Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.02.2011, Az. B 6 KA 52/10 B

6. Senat | REWIS RS 2011, 9601

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Zweck des Ausschlussgrundes nach § 41 Nr 4 ZPO - kein Ausschluss eines ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitgliedes einer Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung unter Berücksichtigung der Rechtslage bis 31.12.2004)


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 12. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3453 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der [X.]läger, der als Zahnarzt an der vertragszahnärztlichen Versorgung in [X.] teilnimmt, begehrt von der beklagten [X.] ([X.]) höheres Honorar für das Jahr 2005.

2

Mit Bescheid vom [X.] setzte die beklagte [X.] das Jahreshonorar des [X.] in Höhe von 182 024,49 Euro abzüglich anteiliger Verwaltungskosten in Höhe von 2596,68 Euro fest (abgerechnet: 185 477,38 Euro). Der hiergegen erhobene Widerspruch des [X.] blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 17.8.2006). Das [X.] hat die daraufhin erhobene [X.]lage mit Urteil vom 21.12.2009 abgewiesen.

3

Das L[X.] hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). Es hat zunächst ausgeführt, dass ein Befangenheitsgesuch des [X.] gegen den ehrenamtlichen [X.] [X.] nicht vorliege, im Übrigen aber auch unzulässig sei. Es sei gerichtsbekannt, dass der [X.]läger die [X.] in der Sozialgerichtsbarkeit über alle Instanzen hinweg für unqualifiziert und befangen halte. Den ehrenamtlichen [X.]n unterstelle er regelmäßig, sie profitierten von den Honorarverteilungsvorgaben der Beklagten und könnten nicht unbefangen über sein [X.]lagebegehren entscheiden. Seine zahlreichen Verfahrensrügen dienten insbesondere dazu, die gesetzliche Besetzung der Spruchkörper mit Vertragszahnärzten anzugreifen, angebliche [X.]onventionsverstöße zu behaupten und damit Ersatzansprüche gegen die [X.] begründen zu können. Insoweit verfolge er mit seinen Anträgen einen verfahrensfremden Zweck. Das gelte auch für das Ablehnungsgesuch gegen den ehrenamtlichen [X.] [X.]. Der Honorarbescheid sei in der Sache nicht zu beanstanden. Das B[X.] habe bereits geklärt, dass der mit dem im Jahr 2005 geltenden [X.] ([X.]) strukturgleiche Honorarverteilungsmaßstab ([X.]) der Beklagten für das [X.] sowohl mit § 85 Abs 4 Satz 1 bis 4 [X.]B V als auch mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben des [X.] vereinbar sei. Für den streitigen Zeitraum gelte nichts anderes.

4

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil macht der [X.]läger absolute Revisionsgründe im Zusammenhang mit Verfahrensmängeln (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]G) geltend.

5

II. Die Beschwerde des [X.] hat keinen Erfolg.

6

1. Der als Verfahrensmangel geltend gemachte absolute Revisionsgrund iS des § 202 [X.]G iVm § 547 [X.] 2 ZPO liegt nicht vor. Der ehrenamtliche [X.] [X.] war nicht gemäß § 60 Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 41 [X.] 4 ZPO von der Mitwirkung im Berufungsverfahren ausgeschlossen. Nach § 41 [X.] 4 ZPO ist ein [X.] in Sachen ausgeschlossen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand eines Beteiligten bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer [X.] aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist. Der Ausschlussgrund des § 41 [X.] 4 ZPO dient der Vermeidung von Interessenkonflikten, die sich aus der Nähe zu einem unmittelbar am Verfahren Beteiligten ergeben. Er beruht auf dem Grundgedanken, dass eine unvoreingenommene, unparteiliche Entscheidung des Rechtsstreits nicht mehr erwartet werden kann, wenn der [X.] selbst berechtigt und verpflichtet ist oder gewesen ist, die Interessen einer am Rechtsstreit beteiligten [X.] wahrzunehmen (vgl B[X.]E 71, 97, 103 = [X.] 3-1500 § 12 [X.] 6 S 13). Eine der Verpflichtung zur Neutralität zuwiderlaufende Tätigkeit in eigener Sache soll nicht möglich sein (vgl [X.] 54, 159, 170).

