Bundessozialgericht, Urteil vom 19.10.2011, Az. B 6 KA 21/10 R

6. Senat | REWIS RS 2011, 2191

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Gegenstand

Kassenzahnärztliche Vereinigung - Honorarverteilungsmaßstab (HVM) - kein Degressionsabzug bei Nichthonorierung von Punktmengen wegen Anwendung von Bemessungsgrenzen - eindeutige Regelung im HVM über Tragung von Degressionsabführung durch Zahnarzt - Weitergabe der Degressionskürzung an Krankenkassen vor Honorarverteilung- Verminderung des Degressionsabzuges gegenüber dem Zahnarzt


Leitsatz

1. Ist durch die Anwendung von HVM-Bemessungsgrenzen die der Degression zugrunde liegende Punktmenge rechnerisch teilweise nicht honoriert worden, so ist ein Degressionsabzug insoweit nicht gerechtfertigt.

2. Soll der Zahnarzt stets die volle Last der durch seine Abrechnung verursachten Degressionsabführung tragen, so muss dies eindeutig geregelt sein.

Tenor

Auf die Revision des [X.] werden das Urteil des [X.] vom 20. Mai 2009, der Gerichtsbescheid des [X.] vom 13. Dezember 2007 sowie der Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2005 aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines [X.]s wegen degressionsbedingter Punktwertabsenkung.

2

Der Kläger ist als Fachzahnarzt für Oralchirurgie in B. zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. [X.] erbrachte er konservierend-chirurgische Leistungen im Umfang von 450.733 Punkten. Unter Anwendung der Degressionsregelung des § 85 Abs 4b [X.] kürzte die beklagte [X.] ([X.]) wegen Überschreitung der [X.] von 350.000 Punkten den Vergütungsanspruch des [X.] für das Kalenderjahr 1999 mit vorläufigem Bescheid vom 18.12.2000 um 29 167,60 DM. Den Widerspruch des [X.], mit dem dieser [X.] die Berücksichtigung einer durch den Honorarverteilungsmaßstab ([X.]) bedingten [X.] für den streitbefangenen Zeitraum (Bescheid vom 18.10.2000) bei der Degression erstrebte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.6.2005 zurück. Eine Verrechnung von [X.] durch Degression mit [X.]-bedingten [X.]en könne nicht beansprucht werden.

3

Das [X.] hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.12.2007 abgewiesen. Das [X.] hat mit Urteil vom [X.] die Berufung des [X.] zurückgewiesen. [X.] habe die Beklagte die [X.]en nach ihrem [X.] bei dem [X.] infolge Degression unberücksichtigt gelassen. [X.] nach [X.] würden durch die Regelungen über die Punktwertdegression nicht ausgeschlossen. Eine Verrechnung der [X.] mit der degressionsbedingten Kürzung würde die Degression in unzulässiger Weise unter den Vorbehalt der Honorarverteilung unter die [X.] stellen.

4

Dagegen richtet sich die Revision des [X.]. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere die Verletzung des aus § 85 Abs 4 Satz 3 [X.] iVm Art 12 und Art 3 Abs 1 GG abgeleiteten Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Dieser verlange, dass bei [X.]-Begrenzungsmaßnahmen die Verringerung des Honoraranspruchs auf Grund der Punktwertdegression berücksichtigt werde. Die Vorgehensweise der Beklagten führe im Ergebnis dazu, dass die vom Senat in seinem Urteil vom [X.] KA 25/02 R - vorgegebene Verrechnung von Degressions- und [X.]-Kürzungen gänzlich [X.]. Der Senat habe in diesem Urteil zwar den Vorrang von Degressionskürzungen vor der Honorarverteilung postuliert, allerdings auch eine Verrechnung zeitlich früherer [X.]-Abzüge im Rahmen nachfolgender Degressionskürzungen zugelassen. In seinem Urteil vom 16.12.2009 habe der Senat klargestellt, dass eine [X.] im Rahmen der Honorarverteilung bei einem zeitlich nachfolgenden Degressionsabzug zu berücksichtigen sei.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 20. Mai 2009, den Gerichtsbescheid des [X.] vom 13. Dezember 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2005 aufzuheben.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie bezieht sich zur Begründung auf das angefochtene Urteil, das sie für zutreffend hält. Ziffer 7.2 [X.] vom 16.2.1999 schließe eine Berücksichtigung der [X.] nach dem [X.] aus.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des [X.] ist begründet.

