Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.12.2021, Az. 2 C 9/21

2. Senat | REWIS RS 2021, 323

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Gegenstand

Kein Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs während einer mangelbehafteten Disziplinarklage


Leitsatz

1. Im gerichtlichen Disziplinarverfahren nach Maßgabe des Sächsischen Disziplinargesetzes können Unrichtigkeiten des Protokolls über die mündliche Verhandlung hinsichtlich der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils entsprechend § 164 Abs. 1 ZPO jederzeit berichtigt werden.

2. Die Bestimmung des § 17 Satz 2 StGB ist auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme nicht anwendbar (Aufgabe von BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2006 - 2 C 11.05 - ZBR 2006, 385 <387>).

3. Bei einer mit einem Mangel behafteten Disziplinarklageschrift ist das gerichtliche Disziplinarverfahren ebenso zu eröffnen wie bei einer ordnungsgemäßen Klage. Das rechtliche Hindernis ist gemäß § 56 SächsDG im Rahmen des gerichtlichen Disziplinarklageverfahrens zu beheben. Damit kann auch in einem solchen Fall das Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs während des gerichtlichen Disziplinarverfahrens nicht eintreten (§ 15 Abs. 5 Satz 1 SächsDG).

Tenor

Die Urteile des [X.] vom 30. April 2021 und des [X.] vom 5. Dezember 2017 werden aufgehoben.

Das monatliche Ruhegehalt des Beklagten wird um ein Fünftel für die Dauer von drei Jahren vermindert.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Gegenstand des Disziplinarverfahrens ist das ungenehmigte Fernbleiben des beklagten Beamten vom Dienst.

2

Der 1958 geborene Beklagte stand bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze zum 1. Oktober 2019 als Polizeihauptkommissar (Besoldungsgruppe [X.]) im Dienst des klagenden Freistaats. Der Beklagte, gelernter [X.], trat 1981 in den Dienst der Volkspolizei ein. Im Juli 1992 wurde er in den Polizeivollzugsdienst des [X.] übernommen und schließlich im November 2006 zum Polizeihauptkommissar befördert. Der Beklagte wurde wegen häufiger Fehlzeiten im November 2011 von der mit seinem Statusamt verbundenen Führungsfunktion im Polizeivollzugsdienst entbunden. Zuletzt wurde er als Sachbearbeiter im Ermittlungsdienst und in der Anzeigenaufnahme verwendet.

3

Fehlzeiten wies der Beklagte bereits seit dem [X.] auf; dabei wurde bei ihm mehrfach [X.] festgestellt. Die zahlreichen polizeiärztlichen Untersuchungen des Beklagten seit [X.] 2008 ergaben jedoch keinen Anhalt für Alkoholmissbrauch oder gesundheitliche Einschränkungen für den Polizeivollzugsdienst.

4

Der Präsident der Polizeidirektion ordnete mit Verfügung vom 15. Juni 2011 mit sofortiger Wirkung und bis auf Weiteres gegenüber dem Beklagten an, jede Dienstunfähigkeit ab dem ersten Krankheitstag nur noch durch polizeiärztliches Attest nachzuweisen. Es wurde ausdrücklich festgehalten, dass dem Beklagten die Möglichkeit der Krankmeldung bis zur Dauer von drei Tagen ohne Krankmeldung verwehrt sei und die Vorlage von privatärztlichen Attesten zum Nachweis der Dienstunfähigkeit nicht mehr akzeptiert werde. Die Verfügung schloss mit dem Hinweis, dass die Vorlage lediglich privatärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder Krankmeldungen ohne Bescheinigung den Verdacht des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst begründe.

5

Mit Bescheid vom 11. Januar 2012 wurde der Verlust der Dienstbezüge des Beklagten aufgrund ungenehmigten schuldhaften Fernbleibens vom Dienst an 35 Tagen in der [X.] vom 13. September 2011 bis 18. November 2011 festgestellt. Der Beklagte zahlte den Betrag von ca. 4 800 € netto zurück.

6

Bereits am 7. Februar 2011 war gegen den Beklagten ein erstes Disziplinarverfahren wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst eingeleitet worden, welches mehrfach ausgedehnt wurde. In den Mitteilungen über die Ausdehnung des Disziplinarverfahrens war jeweils der Inhalt der Verfügung vom 15. Juni 2011 wiedergegeben und der Vorwurf erhoben worden, dass der Beklagte hiergegen verstoße. Daneben führten die Vorgesetzten mit dem Beklagten mehrfach Gespräche zur Einhaltung der Dienstzeit. Dabei wurde auch seine Verpflichtung angesprochen, eine Dienstunfähigkeit ab dem ersten Krankheitstag durch polizeiärztliches Attest nachzuweisen. Mit einem Anhörungsschreiben zu einer weiteren Feststellung des Verlusts von Dienstbezügen vom 18. November 2013 wurde dem Beklagten mitgeteilt, dass die privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die [X.] vom 18. September 2013 bis 4. Oktober 2013 letztmalig anerkannt würden und er sich ab sofort wieder an die Weisung vom 15. Juni 2011 zu halten habe.

7

Mit Disziplinarverfügung vom 7. März 2014 (ausgehändigt am 10. März 2014) kürzte der Kläger dem Beklagten die Dienstbezüge wegen aufsummierter unentschuldigter Fehlzeiten von mehr als 55 Arbeitstagen in den Jahren 2011 bis 2013 um ein Fünftel für 30 Monate. Auch in der Disziplinarverfügung verwies der Kläger auf das Schreiben vom 15. Juni 2011.

8

Auch im [X.] an die Aushändigung der Disziplinarverfügung blieb der Beklagte dem Dienst ohne Vorlage von polizeiärztlichen Bescheinigungen seiner Dienstunfähigkeit fern. Er legte zwar privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, dies aber auch nicht in jedem Fall innerhalb der hierfür im Gesetz vorgegebenen Frist. Am 4. August 2014 verbot der Kläger dem Beklagten die Führung der Dienstgeschäfte; das Disziplinarverfahren leitete der Kläger mit Verfügung vom 19. August 2014 ein.

9

Am 16. Juni 2015 ging beim [X.] eine [X.]schrift vom 11. Juni 2015 mit dem Briefkopf der Polizeidirektion ein, die vom damaligen Polizeipräsidenten nicht handschriftlich unterzeichnet war, sondern nur mit dessen Namen in [X.] abschloss. Darin wurde dem Beklagten mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis vorgeworfen, im [X.]raum vom 11. März bis zum 1. August 2014 an insgesamt 34 Tagen vollständig und an weiteren fünf Tagen für mehrere Stunden dem Dienst unerlaubt ferngeblieben zu sein.

Nachdem der Vorsitzende der [X.] des [X.] in einer einfachen gerichtlichen Verfügung auf die fehlende Unterschrift unter der Klage hingewiesen hatte, legte die Polizeidirektion dem Verwaltungsgericht am 20. September 2017 das Original der behördlichen Verfügung vor, die der [X.] vom Juni 2015 zugrunde lag. In der Verfügung war die [X.]schrift vom damals als Leiter der Polizeidirektion amtierenden Polizeipräsidenten mit vollem Namenszug handschriftlich unterzeichnet. Die Verfügung enthielt wortgleich die Klageschrift, die bereits am 16. Juni 2015 beim Verwaltungsgericht eingegangen war.

Das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 5. Dezember 2017 endete zunächst mit dem Beschluss, dass die Entscheidung nach der Beratung verkündet wird, und der Angabe "Ende: 10.50 Uhr", ohne die Urteilsverkündung weiter zu erwähnen. In der Gerichtsakte ist nach diesem Protokoll der schriftlich abgefasste und von sämtlichen Richtern unterzeichnete Tenor mit dem durch [X.] des Vorsitzenden unterzeichneten Vermerk "Verkündet 11.13" eingeheftet. Während des ersten Berufungsverfahrens wurde das Protokoll nach Anhörung der Beteiligten vom Vorsitzenden der [X.] am 22. August 2018 um den Satz ergänzt: "Nach nichtöffentlicher Beratung und Wiederaufruf der Sache wird in Abwesenheit der Beteiligten um 11.13 Uhr die Urteilsformel, die der Niederschrift als Anlage beiliegt, durch Verlesung durch den Vorsitzenden verkündet." Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Mit seinem ersten Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die [X.] abgewiesen. Die beim Verwaltungsgericht eingereichte [X.] des [X.] sei nicht unterschrieben gewesen und dieser Mangel könne im [X.] nicht mehr beseitigt werden. Das [X.] hat dieses erste Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen (BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 - 2 [X.] 21.19 - BVerwGE 168, 74).