7

Der ehrenamtliche [X.] [X.] war von 2001 bis Ende 2004 Mitglied des Vorstands der beklagten [X.]. Gemäß § 77 Abs 6 [X.]B V idF des [X.] vom 21.12.1992 wurden die [X.]assenärztlichen Vereinigungen ([X.]) durch ihre Vorstände oder einzelne Vorstandsmitglieder gerichtlich und außergerichtlich vertreten (seit dem 1.1.2005 § 79 Abs 5 [X.]B V: "Der Vorstand verwaltet die [X.]örperschaft und vertritt sie gerichtlich und außergerichtlich, soweit Gesetz oder sonstiges Recht nichts Abweichendes bestimmen. In der Satzung oder im Einzelfall durch den Vorstand kann bestimmt werden, dass auch einzelne Mitglieder des Vorstandes die [X.]örperschaft vertreten können."). Dementsprechend sah auch die Satzung der Beklagten in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung vor, dass die [X.] gerichtlich und außergerichtlich durch ihren Vorstand vertreten wird. Dieser konnte im Einzelfall ein Vorstandsmitglied mit seiner Vertretung beauftragen. In der ab dem 1.1.2005 geltenden Fassung bestimmt § 15 Abs 1 Satz 1 der Satzung weiterhin, dass der Vorstand die [X.] gerichtlich und außergerichtlich vertritt. Nach Satz 2 dieser Vorschrift kann die Vertretungsbefugnis aber von jedem Vorstandsmitglied für seinen Geschäftsbereich allein wahrgenommen werden.

8

Die Beklagte hat von ihrer in § 15 Abs 1 Satz 2 der Satzung in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung begründeten Berechtigung, ein einzelnes Vorstandsmitglied mit ihrer Vertretung zu beauftragen - soweit in diesem Verfahren vorgetragen oder sonst ersichtlich - keinen Gebrauch gemacht. Daraus folgt, dass der ehrenamtliche [X.] [X.] zu keinem Zeitpunkt tatsächlich über die Rechtsmacht verfügte, die beklagte [X.] allein zu vertreten. Insofern liegen die Dinge hier anders als in dem am 5.8.1992 vom 14a-Senat des B[X.] entschiedenen Fall, in dem einem Geschäftsführer einer [X.] generell in einer Dienstanweisung die Berechtigung zur Vertretung der [X.] in allen Geschäften der laufenden Verwaltung übertragen worden war (B[X.]E 71, 97 = [X.] 3-1500 § 12 [X.] 6). Allein die Möglichkeit, dass durch einen Vorstandsbeschluss die Alleinvertretungsmacht einem Vorstandsmitglied hätte übertragen werden können, begründet keinen Ausschluss nach § 41 [X.] 4 ZPO.

9

Dies gilt auch für die sog einfache Mitgliedschaft in dem als [X.]ollegialorgan vertretungsberechtigten Vorstand. Bei den [X.]rankenkassen hat der Senat den Fall, dass die iS des § 35a Abs 1 Satz 1 [X.]B IV zur gesetzlichen Vertretung berufenen Vorstandsmitglieder von der Ausübung des [X.]amtes in solchen Rechtsstreiten ausgeschlossen sind, dann angenommen, wenn sich die [X.]rankenkasse, bei der sie tätig sind, aktiv am Verfahren beteiligt (vgl B[X.]E 78, 175, 179 = [X.] 3-5407 Art 33 § 3a [X.] 1 S 6; B[X.] [X.] 3-1500 § 17 [X.] S 11). § 35a Abs 1 [X.]B IV enthält eine Regelung wie § 79 Abs 5 [X.]B V; der Vorstand vertritt die [X.]rankenkasse gerichtlich und außergerichtlich, soweit Gesetz und sonstiges Recht nichts Abweichendes bestimmen. In der Satzung oder im Einzelfall durch den Vorstand kann bestimmt werden, dass auch einzelne Mitglieder des [X.] vertreten können (§ 35a Abs 1 Satz 2 [X.]B IV).

Im Unterschied zu den Vorständen der [X.]rankenkassen (§ 35a Abs 3 Satz 1 [X.]B IV) waren die Vorstände der [X.](Z)[X.] bis zum 31.12.2004 ehrenamtlich tätig. Regelmäßig waren es die 1. und 2. Vorsitzenden, die die durch Satzung übertragenen Aufgaben des Vorstands wahrgenommen haben. Ihre besondere Stellung wird auch darin deutlich, dass sie nach § 80 Abs 2 Satz 1 [X.] [X.]B V gesondert von der Vertreterversammlung zu wählen sind. Dementsprechend ist der Senat davon ausgegangen, dass die Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender bzw stellvertretender Vorstandsvorsitzender vom zeitlichen Umfang her der hauptamtlichen Ausübung einer Führungsposition nahekommen kann (B[X.]E 86, 203, 213 f = [X.] 3-2500 § 80 [X.] 4 S 40). Die übrigen "einfachen" Mitglieder des Vorstandes waren hingegen nicht derart eingebunden, dass auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt noch ein ihre Neutralität gefährdender Interessenkonflikt bei einer Mitwirkung im gerichtlichen Verfahren zu besorgen ist.

