Bundessozialgericht, Beschluss vom 28.10.2015, Az. B 6 KA 35/15 B

6. Senat | REWIS RS 2015, 3174

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Gegenstand

Kassenärztliche Vereinigung - Bemessung des Regelleistungsvolumens - Vergütung der wesentlichen Leistungen des Fachgebiets eines Vertragsarztes - gerichtliche Überprüfung der Grundlagen für die Ermittlung der Gesamtvergütungen - Vertragspartner der Gesamtverträge - keine Verpflichtung zur Vereinbarung von ergänzenden Regelungen


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 25. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Im Streit steht die Höhe vertragsärztlichen Honorars für das Quartal III/2010, speziell ein Anspruch des [X.] auf Festsetzung eines höheren Regelleistungsvolumens ([X.]).

2

Der Kläger ist als Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin im Bezirk der beklagten [X.] ([X.]) zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die Beklagte wies dem Kläger mit Bescheid vom [X.] ein [X.] für das Quartal III/2010 in Höhe von 17 390,36 [X.] zu; zudem erhielt er qualitätsgebundene Zusatzvolumen ([X.]). Die Summe aus [X.] und [X.] betrug 23 364,94 [X.]. Mit [X.] vom 3.3.2011 setzte die Beklagte das Honorar des [X.] für das Quartal III/2010 auf 39 778,33 [X.] fest; dabei vergütete sie die das [X.] und [X.] um 5681,73 [X.] übersteigende Honoraranforderung abgestaffelt mit 609,56 [X.]. Den gegen den [X.] erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8.9.2011 zurück. Klage und Berufung, mit denen der Kläger insbesondere geltend gemacht hat, der [X.] sei mit 31,98 [X.] so niedrig, dass er die Versichertenpauschale nach der [X.] des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen ([X.]) nicht abdecke und die Versichertenpauschale nach der [X.] [X.] für Kinder ab Beginn des 6. Lebensjahres diesen Wert fast vollständig ausfülle, sind erfolglos geblieben (Urteil des [X.] vom [X.], Urteil des L[X.] vom 25.2.2015).

3

Das L[X.] hat ausgeführt, das [X.] habe die Klage im Ergebnis zu Recht als zulässig erachtet, obwohl der Kläger den [X.] vom [X.] nicht angegriffen habe, weil der Kläger auf Mitteilungen der Beklagten habe vertrauen dürfen, dass dies nicht erforderlich sei. Die Berufung sei unbegründet: Aus Sinn und Zweck des § 87b Abs 1 und 2 [X.]B V aF folge nicht zwingend, dass der [X.] nicht niedriger als die Versichertenpauschale sein dürfe. Die Versichertenpauschale setze sich aus mehreren Komponenten zusammen und könne deshalb nicht alle [X.]-Fälle punktgenau treffen. Rechtlich relevante Bedenken gegen die Höhe des [X.] könnten allenfalls dann bestehen, wenn der [X.]-Fallwert substantiell unter die [X.] der jeweiligen Arztgruppe [X.]. Im Streitfall sei die Erheblichkeitsgrenze bei einem Unterschreiten des [X.] gegenüber der Versichertenpauschale von insgesamt weniger als 10 % jedenfalls nicht erreicht.

4

Der Kläger habe auch kein subjektives Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der [X.] über die Frage, ob und ggf wie diese von der Korrekturmöglichkeit Gebrauch machten, die ihnen die Anlage 6 zum Teil [X.] des Beschlusses des Bewertungsausschusses ([X.]) vom 26.3.2010 einräume. Er könne deren Entscheidung auch nicht unter Hinweis auf das Urteil des B[X.] vom 11.12.2013 (B[X.] [X.] 4-2500 § 87b [X.] 5) gerichtlich überprüfen lassen. Zwar sei lediglich der eigentliche Aushandlungsprozess der Partner der [X.] hinsichtlich der Höhe der Gesamtvergütungen der gerichtlichen Kontrolle auf Klagen von Vertragsärzten wie auch von einzelnen Krankenkassen entzogen, doch gehe es hier gerade darum. Die genannte Möglichkeit, geeignete Maßnahmen treffen zu können, wenn mit den [X.] einer Arztgruppe die Versicherten- bzw [X.] nicht in ausreichendem Maße vergütet werden könnten, betreffe diesen Aushandlungsprozess. Ein Recht auf ermessenfehlerfreie Entscheidung dieser Frage würde voraussetzen, dass die Ermessensentscheidung zumindest auch [X.] diene. Die Korrekturmöglichkeit diene jedoch nicht den Interessen der davon letztlich betroffenen Ärzte; diese würden nur mittelbar im Sinne eines Rechtsreflexes berührt. Die Rechte des [X.] würden damit nicht erweitert, da die Ermessensentscheidung nicht ihm gegenüber ergehe. Es bleibe bei dem Grundsatz, dass der einzelne Vertragsarzt keinen Anspruch auf eine bestimmte [X.] habe. Auch im Hinblick auf die Angemessenheit der Vergütung könne der Kläger kein höheres Honorar beanspruchen, ebenso nicht unmittelbar aus Art 12 Abs 1 GG, weil die Voraussetzungen nicht gegeben seien.