Auch im zweiten Berufungsverfahren hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des [X.] abgeändert und die [X.] abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Das Berufungsgericht sei aufgrund der erst am 22. August 2018 erfolgten Protokollierung der Verkündung des Urteils des [X.] nicht gehindert, auf die Berufung des Beklagten eine eigene Sachentscheidung zu treffen. Es könne offengelassen werden, ob die Protokollberichtigung außerhalb des [X.]rahmens von fünf Monaten rechtmäßig sei. Denn eine rechtswidrige nachträgliche Protokollierung der Verkündung hätte jedenfalls nicht zur Folge, dass die Sache zwingend an die [X.] zurückzugegeben sei. Die Berufung des Beklagten habe Erfolg, weil das Dienstvergehen eine Aberkennung des [X.] nicht rechtfertige und die Kürzung des [X.] wegen [X.]ablaufs ausgeschlossen sei. Die vom Kläger beim Verwaltungsgericht am 16. Juni 2015 eingereichte [X.] habe wegen des Formmangels die Unterbrechung der Frist nicht bewirken können. Die spätere Beseitigung des Mangels der Schriftform der [X.] wirke nur ex nunc und habe das durch [X.]ablauf eingetretene [X.] nicht mehr ungeschehen machen können.

Hiergegen richtet sich die bereits vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision des [X.], mit der er beantragt,

das Urteil des [X.] vom 30. April 2021 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des [X.] Dresden vom 5. Dezember 2017 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

[X.]ie Revision des [X.] ist zulässig (1.) und auch begründet (2.). Angemessene [X.]isziplinarmaßnahme zur Ahndung des innerdienstlichen [X.]ienstvergehens des ungenehmigten Fernbleibens vom [X.]ienst des [X.] ist die Verminderung des Ruhegehaltes um ein Fünftel für die [X.]auer von drei Jahren. [X.]ie vorinstanzlichen Urteile sind dementsprechend aufzuheben.

1. [X.]ie Revision des [X.] ist zulässig.

a) Allerdings kann die vom [X.] im - zweiten - [X.]erufungsurteil als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage, ob das [X.]erufungsgericht im "verwaltungsgerichtlichen Verfahren" in der Sache selbst entscheiden kann, wenn die Verkündung des erstinstanzlichen Urteils erst nach Ablauf von fünf Monaten protokolliert worden ist, im Revisionsverfahren nicht geklärt werden, weil sie sich nicht stellt. [X.]enn die Statthaftigkeit, Form und Frist der [X.]erufung richtet sich nach § 65 [X.] vom 10. April 2007 (SächsGV[X.]l. S. 54 - [X.]), nicht nach den - allgemeinen - Vorschriften des "verwaltungsgerichtlichen Verfahren(s)" gemäß den §§ 124 ff. VwGO i.V.m. § 3 [X.]. [X.]as [X.] ist aber an die Zulassung der Revision durch das [X.]erufungsgericht gebunden (§ 70 [X.] und § 132 Abs. 3 VwGO).

b) Entgegen dem Vorbringen des [X.] genügt die Revisionsbegründung des [X.] den Vorgaben der § 70 [X.] und § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

Sie macht deutlich, dass der Kläger die Aufhebung des [X.]erufungsurteils vom 30. April 2021 und die Aufrechterhaltung des Urteils des [X.] anstrebt. Als verletzte Rechtsnorm benennt der Kläger in der Revisionsbegründung die für die [X.]emessungsentscheidung maßgebliche Vorschrift des § 13 Abs. 2 [X.]. Nach Einschätzung des [X.] hat der [X.] entgegen der Annahme des [X.]erufungsgerichts durch sein schweres [X.]ienstvergehen das Vertrauen des [X.]ienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren. Unerheblich ist ferner, dass die Revisionsbegründung nicht auf die Frage eingeht, die das [X.]erufungsgericht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Sache veranlasst hat. [X.]as [X.] ist nach § 70 [X.] und § 137 Abs. 3 Satz 2 VwGO nicht an die geltend gemachten Revisionsgründe gebunden. Vielmehr hat es das [X.]erufungsurteil in vollem Umfang nachzuprüfen; der Revisionskläger ist dementsprechend ebenfalls nicht auf die Gründe beschränkt, aus denen die Revision zugelassen worden ist ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 14. August 1962 - 5 [X.] 83.61 - [X.]VerwGE 14, 342 <344>; Urteile vom 25. Oktober 1989 - 6 [X.] 6.88 - [X.]VerwGE 84, 53 <58> und vom 25. Januar 2021 - 9 [X.] 1.19 - [X.]VerwGE 171, 194 Rn. 18).

2. [X.]ie Revision des [X.] ist auch begründet. [X.]as [X.]erufungsurteil verletzt §§ 13 und 15 [X.]. [X.]as [X.]isziplinargesetz des klagenden Freistaats ist revisibles Recht. Unter "Landesrecht" [X.]. § 127 Nr. 2 [X.]. § 63 Abs. 3 Satz 2 [X.]eamtStG sind die spezifisch beamtenrechtlichen Vorschriften des Landesrechts zu verstehen. [X.]azu zählen auch die Vorschriften des jeweiligen [X.] ([X.]VerwG, Urteile vom 14. [X.]ezember 2017 - 2 [X.] 12.17 - [X.] L[X.]isziplinarG Nr. 53 Rn. 10 und vom 23. April 2020 - 2 [X.] 21.19 - [X.]VerwGE 168, 74 Rn. 13; a.[X.], [X.]isziplinarrecht in [X.] und Ländern, [X.]and 2, Stand Juli 2021, § 69 [X.] Rn. 28).

[X.]a das Urteil des [X.] unter [X.]erücksichtigung des Nachtrags vom 22. August 2018 ordnungsgemäß verkündet worden ist, stellt es kein bloßes Nicht- oder Scheinurteil dar, das vom [X.] auf die [X.]erufung des [X.] zur Klarstellung hätte aufgehoben werden müssen. Vielmehr konnte das [X.] über die [X.]erufung des [X.] in der Sache entscheiden und eine eigenständige [X.]emessungsentscheidung treffen (a). Ausgehend von der rechtmäßigen und auch im entscheidungserheblichen [X.]raum wirksamen Anordnung vom 15. Juni 2011 blieb der [X.] im [X.]raum vom 11. März bis 1. August 2014 dem [X.]ienst an 34 Tagen vollständig und an fünf weiteren Tagen stundenweise dem [X.]ienst ungenehmigt fern (b). [X.]ieses innerdienstliche [X.]ienstvergehen beging der [X.] vorsätzlich (c). Zum Tatzeitpunkt war dem [X.] auch jeweils bewusst, pflichtwidrig zu handeln. [X.]er Irrtum des [X.] hinsichtlich der Aufhebung der Anordnung vom 15. Juni 2011 ist für das Unrechtsbewusstsein unerheblich, weil er vermeidbar war (d). [X.]urch das festgestellte Verhalten beging der [X.] ein innerdienstliches [X.]ienstvergehen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 [X.]eamtStG) (e). [X.]ieses ist unter Würdigung aller be- und entlastenden Umstände mit einer Verminderung seines monatlichen Ruhegehaltes um ein Fünftel für die [X.]auer von drei Jahren zu ahnden (f).

a) [X.]as Urteil des [X.] ist ordnungsgemäß verkündet worden und damit wirksam. [X.]as [X.] hatte über die [X.]erufung des [X.] in der Sache zu entscheiden.

Hat ein Gericht beschlossen, sein Urteil zu verkünden, dies aber nicht getan, handelt es sich bei dem den [X.]eteiligten vom Gericht dennoch zugestellten Schriftstück lediglich um einen Urteilsentwurf. Gegen ein solches Scheinurteil kann zwar [X.]erufung eingelegt werden; das [X.]erufungsgericht kann aber nur die Nichtexistenz eines erstinstanzlichen Urteils durch die Aufhebung der den [X.]eteiligten zugegangenen Entscheidung klarstellen und die Sache an das erstinstanzliche Gericht zwecks [X.]eendigung des noch nicht abgeschlossenen Verfahrens zurückverweisen ([X.], [X.]eschluss vom 3. November 1994 - [X.] 5/94 - NJW 1995, 404 m.w.[X.]). Eine solche Fallkonstellation liegt hier in [X.]ezug auf das erstinstanzliche Urteil vom 5. [X.]ezember 2017 jedoch nicht vor, weil dieses unter [X.]erücksichtigung der [X.]erichtigung des Protokolls durch den Nachtrag vom 22. August 2018 ordnungsgemäß verkündet worden ist.

