Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2014, Az. III ZR 371/12

III. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5730

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 371/12

Verkündet am:

8. Mai 2014

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2014
durch [X.]
[X.], [X.], [X.], [X.] und Dr. Remmert

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 31.
Oktober 2012
auf-gehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin mit Sitz in [X.] und die in [X.] ansässige Beklagte stellen Gehäuse für elektrische Anlagen her. Der Geschäftsführer und alleinige Gesellschafter der Klägerin L.

ist Inhaber des eine dreidimensionale rahmenartige Konstruktion und deren Verwendung betreffenden [X.] Patents EP

, aus dem das [X.] Patent DE

re-
sultiert. Mit zum 15.
Dezember 2008 beendetem Lizenzvertrag vom 12.
Februar 1999 zwischen der I.

P.

H.

Ltd. (im Folgenden: [X.]) -
mit Sitz in [X.] -
als [X.], vertreten durch den Patentinhaber L.

1
-

3

-

,
und der B.

I.

P.

Ltd. (im Folgenden: BIP) -
mit Sitz in [X.] -
als Lizenznehmerin,
wurde letzterer unter anderem die Nutzung der streitgegenständlichen Erfindung gestattet. Der Vertrag enthielt unter Art.
VIII Ziffer
8.2 und 8.3 eine [X.], wonach Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien aus und im Zusammenhang mit dem Vertrag einem Schiedsgericht in [X.] ([X.]) gemäß den Regeln der [X.] zur Entscheidung vorgelegt werden sollten.

Die Beklagte war auf der [X.] im April 2010 mit einem Stand vertreten. Zwischen den Parteien ist streitig, ob es in diesem Zusammenhang zum Anbieten von das Patent verletzenden Gehäusen gekommen ist.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung, Herausgabe patentver-letzender Rahmenkonstruktionen, Auskunft und Feststellung ihrer Schadenser-satzpflicht in Anspruch genommen. Ihre Aktivlegitimation stützt die Klägerin [X.] zum einen auf eine
schriftliche "Abtretungs-
und Prozessführungsermächti-gungserklärung"
des [X.] vom 15. November 2010, zum anderen darauf, dass ihr der Patentinhaber im Oktober 1999 mündlich eine ausschließli-che Lizenz für das Gebiet
der Bundesrepublik [X.] erteilt habe.

Die Beklagte hat in der Klageerwiderung die Einrede des
[X.] erhoben.
Die [X.] im Lizenzvertrag vom 12.
Februar 1999 gelte auch für die Parteien dieses Rechtsstreits. Sie sei Rechtsnachfolgerin der BIP. Die Klägerin ihrerseits sei an die Abrede gebunden aufgrund der Verbindungen zwischen der [X.], dem Pateninhaber und der Klägerin. Aus Ziffer [X.] (d)
des Lizenzvertrags folge, dass sie über das Vertragsende hinaus berechtigt sei, das Patent in Form des Vertriebs zu nutzen. Deshalb falle der Streitgegenstand un-ter die Schiedsvereinbarung. Hilfsweise hat die Beklagte widerklagend die Fest-2
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stellung der Rechtswidrigkeit der außerprozessualen Abmahnung der Klägerin sowie ihrer daraus folgenden Schadensersatzverpflichtung
beantragt.

Das [X.] hat in einem Zwischenurteil die Einrede des [X.] als unbegründet erachtet und Klage sowie
Widerklage für zulässig
erklärt. Das [X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen.
Hier-gegen richtet sich die von der Vorinstanz zugelassene Revision der [X.].