Dieser Differenzierung entsprechen auch die Ausführungen des Senats im Urteil vom 13.5.1998, dass nicht schon die Mitgliedschaft in der Vertreterversammlung von [X.](Z)[X.] zum Ausschluss von der Mitwirkung als ehrenamtlicher [X.] führt (B[X.]E 82, 150 = [X.] 3-1500 § 60 [X.] 4). Der Senat hat bei dieser Entscheidung auch auf die Funktionsfähigkeit der Spruchkörper iS des § 10 Abs 2 [X.]G iVm § 12 Abs 3 [X.]G abgestellt (B[X.]E 82, 150, 154 = [X.] 3-1500 § 60 [X.] 4 S 16). Diese Erwägung gilt entsprechend auch für die ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitglieder der [X.](Z)[X.] nach dem bis zum 31.12.2004 geltenden Recht. Würde auf diese große Gruppe von Vertrags[X.])ärzten trotz fehlender Einzelvertretungsmacht der Ausschlusstatbestand des § 41 [X.] 4 ZPO angewandt, so wären sie bis zum Ausscheiden aus der vertrags[X.])ärztlichen Versorgung an der Mitwirkung als ehrenamtliche [X.] in den [X.] nach § 10 Abs 2 [X.]G gehindert. Dieser dauerhafte Ausschluss noch Jahre und Jahrzehnte nach Beendigung der Vorstandstätigkeit, die nur ehrenamtlich neben der [X.])ärztlichen Praxis ausgeübt worden ist, ist durch den Zweck des § 41 [X.] 4 ZPO nicht geboten.

Ob unter bestimmten Voraussetzungen für Vorstandsmitglieder, die in exponierter Stellung tätig waren und etwa über einen längeren Zeitraum den 1. oder 2. Vorsitzenden einer [X.](Z)[X.] in der Öffentlichkeit vertreten haben, etwas anderes zu gelten hat, bedarf hier keiner Entscheidung. Dass [X.] als (einfaches) Vorstandsmitglied in exponierter Stellung für die [X.] tätig gewesen wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Unter Geltung des am 1.1.2005 in [X.] getretenen § 79 Abs 4 Satz 3 [X.]B V (G[X.]V-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 - [X.]), wonach die Mitglieder des Vorstands ihre Tätigkeit hauptamtlich ausüben, hatte [X.] kein Vorstandsamt mehr inne. Mit der Einführung der Hauptamtlichkeit, die in der beklagten [X.] flankiert wurde durch die Satzungsregelung, nach der die Vertretungsbefugnis von jedem Vorstandsmitglied für seinen Bereich eigenverantwortlich wahrgenommen wird, ist eine Unterscheidung zwischen den Vorsitzenden und den übrigen Mitgliedern nicht mehr möglich. Dass die hauptberuflich tätigen Vorstandsmitglieder einer [X.](Z)[X.] iS des derzeit geltenden Rechts nach § 41 [X.] 4 ZPO von der Mitwirkung als ehrenamtlicher [X.] in Verfahren ausgeschlossen sind, in denen ihre [X.](Z)[X.] beteiligt ist, liegt auf der Hand.

2. Die Mitwirkung von [X.] war auch unter weiteren Gesichtspunkten nicht verfahrensfehlerhaft. Ein Ausschlussgrund nach § 60 Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 41 [X.] 6 ZPO liegt nicht vor, weil der ehrenamtliche [X.] nicht am Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung beteiligt war. Er war auch nicht nach § 60 Abs 2 [X.]G ausgeschlossen. Danach ist von der Ausübung des Amtes als [X.] ausgeschlossen, wer am vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat. Das war hier schon deshalb ausgeschlossen, weil [X.] zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Honorarbescheides nicht mehr dem Vorstand der [X.] angehörte. Die Mitwirkung als Mitglied der Vertreterversammlung an einem Beschluss, auf dessen Rechtmäßigkeit es im Rechtsstreit ankommt, fällt nicht unter § 60 Abs 2 [X.]G (B[X.]E 82, 150 = [X.] 3-1500 § 60 [X.] 4). Das gilt auch für die Mitwirkung an der Beschlussfassung über einen [X.] iS des § 85 Abs 4 [X.]B V in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung, dessen Rechtmäßigkeit im Gerichtsverfahren streitentscheidend ist.

