Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 28.04.2011, Az. 1 BvR 3007/07

1. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2011, 7235

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Justizgewährungsanspruchs im Zivilprozess durch unterlassene Revisionszulassung trotz grundsätzlicher Bedeutung <§ 543 Abs 2 S 1 Nr 1 ZPO> - Zur Anwendung des § 426 Abs 1 BGB im Verhältnis des Ausfallbürgen zum Regelbürgen


Tenor

1. Der Beschluss des [X.] vom 16. Oktober 2007 - [X.]/06 - verletzt das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an den [X.] zurückverwiesen.

2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

3. ...

4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für die Verfassungsbeschwerde wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft Ausgleichsansprüche des [X.] gegen den [X.]n.

I.

2

Die Beschwerdeführerin übernimmt [X.] für Darlehen, die nach bankmäßigen Grundsätzen nicht gesichert werden können. In dieser Eigenschaft übernahm ihre Rechtsvorgängerin die Ausfallbürgschaft für ein Darlehen, das eine Sparkasse an eine Darlehensnehmerin ausreichte und für das sich der Beklagte des Ausgangsverfahrens und Ehemann der Darlehensnehmerin (im Folgenden: [X.]) selbstschuldnerisch verbürgte.

3

Nach Kündigung des Darlehens wegen [X.] nahm die Sparkasse die Beschwerdeführerin aus der Ausfallbürgschaft in Anspruch. Die Beschwerdeführerin erlangte teilweise Zahlungen aus Rückbürgschaften der öffentlichen Hand und trat zu ihren Gunsten entstandene Rückgriffsansprüche zum Teil an die [X.] ab.

4

Jahre später nahm die Beschwerdeführerin den [X.]n auf Erstattung eines Teils des von ihr auf die Ausfallbürgschaft geleisteten Betrages - abzüglich bereits geleisteter Zahlungen - in einer Höhe von zuletzt 30.763,16 € in Anspruch. Das [X.]gab der Klage zum überwiegenden Teil statt.

5

Auf die Berufung des [X.]n erhielt das [X.] die vom [X.] getroffene Feststellung einer Teilerledigung aufrecht, wies aber den [X.] insgesamt ab. Dem [X.]n stehe die in zweiter Instanz erstmals erhobene Einrede der Verjährung der Hauptforderung zu, die sich die Beschwerdeführerin als Anspruchstellerin dieser Hauptforderung aus übergegangenem Recht entgegenhalten lassen müsse. Die Klage der Beschwerdeführerin als Ausfallbürgin gegen den [X.]n habe den Ablauf der Verjährungsfrist hinsichtlich der Hauptforderung nicht hindern können. Das [X.] ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu, da es der Rechtsprechung des [X.] entspreche.

6

Die Beschwerdeführerin erhob Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Wesentlichen mit dem Argument, es sei grundsätzlich klärungsbedürftig, ob der [X.] neben der auf ihn übergegangenen Hauptforderung auch einen eigenen unverjährten Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 [X.] gegen den [X.]n geltend machen könne, obwohl zwischen [X.] und [X.] kein [X.]bestehe.

7

Der [X.] wies die Nichtzulassungsbeschwerde mit der Begründung zurück, Gründe für eine Zulassung der Revision lägen nicht vor. Das [X.] habe zwar übersehen, dass der Beschwerdeführerin ein eigener unverjährter Anspruch nach § 426 Abs. 1 [X.] zustehe. Eine Wiederholungsgefahr sei indessen wegen der Eindeutigkeit der Rechtslage nicht gegeben.

II.

8

Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer fristgerecht eingegangenen Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidungen des [X.]s und des [X.]s. Sie rügt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 2 Abs. 1 GG und [ref=c3f92b74-f505-48db-9fb1-2841aec2d420]Art. 3 Abs. 1 [X.]] (Willkürverbot), jeweils in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, sowie aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

9

Das [X.] habe sich mit einem bestehenden, unverjährten Anspruch der Beschwerdeführerin aus § 426 Abs. 1 [X.] nicht auseinander gesetzt. Sein Urteil stelle sich daher als objektiv willkürlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG dar.