5

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 [X.] 1 [X.]G) sowie Rechtsprechungsabweichungen (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 [X.] 2 [X.]G) geltend.

6

II. Die Beschwerde des [X.] hat keinen Erfolg.

7

1. Soweit der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der [X.] geltend macht, ist seine Beschwerde - soweit sie nicht bereits unzulässig ist - jedenfalls unbegründet.

8

a. Bezüglich der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage,

        

"ab wann von einer Reaktionspflicht der KÄV auszugehen ist, wenn der [X.]-Fallwert einer Arztgruppe niedriger sein darf als die durchschnittliche Grund- bzw Versichertenpauschale der jeweiligen Arztgruppe",

ist die Beschwerde bereits unzulässig, weil sie nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G herzuleitenden Darlegungsanforderungen entspricht. Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss danach in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet (vgl [X.] 91, 93, 107 = [X.] 3-5870 § 10 [X.] 5 S 31; B[X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.] 21 S 37 f) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich (klärungsfähig) sowie klärungsbedürftig ist. Es muss ersichtlich sein, dass sich die Antwort nicht ohne Weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt. Bei einer [X.] ist es Aufgabe des Prozessbevollmächtigten, die einschlägige Rechtsprechung aufzuführen und sich damit zu befassen; eine Beschwerdebegründung, die es dem Gericht überlässt, die relevanten Entscheidungen zusammenzusuchen, wird den Darlegungserfordernissen des § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G nicht gerecht. Auch lediglich kursorische Hinweise ohne Durchdringung des Prozessstoffs reichen nicht aus (vgl [X.] <Kammer>, DVBl 1995, 35).

9

Diesen Vorgaben entspricht die Beschwerdebegründung, die sich insoweit darauf beschränkt, auf die zur Höhe des [X.]-[X.] gemachten Äußerungen zu verweisen, nicht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Frage, "ab wann" von einer Reaktionspflicht der [X.] auszugehen ist, überhaupt um eine den Anforderungen entsprechende Rechtsfrage handelt. Denn die Beschwerdebegründung hätte sich jedenfalls mit der umfangreichen Rechtsprechung des Senats zur Reaktionspflicht der [X.]en (vgl zB B[X.] [X.] 4-2500 § 87 [X.] 29 Rd[X.] 43-44 mwN) auseinandersetzen und darlegen müssen, wieso sich die aufgeworfene Frage nicht anhand dieser Rechtsprechung beantworten lässt.

b. Im Übrigen ist die Beschwerde insoweit jedenfalls unbegründet. Eine auf die grundsätzliche Bedeutung der [X.] gestützte Revisionszulassung setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl B[X.] [X.] 4-1500 § 153 [X.] 3 Rd[X.] 13 mwN; B[X.] [X.] 4-1500 § 160 [X.] 5 Rd[X.] 3). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt dann, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt (hierzu s zB B[X.] [X.] 3-1500 § 146 [X.] 2 S 6; B[X.] [X.] 3-2500 § 75 [X.] 8 S 34; B[X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.] 21 S 38; vgl auch B[X.] [X.] 3-4100 § 111 [X.] 1 S 2 f sowie B[X.] [X.] 3-2500 § 240 [X.] 33 S 151 f mwN). Nichts anderes gilt, wenn kein vernünftiger Zweifel an der Richtigkeit der vom L[X.] dazu gegebenen Auslegung bestehen kann, weil sich die Beantwortung bereits ohne Weiteres aus der streitigen Norm selbst ergibt (vgl hierzu B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] [X.]/02 B - Juris Rd[X.] 4). Die Bedeutung über den Einzelfall hinaus ist nicht gegeben, wenn die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des vorliegenden Einzelfalls einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl zB B[X.] Beschluss vom 5.11.2008 - [X.] [X.]/07 B - Rd[X.] 6 iVm 11). Diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (s die [X.]-Angaben in B[X.] [X.] 4-1500 § 153 [X.] 3 Rd[X.] 13 sowie [X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] 16 Rd[X.] 4 f).

