Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 27.04.2011, Az. 1 BvR 791/11

1. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2011, 7259

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtannahme einer unter erheblichen Substantiierungsmängeln leidenden Verfassungsbeschwerde - Auferlegung einer Missbrauchsgebühr iHv 500 Euro zu Lasten des Bevollmächtigten


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird, ohne dass über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entschieden zu werden braucht, nicht zur Entscheidung angenommen.

Dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 500 € (in Worten: fünfhundert Euro) auferlegt.

Gründe

1

1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie ist offensichtlich unzulässig. Denn sie leidet an ganz erheblichen [X.].

2

Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrunde liegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. [X.] 89, 155 <171>). Der Beschwerdeführer muss darlegen, mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidiert (vgl. [X.] 108, 370 <386>). Dies erfordert nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] die Vorlage der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen oder zumindest die Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts, weil nur das eine Beurteilung dahin erlaubt, ob die gerügten Verfassungsverstöße tatsächlich gegeben sind (vgl. [X.] 88, 40 <45>; 93, 266 <288>). Entsprechendes gilt für Unterlagen, auf die die angegriffenen Entscheidungen Bezug nehmen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 9. Dezember 1999 - 1 BvR 195/96 -, [X.], Rn. 3). Soweit das [X.] für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe aufgezeigt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffene Maßnahme verletzt werden (vgl. [X.] 99, 84 <87>; 101, 331 <346>; 102, 147 <164>). Bei [X.] ist zudem in der Regel eine ins Einzelne gehende argumentative Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung erforderlich.

3

Den genannten Anforderungen genügt die Begründung der Verfassungsbeschwerde in keinerlei Hinsicht. Der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers hat die Entscheidungen in den vorausgegangenen verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren, auf die die angegriffenen Urteile mehrmals verweisen, nicht vorgelegt und auch nicht deren wesentlichen Inhalt mitgeteilt. Ohne dessen Kenntnis ist eine Prüfung, ob die vom Beschwerdeführer gerügten [X.] vorliegen, nicht möglich. Darüber hinaus enthalten die Ausführungen des Bevollmächtigten des Beschwerdeführers keinerlei verfassungsrechtliche Substanz. Es ist nicht ersichtlich, von welchen verfassungsrechtlichen Maßstäben der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers bei seinen [X.] ausgeht. Einschlägige verfassungsgerichtliche Entscheidungen, insbesondere zu Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. speziell zur vorliegend im Mittelpunkt stehenden straßen- und wegerechtlichen Problematik [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 15. April 2009 - 1 BvR 3478/08 -, [X.] mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des [X.]) werden nicht herangezogen. Eine argumentative Auseinandersetzung mit den angegriffenen Entscheidungen ist nahezu gänzlich unterblieben. Der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers beanstandet lediglich bestimmte Begründungselemente der Entscheidungen und hält sodann zweimal pauschal fest: "Dies ist unzulässig und verletzt den Beschwerdeführer in seinen Rechten."

4

Einer Entscheidung über den im Hinblick darauf, dass die angegriffenen Entscheidungen nicht vollständig innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 [X.] vorgelegt worden sind, hilfsweise gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedarf es danach nicht.

5

2. Die Auferlegung einer [X.] beruht auf § 34 Abs. 2 [X.].

6

a) Das [X.] kann nach § 34 Abs. 2 [X.] eine Gebühr bis zu 2.600 Euro auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde einen Missbrauch darstellt. Ein Missbrauch liegt vor, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung deshalb von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. etwa [X.]K 6, 219; 10, 94 <97>), etwa bei einer - wie hier - völlig substanzlosen Verfassungsbeschwerde (vgl. [X.]K 10, 94 <97>). Das [X.] muss es nicht hinnehmen, an der Erfüllung seiner Aufgaben durch erkennbar substanzlose Verfassungsbeschwerden gehindert zu werden, wodurch anderen Bürgern der ihnen zukommende Grundrechtsschutz nur verzögert gewährt werden kann (vgl. [X.]K 6, 219; 10, 94 <97>).

7

b) Gerade von einem Rechtsanwalt, der ein Mandat zur Führung eines Verfahrens vor dem [X.] annimmt, ist zu verlangen, dass er sich mit den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Verfassungsbeschwerde auseinandersetzt, die Rechtsprechung des [X.] zu den aufgeworfenen Fragen prüft, die Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Verfassungsbeschwerde eingehend abwägt und sich entsprechend den Ergebnissen seiner Prüfung verhält (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 8. Dezember 2010 - 1 BvR 2704/10 -, [X.], Rn. 6 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers nicht gerecht; nicht zuletzt entbehrt sein Vorbringen jeder verfassungsrechtlichen Substanz. Dies rechtfertigt es, ihm die [X.] aufzuerlegen.

8

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 791/11

27.04.2011

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 1. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 17. Februar 2011, Az: OVG 1 N 32.10, Beschluss

§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 34 Abs 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 27.04.2011, Az. 1 BvR 791/11 (REWIS RS 2011, 7259)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7259

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 BvR 1011/19 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde bzgl glücksspielrechtlicher Regelungen - erkennbare Aussichtslosigkeit bei vorangegangener Senatsentscheidung gleichgelagerter Fälle (vgl …


1 BvR 876/19 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Missbräuchlichkeit (§ 34 Abs 2 BVerfGG) der wiederholten Einlegung erkennbar aussichtsloser Verfassungsbeschwerden trotz vorheriger …


1 BvR 2704/10 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Ersichtlich unzureichend begründete Urteilsverfassungsbeschwerde (§ 23 Abs 1 S 2, 92 BVerfGG) - Auferlegung …


2 BvR 1430/11 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahme einer unzureichend substantiierten Verfassungsbeschwerde - Auferlegung einer Missbrauchsgebühr iHv 800 Euro zu Lasten des …


1 BvR 1017/23 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahme einer offensichtlich unzureichend begründeten Verfassungsbeschwerde - Auferlegung einer Missbrauchsgebühr bei wiederholter Einlegung aussichtsloser Verfassungsbeschwerden …


Referenzen
Wird zitiert von

2 BvR 659/12

1 BvR 1578/12

Zitiert

1 BvR 2704/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.