Der [X.] habe bei der Anwendung der Vorschrift über die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) die Reichweite und Ausstrahlungswirkung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz verkannt. Zwar bleibe die Entscheidung über den Umfang des [X.] dem Gesetzgeber überlassen. Habe der Gesetzgeber sich aber für die Eröffnung einer weiteren Instanz entschieden, dürfe der Zugang dazu nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Dagegen habe der [X.] verstoßen, indem er von einer Zulassung der Revision nach [ref=a4930b16-[X.]-8666-e2960cae996c]§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO[/ref] wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache abgesehen habe, obwohl neben der Frage nach der Reichweite der Verjährungseinrede gegen die Hauptforderung die Frage des Bestehens eines unverjährten Anspruchs des [X.] gegen den [X.]n aus § 426 Abs. 1 [X.] der grundsätzlichen Klärung bedurft habe. Wie die angefochtene Entscheidung des [X.]s einerseits und die des [X.]s andererseits zeigten, gebe es unterschiedliche Auffassungen zu dieser Rechtsfrage. Durch die Fehlanwendung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO habe der [X.] auch den Anspruch der Beschwerdeführerin auf den gesetzlichen [X.] verletzt.

Zugleich habe der [X.] § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 ZPO unvertretbar fehlerhaft angewandt, indem er die Revision nicht zur Heilung des Verstoßes des [X.]s gegen Art. 3 Abs. 1 GG und um der Einzelfallgerechtigkeit willen unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen habe. Auch insoweit habe der [X.] nicht nur den Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz, sondern auch das Recht auf den gesetzlichen [X.] verletzt.

III.

Die Verfassungsbeschwerde ist der Bundesregierung, der [X.] und dem im Ausgangsverfahren beklagten [X.]n zugestellt worden. Der [X.] wurde um die Abgabe einer Stellungnahme gebeten. Die Akte des Ausgangsverfahrens ist beigezogen.

Die Bundesregierung hat keine Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde abgegeben. Die [X.] Landesregierung hat sich auf die Äußerung beschränkt, die Verfassungsbeschwerde richte sich in erster Linie gegen die Entscheidung des [X.]s, die unter Berücksichtigung der Kammerrechtsprechung des [X.] noch vertretbar sei.

Der [X.] hat sich dahin geäußert, die Verfassungsbeschwerde sei mangels Erschöpfung des Rechtswegs unzulässig, weil die Beschwerdeführerin, die die mangelnde Auseinandersetzung mit der Rechtslage moniere, Anhörungsrüge nicht eingelegt habe. Ein Anspruch aus § 426 Abs. 1 [X.] stehe der Beschwerdeführerin aufgrund der Abtretung an die [X.] und mangels ordnungsgemäßer Abrechnung nicht zu, so dass es auf die Frage der Anwendung des § 426 Abs. 1 [X.] zugunsten des [X.] nicht angekommen sei.

Der Präsident des [X.]s hat eine Äußerung des Vorsitzenden des [X.]. Zivilsenats übermittelt. Dieser teilt mit, soweit der [X.] in der Vergangenheit verschiedentlich ausgeführt habe, bei einer Ausfallbürgschaft entstehe kein Gesamtschuldverhältnis zwischen dem [X.] und dem [X.]n und es finde kein Ausgleich zwischen ihnen statt, sei es um den internen Anspruch des [X.]n gegangen, der unter Hinweis auf die gegenüber dem [X.]n nachrangige Eintrittspflicht des [X.] verneint worden sei. Dagegen stehe dem [X.] ein eigenständiger Ausgleichsanspruch nach § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 [X.] selbstverständlich zu, weil der im Verhältnis zum [X.]n privilegierte [X.] nicht schlechter stehen dürfe als ein [X.] im Verhältnis zu einem anderen. Die obergerichtliche Rechtsprechung gehe jedenfalls im Ergebnis einmütig davon aus, dass der vom Gläubiger in Anspruch genommene [X.] beim [X.]n vollen Regress nehmen könne, wenn sie auch einen Anspruch aus § 426 Abs. 1 [X.] noch nicht habe behandeln müssen. Dass das Bestehen eines Anspruchs aus § 426 Abs. 1 [X.] grundsätzlich klärungsbedürftig sei, habe die Beschwerdeführerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht hinreichend dargetan. Anlass, die Revision zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zuzulassen, habe nicht bestanden. Das [X.] habe zwar rechtsfehlerhaft lediglich den Gesichtspunkt der Verjährung der Hauptforderung in den Blick genommen und dabei nicht hinreichend beachtet, dass auch ein Anspruch des [X.] gegen den [X.]n aus [ref=c455296b-9004-4d1a-a86c-0159a3761c3d]§ 426 Abs. 1 [X.][/ref] zu prüfen gewesen sei. Damit habe es aber schlicht im Einzelfall falsch entschieden, ohne dass eine beachtliche Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr bestanden habe.