[X.]as Verwaltungsgericht hat entsprechend § 61 Abs. 1 Satz 1 [X.] über die [X.] aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil entschieden. [X.]ieses ist zu verkünden (§ 3 [X.] und § 116 Abs. 1 Satz 1 VwGO). [X.]abei muss das Gericht die Urteilsformel entweder verlesen oder auf sie [X.]ezug nehmen (§ 3 [X.], § 173 Satz 1 VwGO und § 311 Abs. 2 ZPO). Wie der Akte des erstinstanzlichen Verfahrens zu entnehmen ist, lag nach dem Ende der [X.]eratung der [X.]isziplinarkammer des [X.] eine von sämtlichen Richtern unterschriebene Urteilsformel vor. Allerdings fehlt im ursprünglichen Protokoll der erstinstanzlichen Verhandlung die Feststellung der Verkündung der Entscheidung des [X.] durch öffentliches Verlesen der Urteilsformel oder die [X.]ezugnahme auf sie. [X.]iese Unrichtigkeit des Protokolls ist durch den Nachtrag vom 22. August 2018 gemäß § 3 [X.], § 105 VwGO und § 164 ZPO berichtigt worden. [X.]ie Vorgaben des § 164 Abs. 2 und 3 ZPO hat das Verwaltungsgericht bei diesem Nachtrag beachtet.

Unerheblich ist, dass zwischen der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 5. [X.]ezember 2017 und dem Nachtrag vom 22. August 2018 mehr als acht Monate liegen. [X.]enn § 164 Abs. 1 ZPO sieht vor, dass Unrichtigkeiten des Protokolls jederzeit berichtigt werden können. Zwar geht die zivilgerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass innerhalb der Frist von fünf Monaten nach Verkündung des Urteils ein beweiskräftiges Protokoll über die Verkündung des Urteils auf der Grundlage der schriftlich fixierten Urteilsformel erstellt sein muss ([X.], Urteil vom 13. April 2011 - [X.]/09 - NJW 2011, 1741 Rn. 20 f. und [X.]eschluss vom 13. März 2012 - VIII Z[X.] 104.11 - [X.], 558 Rn. 12). Grund hierfür ist die Vorschrift des § 517 ZPO (vgl. auch § 548 ZPO für die Revision), wonach die einmonatige [X.]erufungsfrist als Notfrist mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung beginnt. [X.]a nach § 165 Satz 1 ZPO allein durch das Protokoll bewiesen werden kann, dass und mit welchem Inhalt ein Urteil verkündet worden ist, muss, falls das Urteil erst nach Ablauf der Frist von fünf Monaten zugestellt worden ist, über den [X.]punkt der Verkündung vor Ablauf dieser Frist aus den Akten Gewissheit zu erlangen sein. [X.]iese Überlegungen gelten jedoch nicht für die [X.]erufung gegen ein erstinstanzliches Urteil nach Maßgabe des § 65 [X.]. [X.]enn nach § 65 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist für den [X.]eginn der einmonatigen [X.]erufungsfrist nicht die Verkündung, sondern ausschließlich die Zustellung des vollständigen Urteils maßgebend.

b) Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des [X.]erufungsgerichts ist der [X.] im [X.]raum vom 11. März bis 1. August 2014 dem [X.]ienst an 34 Tagen vollständig und an fünf weiteren Tagen für mehrere Stunden ungenehmigt ferngeblieben. Für keinen dieser Tage hat der [X.], wie ihm in der rechtmäßigen (aa) und auch ab 11. März 2014 weiter wirksamen ([X.]) Anordnung vom 15. Juni 2011 vorgegeben, eine polizeiärztliche [X.]escheinigung vorgelegt, dass er wegen einer Krankheit unfähig ist, seine [X.]ienstpflichten zu erfüllen. [X.]amit kann der [X.] im [X.]raum vom 11. März bis Anfang August 2014 nicht geltend machen, er habe die ihm obliegende [X.]ienstleistungspflicht deshalb nicht verletzt, weil er infolge einer Erkrankung von ihr jeweils befreit gewesen sei.

Soweit der [X.] geltend macht, die Anordnung vom 15. Juni 2011 habe im [X.]raum ab dem 11. März 2014 nicht mehr gegolten und er habe für die Fehltage privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht, ist darauf zu verweisen, dass er diese [X.]escheinigungen für die [X.]räume vom 22. April bis zum 19. Mai und vom 10. bis zum 18. Juli 2014 erst lange nach Ablauf der gesetzlichen Frist - Vorlage spätestens an dem auf den dritten Krankheitstag folgenden allgemeinen Arbeitstag - vorgelegt hat.

aa) Solange ein [X.]eamter dienstunfähig erkrankt ist, ist er von der [X.]ienstleistungspflicht befreit, weil er sie nicht erfüllen kann ([X.]VerwG, Urteile vom 12. Oktober 2006 - 1 [X.] 2.05 - Rn. 32 m.w.[X.] und vom 12. November 2020 - 2 [X.] 6.19 - [X.] L[X.]isziplinarG Nr. 81 Rn. 17). [X.]ie im Juni 2011 maßgebliche Regelung des § 92 Abs. 2 [X.] [X.]eamtengesetz in der Fassung der [X.]ekanntmachung vom 12. Mai 2009 (SächsGV[X.]l. [X.]) schreibt vor, dass [X.]ienstunfähigkeit infolge Krankheit auf Verlangen nachzuweisen ist und der [X.]ienstvorgesetzte die Untersuchung durch einen Amtsarzt oder einen beamteten Arzt anordnen kann. Von dieser Ermächtigung hat der Kläger durch die Anordnung vom 15. Juni 2011 rechtmäßig Gebrauch gemacht und damit die Rechts- und Pflichtenstellung des [X.] entscheidend zu dessen Lasten "verschärft".

[X.]ie Richtigkeit der vom [X.] vorgelegten [X.]escheinigungen seiner behandelnden Privatärzte, die dem [X.] die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit bescheinigten, erschien angesichts der Ergebnisse der zahlreichen polizeiärztlichen Untersuchungen des [X.] zweifelhaft. [X.]enn die insgesamt acht polizeiärztlichen Untersuchungen im [X.]raum vom Juni 2008 bis Mai 2011 hatten beim [X.] keine gesundheitlichen Einschränkungen für den Polizeivollzugsdienst festgestellt. In einer solchen Konstellation muss sich der [X.]ienstherr nicht die bloßen privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen entgegenhalten lassen, sondern kann, gestützt auf die genannte gesetzliche Grundlage, die [X.]edingungen näher konkretisieren, unter denen der [X.]eamte von der [X.]ienstleistungspflicht infolge einer Erkrankung befreit ist ([X.]VerwG, Urteil vom 12. November 2020 - 2 [X.] 6.19 - [X.] L[X.]isziplinarG Nr. 81 Rn. 28).

[X.]) [X.]ie Anordnung vom 15. Juni 2011 war auch in dem hier relevanten [X.]raum ab dem 11. März 2014 unverändert wirksam. Sie stand weder unter der auflösenden [X.]edingung des Abschlusses des ersten [X.]isziplinarverfahrens noch war sie in anderer Hinsicht [X.]estandteil dieses mit der Aushändigung der [X.]isziplinarverfügung abgeschlossenen [X.]isziplinarverfahrens. [X.]ie unbegrenzte Geltungsdauer der Anordnung kommt in der Formulierung "bis auf Weiteres" zum Ausdruck. [X.]ie Geltung der Anordnung wurde auch nicht dadurch infrage gestellt, dass die Verwaltung der Polizei vor dem März 2014 vom [X.] vorgelegte privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gelegentlich akzeptiert hat. Im Schreiben vom 18. November 2013 war dem [X.] seitens der Personalverwaltung verdeutlicht worden, dass die privatärztlichen [X.]escheinigungen letztmals für die [X.] bis Anfang Oktober 2013 anerkannt würden und zukünftig wiederum die Vorgaben der Anordnung vom 15. Juni 2011 zu beachten seien.

c) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des [X.]erufungsgerichts hat der [X.] in [X.]ezug auf das innerdienstliche [X.]ienstvergehen des Fernbleibens vom [X.]ienst vorsätzlich gehandelt. [X.]er [X.] hat bewusst und gewollt ein Verhalten gezeigt, das die objektiven Merkmale der Pflichtverletzung umfasst. Ausreichend ist hier dolus eventualis, d.h. der [X.]eamte muss mit dem Eintritt des Erfolgs seiner Handlung in dem Sinne einverstanden sein, dass er ihn billigend in Kauf nimmt. [X.]ies ist hier gegeben.