9

1. Rechtsgrundlage für die Honorarberechnungen sind die Regelungen des [X.] über die Ausgestaltung der Honorarverteilung (§ 85 Abs 4 [X.], hier anzuwenden idF des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20.12.1988, [X.] 2477) und über die degressive Abstaffelung zahnärztlicher Honorare (§ 85 Abs 4b ff [X.], hier anzuwenden idF des [X.] vom 19.12.1998, [X.] 3853).

Die Degressionsregelungen des § 85 Abs 4b ff [X.] wurden erstmals zum [X.] eingeführt (Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992, [X.] 2266); sie sind später zum 1.7.1997 aufgehoben (2. [X.] vom [X.], [X.] 1520), zum [X.] aber wieder - im Wesentlichen unverändert - in [X.] gesetzt worden ([X.], [X.] 3853). Nach § 85 Abs 4b Satz 1 [X.] (Fassung vom 19.12.1998, aaO) verringerte sich ab einer Gesamtpunktmenge je Vertragszahnarzt aus vertragszahnärztlicher Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung von 350.000 Punkten je Kalenderjahr der Vergütungsanspruch für die weiteren vertragszahnärztlichen Behandlungen im Sinne des § 73 Abs 2 [X.] 2 [X.] um 20 %, ab einer [X.] von 450.000 je Kalenderjahr um 30 % und ab einer [X.] von 550.000 je Kalenderjahr um 40 %. Die [X.]n lagen bei Gemeinschaftspraxen und bei Beschäftigung von angestellten Zahnärzten und/oder Assistenten höher 85 Abs 4b Satz 3 ff, 7 [X.]). Der Abzugsbetrag war an die Krankenkassen ([X.]) weiterzugeben (§ 85 Abs 4e Satz 1 [X.]). Die [X.] durch die [X.] erfolgte grundsätzlich durch Absenkung der vertraglich vereinbarten Punktwerte (§ 85 Abs 4e Satz 2 ff [X.]).

Die Degressionsregelungen sind - auch mit ihrer Wirkung eines sog [X.] zusätzlich zu den [X.] nach dem [X.] - verfassungsgemäß, wie der [X.] und das [X.] in ständiger Rechtsprechung ausgeführt haben (s dazu zuletzt [X.], 117 = [X.]-2500 § 85 [X.], Rd[X.] 12 unter Hinweis auf [X.] [X.]-2500 § 85 [X.] Rd[X.] 11 = [X.] 2007, 310 mwN).

Die gesetzlichen Vorgaben des § 85 Abs 4b ff [X.] sind vom [X.] in seiner Rechtsprechung konkretisiert worden. Grundlegend ist insoweit das Urteil vom 21.5.2003 ([X.] KA 25/02 R - [X.]-2500 § 85 [X.] 2; - vgl auch die Parallelurteile vom selben Tag [X.] KA 33/02 R - USK 2003-135 = [X.] 2004, 172, sowie [X.] KA 24/02 R und [X.] KA 35/02 R) . Gegenstand dieses Verfahrens war ein Honorarbescheid, der einen Abzugsbetrag aufgrund einer [X.]-Honorarbegrenzung auswies und einen zuvor erfolgten Degressionsabzug unberücksichtigt ließ. Das [X.] hatte den Bescheid der dort beklagten [X.] aufgehoben, soweit die Anrechnung des [X.] unterblieben war. Die Revision hat der [X.] zurückgewiesen. In diesem Urteil hat sich der [X.] vor allem mit dem Ineinandergreifen der Degressionsbestimmungen und der Regelungen der Honorarverteilung befasst. Mit seinen Urteilen vom 16.12.2009 ([X.] KA 39/08 R - [X.], 117 = [X.]-2500 § 85 [X.] sowie [X.] KA 33/08 R und [X.] KA 40/08 R, beide in: Die Leistungen - Beilage - 2010, 34) hat der [X.] diese Rechtsprechung fortgeführt. In den Verfahren hatte die beklagte [X.] jeweils bei der degressionsbedingten Minderung des Honoraranspruchs die Minderung aufgrund der im [X.] normierten [X.] berücksichtigt. Die Revisionen der Kläger gegen die klageabweisenden Urteile des [X.] sind erfolglos geblieben.