IV.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, soweit sie sich gegen den Beschluss des [X.]s über die Zurückweisung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision richtet, und gibt ihr nach § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.] statt. Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und unter Berücksichtigung der bereits hinreichend geklärten Maßstäbe zu Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG auch offensichtlich begründet.

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Der Rechtsweg ist erschöpft. Die Beschwerdeführerin war nicht gehalten, zunächst Anhörungsrüge zu erheben. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs beanstandet sie mit ihrer Verfassungsbeschwerde nicht. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht auch nicht der in § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.] zum Ausdruck kommende Grundsatz der materiellen Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde entgegen. Zwar genügt nach der Rechtsprechung des [X.] eine Verfassungsbeschwerde nicht den Anforderungen des § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.], wenn der Beschwerdeführer den Rechtsweg lediglich formell erschöpft hat. Er muss vielmehr, um dem Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs zu entsprechen, alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. [X.] 68, 384 <388 f.>; 77, 381 <401>; 81, 97 <102>; 107, 395 <414>; stRspr). Dazu können [X.] vor den [X.] gehören, sofern das Prozessrecht, wie beispielsweise bei der Einlegung einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung eines Rechtsmittels, rechtliche Darlegungen verlangt (vgl. [X.] 112, 50 <60>). Diesen Anforderungen hat die Beschwerdeführerin indessen genügt; sie hat in ihrer Nichtzulassungsbeschwerdebegründung hinreichend zu einer Grundsatzbedeutung der von ihr aufgeworfenen Rechtsfrage vorgetragen.

2. Soweit die Beschwerdeführerin den Beschluss des [X.]s angreift, sind die Voraussetzungen einer Annahme der Verfassungsbeschwerde und einer Stattgabe erfüllt. Der Beschluss über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Justizgewährungsanspruch.

a) Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das [X.] bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 [X.]).

In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass der aus dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit den Grundrechten, insbesondere Art. 2 Abs. 1 GG, abzuleitende Justizgewährungsanspruch das Recht auf Zugang zu den Gerichten und eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands sowie eine verbindliche Entscheidung durch den [X.] gewährleistet (vgl. [X.] 54, 277 <291>; 107, 395 <401>; 108, 341 <347>). Der Weg zu den Gerichten darf zwar von der Erfüllung und dem Fortbestand bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht werden (vgl. [X.] 9, 194 <199 f.>; 40, 272 <274>; 77, 275 <284>; stRspr). Der Zugang zu den in den [X.] eingeräumten Instanzen darf aber nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. [X.] 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <97>; 77, 275 <284>; 78, 88 <99>; 88, 118 <124>). Eröffnet das Prozessrecht eine weitere Instanz, so muss auch in diesem Rahmen eine wirksame gerichtliche Kontrolle gewährleistet sein (vgl. [X.] 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 96, 27 <39>). Das [X.]darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen (vgl. [X.] 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>), wobei eine Beanstandung durch das [X.] eine nicht mehr vertretbare Handhabung der [X.] erfordert (vgl. [X.]K 12, 341 <344>).

Diese Grundsätze gelten auch für die Anwendung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO durch das Revisionsgericht, der die Zulassung der Revision an die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache koppelt. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des [[X.]-[X.] 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO[/ref] hat eine Rechtssache, wenn sie eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. [X.] sind solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind. Hat der [X.] eine Rechtsfrage bereits geklärt, kann sich weiterer Klärungsbedarf ergeben, wenn neue Argumente ins Feld geführt werden können, die den [X.] zu einer Überprüfung seiner Auffassung veranlassen könnten (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 27. Mai 2010 - 1 BvR 2643/07 -, [X.], S. 1235 <1236 f.>; Beschluss der [X.] des [X.] vom 29. September 2010 - 1 BvR 2649/06 -, juris, Rn. 29; Beschluss der [X.]des [X.] vom 8. Dezember 2010 - 1 BvR 381/10 -, juris, Rn. 12).

b) Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist bei Anlegung dieser Maßstäbe zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 [X.] genannten Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93c Abs. 1 Satz 1 [X.]). Den dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen des Justizgewährungsanspruchs an die Anwendung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO genügt der Beschluss des [X.]s über die Nichtzulassung der Revision nicht. Der [X.] durfte nicht davon ausgehen, die Anwendung des [ref=5b8fe46f-b10a-4bfa-9060-84c339b557c4]§ 426 Abs. 1 [X.][/ref] im Verhältnis des [X.] zum [X.]n sei eindeutig, damit zweifelsfrei und bedürfe keiner höchstrichterlichen Klärung in einer Revisionsentscheidung.