Zwar nahm der [X.] nach den Feststellungen des [X.]s an, hinsichtlich des Nachweises einer krankheitsbedingten [X.]ienstunfähigkeit gelte ab dem 11. März 2014 wiederum die allgemeine Regel, wonach ein privatärztliches Zeugnis am darauffolgenden allgemeinen Arbeitstag vorzulegen ist, wenn die [X.]ienstunfähigkeit infolge Krankheit länger als drei Tage andauert. Tatsächlich galt aber, wie dargelegt, weiterhin die weiterreichende ("verschärfende") Anordnung vom 15. Juli 2011, wonach bereits am ersten Tag einer Krankheit der Polizeiarzt die [X.]ienstunfähigkeit zu bestätigen hat. [X.]iese irrtümliche Annahme des [X.] betrifft das für die Annahme der Schuld [X.]. § 47 Abs. 1 Satz 1 [X.]eamtStG erforderliche Unrechtsbewusstsein des [X.]eamten.

Ein den Vorsatz ausschließender Tatbestandsirrtum liegt vor, wenn sich der objektiv dienstfähige [X.]eamte irrtümlich für dienstunfähig hält. In diesem Falle erstreckt sich der Irrtum des [X.]eamten auf das (ungeschriebene) Tatbestandsmerkmal der [X.]ienstfähigkeit ([X.]VerwG, Urteile vom 9. April 2002 - 1 [X.] 17.01 - Rn. 58 f. und vom 11. Oktober 2006 - 1 [X.] 10.05 - [X.] 232 § 73 [X.] Nr. 30 Rn. 34). Kennt der [X.]eamte dagegen seine - gegebenenfalls eingeschränkte - [X.]ienstfähigkeit oder hält er sie nicht für ausgeschlossen, hält sich aber gleichwohl aus Rechtsgründen nicht zur [X.]ienstleistung verpflichtet, so befindet er sich in einem Rechtsirrtum, der nach den im Strafrecht entwickelten Grundsätzen des [X.] zu behandeln ist und den Vorsatz nicht betrifft. Ein dienstfähiger [X.]eamter, der ungenehmigt keinen [X.]ienst leistet, handelt hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals "[X.]ienstfähigkeit" mit bedingtem Vorsatz, wenn er ernsthaft für möglich hält, dienstfähig zu sein, und im Hinblick darauf billigend in Kauf nimmt, die [X.]ienstleistungspflicht zu verletzen (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 12. Oktober 2006 - 1 [X.] 2.05 - Rn. 41 und [X.]eschluss vom 21. Februar 2008 - 2 [X.] 1.08 - [X.] L[X.]isziplinarG Nr. 5 Rn. 5).

d) [X.]em [X.] war im Tatzeitraum auch jeweils bewusst, pflichtwidrig zu handeln.

[X.]as Unrechtsbewusstsein setzt voraus, dass der [X.]eamte weiß, dienstrechtlich zu [X.] oder Unterlassen verpflichtet zu sein und durch sein konkretes Verhalten gegen diese Verpflichtung zu verstoßen. [X.]abei setzt das [X.]ewusstsein der Pflichtwidrigkeit nicht die genaue Kenntnis der verletzten Rechtsvorschriften und Anordnungen des [X.]ienstherrn voraus. Es genügt, wenn der [X.]eamte Umfang und Inhalt seiner auf diesen Regelungen beruhenden [X.]ienstpflichten im weitesten Sinne erfasst. Nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.]s hatte der [X.] das erforderliche Unrechtsbewusstsein.

Zwar nahm der [X.] im Tatzeitraum irrtümlich an, die Anordnung vom 15. Juni 2011 hinsichtlich der Verpflichtung zur Vorlage einer polizeiärztlichen [X.]estätigung der krankheitsbedingten [X.]ienstunfähigkeit gelte im [X.]raum ab dem 11. März 2014 nicht mehr. [X.]ieser Irrtum ist jedoch für das für die Schuld des [X.]eamten erforderliche Unrechtsbewusstsein unerheblich, weil er vermeidbar war.

Erkennt der [X.]eamte zutreffend den von ihm verursachten Geschehensablauf, der objektiv den Tatbestand eines [X.]ienstvergehens erfüllt, nimmt er aber gleichwohl an, nicht pflichtwidrig gehandelt zu haben, so beruft er sich auf einen sog. Verbotsirrtum. Ein solcher Rechtsirrtum über das [X.]estehen, den Umfang oder den Inhalt dienstlicher Pflichten (vgl. z.[X.]. [X.]VerwG, Urteile vom 25. März 1980 - 1 [X.] 14.79 - [X.]VerwGE 63, 353 <364 f.> und vom 11. [X.]ezember 1991 - 1 [X.] 75.90 - [X.]VerwGE 93, 202 <210 f.>) kann das [X.]ewusstsein der Pflichtwidrigkeit (Unrechtsbewusstsein) entfallen lassen. Wenn dem [X.]eamten nicht widerlegt werden kann, die Pflichtverletzung unter einem Verbotsirrtum begangen zu haben, schließt ein solcher Irrtum die Schuld - und damit das [X.]ienstvergehen - allerdings nur dann aus, wenn er unvermeidbar war (vgl. die insoweit heranzuziehende [X.]estimmung des § 17 Satz 1 StG[X.]).

[X.]ie Vermeidbarkeit des [X.] bestimmt sich nach der von dem [X.]eamten nach seiner Amtsstellung (Status und [X.]ienstposten) und seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten (Vorbildung und dienstlicher Werdegang) zu fordernden Sorgfalt unter [X.]erücksichtigung der ihm zugänglichen Informationsmöglichkeiten. [X.]as [X.]ewusstsein der Pflichtwidrigkeit setzt in der Regel keine juristisch genauen Kenntnisse voraus; es genügt, wenn der [X.]eamte Umfang und Inhalt seiner auf diesen Regelungen beruhenden [X.]ienstpflichten im weitesten Sinne erfasst. [X.]avon ist im Regelfall aufgrund der Ausbildung der [X.]eamten und der Praxis dienstzeitbegleitender [X.]elehrungen über Rechte und Pflichten im [X.]ienstverhältnis auszugehen. Im Zweifel ist von einem [X.]eamten - im eigenen Interesse - zu erwarten, dass er sich bei seiner [X.]ienststelle rechtzeitig über Umfang und Inhalt seiner [X.]ienstpflichten erkundigt. So kann er verhindern, dass ihm gegebenenfalls entgegengehalten wird, er habe zwar in einem Verbotsirrtum gehandelt, der jedoch vermeidbar gewesen sei ([X.]VerwG, Urteile vom 22. Juni 2006 - 2 [X.] 11.05 - Z[X.]R 2006, 385 <387> und vom 13. September 2011 - 2 W[X.] 15.10 - [X.] 450.2 § 38 W[X.]O 2002 Nr. 33 Rn. 35 und [X.]eschluss vom 21. Februar 2008 - 2 [X.] 1.08 - [X.] L[X.]isziplinarG Nr. 5 Rn. 6).

Angesichts der [X.]edeutung der Fortgeltung der Anordnung vom 15. Juni 2011 für sein weiteres "Schicksal" als [X.]eamter hätte es sich dem [X.] geradezu aufdrängen müssen, die Frage der Weitergeltung der Anordnung vom 15. Juni 2011 durch eine Nachfrage bei der Leitung seiner [X.]ienststelle verbindlich zu klären. Zu berücksichtigen ist insoweit auch das laufbahnbezogen hohe Statusamt des [X.] im Polizeivollzugsdienst des [X.]. [X.]urch die [X.]isziplinarverfügung vom 7. März 2014 war der [X.] vorgewarnt; es musste ihm klar sein, dass weitere Verstöße gegen die leicht einsehbare Pflicht, überhaupt zur [X.]ienstleistung an der [X.]ienststelle zu erscheinen, gravierende Folgen haben würden.

e) [X.]urch das festgestellte Verhalten hat der [X.] ein innerdienstliches [X.]ienstvergehen begangen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 [X.]eamtStG). [X.]er [X.] hat die [X.]ienstpflichten zum vollen beruflichen Einsatz und zur [X.]efolgung dienstlicher Anordnungen seiner Vorgesetzten verletzt (§§ 34 f. [X.]eamtStG).