Der Senat hat während des Revisionsverfahrens die Klägerin mit [X.] vom 27. November 2013 ([X.] 2014, 117) darauf hingewiesen, dass die Klage bislang mangels hinreichender Bestimmung des Streitgegen-stands (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) unzulässig sei. Die Klägerin stütze
ihre Klage gleichrangig sowohl auf Ansprüche aus eigenem wie aus fremdem
Recht. In-soweit handele
es sich jedoch auch bei einheitlichem Klageziel um unterschied-liche Streitgegenstände. Diese könnten nicht im Wege einer alternativen Klage-häufung derart geltend gemacht werden, dass zwar nur einer der Ansprüche tenoriert, die Auswahl aber dem Gericht überlassen werden solle. Vielmehr sei es Sache der klagenden Partei, die Streitgegenstände in ein Eventualverhältnis zu stellen, was auch noch in der Revisionsinstanz geschehen könne.

Die Klägerin hat daraufhin erklärt, dass sie die Klage primär auf
die
"Ab-tretungs-
und Prozessführungsermächtigungserklärung"
des [X.] vom 15. November 2010
stütze.

Zum 3. Dezember 2013 ist das Patent des Geschäftsführers der Klägerin erloschen.

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5

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Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts greift die von der [X.] gemäß § 1025 Abs. 2, § 1032 Abs. 1 ZPO, Art. II Abs. 3 des (UN-)Überein-kommens vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung auslän-discher Schiedssprüche (nachfolgend [X.]) erhobene Einrede der Schiedsge-richtsbarkeit
nicht durch.

Ob eine den Streitgegenstand der Klage erfassende Schiedsvereinba-rung bestehe
und
wie diese auszulegen sei, richte sich im Streitfall grundsätz-lich nach [X.]
Recht. Denn zur Bestimmung des Statuts der [X.] sei primär auf das von den Vertragsparteien gewählte Recht
ab-zustellen. Hierbei könne die Rechtswahl auch stillschweigend erfolgen, was insbesondere bei einer für das Statut des [X.] erfolgten Rechtswahl
anzunehmen sei. Die Parteien des Lizenzvertrags hätten in dessen Art. VIII Nr.
8.1 bestimmt, dass sich Gültigkeit, Auslegung und Durchführung des [X.] nach [X.] Recht richteten. Ferner sei in Art. VIII Nr. 8.3 als Schieds-ort das [X.] [X.] bestimmt. Hieraus folge, dass nach ihren Vorstellun-gen auch für die Schiedsvereinbarung in Art. VIII Nr. 8.2 [X.]s
Recht gelten solle.

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Ob der Streitgegenstand des Verfahrens unter die Schiedsvereinbarung falle, sei zweifelhaft, könne aber letztlich offen bleiben. Denn die Vereinbarung erstrecke sich jedenfalls nicht auf die Klägerin. Die Beklagte berufe sich inso-weit zu Unrecht auf die Grundsätze der sogenannten
"group of companies
doct-rine", die nach ihrer Darstellung unter anderem auch im [X.]n Recht gelte
und die deshalb zu einer Erstreckung der [X.] auf die Klägerin führe, da diese -
ebenso wie die [X.] -
zum Konzern des [X.] L.

ge-höre. Nach der "[X.]"
würden [X.] innerhalb eines Konzerns erstreckt, wenn sich die Vertreter des nicht [X.] in irgendeiner Weise an den [X.] oder der Vertragserfüllung beteiligt hätten, dieses Unternehmen als wirkli-che Partei des [X.] oder der Schiedsvereinbarung anzusehen sei und ihm aus diesem Auftreten Vorteile erwüchsen oder solche zu erwarten seien. Auch komme eine Erstreckung der [X.] bei -
aufgrund etwa konzern-interner Abhängigkeit -
übermäßiger Kontrolle einer Partei des [X.] durch den [X.] in Betracht. Diese Voraussetzungen lägen im Verhältnis der Klägerin zur [X.] aber nicht vor. Einer Einbeziehung nach der "[X.]"
stehe auch entgegen, dass diese Rechtsfigur im [X.] Recht nicht anerkannt sei. Für die spezielle Frage der Einbeziehung Dritter in eine Schiedsvereinbarung sei das Recht maßgeblich, das den [X.] mit einer der ursprünglichen Parteien
der Schiedsvereinbarung verbinde, was hier -
abwei-chend von dem ansonsten anwendbaren [X.]n Recht -
zum
[X.]
Recht führe. Denn insoweit sei nach konzernrechtlichen Grundsätzen auf das Personalstatut der [X.] Klägerin abzustellen. Im Übrigen verstoße die "[X.]"
gegen den [X.]n ordre public.
Es sei Be-standteil der [X.]n öffentlichen Ordnung, dass niemand der staatlichen Gerichtsbarkeit zugunsten eines Schiedsgerichts entzogen werden dürfe, wenn er sich dem Spruch des Schiedsgerichts nicht freiwillig unterworfen habe. Dem 12
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widerspreche es aber, wenn man die Klägerin allein deshalb an die Schieds-vereinbarung binde, weil sie zum gleichen Konzern wie die [X.] gehö-re. Zudem wäre
bei Anwendung der "[X.]"
das Schrift-formerfordernis des Art. II Abs. 1 [X.] jedenfalls
hinsichtlich der Klägerin nicht erfüllt. Es fehle an ihrer Unterschrift, da
ihr Geschäftsführer L.