Sowohl in der Literatur als auch in der Rechtsprechung des [X.]s findet sich der Hinweis, [X.] und [X.] seien nicht Mitbürgen im Sinne des § 769 [X.], die für Mitbürgen vorgesehene Haftung nach § 426 [X.] gelte deshalb im Verhältnis des [X.]n zum [X.] nicht (vgl. [X.], BB 1958, S. 973; für einen Ausgleichsanspruch des [X.]n gegen den [X.] zustimmend in Bezug genommen durch [X.], Urteil vom 18. Oktober 1978 - [X.] -, [X.], S. 1267 <1268>; außerdem [X.]Z 88, 185 <188>; [X.], Urteil vom 15. Mai 1986 - [X.] -, [X.], [X.] ff.; [X.], Urteil vom 27. Februar 2002 - 30 U 135/01 -, [X.], S. 563 <564>; in diese Richtung auch [X.], Urteil vom 26. November 2005 - 4 U 31/05 -, juris, Rn. 41; RG, Urteil vom 25. April 1912 - [X.] -, Recht 1912, Nr. 2032; weiter [X.], in: Erman, [X.], [X.], 12. Aufl. 2008, § 769 Rn. 3; Häuser, in: [X.], [X.], Bd. 5/1, 12. Aufl. 2007, Vor § 765 Rn. 38).

Ob dieser für das Verhältnis des [X.]n zum [X.] entwickelte Grundsatz im Blick auf seinen Zweck, den [X.] vor einer Inanspruchnahme durch den [X.]n zu schützen, auf einen Ausgleichsanspruch des [X.] gegen den [X.]n gespiegelt werden könne oder ob im Gegenteil der privilegierte [X.] aufgrund eines [X.] wie ein [X.] zum anderen in den Genuss der Regelung in § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 [X.] kommen müsse, war aufgrund der teils sehr allgemein gehaltenen Aussagen in Literatur und Rechtsprechung zum Fehlen eines Gesamtschuldverhältnisses zwischen Ausfall- und [X.] keineswegs eindeutig. Aufgrund der Ausführungen in Literatur und Rechtsprechung war die Annahme möglich, der Ausgleich zwischen [X.] und [X.] erfolge losgelöst von § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 [X.] nach eigenen Regeln. Zugleich sprach aber auch einiges für die vom [X.] für richtig gehaltene Wertung, der privilegierte [X.] solle nicht schlechter stehen als ein [X.], der gegen einen anderen [X.]n nach § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 [X.] vorgehen könne. Ein Anspruch auf dieser Grundlage war vor dem [X.] nicht diskutiert worden. Aus dem Verlauf des Ausgangsverfahrens ließ sich ersehen, dass [X.] gegenüber den Instanzgerichten bestand. Entsprechend hatte der [X.] Grund zu einer Aussage für oder gegen die Anwendung von § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 [X.] zugunsten des [X.]. Die Annahme, eine grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfrage stelle sich nicht, war demnach nicht mehr vertretbar.

3. Ob der Beschluss des [X.]s daneben das Recht der Beschwerdeführerin auf den gesetzlichen [X.] verletzt, kann dahingestellt bleiben.

V.

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde im Umfang einer Beschwer zulasten der Beschwerdeführerin auch gegen das Urteil des [X.]s richtet, ist ihre Annahme zur Entscheidung weder wegen grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung noch zur Durchsetzung der verfassungsmäßigen Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93a Abs. 2 [X.]). Von einer weiteren Begründung wird insoweit nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

VI.

Die Anordnung der Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 [X.]. Im Blick auf den Teilerfolg der Verfassungsbeschwerde erscheint die Anordnung der Erstattung der Hälfte der notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin angemessen.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. [X.] 79, 365 <366 ff.>).

Der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit beträgt, wenn der Verfassungsbeschwerde durch die Kammer stattgegeben wird, in der Regel 8.000 €. Weder die objektive Bedeutung der Sache noch Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit weisen hier Besonderheiten auf, die eine Abweichung veranlassen.

Meta

1 BvR 3007/07

28.04.2011

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 3. Kammer

Stattgebender Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BGH, 16. Oktober 2007, Az: XI ZR 155/06, Beschluss

Art 20 Abs 3 GG, Art 2 Abs 1 GG, § 426 Abs 1 BGB, § 774 Abs 2 BGB, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG, § 543 Abs 2 S 1 Nr 1 ZPO, § 543 Abs 2 S 1 Nr 2 Halbs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 28.04.2011, Az. 1 BvR 3007/07 (REWIS RS 2011, 7235)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7235

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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