[X.]er zwischenzeitliche Eintritt des [X.] in den gesetzlichen Ruhestand steht einer disziplinarrechtlichen Ahndung des noch im aktiven [X.]eamtenverhältnis begangenen [X.]ienstvergehens nicht entgegen. [X.]ie unveränderte Ausübung der [X.]isziplinarbefugnis findet ihre Rechtfertigung in der Wahrung der Integrität des [X.]eamtentums und des Ansehens des öffentlichen [X.]ienstes sowie in dem Gebot der Gleichbehandlung ([X.]VerfG, [X.] vom 22. November 2001 - 2 [X.]vR 2138/00 - NVwZ 2002, 467; [X.]VerwG, Urteile vom 28. Juli 2011 - 2 [X.] 16.10 - [X.]VerwGE 140, 185 Rn. 32, vom 28. Februar 2013 - 2 [X.] 62.11 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 19 Rn. 68 und vom 31. August 2017 - 2 A 6.15 - [X.] 11 Art. 5 Abs. 1 GG Nr. 9 Rn. 20).

f) [X.]ie dem [X.] als Revisionsinstanz obliegende [X.]emessungsentscheidung führt zu einer Verminderung des monatlichen Ruhegehaltes des [X.] um ein Fünftel für die [X.]auer von drei Jahren (§ 11 Satz 1 [X.]).

Sind sämtliche be- und entlastenden Umstände bekannt, hat auch das Revisionsgericht eine eigenständige [X.]emessungsentscheidung zu treffen (aa). Wegen des entlastenden Umstands der unzureichenden [X.]urchsetzung der Anordnung vom 15. Juni 2011 für den [X.]raum ab Aushändigung der [X.]isziplinarverfügung vom 7. März 2014 führt das innerdienstliche [X.]ienstvergehen des [X.] trotz zu berücksichtigender Vorbelastungen nicht zur [X.] der Aberkennung des Ruhegehaltes ([X.]). [X.]er Verhängung der milderen Maßnahme der Kürzung des Ruhegehaltes steht das [X.]isziplinarmaßnahmeverbot wegen [X.]ablaufs (§ 15 [X.]) nicht entgegen ([X.]). [X.]ei Würdigung aller be- und entlastenden Umstände ist die nach dem Gesetz höchstmögliche Verminderung des Ruhegehaltes des [X.] als [X.]isziplinarmaßnahme angemessen (dd).

aa) § 61 Abs. 2 Satz 2 [X.] bestimmt im Hinblick auf eine [X.], dass das Gericht in dem Urteil auf die erforderliche [X.]isziplinarmaßnahme erkennen oder die [X.] abweisen kann. [X.]amit ist nach dem Sächsischen [X.]isziplinargesetz den Verwaltungsgerichten die [X.]isziplinarbefugnis zugewiesen. Gelangen diese zu der Überzeugung, dass ein [X.]ienstvergehen vorliegt, bestimmen sie die erforderliche [X.]isziplinarmaßnahme aufgrund einer eigenen [X.]emessungsentscheidung, ohne in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht an die Wertungen des [X.]ienstherrn gebunden zu sein (stRspr, [X.]VerwG, Urteile vom 29. Mai 2008 - 2 [X.] 59.07 - [X.] 235.1 § 70 [X.] Nr. 3 Rn. 11 und vom 28. Juli 2011 - 2 [X.] 16.10 - [X.]VerwGE 140, 185 Rn. 18 m.w.[X.]; [X.]eschlüsse vom 15. März 2013 - 2 [X.] 22.12 - Rn. 16 und vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 [X.] 21.15 - Rn. 9). [X.]iese [X.]efugnis gilt nicht nur für das erstinstanzliche Gericht (§ 61 Abs. 2 Satz 2 [X.]), sondern ebenso für das [X.]erufungsgericht (§ 66 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 61 Abs. 2 Satz 2 [X.]) und ebenso für das [X.] als Revisionsinstanz (§ 71 Abs. 1, § 66 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 61 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Sofern, wie hier, sämtliche be- und entlastenden Umstände bekannt sind, trifft das [X.] eine eigenständige [X.]emessungsentscheidung.

[X.]) [X.]ie nach § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] an der Schwere des innerdienstlichen [X.]ienstvergehens orientierte [X.]emessung der [X.]isziplinarmaßnahme, bei der das Persönlichkeitsbild des [X.] zu berücksichtigen ist, führt nicht zur [X.] der Aberkennung des Ruhegehaltes (§ 12 [X.]). [X.]er [X.] hat durch sein [X.]ienstvergehen nicht das Vertrauen des klagenden [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren.

(1) [X.]as Gebot, zum [X.]ienst zu erscheinen, ist Grundpflicht eines jeden [X.]eamten. [X.]iese beamtenrechtliche Grundpflicht fordert vom [X.]eamten, sich während der vorgeschriebenen [X.] an dem vorgeschriebenen Ort aufzuhalten und dort die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben wahrzunehmen (stRspr, vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 25. September 2003 - 2 [X.] 49.02 - [X.] 240 § 9 [X.][X.]esG Nr. 26 S. 41, vom 11. Oktober 2006 - 1 [X.] 10.05 - [X.] 232 § 73 [X.] Nr. 30 Rn. 34 und vom 27. Februar 2014 - 2 [X.] 1.13 - [X.]VerwGE 149, 117 Rn. 22). Wer dem [X.]ienst vorsätzlich unerlaubt fernbleibt, missachtet damit zwangsläufig die [X.]ienstpflichten zum vollen beruflichen Einsatz und zur [X.]efolgung dienstlicher Anordnungen ([X.]VerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 - 2 [X.] 1.13 - [X.]VerwGE 149, 117 Rn. 22). Nur die pflichtgemäße [X.]ienstleistung der [X.]eamten und anderer [X.]eschäftigter setzt die Verwaltung in die Lage, die ihr gegenüber der Allgemeinheit obliegenden Aufgaben zu erfüllen. [X.]as Erfordernis der [X.]ienstleistung und die [X.]edeutung ihrer Unterlassung sind für jeden leicht zu erkennen. Setzt sich ein [X.]eamter über diese Erkenntnis hinweg, zeigt er ein hohes Maß an Verantwortungslosigkeit. Je länger der [X.]eamte schuldhaft dem [X.]ienst fernbleibt, desto schwerer wiegt die hierin liegende [X.]ienstpflichtverletzung.

Vorsätzliches unerlaubtes Fernbleiben vom [X.]ienst führt regelmäßig zur Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis, wenn es über Monate andauert oder in der Summe einen vergleichbaren Gesamtzeitraum erreicht ([X.]VerwG, Urteile vom 22. April 1991 - 1 [X.] 62.90 - [X.]VerwGE 93, 78 <80 f.>, vom 25. Januar 2007 - 2 A 3.05 - [X.] 235.1 § 52 [X.] Nr. 4 Rn. 42 und vom 27. Januar 2011 - 2 A 5.09 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 17 Rn. 35). Aufgrund der [X.]edeutung und der leichten Einsehbarkeit der Pflicht, überhaupt zum [X.]ienst zu erscheinen, offenbart das Fernbleiben über einen solchen [X.]raum ein besonders hohes Maß an Verantwortungslosigkeit und Pflichtvergessenheit. [X.]aher ist in diesen Fällen die Entfernung aus dem [X.]ienst grundsätzlich Ausgangspunkt der [X.]estimmung der angemessenen [X.]isziplinarmaßnahme ([X.]VerwG, Urteile vom 7. November 1990 - 1 [X.] 33.90 - Rn. 31 m.w.[X.], vom 22. April 1991 - 1 [X.] 62.90 - [X.]VerwGE 93, 78 <80 f.>, vom 6. Mai 2003 - 1 [X.] 26.02 - Rn. 54 f. und vom 12. November 2020 - 2 [X.] 6.19 - [X.] L[X.]isziplinarG Nr. 81 Rn. 21 ff. sowie [X.]eschluss vom 31. Juli 2019 - 2 [X.] 56.18 - [X.] L[X.]isziplinarG Nr. 70 Rn. 11).