aa. Nach diesen Maßgaben ist die Rechtsfrage,

        

ob der [X.]-Fallwert einer Arztgruppe niedriger sein darf als die durchschnittliche Grund- bzw Versichertenpauschale der jeweiligen Arztgruppe,

jedenfalls nicht klärungsbedürftig, da sie bereits durch die vorliegende Rechtsprechung des Senats beantwortet wird. Wie der Senat bereits mit Urteil vom 11.12.2013 ([X.] [X.]/13 R - [X.] 4-2500 § 87 [X.] 29) entschieden hat, ist eine KÄV nicht verpflichtet, das [X.] eines Vertragsarztes so zu bemessen, dass die wesentlichen Leistungen seines Fachgebiets rechnerisch in jedem Behandlungsfall mit den Preisen der [X.]-​Gebührenordnung vergütet werden.

Hierzu hat der Senat (aaO Rd[X.] 21) darauf verwiesen, dass es der [X.] des Gesetzes entsprechen mag, dass der zugebilligte Fallwert bzw das [X.] so hoch sein muss, dass die wesentlichen Leistungen des Fachgebietes rechnerisch in jedem Behandlungsfall mit den Preisen der [X.]-​Gebührenordnung zu vergüten sind. Das sei jedoch nicht durchweg realisierbar, wenn die tatsächlich gezahlten Gesamtvergütungen Grundlage der Berechnung der [X.] sind. Das Grundsystem der Vergütung der Gesamtheit der vertragsärztlichen Leistungen durch die Krankenkassen mit einem - steigenden, aber grundsätzlich festen - Betrag sei nicht durchweg kompatibel mit der Vorstellung, eine bestimmte, den Großteil der vertragsärztlichen Leistungen auf einem bestimmten Fachgebiet umfassende [X.] je Fall mit festen Preisen zu vergüten. Da maßgeblicher Faktor für die Höhe des [X.] nicht die Preise der [X.]-​Gebührenordnung seien, sondern die tatsächlich gezahlten Gesamtvergütungen, stelle das [X.] nur im "Idealfall" sicher, dass die von ihm erfasste [X.] in vollem Umfang mit den Preisen der [X.]-​Gebührenordnung vergütet wird, nämlich nur dann, wenn die Höhe der gezahlten Gesamtvergütungen - bzw der auf die in das [X.] fallende [X.] bezogene Anteil hieran - mit dem Geldbetrag übereinstimmt, der für die in das [X.] fallenden Leistungen nach den Preisen der [X.]-​Gebührenordnung insgesamt zu zahlen wäre. Es sei aber keineswegs ausgeschlossen, dass der für die Vergütung der in das [X.] fallenden Leistungen zur Verfügung stehende Gesamtvergütungsanteil hierfür nicht ausreicht (B[X.] aaO Rd[X.] 24). Diese Diskrepanzen beruhten darauf, dass der Gesetzgeber die Vorgaben für die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen - zum einen für die Berechnung der Gesamtvergütungen, zum anderen für die Ermittlung der vertragsärztlichen Honorare - nicht vollständig synchronisiert hat (B[X.] aaO Rd[X.] 25). Schließlich hat der Senat dargelegt, dass in dem Umstand, dass nicht sichergestellt ist, dass die in das [X.] fallenden Leistungen in jedem Fall mit den Preisen der [X.]-​Gebührenordnung vergütet werden (oder das [X.] umgekehrt nicht alle "notwendigen" Leistungen umfasst), keine "gesetzwidrige" Lücke liegt, die von der Rechtsprechung im Wege der Auslegung zu füllen wäre (B[X.] aaO Rd[X.] 32). Die Vorgabe absolut fester Preise für eine bestimmte - zumindest bei zahlreichen Arztgruppen den größeren Teil der vertragsärztlichen Leistungen umfassenden - [X.] sei nicht kompatibel mit einer nach anderen Kriterien vereinbarten Gesamtvergütung. Durch die Einführung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung und der [X.] habe sich nichts daran geändert, dass die Menge des zur Verteilung unter die Vertragsärzte zur Verfügung stehenden Geldes begrenzt ist (B[X.] aaO).