bei [X.] des Lizenzvertrags nicht für sie, sondern als Vertreter der [X.] aufgetre-ten sei.
Die Beklagte berufe sich letztlich auch zu Unrecht auf § 242 [X.]. Die Klägerin verhalte sich weder widersprüchlich noch treuwidrig, wenn sie die [X.] an eine Vereinbarung in Abrede stelle, die nicht sie, sondern ein anderes Unternehmen getroffen
habe.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand.

1.
Zutreffend hat
das Berufungsgericht die -
auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfende (vgl. nur Senat, Urteil vom 28. November 2002
-
III ZR 102/02, [X.], 82, 84 ff.; [X.],
Urteil vom 7. November 2012

-
VIII ZR 108/12, [X.]Z 195, 243 Rn. 10, jew.
mwN) -
internationale Zuständig-keit [X.]r Gerichte nach Maßgabe des § 32 ZPO bejaht. Hiergegen wendet sich die Revision zu Recht nicht.

2.
Allerdings hat das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung, ob
die Erhe-bung der Einrede der Schiedsvereinbarung durch die Beklagte (§ 1032 Abs. 1 ZPO) begründet ist, wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen, aus [X.] sich die Bindung der Klägerin an die im Lizenzvertrag vom 12. Februar 13
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1999 enthaltene [X.] ergeben könnte. Die insoweit erforderlichen Feststellungen sind nachzuholen.

Hierbei werden zunächst die auf die "Abtretungs-
und Prozessführungs-ermächtigungserklärung"
des [X.] vom 15. November 2010 gestütz-ten Ansprüche zu prüfen sein.

Bei einem Anspruch aus eigenem und einem aus fremdem Recht handelt es sich auch bei einheitlichem Klageziel um unterschiedliche Streitgegenstände (Senat, Beschluss vom 27. November 2013, [X.] 2014, 117 Rn. 2 mwN). Nachdem die Klägerin ihre Forderungen
in der Revisionsinstanz in das insoweit notwendige Eventualverhältnis gebracht hat, ist über die Frage, ob für die nur hilfsweise geltend gemachten Ansprüche aus eigenem Recht der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten gegeben ist
oder die von der [X.] erhobene Einrede des [X.] durchgreift, nicht vor der endgültigen Entschei-dung über die primär geltend gemachten Ansprüche aus fremden Recht zu be-finden. Für diese Ansprüche lässt sich aber mit der vom Berufungsgericht ge-gebenen, lediglich auf die Klägerin und deren [X.] abstellen-den
Begründung eine Zuständigkeit des Schiedsgerichts in [X.] nicht ver-neinen.