3. Eine Verfahrensrüge begründet auch nicht, dass der Senat im Urteil unter Mitwirkung von [X.] über die Befangenheit dieses ehrenamtlichen [X.]s entschieden hat. Das L[X.] hat zunächst den Satz "Es liegt eine massive richterliche Befangenheit vor" mit dem handschriftlichen Zusatz "Reinstrom/Vorstand [X.]ZVN" unter Punkt A der vom [X.]läger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten "generellen Begründung der Anträge" nicht als Befangenheitsantrag gewertet. Es hat sodann lediglich hilfsweise begründet, warum ein solches Gesuch rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig wäre. Rechtsfehler sind dabei nicht zu erkennen. Der Hinweis auf die Vorstandstätigkeit von [X.] betrifft die Frage des Ausschlusses nach § 41 [X.] 4 ZPO. Weitere konkrete Ablehnungsgründe sind der "generellen Begründung der Anträge" nicht zu entnehmen. Soweit sich in den nachfolgenden umfangreichen Ausführungen des [X.], insbesondere unter Punkt 97 und 98, noch Vortrag dazu findet, dass die ehrenamtlichen [X.] als "Sockelzahnärzte" von dem angegriffenen [X.] profitiert hätten, hat das L[X.] dies in seinen Erwägungen berücksichtigt. Wenn es insbesondere im Hinblick auf zahlreiche [X.] sowohl gegen die Berufsrichter des Senats als auch gegen die ehrenamtlichen [X.] und die [X.] der Argumentation annimmt, es gehe dem [X.]läger um verfahrensfremde Zwecke, nämlich die Besetzung der Spruchkörper in der Sozialgerichtsbarkeit insgesamt anzugreifen und aufgrund der Verfahrensdauer Entschädigungsforderungen nach der Europäischen [X.]onvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMR[X.]) zu begründen, ist dies jedenfalls nicht willkürlich. Das wäre jedoch für den Erfolg der Rüge eines [X.] wegen fehlerhafter Zurückweisung eines Befangenheitsantrags erforderlich (vgl [X.] <[X.]ammer>, NZS 2011, 92, 93 f; B[X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] 1 Rd[X.] 9 jeweils mwN).

Abgesehen davon, dass das L[X.] lediglich hilfsweise Ausführungen zur Frage der Befangenheit des ehrenamtlichen [X.]s [X.] gemacht hat, ist anerkannt, dass abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs 1 ZPO der Spruchkörper ausnahmsweise unter Mitwirkung der abgelehnten [X.] über unzulässige Ablehnungsgesuche entscheidet (vgl [X.] <[X.]ammer>, NJW 2007, 3771; B[X.] [X.] 4-1500 § 60 [X.] 4 Rd[X.] 8; [X.], NJW 2009, 3806 mwN; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 9. Aufl 2008, § 60 Rd[X.] 10d). Eines gesonderten Beschlusses bedarf es in diesen Fällen nicht (vgl B[X.] [X.] 4-1500 § 60 [X.] 4 Rd[X.] 8).

4. Soweit der [X.]läger in der Nichtzulassungsbeschwerde die Befangenheit der Berufsrichter Pilz und [X.] sowie des weiteren ehrenamtlichen [X.]s [X.] rügt, ist er damit bereits gemäß § 60 Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 43 ZPO ausgeschlossen, weil er in der mündlichen Verhandlung einen Sachantrag gestellt hat, ohne zuvor einen entsprechenden Befangenheitsantrag zu stellen. Hierauf konnte nicht etwa im Hinblick darauf verzichtet werden, dass frühere Ablehnungsgesuche des [X.] zurückgewiesen wurden. Im Übrigen vermöchte der pauschale Vortrag, dass die ehrenamtlichen [X.] selbst dem angegriffenen [X.] unterlagen und von ihm begünstigt worden seien, eine Befangenheit ebenso wenig zu begründen wie eine Mitgliedschaft in einem Berufsverband. Schließlich ergibt sich aus der Mitwirkung an Verfahren, in denen die [X.] wegen überlanger Verfahrensdauer vom [X.] zu Entschädigungszahlungen verurteilt wurde, keine Befangenheit der Berufsrichter.

