Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 14.08.2013, Az. 1 BvR 923/13

1. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2013, 3469

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Zu den Anforderungen an die Begründung einer Urteilsverfassungsbeschwerde - hier: unzureichende Ausführungen der Verfassungsbeschwerdebegründung zu Ausgangssachverhalt, unzureichende Darlegung einer Grundrechtsverletzung - Auferlegung einer Missbrauchsgebühr


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 500 € (in Worten: fünfhundert Euro) auferlegt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine gegen den Willen der Ehefrau ausgesprochene Ehescheidung.

2

Die Beschwerdeführerin war mit dem Antragsteller des Ausgangsverfahrens seit 1967 verheiratet. Im Ausgangsverfahren begehrte der Ehemann die Scheidung. Die Beschwerdeführerin widersprach dem und machte geltend, die Ehe sei nicht gescheitert, zumindest aber stelle die Scheidung für sie eine schwere Härte im Sinne des § 1568 Abs. 1 BGB dar, die eine Aufrechterhaltung der Ehe rechtfertige. Das Amtsgericht folgte dem nicht und schied die Ehe im Oktober 2011 nach Ablauf einer Trennungszeit von drei Jahren (vgl. § 1566 Abs. 2 BGB); die seitens der Beschwerdeführerin zum [X.] erhobene Beschwerde blieb erfolglos. Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Verfassungsbeschwerde, mit der sie eine Verletzung von Art. 1, 2 und 6 GG rügt.

3

Die Verfassungsbeschwerde genügt nicht den sich aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] ergebenden Begründungsanforderungen.

4

1. Die Begründung der Verfassungsbeschwerde soll dem [X.] eine zuverlässige Grundlage für die weitere Behandlung des Verfahrens verschaffen (vgl. [X.] 15, 288 <292>). Hierfür müssen innerhalb der Beschwerdefrist das angeblich verletzte Recht bezeichnet und der seine Verletzung enthaltende Vorgang substantiiert dargelegt werden (vgl. [X.] 81, 208 <214>; 99, 84 <87>; stRspr). Dabei ist es nicht Aufgabe des [X.]s, aufgrund undifferenzierter Hinweise auf frühere Schriftsätze selbst Anhaltspunkte für die Verletzung von Grundrechten herauszufinden (vgl. [X.] 80, 257 <263>; 83, 216 <228>). Soweit zur Beurteilung der behaupteten Grundrechtsverletzung erforderlich, ist auch eine eingehende Auseinandersetzung mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung geboten (vgl. [X.] 101, 331 <345>). Hat das [X.] für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt, muss anhand dieser Maßstäbe aufgezeigt werden, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme Grundrechte verletzt werden (vgl. [X.] 99, 84 <87>; 101, 331 <346>; 102, 147 <164>).

5

2. Diesen Anforderungen wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht.

6

a) Die Beschwerdeführerin hat innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 [X.] weder den der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt wenigstens umrisshaft dargestellt noch die angegriffene Entscheidung vorgelegt oder deren wesentlichen Inhalt mitgeteilt. Die Ausführungen in der Verfassungsbeschwerde zu den tatsächlichen Umständen des Falls beschränken sich letztlich auf Bezugnahmen auf den Beschluss des [X.]s und zwei frühere Schreiben der Beschwerdeführerin. Diese Unterlagen sind mit den übrigen Anlagen zur Verfassungsbeschwerde jedoch erst nach Ablauf der [X.] eingegangen. Abgesehen davon konnte der bloße Verweis auf andere Dokumente und Schriftsätze ohnehin eine eigenständige Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht ersetzen.

7

b) Ungeachtet dessen erweisen sich die Darlegungen in der Verfassungsbeschwerde auch deswegen als offensichtlich unzureichend, weil mit ihnen nicht ansatzweise die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung aufgezeigt wird. So setzt sich die Beschwerdeführerin in keiner Weise mit der ausführlichen Begründung des angegriffenen Beschlusses, insbesondere dazu, weshalb die Voraussetzungen des § 1568 Abs. 1 BGB unter Zugrundelegung der konkreten Umstände des Falls nicht vorlägen, auseinander. Auch eine verfassungsrechtliche Argumentation erfolgt nicht. Die eigentliche Begründung hinsichtlich der geltend gemachten - nicht eben auf der Hand liegenden - Grundrechtsverletzungen erschöpft sich in zwei Sätzen, in denen lediglich pauschal behauptet wird, das Verneinen des Vorliegens einer schweren Härte im Sinne von § 1568 BGB stelle einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG dar und die Gerichte hätten die Erhaltung der gescheiterten Ehe auf [X.] nicht geprüft und damit zur Verletzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin beigetragen. Dem folgt ein weiterer Satz, mit dem die grundsätzliche Bedeutung der Verfassungsbeschwerde im Sinne von § 93 Abs. 2 Buchstabe a [X.] erläutert werden soll, der jedoch jedenfalls ohne nähere Erläuterung bereits sprachlich unverständlich, zumindest inhaltlich nicht nachvollziehbar ist.

8

Die Auferlegung einer [X.] in Höhe von 500,00 € beruht auf § 34 Abs. 2 [X.].

9

1. [X.] liegt unter anderem dann vor, wenn sie offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 9. Juni 2004 - 1 BvR 915/04 -, NJW 2004, [X.]). Das [X.] muss nicht hinnehmen, dass es an der Erfüllung seiner Aufgaben durch an gravierenden [X.] leidende und damit für jedermann erkennbar aussichtslose Verfassungsbeschwerden behindert wird und dadurch anderen Bürgern den ihnen zukommenden Grundrechtsschutz nur verzögert gewähren kann. Die [X.] kann dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers auferlegt werden, wenn ihm die missbräuchliche Handlung zuzurechnen ist (vgl. [X.]K 6, 219 <220>; 10, 94 <97>).

2. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegt hier eine dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin zuzurechnende missbräuchliche Erhebung der Verfassungsbeschwerde vor. Jedem Einsichtigen wäre ohne Schwierigkeiten erkennbar gewesen, dass eine Begründung der Verfassungsbeschwerde wie die vorliegende nach dem oben [[X.])] Ausgeführten den [X.] bei Weitem nicht genügen konnte und sich die Verfassungsbeschwerde damit als unzulässig erweisen würde.

Von einer weiteren Begründung wird - insbesondere im Hinblick auf die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung - gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 923/13

14.08.2013

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 1. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG Braunschweig, 8. Januar 2013, Az: 3 UF 167/11, Beschluss

§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 34 Abs 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 14.08.2013, Az. 1 BvR 923/13 (REWIS RS 2013, 3469)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3469

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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