Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 19.12.2021, Az. 1 BvR 2405/21

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2021, 179

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahme einer mangels hinreichender Substantiierung unzulässigen Verfassungsbeschwerde in einer presserechtlichen Sache - Auferlegung einer Missbrauchsgebühr zu Lasten des Bevollmächtigten wegen gravierender Begründungsmängel


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Den Bevollmächtigten des Beschwerdeführers wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 500 Euro (in Worten: fünfhundert Euro) auferlegt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde wendet sich gegen presserechtliche Beschlüsse des [X.] und des Oberlandesgerichts Hamburg.

2

Der Beschwerdeführer ließ mit [X.] vom 1. Oktober 2021 fristwahrend Verfassungsbeschwerde einlegen. Die angegriffenen Beschlüsse seien verfassungswidrig, da zu Unrecht von einer Meinungsäußerung ausgegangen werde. Hierdurch sei er in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verletzt. Eine weitere Begründung bleibe einem gesonderten [X.] vorbehalten.

3

Eine Darstellung des zugrundeliegenden Sachverhalts ist weder der sechs Textzeilen umfassenden Beschwerdebegründung noch den angegriffenen Entscheidungen zu entnehmen.

4

Auf Hinweis des Allgemeinen Registers vom 11. Oktober 2021, dass die Verfassungsbeschwerde nicht ausreichend begründet sein dürfte, erwiderten die Bevollmächtigten des Beschwerdeführers, dass man die Verfassungsbeschwerde begründet habe. Die Begründung sei "zwar sehr knapp gehalten", aber die Verfassungsbeschwerde sei gerade zur Fristwahrung eingelegt worden, da die angegriffenen Beschlüsse verfassungswidrig seien. Um verfassungsgerichtliche Überprüfung werde gebeten.

II.

5

Die Verfassungsbeschwerde genügt nicht den sich aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] ergebenden Begründungsanforderungen.

6

1. Die Begründung der Verfassungsbeschwerde soll dem [X.] eine zuverlässige Grundlage für die weitere Behandlung des Verfahrens verschaffen (vgl. [X.] 15, 288 <292>). Hierfür müssen innerhalb der Beschwerdefrist das angeblich verletzte Recht bezeichnet und der seine Verletzung enthaltende Vorgang substantiiert dargelegt werden (vgl. [X.] 81, 208 <214>; 99, 84 <87>; stRspr). Dabei ist es nicht Aufgabe des [X.]s, aufgrund undifferenzierter Hinweise auf frühere Schriftsätze selbst Anhaltspunkte für die Verletzung von Grundrechten herauszufinden (vgl. [X.] 80, 257 <263>; 83, 216 <228>). Soweit zur Beurteilung der behaupteten Grundrechtsverletzung erforderlich, ist auch eine eingehende Auseinandersetzung mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung geboten (vgl. [X.] 101, 331 <345>). Hat das [X.] für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt, muss anhand dieser Maßstäbe aufgezeigt werden, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme Grundrechte verletzt werden (vgl. [X.] 99, 84 <87>; 101, 331 <346>; 102, 147 <164>).

7

2. Diesen Anforderungen wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht.

8

a) Der Beschwerdeführer hat innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 [X.] den den angegriffenen Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalt nicht wenigstens umrisshaft dargestellt. Aus den vorgelegten Beschlüssen lässt sich kein Sachverhalt entnehmen. Die Ausführungen in der Verfassungsbeschwerde zu den tatsächlichen Umständen des Falls beschränken sich auf die Behauptung, die angegriffenen Beschlüsse seien verfassungswidrig, weil zu Unrecht von einer Meinungsäußerung ausgegangen werde.

9

Selbst wenn die beigefügten Beschlüsse der Fachgerichte einen nachvollziehbaren Sachverhalt erkennen ließen, könnte der bloße Verweis auf andere Dokumente und Schriftsätze eine eigenständige Begründung der Verfassungsbeschwerde ohnehin nicht ersetzen.

b) Ungeachtet dessen erweisen sich die Darlegungen in der Verfassungsbeschwerde auch deswegen als offensichtlich unzureichend, weil mit ihnen nicht ansatzweise die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung aufgezeigt wird. So setzt sich der Beschwerdeführer mit den angegriffenen Beschlüssen und der von ihm gerügten Verletzung seines Rechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG inhaltlich erkennbar nicht auseinander. Eine verfassungsrechtliche Argumentation erfolgt nicht. Die Begründung hinsichtlich der geltend gemachten Grundrechtsverletzung erschöpft sich in dem Satz, die Fachgerichte seien zu Unrecht von einer Meinungsäußerung ausgegangen.

III.

Die Auferlegung einer [X.] in Höhe von 500 Euro beruht auf § 34 Abs. 2 [X.].

1. [X.] liegt unter anderem dann vor, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 9. Juni 2004 - 1 BvR 915/04 -, Rn. 3; Beschluss der [X.] des [X.] vom 14. August 2013 - 1 BvR 923/13 -, juris, Rn. 9; Beschluss der [X.] des [X.] vom 2. April 2020 - 1 BvR 447/20 -, Rn. 3). Das [X.] muss nicht hinnehmen, dass es an der Erfüllung seiner Aufgaben durch an gravierenden [X.] leidende und damit für jedermann erkennbar aussichtslose Verfassungsbeschwerden behindert wird und dadurch anderen Bürgern den ihnen zukommenden Grundrechtsschutz nur verzögert gewähren kann. Die [X.] kann den Bevollmächtigten des Beschwerdeführers auferlegt werden, wenn ihnen die missbräuchliche Handlung zuzurechnen ist (vgl. [X.]K 6, 219 <220>; 10, 94 <97>).

2. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegt hier eine den Bevollmächtigten des Beschwerdeführers zuzurechnende missbräuchliche Erhebung der Verfassungsbeschwerde vor. Jedem Einsichtigen wäre ohne Schwierigkeiten erkennbar gewesen, dass eine Begründung der Verfassungsbeschwerde wie die vorliegende nach dem oben Ausgeführten den [X.] bei Weitem nicht genügen konnte und sich die Verfassungsbeschwerde damit als unzulässig erweisen würde.

Von einer weiteren Begründung wird - insbesondere im Hinblick auf die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung - gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 2405/21

19.12.2021

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 31. August 2021, Az: 7 W 110/21, Beschluss

§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 34 Abs 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 19.12.2021, Az. 1 BvR 2405/21 (REWIS RS 2021, 179)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 179

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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