Gegenstand des gerichtlichen [X.]isziplinarverfahrens ist hier lediglich die [X.] vom 11. März bis zum 1. August 2014. In diesem [X.]raum ist der [X.] an 34 Tagen vollständig und an weiteren fünf Tagen stundenweise dem [X.]ienst ungenehmigt ferngeblieben. Zwar liegt hier kein ungenehmigtes Fernbleiben vom [X.]ienst über Monate hinweg vor; allerdings ist bei der disziplinarrechtlichen [X.]ewertung des Verhaltens des [X.] seine ganz erhebliche Vorbelastung nachteilig zu berücksichtigen.

Zum Persönlichkeitsbild des [X.]eamten [X.]. § 13 Abs. 1 Satz 3 [X.] gehören insbesondere frühere disziplinarische oder strafrechtliche Verfehlungen, deren [X.]erücksichtigung bei der Maßnahmebemessung kein rechtliches Hindernis entgegensteht. Gegenstand der disziplinarrechtlichen [X.]etrachtung und Wertung ist die Frage, welche [X.]isziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des [X.]eamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen [X.]ienstes und die Integrität des [X.]erufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten. Aus einer Vorbelastung kann geschlossen werden, dass sich der [X.]eamte eine vorherige strafgerichtliche oder disziplinarische Sanktionierung nicht hat zur Mahnung und Warnung dienen lassen, sodass eine stufenweise Steigerung der [X.]isziplinarmaßnahme geboten ist. [X.]as Gewicht der Vorbelastung im Einzelfall, die als erschwerender Umstand auch zur [X.] führen kann, hängt vor allem von der dafür rechts- oder bestandskräftig ausgesprochenen Sanktion und vom zeitlichen Abstand zur neuen Verfehlung ab ([X.]VerwG, Urteile vom 11. [X.]ezember 2001 - 1 [X.] 2.01 - Rn. 31 m.w.[X.] und vom 25. Juli 2013 - 2 [X.] 63.11 - [X.]VerwGE 147, 229 Rn. 22 und [X.]eschlüsse vom 11. Februar 2014 - 2 [X.] 37.12 - Rn. 33, vom 18. Juni 2014 - 2 [X.] 9.14 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 24 Rn. 10, vom 12. August 2021 - 2 VR 6.21 - Rn. 19 und vom 16. August 2021 - 2 [X.] 21.21 - Rn. 11).

[X.]er [X.] weist zwei einschlägige Vorbelastungen auf: zum einen die bestandskräftige Feststellung des Verlusts der [X.]ienstbezüge aufgrund ungenehmigten schuldhaften Fernbleibens vom [X.]ienst an 35 Tagen in der [X.] vom 13. September bis 18. November 2011 und zum anderen die ebenfalls bestandskräftige [X.]isziplinarverfügung vom 7. März 2014 über die Kürzung der [X.]ienstbezüge um ein Fünftel für 30 Monate wegen unentschuldigter Fehlzeiten von mehr als 55 Arbeitstagen in den Jahren 2011 bis 2013. Auch die [X.]isziplinarverfügung vom März 2014 ist hier zu verwerten. [X.]ie Frist für das Verwertungsverbot begann nach § 16 Abs. 2 Satz 1 [X.] ausgehend von der Aushändigung der Verfügung an den [X.] am 10. März 2014 mit Ablauf des 10. April 2014. Allerdings hat die Frist für das Verwertungsverbot nach § 16 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht geendet, weil das am 19. August 2014 gegen den [X.] eingeleitete [X.]isziplinarverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist.

[X.]er [X.] hat die ihm obliegende und leicht einsehbare Grundpflicht, an der [X.]ienststelle zur [X.]ienstleistung zu erscheinen, immer wieder verletzt. Er hat sich weder durch die Ermahnungen seiner Vorgesetzten hinsichtlich der Einhaltung der Vorgaben für die Anerkennung einer krankheitsbedingten [X.]ienstunfähigkeit noch durch die besoldungs- und disziplinarrechtlichen Maßnahmen des [X.] zu einem pflichtgemäßen Verhalten bewegen lassen. Vielmehr hat er sein pflichtwidriges Verhalten unmittelbar nach Aushändigung der [X.]isziplinarverfügung am 10. März 2014 fortgesetzt. Zudem war ihm dabei bewusst, dass die zahlreichen polizeiärztlichen Untersuchungen seit Mitte 2008 keinerlei Anhaltspunkte für gesundheitliche Einschränkungen für den Polizeivollzugsdienst erbracht hatten.

(2) Auf der Grundlage des Schuldprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, die auch im [X.]isziplinarverfahren gelten ([X.]VerfG, [X.] vom 8. [X.]ezember 2004 - 2 [X.]vR 52/02 - [X.]VerfGK 4, 243 <257>), ist hier aber die disziplinarrechtliche [X.] wegen eines entlastenden Umstands ausgeschlossen.

[X.]ie gegen den [X.]eamten ausgesprochene [X.]isziplinarmaßnahme muss unter [X.]erücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des [X.]ienstvergehens und zum Verschulden des [X.]eamten stehen ([X.]VerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 [X.] 12.04 - [X.]VerwGE 124, 252 <258 f.>, vom 28. Februar 2013 - 2 [X.] 62.11 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 19 Rn. 32 und vom 16. Juni 2020 - 2 [X.] 12.19 - [X.]VerwGE 168, 254 Rn. 19).

In seinem Urteil vom 22. Juni 2006 - 2 [X.] 11.05 - (Z[X.]R 2006, 385 <387>) hat der Senat unter Hinweis auf die [X.]estimmung des § 17 Satz 2 StG[X.] ausgeführt, ein vermeidbarer Irrtum des [X.]eamten über die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens, der die Vorsatzschuld nicht ausschließt, könne bei der [X.]emessung der [X.]isziplinarmaßnahme mildernd berücksichtigt werden. [X.]iese Rechtsprechung gibt der Senat auf, weil sich die [X.]emessung der [X.]isziplinarmaßnahme nach den Vorgaben der [X.]isziplinargesetze des [X.]es und der Länder richtet, nicht jedoch nach den [X.]estimmungen des Strafgesetzbuchs für die Strafzumessung.

[X.]er Aberkennung des Ruhegehaltes steht hier als entlastender Umstand entgegen, dass sich der Kläger bei der zentralen Frage der [X.]edingungen für ein rechtmäßiges Fernbleiben des [X.] vom [X.]ienst infolge einer Krankheit inkonsequent verhalten hat. [X.]er Kläger hat zwar dem [X.] mit der Anordnung vom 15. Juni 2011 rechtmäßige und schlüssige Vorgaben gemacht, unter denen dieser wegen einer Krankheit von der [X.]ienstleistungspflicht ausschließlich vorübergehend hätte befreit sein können, er hat diese jedoch in dem hier maßgeblichen [X.]raum vom 11. März bis Anfang August 2014 nicht konsequent durchgesetzt.

Entgegen der ausdrücklichen Ankündigung in der Anordnung vom 15. Juni 2011, dem [X.] sei die Möglichkeit der Krankmeldung bis zur [X.]auer von drei Tagen ohne Krankmeldung verwehrt und die Vorlage von privatärztlichen Attesten zum Nachweis der [X.]ienstunfähigkeit werde nicht mehr akzeptiert, hat der Kläger im [X.]raum ab dem 11. März 2014 mehrfach vom [X.] - zudem erheblich verspätet - eingereichte privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in der Weise akzeptiert, dass die entsprechenden Tage als Krankmeldung im Arbeitszeiterfassungssystem ohne Nachteil für das Arbeitszeitkonto des [X.] berücksichtigt wurden. Hiervon hat der [X.] nach der Rückkehr in den [X.]ienst durch die Einsichtnahme in das [X.]erfassungssystem Kenntnis erlangt. [X.]iese inkonsequente Handhabung der privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen war kein Einzelfall. Auch im [X.] vom 18. November 2013 wurde dem [X.] mitgeteilt, dass die - für die [X.] vom 18. September bis 4. Oktober 2013 vorgelegten - privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen letztmalig anerkannt werden könnten, jedoch für die Zukunft wiederum die Anweisung vom 15. Juni 2011 gelte. Ungeachtet dieser Ankündigung hat der Kläger auch in dem hier relevanten [X.]raum - zudem verspätet vorgelegte - privatärztliche [X.]escheinigungen ausreichen lassen.