a) Wie der [X.] in seinen Urteilen vom 16.12.2009 noch einmal bestätigt hat, ist gegenüber der auf der Grundlage des § 85 Abs 4 Satz 2 [X.] untergesetzlich auszugestaltenden Honorarverteilung die unmittelbar im Gesetz - in § 85 Abs 4b ff, Abs 4e [X.] - geregelte Degressionsabführung an die Krankenkassen vorrangig (vgl [X.] [X.]-2500 § 85 [X.] 2 Rd[X.] 12 bis 14; [X.], 117 = [X.]-2500 § 85 [X.], Rd[X.] 14) . Die Degressionsabführung an die Krankenkassen ist gemäß § 85 Abs 4b ff, Abs 4e [X.] an den von den Zahnärzten in ihren [X.] in Ansatz gebrachten [X.] auszurichten; sie ist unabhängig davon, welche [X.] nach den [X.] der [X.] bei der Honorierung der ihr gegenüber abrechnungsberechtigten Zahnärzte zugrunde gelegt werden (vgl [X.] [X.]-2500 § 85 [X.] 2 Rd[X.] 14) . Unabhängig von den [X.] ist auch zu bestimmen, welche Punktwerte bei der Degressionsabführung an die [X.] zugrunde gelegt werden ([X.], 117 = [X.]-2500 § 85 [X.], Rd[X.] 14). In der Regel werden die Punktwerte, die der Berechnung der Degressionsabführung von der [X.] an die [X.] zugrunde zu legen sind, in einer Degressionsvereinbarung zwischen der [X.] und den [X.] gemäß § 85 Abs 4e Satz 2 ff [X.] festgelegt (s hierzu [X.] [X.]-2500 § 85 [X.] 2 Rd[X.] 16 am Ende und Rd[X.] 17 sowie [X.], 117 = [X.]-2500 § 85 [X.], Rd[X.] 15). Die Art der Festlegung darf sich nicht grundlegend davon entfernen, dass die Degressionsabführung an die [X.] an den [X.] zu orientieren ist, die die Zahnärzte in ihren [X.] in Ansatz bringen (zum Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung der Degressionsvereinbarung siehe [X.], 117 = [X.]-2500 § 85 [X.], Rd[X.] 15 mit Hinweis auf [X.] [X.]-2500 § 85 [X.] 2 Rd[X.] 17).

b) Von der Degressionsabführung an die [X.] ist nach der Rechtsprechung des [X.]s der Degressionsabzug gegenüber dem einzelnen Zahnarzt ([X.], 117 = [X.]-2500 § 85 [X.], Rd[X.] 17 unter Bezugnahme auf [X.] [X.]-2500 § 85 [X.] 2 Rd[X.] 18 iVm 20 ff) zu unterscheiden. Im Verhältnis der [X.] zu ihren Mitgliedern sind neben den Degressionsregelungen auch die honorarbegrenzenden Regelungen im [X.] zu berücksichtigen. Hier ist nach der Rechtsprechung des [X.]s zwischen verschiedenen Konstellationen zu differenzieren. In den Entscheidungen aus Dezember 2009 hat der [X.] hierzu ausgeführt ([X.], 117 = [X.]-2500 § 85 [X.], Rd[X.] 18-22):

