Landgericht Hamburg, Beschluss vom 13.09.2021, Az. 327 O 184/21

27. Zivilkammer | REWIS RS 2021, 2691

WETTBEWERBSRECHT FLIEGENDER GERICHTSSTAND

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Fliegender Gerichtsstand, § 14 Abs. 2 S.3 UWG


Tenor

Der Antrag des Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil der Kammer vom 23.08.2021 wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Der Antrag des Beklagten gemäß § 719 Abs. 1 und 3 ZPO auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil der Kammer vom 23.08.2021 war zurückzuweisen, da der Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil der Kammer vom 23.08.2021 nach Aktenlage wenig Aussicht auf Erfolg hat.

2

Soweit der Beklagte – zutreffend – ausführt, dass die [X.]eite keinen ausdrücklichen schriftlichen Antrag nach § 331 Abs. 3 ZPO gestellt hatte, und daher aus Sicht des Beklagten das Versäumnisurteil der Kammer nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist, hat der BGH in einer älteren Entscheidung ausgeführt, der Sachantrag enthalte stillschweigend zugleich den [X.] auf Erlass eines Versäumnisurteils (vgl. BGH NJW 1962, 1149 ff. [1150]), in einer jüngeren Entscheidung offengelassen, ob und unter welchen Voraussetzungen davon ausgegangen werden kann, dass der [X.] nach § 331 Abs. 3 ZPO konkludent mit dem Sachantrag gestellt ist (vgl. BGH NJW 2017, 1483 ff., Rn. 6), in letzterer Entscheidung aber ausgeführt, dass die Gebühr nach Nr. 3105 [X.]. Abs. 1 Nr. 2 VV-RVG auch dann entstehe, wenn die Entscheidung nach § 331 Abs. 3 ZPO ohne einen entsprechenden (Prozess-)Antrag des [X.] ergeht.

3

Der Antrag des Beklagten auf Verweisung des Rechtsstreits an die Kammer für Handelssachen ist gemäß § 101 Abs. 1 Sätzen 2 und 3 ZPO unzulässig, da er außerhalb der dem Beklagten gesetzten Klageerwiderungsfrist gestellt worden ist und der Beklagte einen [X.] für den verspäteten [X.] nicht vorgetragen hat.

4

Im Hinblick auf die von dem Beklagten erhobene Rüge der örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts wird darauf hingewiesen, dass die Kammer sich für örtlich zuständig gemäß [[X.]-8983-31b68fdc1868]§ 14 Abs. 2 Satz 2 [X.]] erachtet, da vorliegend keine Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien im Sinne von [ref=a08932c9-8d4f-4bc7-bb89-7275f611531b]§ 14 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 [X.]] [X.] sind. Zwar ist die [X.]e, von dem Kläger als Lauterkeitsrechtsverletzung gerügte Handlung ausschließlich im [X.] erfolgt und hat der Beklagte seinen Sitz nicht im Bezirk des angerufenen [X.]. Unter den von § 14 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UWG erfassten Zuwiderhandlungen sind nach dem systematischen Zusammenhang und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung allerdings nicht sämtliche online begangenen Rechtsverstöße zu verstehen und insbesondere Verstöße, die tatbestandlich keinen bestimmten Verbreitungsweg voraussetzen und deren Verletzung über eher formale und leicht oder gar automatisiert festzustellende Verstöße hinausgehen, nicht von dem [X.] Nr. 1 [X.]] umfasst (vgl. LG Frankfurt a. M. GRUR-RR 2021, 326 ff. [327]; [X.] GRUR-RS 2021, 12160, Rn. 13 ff.). Da die Einschränkung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung in § 14 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UWG auf einer Linie mit dem Ausschluss des Aufwendungsersatzanspruchs nach § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG und dem Vertragsstrafenausschluss nach [ref=83d9c951-ba62-499e-a7c5-835884424aab]§ 13a Abs. 2 [X.]] liegt, muss § 14 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UWG auch in Übereinstimmung mit § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG in dem Sinne gelesen werden, dass die Einschränkung des [X.] nur bei Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten gilt (vgl. [X.] GRUR 2021, 671 ff. [678]). Dies entspricht nicht nur dem erklärten Willen des Gesetzgebers, sondern folgt auch aus dem systematischen Zusammenhang mit den §§ 13 Abs. 4 Nr. 1, 13a Abs. 2 UWG und entspricht zudem dem Sinn und Zweck der genannten Regelungen, die Missbrauchsfälle erfassen sollen (vgl. [X.] a. a. O.).

5

In der Sache wird auf das rechtskräftige Urteil der Kammer in dem vorausgegangenen Verfügungsverfahren gleichen Rubrums zum [X.]. 327 [X.]/19 (Anlage [X.]) Bezug genommen.

6

Im Hinblick auf die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede ist vom [X.] bis zum Eingang des [X.] in der Sache 327 [X.] bei dem Gericht am 05.03.2019 (§§ 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB, 167 ZPO) ein Zeitraum von einem Monat verstrichen, ist das Verfügungsverfahren mit dem Beschluss des [X.] vom 05.08.2020 (Anlage [X.]) beendet worden, so dass die Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB nach § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB mit dem 05.02.2021 geendet hat, ist die Verjährungsfrist des § 11 UWG mithin mit dem 06.02.2021, einem Samstag, also spätestens mit dem 08.02.2021, weitergelaufen und ist vom 08.02.2021 bis zur Einreichung der vorliegenden Hauptsacheklage am 02.07.2021 ein Zeitraum von weiteren 4 Monaten, 3 Wochen und 3 Tagen verstrichen.

Zur besseren Lesbarkeit wurden ggf. Tippfehler entfernt oder Formatierungen angepasst.

Meta

327 O 184/21

13.09.2021

Landgericht Hamburg 27. Zivilkammer

Beschluss

Sachgebiet: O

§§ 101, 331, 719 ZPO, § 14 UWG

Zitier­vorschlag: Landgericht Hamburg, Beschluss vom 13.09.2021, Az. 327 O 184/21 (REWIS RS 2021, 2691)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 2691

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

715 OWi 10/19 (Amtsgericht Bonn)


VI ZB 21/16 (Bundesgerichtshof)


VI ZB 21/16 (Bundesgerichtshof)

Vergütung des Rechtsanwalts: Anfall der Terminsgebühr bei Erlass eines Versäumnisurteils ohne entsprechenden Antrag des Klägers


715 OWi-400 Js 246/19-7/19 (Amtsgericht Bonn)


102 AR 52/22 (BayObLG München)

Schadensersatz, Gerichtsstand, Unterlassungsanspruch, Internet, Bindungswirkung, Unterlassung, Dienstleistungen, Verweisung, Wiederholungsgefahr, Anspruch, Anerkennung, Haftung, Verletzung, GbR, Gelegenheit …


Referenzen
Wird zitiert von

38 O 42/23

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.