Ein Verfahrensfehler ergibt sich auch nicht aus der Mitwirkung des ehrenamtlichen [X.]s Dr. Liepe im erstinstanzlichen Verfahren. Der Umstand, dass dieser ehrenamtliche [X.] nach dem Vortrag des [X.] Sohn eines Vorstandsmitglieds der [X.] ist, stellt weder einen Ausschlussgrund dar noch begründet er die Besorgnis der Befangenheit.

5. Einen Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G wegen der Nichtvorlage des L[X.] an den [X.] hat der [X.]läger bereits nicht hinreichend bezeichnet. Dazu hätte er unter Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung darlegen müssen, warum eine Vorlage geboten gewesen wäre. Der [X.]läger zitiert aber nicht einmal Rechtsprechung des [X.], die den von ihm behaupteten Wettbewerbsverstoß begründen könnte. Im Übrigen ist die Beschwerde insoweit auch unbegründet. Das L[X.] hat ihn nicht seinem gesetzlichen [X.] iS des Art 101 Abs 1 Satz 2 [X.] entzogen. Zum einen besteht eine Vorlagepflicht nach Art 234 Abs 3 des Vertrags über die Gründung der [X.] ([X.], seit dem 1.12.2009 Art 267 Abs 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der [X.]) nur für letztinstanzliche Gerichte. Zum anderen kann nach der Rechtsprechung des [X.] die Nichteinleitung eines Vorlageverfahrens das grundrechtsgleiche Recht aus Art 101 Abs 1 Satz 2 [X.] verletzen, wenn ein letztinstanzlich zuständiges Gericht die aus Art 234 Abs 3 [X.] abzuleitende Vorlageverpflichtung in offensichtlich unhaltbarer Weise handhabt. Eine solche unhaltbare Handhabung der Vorlagepflicht liegt vor, wenn das Gericht eine Vorlage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der Beantwortung der europarechtlichen Frage hegt, oder wenn das Gericht bewusst von der Rechtsprechung des [X.] abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (vgl [X.] 82, 159, 195 f). Beides ist nicht der Fall.

6. Erfolglos sind auch die übrigen vom [X.]läger erhobenen Verfahrensrügen.

a) Soweit er rügt, der Bescheid über den [X.]/2005, den er hinsichtlich der darin festgesetzten Beiträge zur Zahnärztekammer angegriffen habe, sei zu Unrecht nicht in das Verfahren einbezogen worden, ist ein Verfahrensfehler nicht erkennbar. Im Widerspruchsbescheid vom 17.8.2006 ist ausschließlich über den Widerspruch gegen den Honorarbescheid für 2005 entschieden. Folgerichtig hat der [X.]läger die Änderung dieses Bescheides vor dem L[X.] beantragt, mittlerweile auch eine Entscheidung über seinen Widerspruch gegen den Quartalsabschlussbescheid herbeigeführt und diese vor dem [X.] angegriffen.

b) Zu Unrecht macht der [X.]läger geltend, das L[X.] habe den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs dadurch verletzt, dass es sich nicht hinreichend mit dem Vorbringen zum Verstoß gegen das [X.] aus Art 4 EMR[X.] sowie gegen das Recht auf Achtung des Eigentums aus Art 1 des Zusatzprotokolls zur EMR[X.] vom [X.] auseinandergesetzt habe. Dieses Vorbringen vermag die Annahme einer Gehörsverletzung nicht zu begründen.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das tatsächliche Vorbringen der Beteiligten zur [X.]enntnis nimmt und bei seiner Entscheidung erwägt, auch wenn sich dies nicht ausdrücklich aus dessen Urteil ergibt. Die gegenteilige Annahme - des Versäumnisses eines Gerichts, eine bestimmte Argumentation der Beteiligten zur [X.]enntnis zu nehmen und sie in Erwägung zu ziehen - bedarf greifbarer Anhaltspunkte, die der Beschwerdeführer aufzuzeigen hat (vgl dazu zB B[X.]E 88, 193, 204 = [X.] 3-2500 § 79a [X.] 1 S 13; [X.] 79, 51, 61 mwN; 86, 133, 145 f mwN; 87, 1, 33; 96, 205, 216 f; B[X.] [X.] 4-2500 § 103 [X.] 6 Rd[X.] 20 mwN). Daran fehlt es hier. Das L[X.] hat das Vorbringen des [X.] ausdrücklich, wenn auch knapp, erwähnt. Deshalb fehlen ausreichende Umstände für die Annahme einer Gehörsverletzung. Ausgehend von der Rechtsauffassung des L[X.], dass ein Zusammenhang mit dem geltend gemachten Vergütungsanspruch nicht bestehe, erübrigten sich auch weitere Ausführungen.