a) Da die Klägerin im Rahmen der Abtretungs-
und Prozessführungser-mächtigungserklärung vom 15. November 2010 aus dem Recht des [X.] vorgeht und es insoweit darum geht, ob die Beklagte durch ihr Verhalten auf der [X.] im April 2010 dessen Rechte verletzt hat, ist bei der Frage, ob die Klägerin die Schiedsvereinbarung gegen sich geltend lassen
muss, zunächst auf die Person des [X.] abzustellen. Feststellungen dazu, ob dieser an die Schiedsvereinbarung gebunden und dann diese Bindung 16
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auf die Klägerin übergegangen ist,
hat das Berufungsgericht aber nicht getrof-fen. Vorsorglich weist der
Senat darauf hin, dass insoweit [X.]s
Recht an-wendbar sein dürfte:

Das Berufungsgericht ist zunächst rechtsfehlerfrei -
Rügen werden im Revisionsverfahren nicht erhoben -
davon ausgegangen, dass die Parteien des Lizenzvertrags die Schiedsvereinbarung [X.] Recht unterstellt haben.

Welches Recht
für die Einbeziehung Dritter -
hier zunächst des [X.] -
in eine solche Schiedsvereinbarung maßgeblich ist, wird im Schrifttum nur vereinzelt und insoweit unterschiedlich erörtert. Teilweise wird das auf die Schiedsvereinbarung
anwendbare Recht für maßgeblich gehalten (vgl. [X.]/
[X.], Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Auflage, Kap.
44 Rn. 24; siehe auch [X.], [X.] 1996, 239 f: jedenfalls, wenn der Beklagte geltend macht, in den Anwendungsbereich des [X.], an dem er nicht beteiligt war, einbezogen worden zu sein), teilweise wird auf das Recht abgestellt, das die präsumptiv an eine Schiedsklausel gebundene Person mit einer der ursprüng-lichen Parteien der Schiedsvereinbarung verbindet (vgl. [X.] in [X.]/[X.], Internationales Vertragsrecht, 7. Auflage, Rn. 6783; Schlosser in [X.], ZPO, 22. Aufl., Anhang zu § 1061 Rn. 47).

Gegen das Abstellen auf die für die Schiedsvereinbarung anwendbaren Normen
könnte man einwenden, dass die Parteien des [X.] nicht das Recht haben, die für die Frage der Einbeziehung eines außerhalb des [X.] stehenden [X.] maßgebliche Rechtsordnung zu dessen Lasten zu be-stimmen, sondern dass hierfür das auch ansonsten für das Verhältnis des [X.] zu den Vertragsparteien oder einer von ihnen maßgebliche Recht anwend-bar ist. Solche -
letztlich im Schutz vor Fremdbestimmung wurzelnden -
Überle-19
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gungen können jedoch in einem Fall wie hier nicht eingreifen, in dem der [X.] die Schiedsvereinbarung selbst -
wenn auch im Rahmen des [X.] formal als Vertreter für die [X.] -
abgeschlossen hat. Seine Einbeziehung in die Schiedsvereinbarung ist deshalb ebenfalls nach dem für diese geltenden
Recht zu entscheiden.

Ob sich im Falle einer Bindung des [X.] -
wie bei Maßgeblich-keit [X.]n Rechts (vgl. zur Bindung des Zessionars an eine vom Zedenten abgeschlossene Schiedsvereinbarung nur Senat, Urteil vom 2. Oktober 1997
-
III [X.], [X.], 371 mwN) -
auch die Klägerin, an die der Patentinha-ber seine aus der geltend gemachten Patentverletzung folgenden Rechte [X.] hat, an die [X.] halten muss, ist gleichfalls nach dem Recht zu beurteilen, das für die Schiedsvereinbarung maßgeblich ist.