"Nur in besonderen Fällen darf die [X.] den Degressionsabzug gegenüber dem Zahnarzt nach denselben Maßstäben festsetzen, wie sie den an die [X.] abgeführten [X.] berechnet hat. Eine solche Möglichkeit besteht ausnahmsweise dann, wenn der [X.] die Honorierung der Zahnärzte nach dem selben Punktwert vorsieht, wie dies zwischen [X.] und [X.] für die Degressionsabführung an die [X.] vereinbart ist, und wenn außerdem die Honorierung der [X.] gegenüber den Zahnärzten ohne Mengenbegrenzungen und ohne Punktwertbegrenzungen - auch ohne Ausrichtung an einem sog floatenden Punktwert - erfolgt (vgl hierzu die in [X.] [X.]-2500 § 85 [X.] 2 Rd[X.] 15 wiedergegebene Vorstellung des Gesetzgebers). Abgesehen von dieser Konstellation ist der an die [X.] abzuführende bzw abgeführte [X.] auch dann in gleicher Höhe gegenüber dem Zahnarzt festzusetzen, wenn der [X.] eine entsprechende Regelung enthält….

In der Regel sind indessen im [X.] [X.] normiert. Dann ist bei deren Anwendung zu berücksichtigen, ob bzw inwieweit sie dazu führen, dass gegenüber dem Zahnarzt ein Degressionsabzug nicht oder jedenfalls teilweise nicht gerechtfertigt ist, weil die von ihm in Ansatz gebrachte und der Degression zugrunde liegende [X.] aufgrund von [X.]-[X.] rechnerisch teilweise nicht honoriert wird. In entsprechendem Umfang darf ihm gegenüber kein Degressionsabzug erfolgen bzw ist, falls dieser schon durchgeführt wurde, - spätestens im Zusammenhang mit der Honorargewährung für das letzte Jahresquartal - ein Ausgleich bzw eine Gutschrift vorzunehmen (so schon [X.] aaO Rd[X.] 20 am Ende).

Diese Korrekturberechnung kann dazu führen, dass der gesamte zunächst gegenüber dem Zahnarzt erfolgte Degressionsabzug ihm wieder gutgeschrieben wird (vgl [X.] [X.]-2500 § 85 [X.] 2 Rd[X.] 22: das endberechnete [X.] von 367.000 Punkten lag unter der… [X.] von 437.500 Punkten). In der Regel allerdings wird dies nicht der Fall sein, sondern die dem Degressionsabzug zugrunde liegende [X.] wird durch die Anwendung der [X.]-Bemessungsgrenze zwar vermindert, aber nicht in einem solchen Umfang, dass ein Degressionsabzug überhaupt nicht mehr gerechtfertigt ist. In der Regel bleibt der Zahnarzt also zusätzlich zur Honorarbegrenzung nach dem [X.] auch mit einem Degressionsabzug belastet….

Die Prüfung, inwieweit das vom Zahnarzt bei seinen Abrechnungen in Ansatz gebrachte Punktzahlvolumen nach Anwendung der [X.]-Honorar-[X.] noch honoriert ist bzw inwieweit eine rechnerische [X.] vorliegt, darf im Falle eines [X.], der bei Zahnärzten mit besonders großen [X.]n für die eine bestimmte Grenze überschreitenden [X.] vorsieht, nicht anhand der bei der Honorarberechnung zugrunde gelegten konkreten Auszahlungsbeträge für die einzelnen Punkte erfolgen. Eine solche Bemessung nach den konkreten Auszahlungspunktwerten (….) liefe darauf hinaus, die zu degressierenden Punkte, die ja dem oberen Bereich über der [X.] zugehören, unter Umständen geringer zu bewerten als die Punkte im Bereich der degressionsfreien [X.]. Das widerspräche dem Konzept einer Gesamtbetrachtung, wonach im Falle von [X.]-[X.] davon auszugehen ist, dass lediglich das Ausmaß der Vergütungen insgesamt der Höhe nach begrenzt ist und die Punktehonorierung durchgängig gleichmäßig entsprechend der größeren abgerechneten [X.] sinkt (so zuletzt [X.] 103, 1 = [X.]-2500 § 106a [X.] 7 Rd[X.] 13 mwN).