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn - wie vorliegend - die Frage im Streit steht, ob das [X.] die durchschnittlichen Versicherten- bzw [X.] abdeckt. Zum einen betraf die dargestellte Entscheidung des Senats ebenfalls die notwendigen Leistungen des (augenärztlichen) Fachgebiets; zum anderen sind auch die Versicherten- bzw [X.] Bestandteil der vertragsärztlichen Vergütung, sodass für sie die im angeführten Urteil dargestellten Restriktionen gleichermaßen gelten.

bb. Die weitere Rechtsfrage,

        

ob ein Vertragsarzt ein subjektives Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der [X.] [darüber] hat, ob diese von der Korrekturmöglichkeit, die ihnen Teil [X.] der Anlage 6 zum Beschluss des Bewertungsausschusses vom 26.3.2010 einräumt, Gebrauch machen, und ob er dies gerichtlich überprüfen lassen kann,

ist nicht klärungsbedürftig, weil sich die Antwort hierauf der Rechtsprechung des Senats entnehmen lässt. Nach der Senatsrechtsprechung ist eine (inzidente) Prüfung einer Gesamtvergütungsvereinbarung in einem Rechtsstreit über den Honoraranspruch eines Vertragsarztes ausgeschlossen (B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 23/04 R - Juris Rd[X.] 14 = USK 2005-115; B[X.]E 95, 86 = [X.] 4-2500 § 85 [X.] 21, Rd[X.] 9 ff; B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] [X.] 22/05 B - Juris; s schon B[X.] [X.] [X.] 2 zu § 368h, [X.]). Grund hierfür ist, dass es sich bei der Vereinbarung und Anpassung der Gesamtvergütung nicht um einen normativen, sondern um einen obligatorischen Bestandteil des Gesamtvertrages handelt, der - abgesehen von einer Erstreckung auf die einzelnen Krankenkassen - lediglich Rechte und Pflichten zwischen den Vertragspartnern begründet und sich ansonsten für Dritte - also auch für Vertragsärzte - allenfalls mittelbar bzw faktisch auswirkt (B[X.]E 95, 86 = [X.] 4-2500 § 85 [X.] 21, Rd[X.] 13). Diese Trennung der Rechtsbeziehungen sichert zudem die Funktionsfähigkeit des vertragsärztlichen Vergütungssystems (B[X.]E 95, 86 = [X.] 4-2500 § 85 [X.] 21, Rd[X.] 16). Die Überprüfung der Gesamtvergütungsvereinbarungen auf Rechtsverstöße erfolgt vielmehr in einem objektivierten, nicht von der Geltendmachung subjektiver Rechtsverletzungen abhängigen Verfahren durch die zuständige Aufsichtsbehörde (B[X.]E 95, 86 = [X.] 4-2500 § 85 [X.] 21, Rd[X.] 14; B[X.] [X.] 4-2500 § 83 [X.] 5 Rd[X.] 25-26).

Diese Rechtsprechung hat der Senat mit Urteil vom 11.12.2013 ([X.] [X.] 4/13 R - [X.] 4-2500 § 87b [X.] 5 Rd[X.] 11) dahingehend präzisiert, dass es dem Vertragsarzt nicht vollumfänglich versagt ist, die Grundlagen der Ermittlung der Gesamtvergütungen gerichtlich überprüfen zu lassen, sondern dass dies nur insoweit gilt, als dem Abschluss der Verträge ein Verhandlungsprozess zwischen den Vertragspartnern zugrunde liegt, der nicht rechtlich voll determiniert ist. Soweit es hingegen lediglich um einen Normvollzug geht, stehen alle normativen Vorgaben zur gerichtlichen Überprüfung, jeweils darauf, ob der zuständige Normgeber die ihn verpflichtenden höherrangigen Normen beachtet hat. So kann der Vertragsarzt klären lassen, ob (nach dem bis Ende 2012 geltenden Recht) die maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften durch den [X.] (bzw den Erweiterten [X.]) und dessen für die Honorarverteilung maßgeblichen Vorgaben durch die Partner der [X.] richtig umgesetzt worden sind. Zusammenfassend hat der Senat klargestellt, dass er den eigentlichen Aushandlungsprozess der Partner der [X.] hinsichtlich der Höhe der Gesamtvergütungen der gerichtlichen Kontrolle auf Klagen von Vertragsärzten wie auch von einzelnen Krankenkassen entzogen, nicht aber zugleich die für die Honorarverteilung und Honorierung maßgeblichen untergesetzlichen Vorschriften von einer gerichtlichen Überprüfung insgesamt freigestellt hat (B[X.] aaO).