[X.]arüber hinaus war den leitenden [X.]eamten des Polizeireviers des [X.] nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.]erufungsgerichts bekannt, dass der [X.] bei der Vorlage der privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen im [X.]raum ab dem 11. März 2014 davon ausging, diese reichten zum Nachweis der krankheitsbedingten [X.]ienstunfähigkeit aus. Zwar ist der [X.]ienstherr aufgrund der allgemeinen Fürsorgepflicht (§ 45 [X.]eamtStG) grundsätzlich nicht gehalten, seine [X.]eamten generell und ohne Weiteres über sämtliche für ihre Rechtsstellung bedeutsamen Vorschriften zu belehren ([X.]VerwG, Urteile vom 11. Februar 1977 - 6 [X.] 105.74 - [X.]VerwGE 52, 70 <79>, vom 21. April 1982 - 6 [X.] 34.79 - [X.]VerwGE 65, 197 <203> und vom 30. Januar 1997 - 2 [X.] 10.96 - [X.]VerwGE 104, 55 <57 f.>). Eine Ausnahme gilt jedoch für den Fall eines vom [X.]ienstherrn erkannten oder erkennbaren Irrtums des [X.]eamten in einem bedeutsamen Punkt ([X.]VerwG, Urteile vom 13. August 1973 - 6 [X.] 26.70 - [X.]VerwGE 44, 36 <44> und vom 11. Februar 1977 - 6 [X.] 105.74 - [X.]VerwGE 52, 70 <79> sowie [X.]eschlüsse vom 6. März 2002 - 2 [X.] 3.02 - [X.] 232 § 79 [X.] Nr. 120 S. 5 und vom 27. [X.]ezember 2016 - 2 [X.] 3.16 - Rn. 10). Hiervon ausgehend hätte zumindest die Leitung des Polizeireviers den [X.] auf die für diesen besonders bedeutsame Weitergeltung der Anordnung vom 15. Juni 2011 hinweisen müssen.

[X.]) An der nach § 5 Abs. 2 [X.] allein in [X.]etracht kommenden Kürzung des Ruhegehaltes des [X.] ist der Senat nicht wegen [X.]ablaufs nach § 15 [X.] gehindert. [X.]abei kommt es auf die vom [X.]erufungsgericht erörterte Frage nicht an, ob die Einreichung des Originals der behördeninternen Verfügung zur Erhebung der [X.] beim Verwaltungsgericht am 20. September 2017 den wesentlichen Mangel der Klageschrift ex tunc oder nur ex nunc beseitigt.

Mit der Aushändigung des [X.]escheids über das Verbot der Führung der [X.]ienstgeschäfte am 4. August 2014 war das [X.]ienstvergehen des [X.] vollendet. § 15 Abs. 2 [X.] bestimmt, dass eine Kürzung des Ruhegehaltes nicht mehr ausgesprochen werden darf, wenn seit der Vollendung eines [X.]ienstvergehens mehr als drei Jahre vergangen sind. [X.]urch die Einleitung des [X.]isziplinarverfahrens am 19. August 2014 wurde die Frist des § 15 Abs. 2 [X.] nach § 15 Abs. 4 [X.] mit der Folge des Neubeginns des [X.] unterbrochen. [X.]ie Frist des § 15 Abs. 2 [X.] ist hier allerdings für die [X.]auer des gerichtlichen [X.]isziplinarverfahrens nach § 15 Abs. 5 Satz 1 [X.] gehemmt, d.h. der [X.]raum des gerichtlichen [X.]isziplinarverfahrens wird in die gesetzlich bestimmte Frist von drei Jahren nicht eingerechnet (vgl. § 209 [X.]G[X.]). [X.]ie Hemmung trat bereits mit Eingang der Klage beim Verwaltungsgericht am 16. Juni 2015 ein (§ 3 [X.] und § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO); während des gerichtlichen [X.]isziplinarverfahrens kann ein [X.]isziplinarmaßnahmeverbot nach § 15 [X.] nicht eintreten.

[X.]as gerichtliche [X.]isziplinarverfahren [X.]. § 15 Abs. 5 Satz 1 [X.] begann mit dem Eingang der [X.] beim Verwaltungsgericht am 16. Juni 2015. Für die Anwendung des § 15 Abs. 5 Satz 1 [X.] ist hier unerheblich, dass diese Klageschrift nicht unterschrieben war und dieser wesentliche Mangel der Klageschrift erst durch die Vorlage des vom zuständigen [X.]ediensteten des [X.]ienstherrn eigenhändig mit vollem Namenszug unterschriebenen Originals der behördlichen Verfügung beim Verwaltungsgericht am 20. September 2017 beseitigt worden ist, die der Abfassung und Versendung der Klageschrift an das Verwaltungsgericht zugrunde liegt. Zu [X.]eginn des gerichtlichen Verfahrens am 16. Juni 2015 war die am 20. August 2014 durch die Einleitung des behördlichen [X.]isziplinarverfahrens neu in Gang gesetzte Frist von drei Jahren (§ 15 Abs. 2 [X.]) noch nicht abgelaufen.

[X.]er Wortlaut des § 15 Abs. 5 Satz 1 [X.] spricht für die Annahme, dass auch eine mit einem wesentlichen Mangel behaftete Klageschrift die Wirkung des § 15 Abs. 5 Satz 1 [X.] entfaltet. [X.]enn das Gesetz spricht lediglich von der [X.]auer des gerichtlichen [X.]isziplinarverfahrens. Ein solches ist auch durch die mangelbehaftete Klageschrift vom 16. Juni 2015 eingeleitet worden. [X.]enn durch die Klageschrift war das normativ vorgegebene Verfahren in Gang gesetzt worden. Für die Klage war entsprechend der Aktenordnung für die Gerichte der [X.]barkeit vom 16. [X.]ezember 2011 (SächsJM[X.]l. 2012, [X.]) ein Aktenzeichen vergeben und in das Verfahrensregister des [X.] eingetragen worden. Ferner war die Klage dem [X.] entsprechend § 55 [X.] zugestellt und er vom Verwaltungsgericht gemäß § 55 [X.] auf die Fristen des § 56 Abs. 1 [X.] - allerdings unvollständig - und des § 59 Abs. 2 [X.] hingewiesen worden.

[X.]ass das Verwaltungsgericht auf den Eingang der Klageschrift am 16. Juni 2015 hin ein Klageverfahren [X.]. § 15 Abs. 5 [X.] eingeleitet hat, stimmt mit der besonderen Verfahrensgestaltung des gerichtlichen [X.]isziplinarverfahrens überein. [X.]ieses ist u.a. dadurch gekennzeichnet, dass es mit § 56 [X.] (entspricht § 55 [X.]) eine in das gerichtliche [X.]isziplinarverfahren inkorporierte Möglichkeit der Mängelbeseitigung bereithält, wesentliche Mängel des behördlichen [X.]isziplinarverfahrens und der Klageschrift zu beheben (vgl. die erste Revisionsentscheidung in dieser Sache, [X.]VerwG, Urteil vom 23. April 2020 - 2 [X.] 21.19 - [X.]VerwGE 168, 74 Rn. 17 ff.). Entspricht die [X.] in jeder Hinsicht den gesetzlichen Vorgaben, ist die Klageschrift nach Zuteilung eines Aktenzeichens und der Eintragung im Verfahrensregister dem betroffenen [X.]eamten zuzustellen. Aber auch bei einer mit einem Mangel behafteten Klageschrift ist das gerichtliche Verfahren unabhängig davon einzuleiten, ob das Verwaltungsgericht den wesentlichen Mangel der Klageschrift bereits bei Eingang der Klage erkennt oder dieser Mangel erst später festgestellt wird. [X.]enn das Gesetz sieht in § 56 [X.] ausdrücklich vor, dass das durch den Mangel der Klageschrift begründete rechtliche Hindernis im Rahmen des eingeleiteten gerichtlichen [X.]isziplinarverfahrens behoben werden kann. [X.]eseitigt der [X.]ienstherr den vom Gericht festgestellten wesentlichen Mangel der Klageschrift rechtzeitig, wird das gerichtliche [X.]isziplinarverfahren fortgesetzt. Gelingt ihm die Mängelbeseitigung innerhalb der vom Gericht festgesetzten Frist nicht, wird das [X.]isziplinarverfahren durch [X.]eschluss des Gerichts mit der Folge des [X.]verbrauchs eingestellt (§ 56 Abs. 3 und 4 [X.]). [X.]ie Rechtsfolgen des wesentlichen Mangels der Klageschrift treten aber in jedem Fall in dem mit Eingang der Klageschrift bereits eingeleiteten gerichtlichen [X.]isziplinarverfahren ein.