Die Beurteilung, inwieweit das vom Zahnarzt bei seinen Abrechnungen in Ansatz gebrachte Punktzahlvolumen nach Anwendung der [X.]-Honorar-[X.] noch honoriert ist bzw inwieweit eine rechnerische [X.] vorliegt, hängt von sog zahnarztindividuellen Umständen ab: Die Berechnung kann nur individuell für jeden Zahnarzt erfolgen. Es muss bestimmt werden, um wieviel die von ihm in seinen [X.] in Ansatz gebrachte [X.] die [X.](n) überschreitet, und in Verbindung mit dem Abstaffelungsfaktor (20 %, 30 % oder 40 %) ist die [X.] zu bestimmen (Beispiel: [X.]n 350.000/450.000/550.000 Punkte <§ 85 Abs 4b [X.]>, [X.] 460.000 Punkte; also Überschreitung 100.000 in der 20 %-Zone und 10.000 in der 30 %-Zone; also Abstaffelung 20.000 + 3.000 = 23.000; also [X.] 23.000 bezogen auf 460.000 = 5 %). Die so errechnete [X.] (in diesem Beispiel 5 %) führt zu einer Verringerung des Vergütungsanspruchs (so die Terminologie des § 85 Abs 4b Satz 1 [X.]), was in der Weise umgesetzt werden kann, dass die zu honorierende [X.] rechnerisch reduziert wird (hier 460.000 - 23.000 = 437.000 Punkte). Wenn (bzw soweit) allerdings kumulativ auch noch [X.]-Honorar-[X.] eingreifen - sodass das Leistungsvolumen, das die Degression ausgelöst hat, rechnerisch nicht oder jedenfalls nicht voll honoriert ist -, darf sich (insoweit) die Degression für ihn nicht auswirken. Dies bedeutet, dass den Zahnarzt im Falle einer Honorarkappung, die unterhalb des um die [X.] reduzierten Leistungsvolumens liegt (zB angenommen bei 400.000 Punkten, sodass er für die von ihm im degressierten Bereich geleistete [X.] <437.001 bis 460.000 Punkte> rechnerisch kein Honorar erhält), kein Degressionsabzug treffen darf, sodass er also die nach dem [X.] mögliche volle Vergütung erhalten muss. War ein Degressionsabzug schon durchgeführt worden, so ist ihm dieser wieder auszugleichen, dh eine entsprechende Gutschrift ist vorzunehmen. Ein Ausgleich hat anteilig zu erfolgen, wenn die [X.]-Honorar-Bemessungsgrenze inmitten des degressierten Bereichs liegt (zB angenommen bei 450.000 Punkten); dann ist dem Zahnarzt ein dementsprechender teilweiser Degressionsabzug aufzuerlegen (für die [X.] von 437.001 bis 450.000 Punkten, aber nicht für den Bereich von 450.001 bis 460.000 Punkten, dh nicht im Umfang von 5 %, sondern nur im Umfang von ca 2,3 %)."

2. Diesen Grundsätzen hat die Beklagte hier nicht in vollem Umfang Rechnung getragen. Sie ging zwar zutreffend gemäß den Vorgaben des § 85 Abs 4b Satz 1 iVm Satz 6 [X.] im Falle des [X.] von einer degressionsfreien Gesamtpunktmenge von 350.000 Punkten aus und errechnete anhand der von ihm im [X.] in Ansatz gebrachten Gesamtpunktzahl von 450.733 Punkten eine Überschreitung der degressionsfreien [X.] um 100.733 Punkte. Ausgehend von dieser [X.]nüberschreitung berechnete die Beklagte gemäß § 85 Abs 4b ff [X.] die Degression. Auf der Grundlage des Degressionsfaktors, der sich aus der Gesamtpunktmenge anhand der [X.]n und der unterschiedlichen Abstaffelungsfaktoren errechnen lässt (gemäß § 85 Abs 4b Satz 1 [X.]: 20%ige Minderung ab den vorgenannten 350.000 Punkten, 30%ige ab 450.000 Punkten), sowie unter Zugrundelegung der vom Kläger im Revisionsverfahren nicht mehr beanstandeten Punktwerte ermittelte die Beklagte bezogen auf das gesamte Jahr einen [X.] von 29 167,60 DM.