Nach diesen Maßstäben steht dem Kläger kein Recht zu, die Entscheidung der Vertragspartner, von der Korrekturmöglichkeit keinen Gebrauch zu machen, gerichtlich überprüfen zu lassen. Betroffen ist hier die in der Anlage 6 zum Teil [X.] des Beschlusses des [X.] vom 26.3.2010 (unter Ziff 2 Abs 2) enthaltene Ermächtigung der regionalen Vertragspartner, innerhalb der arztgruppenspezifischen [X.] einvernehmlich geeignete Maßnahmen treffen zu können, wenn sie bei der Festsetzung der [X.] feststellen, dass mit den praxisbezogenen [X.] in einer Arztgruppe die arztgruppenspezifischen Versicherten- bzw [X.] nicht in ausreichendem Maße vergütet werden können. Das Begehren des [X.] ist jedoch nicht darauf gerichtet, die vom [X.] normierte Regelung als solche zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen. Vielmehr will er überprüfen lassen, ob die Entscheidung der Vertragspartner rechtmäßig ist, von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen. Damit zielt er auf das Ergebnis des [X.], das der gerichtlichen Überprüfung entzogen ist:

Werden die Vertragspartner der [X.] durch eine untergesetzliche Rechtsnorm (zum Rechtsnormcharakter der Beschlüsse des [X.] vgl zB B[X.]E 111, 114 = [X.] 4-2500 § 87 [X.] 26, Rd[X.] 20) dazu ermächtigt, aber nicht verpflichtet, ergänzende Regelungen zur Vereinbarung der Gesamtvergütung zu treffen, steht es in ihrem Ermessen, ob sie von dieser Option Gebrauch machen. In einer derartigen Konstellation besteht der "Aushandlungsprozess" (ggf) aus zwei Teilen: Er umfasst nicht nur das Aushandeln der die Gesamtvergütung betreffenden Regelungen, sondern setzt notwendiger Weise - und vorgelagert - einen Aushandlungsprozess darüber voraus, ob die Vertragspartner überhaupt von der Ermächtigung Gebrauch machen wollen. Hierzu bedarf es zunächst der Initiative einer der Vertragspartner und sodann der Zustimmung der übrigen Vertragspartner (oder ggf der Ersetzung dieser Zustimmung durch eine Entscheidung des [X.], s hierzu B[X.]E 110, 258 = [X.] 4-2500 § 87a [X.] 1, Rd[X.] 27). Von diesem Aushandlungsprozess umfasst ist daher nicht allein die Entscheidung, geeignete Maßnahmen zu vereinbaren, sondern auch, dass die Vertragspartner davon absehen, ergänzende Regelungen zu treffen - sei es, dass von vornherein keiner der Vertragspartner die Initiative ergreift, weil übereinstimmend kein entsprechender Bedarf gesehen wird, oder dass nach entsprechenden Verhandlungen von einer Regelung abgesehen wird. In allen Konstellationen ist die Entscheidung Bestandteil des [X.] und damit vor einer gerichtlichen Überprüfung geschützt. Es würde im Übrigen den Verhandlungsspielraum und damit die Vertragsautonomie der [X.] in nicht akzeptablem Maße einschränken, wenn einzelne Vertragsärzte (oder Krankenkassen) letztlich das Recht hätten, die Umsetzung von Gestaltungsoptionen dadurch zu erzwingen, dass das Handeln der Vertragspartner insoweit gerichtlicher Kontrolle unterworfen wäre.

Steht somit fest, dass die Entscheidung der Vertragspartner, ob sie von der Ermächtigung Gebrauch machen, der gerichtlichen Überprüfung entzogen ist, beantwortet sich auch die Frage, ob Vertragsärzten insoweit ein subjektives Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung zustehen kann, dahingehend, dass dies nicht der Fall ist.