c) Erfolglos ist ferner die Verfahrensrüge des [X.], das L[X.] habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt. Bei einer die Amtsermittlungspflicht des Gerichts betreffenden Beanstandung sind die besonderen Anforderungen an [X.] einer Verletzung des § 103 [X.]G zu beachten. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 iVm § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G muss ein Beweisantrag benannt und dazu ausgeführt werden, dass das L[X.] diesem ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. [X.] ist ferner, dass der Beweisantrag im Berufungsverfahren noch zusammen mit den Sachanträgen gestellt oder sonst aufrechterhalten worden ist (vgl dazu B[X.] [X.] 4-1500 § 160 [X.] 1 Rd[X.] 5). Für die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde genügen die genaue Bezeichnung des Beweisantrags, die schlüssige Darstellung des den Mangel ergebenden Sachverhalts und Ausführungen zur Aufklärungspflicht des L[X.]. Daran fehlt es bereits. Der [X.]läger hat schon keinen Beweisantrag aufgezeigt, dem das L[X.] nicht gefolgt ist. Wenn er vorträgt, er habe in einem Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Anwendung des [X.] gegen das [X.] bzw die Eigentumsgarantie verstoße, so handelt es sich nicht um einen Beweisantrag iS von §§ 373, 403 ZPO iVm § 118 [X.]G, sondern um eine rechtliche Wertung, die das L[X.] aus Sicht des [X.] zu Unrecht nicht nachvollzogen hat. Die "Beweisanträge" des [X.] zielen sämtlich darauf ab, der tatrichterlichen Würdigung und der Entscheidung der Rechtsfragen durch das L[X.] die nach seiner Auffassung wesentlichen Sachverhaltsgesichtspunkte und Bewertungen entgegenzusetzen. Eine mangelhafte Sachaufklärung ist damit nicht dargelegt. Es ist auch in der Sache nicht zu beanstanden, dass das L[X.] die Anträge des [X.] nicht zum Anlass für weitere Sachverhaltsermittlungen genommen hat.

d) Schließlich kann der [X.]läger auch mit der Rüge nicht durchdringen, es sei sein Recht auf rechtliches Gehör verletzt, weil das L[X.] nicht mitgeteilt habe, worauf es die Ablehnung des Befangenheitsgesuchs stützen wolle. Abgesehen davon, dass das L[X.], wie bereits dargelegt, zur Frage der Befangenheit des ehrenamtlichen [X.]s [X.] lediglich im Rahmen von Hilfserwägungen Stellung genommen hat, hat es seiner Auffassung Äußerungen und Befangenheitsanträge des [X.] zugrunde gelegt. Dass der [X.]läger insoweit keine Gelegenheit zur Äußerung gehabt haben könnte, ist nicht nachvollziehbar.

e) Die übrigen [X.] des [X.] bezeichnen sämtlich keine Verfahrensfehler, sondern betreffen die materielle Rechtslage, die das L[X.] aus Sicht des [X.] falsch beurteilt hat. Das gilt sowohl für seinen Vortrag zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen [X.] als auch für sein Vorbringen zu Verstößen gegen die EMR[X.]. Soweit der [X.]läger sich gegen nach seiner Ansicht bestehende Unrichtigkeiten in der Sachverhaltsdarstellung des L[X.] wendet, können diese ebenfalls nicht als Verfahrensfehler geltend gemacht werden.

7. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 [X.]G iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der [X.]läger die [X.]osten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).

8. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Beschwer des [X.] (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 G[X.]G).

Meta

B 6 KA 52/10 B

09.02.2011

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Hannover, 21. Dezember 2009, Az: S 35 KA 871/06, Urteil

§ 41 Nr 4 ZPO, § 60 Abs 1 S 1 SGG, § 10 Abs 2 SGG, § 12 Abs 3 SGG, § 77 Abs 6 SGB 5 vom 21.12.1992

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.02.2011, Az. B 6 KA 52/10 B (REWIS RS 2011, 9601)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9601

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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