Im internationalen Privatrecht gilt der Grundsatz, dass das Recht, dem eine Forderung unterliegt, im Fall der Abtretung ebenso für das [X.] zwischen dem [X.] und dem Schuldner gilt. In diesem Sinn regelte früher Art. 33 Abs. 2 [X.][X.], dass das für eine übertragene Forderung an-wendbare Recht
auch ihre Übertragbarkeit, das Verhältnis zwischen neuem Gläubiger
und Schuldner, die Voraussetzungen, unter denen die Übertragung dem Schuldner entgegengehalten werden kann, und die befreiende Wirkung einer Leistung durch den Schuldner bestimmt.
Art. 33 Abs. 2 [X.][X.] ist -
wie der gesamte Erste Unterabschnitt des Fünften Abschnitts des [X.][X.]
(Art.
27-37) -
zum 17. Dezember 2009 außer [X.] getreten (Art. 1 Nr. 4, Art. 3 des Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung ([X.]) Nr. 593/2008 vom 25. Juni 2009, [X.] I 1574) und durch die inhaltsgleiche Regelung in Art. 14 Abs. 2 der vorgenannten [X.] ([X.])
ersetzt worden. Allerdings findet die [X.] auf Schieds-22
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vereinbarungen keine unmittelbare Anwendung (Art. 1 Abs. 2 Buchst. e [X.]). Dies hindert aber nicht, den diesen Regelungen zugrundeliegenden Rechtsgedanken auch auf die vorliegende Fallkonstellation zu
übertragen.
So-wohl Art. 33
Abs. 2 [X.][X.] als auch Art. 14 Abs. 2 [X.]
liegt die zutref-fende Überlegung zugrunde, dass sich der Inhalt eines Schuldverhältnisses durch die Abtretung grundsätzlich nicht ändert und daher auch das maßgebli-che Recht das Gleiche bleiben soll. Insoweit wird dem schutzwürdigen [X.] am Fortbestand der einmal geschaffenen Situation Rech-nung getragen.

Dies rechtfertigt es, die Frage, ob im Rahmen der Abtretungs-
und Pro-zessführungsermächtigungserklärung eine Schiedsbindung des [X.] auf die Klägerin übergegangen ist, nach dem für die Schiedsvereinbarung [X.] Recht zu beurteilen. Dem Schuldner bleibt damit das für sein Verhältnis zum Zedenten maßgebliche Recht, dem er aufgrund der Schiedsvereinbarung unterworfen ist, erhalten.

Sollte der Patentinhaber L.

an die Schiedsvereinbarung gebunden sein, würde sich im Übrigen auch, soweit die Klägerin hilfsweise aus eigenem Recht gegen die Beklagte vorgeht, die entscheidungserhebliche Fragestellung ändern. Insoweit ginge es in erster Linie nicht darum, ob sich die Klägerin auf-grund etwaiger gesellschaftsrechtlicher Verbindungen zur [X.] an die von dieser abgeschlossene [X.] halten müsste, sondern ob letzteres (auch) deshalb der Fall ist, weil der Patentinhaber an die [X.] gebunden ist und die Klägerin ihre Rechte -
ausschließliche Lizenz für das Gebiet der [X.] -
aus einer zeitlich später abgeschlossenen Vereinba-rung mit dem Patentinhaber herleitet.

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b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht einer etwaigen Bindung der Klägerin an die Schiedsklausel im Lizenzvertrag auch nicht der [X.] ordre public entgegen.

Zwar ist nach Art. 6 [X.][X.] ausländisches Recht nicht anzuwenden, wenn die Anwendung zu einem Ergebnis
führt, das mit wesentlichen Grundsät-zen des [X.]n Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Insoweit geht es nicht um eine abstrakte Prüfung des ausländischen Rechts, sondern um das [X.] im jeweiligen Einzelfall.