2. Soweit der Kläger in Bezug auf die aufgeworfene Frage eines Rechts auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hilfsweise eine Divergenz zum Urteil des B[X.] vom 11.12.2013 ([X.] [X.] 4/13 R - [X.] 4-2500 § 87b [X.] 5) geltend macht, ist die Beschwerde zwar zulässig, aber unbegründet. Für den Erfolg der Rüge einer Rechtsprechungsabweichung ist Voraussetzung, dass Rechtssätze aus dem L[X.]-Urteil und aus einer höchstrichterlichen Entscheidung miteinander unvereinbar sind und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht. Dabei ist der jeweils aktuelle Stand der bundesgerichtlichen Rechtsprechung im Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde maßgebend. Dabei darf nicht lediglich isoliert auf einzelne Sätze der bundesgerichtlichen Entscheidungen abgestellt werden, sondern zu beachten ist der Kontext, in dem die vom Kläger für seine Divergenzrügen herangezogenen bundesgerichtlichen Rechtssätze jeweils stehen. Aus dem Erfordernis, die Aktualität und den Kontext der herangezogenen bundesgerichtlichen Entscheidungen zu berücksichtigen, folgt zugleich, dass deren Aussagen stets mit Blick auf die [X.] des B[X.] auszulegen und zu verstehen sind.

Vorliegend hat der Kläger zwar Rechtssätze des B[X.] sowie des L[X.] benannt, doch sind diese Rechtssätze nicht miteinander unvereinbar: Das L[X.] hat dem Rechtssatz des B[X.], dass lediglich der eigentliche Aushandlungsprozess der gerichtlichen Kontrolle entzogen ist, keineswegs widersprochen, sondern sich diesen zu eigen gemacht. Unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des B[X.] hat es die Entscheidung der [X.] darüber, ob geeignete Maßnahmen im Sinne der Anlage 6 zu Teil [X.] des Beschlusses des [X.] vom 26.3.2010 zu treffen sind, dem Aushandlungsprozess zugeordnet. Ob diese Subsumtion zutreffend ist, ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde ohne Bedeutung, weil auch ein vermeintlicher Subsumtionsfehler lediglich die inhaltliche Richtigkeit des Berufungsurteils betrifft und sich keinem der in § 160 Abs 2 [X.]G genannten Revisionsgründe zuordnen lässt (B[X.] Beschluss vom 13.8.2014 - [X.] [X.] 14/14 B - Rd[X.] 12). Eine Divergenz im Sinne des § 160 Abs 2 [X.] 2 [X.]G liegt nicht bereits dann vor, wenn das Urteil des L[X.] nicht den Kriterien entspricht, die das B[X.] oder das [X.] aufgestellt hat, sondern erst, wenn das L[X.] diesen Kriterien widersprochen und abweichende rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] [X.] 42/13 B - Juris Rd[X.] 7).

Im Übrigen ist die vom L[X.] vorgenommene Zuordnung zutreffend. Nach der vorerwähnten Senatsrechtsprechung ist "der eigentliche Aushandlungsprozess der Partner der [X.] hinsichtlich der Höhe der Gesamtvergütungen" der gerichtlichen Kontrolle auf Klagen von Vertragsärzten entzogen (B[X.] [X.] 4-2500 § 87b [X.] 5 Rd[X.] 11). Dabei sind - wie bereits dargestellt - nicht allein die Verhandlungen über die Höhe der Gesamtvergütungen im engeren Sinne dem "gerichtsfreien" Aushandlungsprozess zuzuordnen, sondern auch Verhandlungen über vergütungsbezogene Spielräume, die den regionalen [X.]n unter dem - hier noch maßgeblichen - Regime bundesweiter Vorgaben für die Honorarverteilung (§ 87b Abs 4 [X.]B V aF) eröffnet waren. Der gerichtlichen Überprüfung unterliegt zwar, ob die in der Anlage 6 zum Teil [X.] des Beschlusses des [X.] vom 26.3.2010 enthaltene Ermächtigung der regionalen Vertragspartner mit höherrangigem Recht vereinbar ist, nicht aber, ob die Vertragspartner hiervon Gebrauch machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger auch die Kosten des von ihm ohne Erfolg durchgeführten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Festsetzung der Vorinstanz vom 25.2.2015, die von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist (§ 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 2, § 47 Abs 1 und 3 GKG).

Meta

B 6 KA 35/15 B

28.10.2015

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Hamburg, 31. Juli 2013, Az: S 3 KA 171/11, Urteil

§ 83 SGB 5, § 85 Abs 1 SGB 5, § 85 Abs 2 SGB 5, § 87 Abs 1 SGB 5, § 87 Abs 2 SGB 5, § 87a Abs 2 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87a Abs 3 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87b Abs 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87b Abs 2 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87b Abs 3 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87b Abs 4 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87c Abs 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87c Abs 2 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87c Abs 4 SGB 5 vom 26.03.2007, EBM-Ä 2008

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 28.10.2015, Az. B 6 KA 35/15 B (REWIS RS 2015, 3174)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3174

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