Auch der Zweck des gesetzlichen [X.]isziplinarmaßnahmeverbots wegen [X.]ablaufs nach § 15 [X.] (§ 15 [X.]) spricht für die Erstreckung der Vorschrift des § 15 Abs. 5 [X.] auf eine mit einem wesentlichen Mangel behaftete Klageschrift.

§ 15 [X.] ist mit seinem abgestuften System und der Unterscheidung zwischen bloß [X.] [X.]isziplinarmaßnahmen und den disziplinarrechtlichen [X.]n Ausdruck des Zwecks des [X.]isziplinarverfahrens. Abweichend vom Strafverfahren, das der Vergeltung begangenen Unrechts dient, ist es Zweck des [X.]isziplinarrechts, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der [X.]eamten und damit die Integrität des [X.]erufsbeamtentums sowie die Funktionsfähigkeit des öffentlichen [X.]ienstes zu sichern. Kommt lediglich eine pflichtenmahnende (erzieherische) Maßnahme in [X.]etracht, ist das [X.]isziplinarmaßnahmenverbot wegen [X.]ablaufs zu beachten. [X.]abei sind die Fristen nach der Schwere der [X.] Maßnahme gestaffelt (§ 15 Abs. 1 bis 3 [X.]). Je schwerer das [X.]ienstvergehen wiegt und je stärker danach das Vertrauen des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt ist, umso länger besteht nach dem Gesetz der [X.]edarf nach Ausspruch einer [X.]isziplinarmaßnahme. [X.]esteht jedoch zwischen der [X.]ienstpflichtverletzung und der disziplinarrechtlichen Reaktion keine ausreichende zeitliche Nähe mehr, die eine solche erzieherische Maßnahme im dienstlichen Interesse noch sinnvoll erscheinen ließe, hat eine Ahndung zu unterbleiben; dem Gedanken des Rechtsfriedens räumt das Gesetz insoweit den Vorrang ein. Eine dennoch erfolgende [X.]isziplinierung käme einer dem [X.]isziplinarrecht fremden Vergeltung gleich. Hat dagegen das [X.]ienstvergehen zu einem endgültigen Verlust des Vertrauens des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit geführt, bleiben die beiden Maßnahmen der Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis und der Aberkennung des Ruhegehaltes, die nicht dem individuellen Erziehungszweck, sondern dem ungeachtet des [X.]ablaufs zu wahrenden Interesse an der Erhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen [X.]ienstes dienen, stets zulässig. Ist der [X.]eamte wegen seines [X.]ienstvergehens auf [X.]auer untragbar geworden, so ändert auch der [X.]ablauf hieran nichts ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 21. November 2013 - 2 [X.] 86.13 - Rn. 7 ff. <11> und vom 20. Januar 2014 - 2 [X.] 89.13 - Rn. 12 f.).

[X.]urch die Vorschrift des § 15 Abs. 5 [X.], der den Ablauf der Fristen des § 15 Abs. 1 bis 3 [X.] ausschließt, hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass das [X.]edürfnis nach einer Einwirkung auf den [X.]eamten durch eine pflichtenmahnende [X.]isziplinarmaßnahme für die [X.]auer des gesamten gerichtlichen [X.]isziplinarverfahrens - im Gegensatz zum gewöhnlichen [X.]ablauf - unberührt bleibt. [X.]as gerichtliche [X.]isziplinarverfahren ist aber, wie dargelegt, auch bei Eingang einer mangelbehafteten [X.]schrift einzuleiten.

dd) [X.]ie Würdigung der be- und entlastenden Gesichtspunkte des [X.]ienstvergehens, der Persönlichkeit des [X.] und des Umfangs des Vertrauensverlusts führt dazu, dass die nach § 11 [X.] höchstmögliche [X.]isziplinarmaßnahme unterhalb der Aberkennung des Ruhegehaltes zu verhängen ist. [X.]abei berücksichtigt der Senat auch, dass der Kläger gegen den [X.] erst verspätet vorgegangen ist. [X.]enn das unverändert pflichtwidrige Verhalten des [X.] im unmittelbaren [X.] an die Aushändigung der [X.]isziplinarverfügung am 10. März 2014 hatte dem Kläger deutlich vor Augen geführt, dass sich der [X.] auch nicht durch die bereits ausgesprochene [X.]isziplinarmaßnahme der erheblichen Kürzung der [X.]ienstbezüge beeindrucken lässt.

[X.]ie Pflicht, zum [X.]ienst zu erscheinen, ist eine Grundpflicht eines [X.]eamten. [X.]iese leicht einsehbare Grundpflicht hat der [X.] auch im hier relevanten [X.]raum vom 11. März bis zum 1. August 2014 in ganz erheblicher Weise verletzt. [X.]urch eine einfache Nachfrage bei der Leitung des Polizeireviers hätte der [X.] die für ihn bedeutsame Frage der Fortgeltung der Anordnung vom 15. Juni 2011 klären können. Gerade der Polizeivollzugsdienst ist zur Erfüllung der ihm obliegenden Aufgabe der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darauf angewiesen, dass die Polizeivollzugsbeamten entsprechend den [X.]ienstplänen tatsächlich zum [X.]ienst erscheinen. Ein [X.], der meint, seine Arbeitszeiten nicht nach den Vorgaben des [X.]ienstherrn, sondern nach eigenen [X.]efindlichkeiten bestimmen zu können, ist ein denkbar schlechtes Vorbild für die übrigen [X.]ediensteten. [X.]ie laufbahnbezogen hohe Wertigkeit des Statusamtes (Polizeihauptkommissar), das der [X.] im Polizeivollzugsdienst des klagenden Freistaats bekleidete, ist erschwerend zu berücksichtigen. [X.]ie [X.]ienstpflichtverletzungen im [X.]raum ab dem 11. März 2014 sind zudem keine Einzelfälle. [X.]ereits seit dem [X.] weist der [X.] regelmäßig ganz erhebliche Fehlzeiten auf. Auch zwei einschlägige Vorbelastungen hat sich der [X.] nicht zur Warnung gereichen lassen. [X.]ie Gespräche, in denen Vorgesetzte den [X.] auf seine [X.]ienstpflichten hingewiesen haben, haben diesen ebenfalls nicht zu einem pflichtgemäßen Verhalten bewegen können. [X.]as pflichtwidrige Verhalten hat der [X.] auch unmittelbar nach Aushändigung der [X.]isziplinarverfügung am 10. März 2014 fortgesetzt. Infolge der wiederholten [X.]ienstpflichtverletzungen des [X.] sah sich der Kläger bereits Ende des Jahres 2011 gezwungen, diesen im Interesse der Funktionsfähigkeit des betreffenden [X.]ereichs der Polizei von seiner Leitungsfunktion zu entbinden. Aufgrund der ab Mitte Juni 2008 zahlreich angesetzten polizeiärztlichen Untersuchungen war dem [X.] auch bewusst, dass zumindest seitens des polizeiärztlichen [X.]ienstes auch im Hinblick auf den von ihm geltend gemachten Lagerungsschwindel keine gesundheitlichen Einschränkungen für den Polizeivollzugsdienst festgestellt werden konnten.

3. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 78 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Einer Festsetzung eines Streitwerts für das Revisionsverfahren bedarf es nicht. [X.]enn für das Verfahren werden Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis (Nr. 14 und 30 der Anlage zu § 79 [X.]) erhoben.

Meta

2 C 9/21

15.12.2021

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 30. April 2021, Az: 12 A 184/18.D, Urteil

§ 116 Abs 1 S 1 VwGO, § 164 ZPO, § 165 ZPO, § 311 ZPO, § 517 ZPO, § 548 ZPO, § 17 S 2 StGB, § 47 BeamtStG, § 127 Nr 2 BRRG, § 3 DG SN 2007, § 11 S 1 DG SN 2007, § 12 DG SN 2007, § 13 Abs 1 S 2 DG SN 2007, § 15 Abs 5 S 1 DG SN 2007, § 16 Abs 2 DG SN 2007, § 56 DG SN 2007, § 59 Abs 2 DG SN 2007, § 61 Abs 1 S 1 DG SN 2007, § 65 Abs 1 S 2 DG SN 2007, § 66 DG SN 2007, § 70 DG SN 2007, § 71 DG SN 2007, § 92 Abs 2 BG SN 2009

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.12.2021, Az. 2 C 9/21 (REWIS RS 2021, 323)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 323

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