Hierbei setzt
die Überprüfung des Ergebnisses der Anwendung ausländi-schen Rechts regelmäßig jedoch zunächst die Ermittlung dieses Auslegungser-gebnisses voraus, wobei sämtliche anwendbaren komplementären Rechtsinsti-tute der verwiesenen Rechtsordnung zu berücksichtigen sind. Eine Anwendung von Art. 6 [X.][X.] "auf Verdacht"
unter Verzicht auf die Feststellung und Ermitt-lung des anwendbaren Rechts ist grundsätzlich unzulässig. Vielmehr sind erst das ausländische Recht und die ihm zugrundeliegenden Wertungen zu [X.], bevor in einem zweiten Schritt ein Verstoß gegen Art. 6 [X.][X.] bejaht werden kann (vgl. nur [X.], Urteile vom 19. März 1997 -
VIII ZR 316/96, [X.]Z 135, 124, 139 f und vom 26. März 1998 -
VII ZR 123/96, [X.], 1637, 1640; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., Art. 6 [X.][X.] Rn. 13; MüKo[X.]/
[X.], [X.], 5. Aufl., Art. 6 [X.][X.] Rn. 43; [X.]/[X.], [X.], 73.
Aufl., Art. 6 [X.][X.] Rn. 5). Das Berufungsgericht hätte deshalb zunächst prüfen müssen, ob das ausländische Recht im konkreten Fall eine Bindung der
Klägerin an die [X.] im Lizenzvertrag vorsieht.

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Selbst wenn man hiervon aber -
wie das Berufungsgericht -
absehen wollte, ist nicht ersichtlich, dass eine solche Bindung gegen den ordre public verstoßen würde. Art. 6 [X.][X.] schützt -
wie andere entsprechende [X.] (z.B. § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO; § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO; Art. V Abs. 2 Buchst. b [X.]) auch -
nur den "Kernbestand der inländischen Rechtsordnung"
(Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des In-ternationalen Privatrechts vom 20. Mai 1983, BT-Drucks. 222/83, [X.]). [X.] ist insoweit, ob das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts zu den Grundgedanken der [X.]n Regelungen und den
in ihnen enthalte-nen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach inländischen Vorstellungen untragbar erscheint
(vgl. nur [X.], Urteil vom 28.
April 1988 -
IX [X.], [X.]Z 104, 240, 243 zu Art. 6 [X.][X.] und Art.
30 [X.][X.] a.F.; Urteil vom 4.
Juni 1992 -
IX ZR 149/91, [X.]Z 118, 312, 330 zu § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO; Beschluss vom 16. September 1993 -
IX ZB 82/90, [X.]Z 123, 268, 270 zu Art.
27 Nr. 1 EuGVÜ). Hierfür reicht es nicht aus, wenn [X.], hätte er den Prozess nach [X.]m Recht zu entscheiden, aufgrund zwingender [X.]r Normen zu einem anderen Er-gebnis kommen würde (vgl. [X.], Urteil vom 4.
Juni 1992
und Beschluss vom 16. September 1993, [X.]). Die Annahme eines Verstoßes gegen den [X.] kommt daher nur in extremen Ausnahmefällen in Betracht (Senat, [X.] vom 28. Januar 2014 -
III ZB 40/13, [X.], 595 Rn. 2 zu § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO).

Insoweit greift
bereits die Argumentation des Berufungsgerichts, der [X.] sei verletzt, wenn man die Klägerin gegen ihren Willen allein deshalb der staatlichen Gerichtsbarkeit entziehe und der Schiedsgerichtsbarkeit unter-werfe, weil sie zum selben Konzern wie die [X.] gehöre, zu kurz. Es geht nicht allein darum. Entscheidend ist, dass -
wie bereits ausgeführt -
die 29
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Klägerin im Rahmen der Abtretungs-
und Prozessführungsermächtigungserklä-rung Rechte des [X.] geltend macht. Sollte das ausländische Recht eine Bindung des [X.] an die von ihm als Vertreter der [X.] selbst vereinbarte Schiedsklausel bezüglich eines unter diese fallenden Streitgegenstands bejahen, würde dies genauso wenig zu einem aus Sicht des [X.]n Rechts unerträglichen Ergebnis führen wie eine daraus folgende Bindung auch der Klägerin, soweit sie ihre Rechte vom Patentinhaber ableitet. Gleiches würde im Übrigen auch gelten, soweit die Klägerin hilfsweise Rechte aus der behaupteten mündlichen Lizenzvereinbarung vom Oktober 1999 gel-tend macht. Denn auch insoweit leitet sie ihre Rechtsposition vom Patentinha-ber ab.

