig ist, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Wäre dies nicht der Fall, stünde der Bindung des [X.] bzw. der Klägerin auch nicht Art. II Abs. 1[X.] entgegen. Denn durch das [X.] soll die Durchsetzung von [X.] international erleichtert werden. [X.] ist dagegen nicht die Aufstellung strengerer Vorschriften als im nationalen Recht. Art. II Abs. 1 und 2 [X.] enthalten dabei Formerfordernisse, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des [X.] vergleichsweise liberal waren und in ihrer Strenge deutlich hinter denen vieler nationaler Rechte zurückblieben. Seither haben im Rahmen einer schiedsfreundlicheren Grundhaltung viele Rechtsordnungen ihre Formerfordernisse dahingehend gelockert, dass sie nun geringere Anforderungen stellen als Art. II Abs. 1 und 2 [X.]. Dieser Historie widerspricht eine Auslegung, durch die Art. II Abs. 1 und 2 [X.] entgegen seiner ursprünglichen Intention zu einem Anerkennungshindernis wird (Senat, Beschluss vom 30. September 2010 - [X.], [X.]Z 187, 126 Rn. 8 [X.]). Davon abgesehen lässt Art. VII Abs. 1 [X.] im Rahmen des sogenannten Meistbegünstigungsgrundsatzes ausdrücklich die Anwendung schiedsfreundlichen nationalen Rechts zu. Hierzu gehören nicht nur die Bestimmungen der §§ 1025 ff ZPO, sondern auch die nationalen Kollisionsregelungen und damit das danach als Statut der Schiedsvereinbarung berufene (ausländische) Recht (vgl. Senat, Beschluss vom 21. September 2005 - [X.], NJW 2005, 3499, 3500). Zudem folgt aus dem Umstand, dass eine Schiedsvereinbarung formbedürftig ist, nicht automatisch, dass auch jede Erstreckung auf einen [X.] ihrerseits formbedürftig ist bzw. der Dritte nur gebunden ist, wenn er selbst die [X.] unterzeichnet oder ihr schriftlich beigetreten ist (vgl. nur Senat, Urteil vom 2. Oktober 1997 - [X.], [X.], 371).

3. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen zum ausländischen Recht an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich noch auf Folgendes hin:

a) Entgegen der Auffassung der [X.] ist das Verfahren bezüglich beider Streitgegenstände nicht aufgrund des Umstands, dass das Patent am 3. Dezember 2013 erloschen ist, erledigt. Für die Frage, ob die Klage zulässig oder im Hinblick auf die von der [X.] erhobene Einrede des [X.] unzulässig ist, spielt das Erlöschen des Patents keine Rolle. Lediglich im Rahmen der Begründetheit der Klage wird die Klägerin diesem Umstand Rechnung tragen müssen, da sich insoweit zum Beispiel der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsantrag in der Hauptsache erledigt hat und die [X.] zeitlich entsprechend zu begrenzen sein dürften.

b) Das Berufungsgericht wird im weiteren Verfahren gegebenenfalls auch die von ihm offen gelassene Frage, ob der Streitgegenstand unter die Schiedsvereinbarung fällt, zu entscheiden haben. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist dies zweifelhaft. Denn ob ein nachwirkendes Vertriebsrecht der [X.] aus dem Lizenzvertrag in Betracht komme, hänge maßgeblich davon ab, ob die Lizenzgeberin bei Abschluss des [X.] überhaupt Inhaberin von [X.] gewesen sei, die den Vertrieb in [X.] - und damit auch auf der [X.] - gestattet hätten, obwohl dem das Patent des [X.] und seit Oktober 1999 die ausschließliche Lizenz der Klägerin entgegenstehen könnten. Soweit die Beklagte eine entsprechende Rechtsposition der Lizenzgeberin behaupte, sei dieser Vortrag ersichtlich ins Blaue hinein erfolgt und unsubstantiiert. [X.] man demgemäß zugrunde, dass die Lizenzgeberin über keine eigenen oder abgeleiteten Rechte für das [X.] Staatsgebiet verfügt habe, werde man kaum zum Ergebnis gelangen können, dass der Streitgegenstand der [X.] unterfalle. Denn bei einer Patentverletzung außerhalb des [X.] stünden sich die Beteiligten nicht als Vertragspartner, sondern wie beliebige Dritte gegenüber.

Hierzu ist Folgendes anzumerken: Abgesehen davon, dass sich die Frage, ob der Streitgegenstand unter die Schiedsvereinbarung fällt, nach [X.] Recht richtet und das Berufungsgericht hierzu keine abschließenden Feststellungen getroffen hat, rügt die Revision zu Recht als fehlerhaft, dass das Berufungsgericht den Vortrag der [X.] als Behauptung ins Blaue hinein bewertet hat. Nicht deren Behauptung ist unsubstantiiert, sondern vielmehr umgekehrt ist die Annahme fernliegend, dass die Lizenzgeberin bei Abschluss des [X.] nur über eingeschränkte Lizenzrechte verfügte. Insoweit hat das Berufungsgericht nicht gewürdigt, dass es der Patentinhaber [X.]      selbst war, der den Lizenzvertrag für die Lizenzgeberin abgeschlossen hat. Dass sich aus dem Wortlaut des Lizenzvertrags selbst eine Einschränkung des [X.] ergibt, sodass die Aktivitäten der [X.] auf der [X.] außerhalb des [X.] erfolgten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Wenn aber [X.]     als Vertreter der Lizenzgeberin der Lizenznehmerin unbeschränkte Rechte einräumt, liegt die Annahme fern, die Lizenzgeberin sei im Verhältnis zu ihm dazu nicht berechtigt gewesen beziehungsweise [X.]     sei als Patentinhaber damit nicht einverstanden gewesen. Die Annahme des Berufungsgerichts, einer entsprechenden Rechtsposition der Lizenzgeberin stehe insoweit das Patent des Inhabers entgegen, vermag daher nicht zu überzeugen. Soweit das Berufungsgericht auf die Behauptung der Klägerin verweist, dass [X.]     ihr im Oktober 1999 mündlich eine ausschließliche Lizenz für [X.] erteilt habe, ist diese Darstellung zum einen streitig und zum anderen nicht geeignet, einer ggfs. bereits früher erfolgten und räumlich umfassenden Erteilung der Lizenz an die BIP nachträglich ihre Wirkung zu nehmen.

[X.]

                  [X.]

Meta

III ZR 371/12

08.05.2014

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BGH, 27. November 2013, Az: III ZR 371/12, Beschluss

§ 1032 Abs 1 ZPO, Art 6 BGBEG, Art 33 Abs 2 BGBEG vom 21.09.1994, Art 1 Abs 2 Buchst e EGV 593/2008, Art 14 Abs 2 EGV 593/2008

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.05.2014, Az. III ZR 371/12 (REWIS RS 2014, 5716)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5716


Verfahrensgang

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Az. III ZR 371/12

Bundesgerichtshof, III ZR 371/12, 08.05.2014.

Bundesgerichtshof, III ZR 371/12, 27.11.2013.


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