c) Einer etwaigen Bindung der Klägerin stünde auch nicht Art. II Abs. 1 [X.] entgegen, wonach sich jeder Vertragsstaat verpflichtet hat, eine durch "schriftliche Vereinbarung"
getroffene [X.] anzuerkennen. Nach Art. 11 Abs.
1 [X.][X.] ist ein Rechtsgeschäft formgültig, wenn es
die Formerforder-nisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder das Recht des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird. Feststellungen dazu, ob nach dem insoweit maßgeblichen ausländischen Recht die Erstreckung einer schriftlichen Schiedsvereinbarung auf Dritte -
zu-mal unter den konkreten Umständen des hiesigen Falls -
ihrerseits formbedürf-tig ist, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Wäre dies nicht der Fall, stünde der Bindung des [X.] bzw.
der Klägerin auch nicht Art. II Abs. 1[X.] entgegen. Denn durch das [X.] soll die Durchsetzung von [X.] erleichtert werden. [X.] ist dagegen nicht die [X.] als im nationalen Recht. Art.
II Abs. 1 und 2 [X.] enthalten
dabei Formerfordernisse, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des [X.] vergleichsweise liberal waren und in ihrer Strenge 31
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deutlich hinter denen vieler nationaler Rechte zurückblieben. Seither haben im Rahmen einer schiedsfreundlicheren
Grundhaltung viele Rechtsordnungen ihre Formerfordernisse dahingehend gelockert, dass sie nun geringere Anforderun-gen stellen als Art.
II Abs. 1 und 2 [X.]. Dieser Historie widerspricht eine Aus-legung, durch die Art.
II Abs. 1 und 2 [X.] entgegen seiner ursprünglichen In-tention zu einem Anerkennungshindernis wird (Senat, Beschluss vom 30. Sep-tember 2010 -
III ZB 69/09, [X.]Z 187, 126 Rn. 8 mwN). Davon abgesehen lässt Art. VII Abs. 1 [X.] im Rahmen des sogenannten Meistbegünstigungs-grundsatzes ausdrücklich die Anwendung schiedsfreundlichen nationalen Rechts zu. Hierzu gehören nicht nur die Bestimmungen der §§
1025 ff ZPO, sondern auch die nationalen Kollisionsregelungen und damit das danach als Statut der Schiedsvereinbarung berufene (ausländische) Recht (vgl. Senat, [X.] vom 21. September 2005 -
III ZB 18/05, NJW 2005, 3499, 3500). Zu-dem
folgt aus dem Umstand, dass eine Schiedsvereinbarung formbedürftig ist, nicht automatisch, dass auch jede Erstreckung auf einen [X.] ihrerseits formbedürftig ist
bzw. der Dritte nur gebunden ist, wenn er selbst die [X.] unterzeichnet oder ihr schriftlich beigetreten ist (vgl. nur Senat, Urteil vom 2. Oktober 1997
-
III [X.], [X.], 371).

3.
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur Nach-holung der erforderlichen Feststellungen zum ausländischen Recht an das Be-rufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich noch auf Folgendes hin:

a) Entgegen der Auffassung der [X.] ist das Verfahren bezüglich beider Streitgegenstände nicht aufgrund des Umstands, dass das Patent am 3.
Dezember 2013 erloschen ist, erledigt. Für die Frage, ob die Klage zulässig oder im Hinblick auf die von der [X.] erhobene Einrede des Schiedsver-32
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trags unzulässig ist, spielt das Erlöschen des Patents keine Rolle. Lediglich im Rahmen der Begründetheit der Klage wird die Klägerin diesem Umstand Rech-nung tragen müssen, da sich insoweit zum Beispiel
der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsantrag
in der Hauptsache erledigt hat und die Auskunfts-
und Feststellungsanträge zeitlich entsprechend zu begrenzen sein dürften.

b) Das Berufungsgericht wird im weiteren Verfahren gegebenenfalls auch die von ihm offen gelassene Frage, ob der Streitgegenstand unter die Schieds-vereinbarung fällt, zu entscheiden haben. Nach Auffassung des Berufungsge-richts ist
dies zweifelhaft. Denn ob ein nachwirkendes Vertriebsrecht der [X.] aus dem Lizenzvertrag in Betracht komme, hänge maßgeblich davon ab,
ob
die
[X.] bei Abschluss des [X.] überhaupt Inhaberin von [X.] gewesen sei, die den Vertrieb in [X.] -
und damit auch auf der [X.] -
gestattet hätten, ob-wohl dem das Patent des [X.] und seit Oktober 1999 die [X.] Lizenz der Klägerin entgegenstehen könnten. Soweit die Beklagte eine entsprechende Rechtsposition der [X.] behaupte, sei dieser Vortrag ersichtlich ins Blaue hinein erfolgt und unsubstantiiert. [X.] man demgemäß zugrunde, dass die [X.] über keine eigenen oder abgeleiteten Rechte für das [X.] Staatsgebiet verfügt habe, werde man kaum zum Ergebnis gelangen können, dass der Streitgegenstand der [X.] unterfalle. Denn bei einer Patentverletzung außerhalb des [X.] stünden sich die Beteiligten nicht als Vertragspartner, sondern wie beliebige Dritte gegen-über.

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Hierzu ist Folgendes anzumerken: Abgesehen davon, dass sich die [X.], ob der Streitgegenstand unter die Schiedsvereinbarung fällt, nach indi-schem Recht richtet und das Berufungsgericht hierzu keine abschließenden Feststellungen getroffen hat, rügt die Revision zu Recht
als fehlerhaft, dass
das Berufungsgericht den Vortrag der [X.] als Behauptung ins Blaue hinein bewertet hat. Nicht deren
Behauptung ist unsubstantiiert, sondern vielmehr um-gekehrt ist die Annahme fernliegend, dass die [X.] bei Abschluss des [X.] nur über eingeschränkte Lizenzrechte verfügte. Insoweit hat das Berufungsgericht nicht gewürdigt,
dass es der Patentinhaber L.

selbst war, der den Lizenzvertrag für die [X.] abge-schlossen hat. Dass sich aus dem Wortlaut des Lizenzvertrags
selbst eine Ein-schränkung des [X.] ergibt, sodass die Aktivitäten der [X.] auf der [X.] außerhalb des [X.] erfolgten, hat das Be-rufungsgericht nicht festgestellt. Wenn aber L.

als Vertreter der [X.] unbeschränkte Rechte einräumt, liegt die An-nahme fern, die [X.] sei im Verhältnis zu ihm dazu nicht berechtigt gewesen
beziehungsweise L.

sei als Patentinhaber damit nicht ein-verstanden gewesen. Die Annahme des Berufungsgerichts, einer entsprechen-den Rechtsposition der [X.] stehe
insoweit das Patent des Inhabers entgegen, vermag daher nicht zu überzeugen. Soweit das Berufungsgericht auf die Behauptung der Klägerin verweist, dass L.

ihr im Oktober 1999 mündlich eine
ausschließliche Lizenz für [X.] erteilt habe,
ist diese Darstellung zum einen streitig und zum anderen nicht geeignet, einer ggfs. be-

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reits früher erfolgten und räumlich umfassenden Erteilung der Lizenz an die BIP nachträglich ihre Wirkung zu nehmen.

[X.]

[X.]

[X.]

[X.]
Remmert
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.06.2011 -
9 [X.] (130) -

O[X.], Entscheidung vom 31.10.2012 -
2 U 59/11 -

Meta

III ZR 371/12

08.05.2014

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2014, Az. III ZR 371/12 (REWIS RS 2014, 5730)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5730

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