Die Beklagte hat aber nicht geprüft, ob durch die Anwendung der [X.]-[X.] die vom Kläger in Ansatz gebrachte und der Degression zugrunde liegende [X.] rechnerisch teilweise nicht honoriert wurde, mithin ein Degressionsabzug rechnerisch nicht oder jedenfalls teilweise nicht gerechtfertigt sein könnte. In entsprechendem Umfang muss die Beklagte bei einer erneuten Entscheidung über den Degressionsabzug für das [X.] ggf einen anteiligen Ausgleich bzw eine entsprechende Gutschrift vornehmen. Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, der dem Kläger erteilte Bescheid über die Honorarberechnung nach dem [X.] sei bereits bestandskräftig geworden. Im [X.]surteil vom 16.12.2009 ist ausgeführt, dass bei erst nachträglicher Degressionsberechnung die bereits durchgeführte [X.]-Berechnung und -Bescheidung zu berücksichtigen ist und im Umfang der hierin vorgenommenen Honorarbegrenzung kein Degressionsabzug erfolgen darf ([X.], 117 = [X.]-2500 § 85 [X.], Rd[X.] 19). An einer erneuten Entscheidung ist die Beklagte nicht etwa durch Zeitablauf gehindert. Die für den Erlass eines Degressionsbescheides geltende Ausschlussfrist von vier Jahren (vgl [X.], [X.] 2008, 100 Rd[X.] 15; ebenso - zur Änderung eines Degressionsbescheides - [X.] 98, 169 = [X.]-2500 § 85 [X.] 35, Rd[X.] 15 mwN) war für die Dauer des Verfahrens gehemmt.

Wie der [X.] bereits entschieden hat, greift gegenüber diesem Ergebnis, dass der Degressionsabzug gegenüber dem Zahnarzt nicht in der Höhe des an die [X.] abgeführten Betrags erfolgt, sondern im Umfang der Honorarbegrenzung durch den [X.] vermindert wird - wodurch ein Teil der Degressionslast von der [X.] getragen wird -, nicht die Forderung durch, der Zahnarzt, der mit seiner [X.] die Verpflichtung der [X.] zur Abführung von [X.] auslöst, müsse in jedem Fall deren Finanzierung voll selbst aufbringen ([X.], 117 = [X.]-2500 § 85 [X.], Rd[X.] 30). Eine solche Forderung ist jedenfalls dann nicht zwingend, wenn im [X.] - oder im Honorarverteilungsvertrag ([X.]) - Honorar-[X.] normiert sind und dadurch dem Zahnarzt Honorar "gekappt" wird, ihm also seine die Degression auslösende [X.] geringer honoriert wird. Bei Bestehen solcher [X.]-[X.] steht dem Gesichtspunkt, dass der Zahnarzt die Abführung von [X.] an die [X.] verursacht hat, die Erwägung gegenüber, dass Regelungen im [X.] ihm bereits sein Honorar "kappen" und deshalb ihm gegenüber ein Degressionsabzug in der vollen Höhe des an die [X.] abgeführten Betrags nicht gerechtfertigt erscheint. Der [X.] hat es als angemessen erachtet, dieses Zusammentreffen der beiden Gesichtspunkte dadurch zu berücksichtigen, dass der Degressionsabzug gegenüber dem Zahnarzt im Umfang der Honorarkappung durch den [X.] vermindert wird, was zur Folge hat, dass ein Teil der Degressionslast von der [X.] getragen werden muss ([X.] aaO).

Allerdings sind nach dem Urteil des [X.]s vom 16.12.2009 auch Abweichungen von einer solchen Aufteilung der [X.] denkbar ([X.] aaO Rd[X.] 31). Durch Regelungen der Honorarverteilung kann bestimmt werden, dass jeder Zahnarzt stets die volle Last der durch seine Abrechnung verursachten Abführung an die [X.] selbst in Form von [X.] zu tragen hat, ohne Rücksicht darauf, ob ihm Honorar nur bis zu bestimmten [X.]- bzw [X.]-[X.] gewährt wird. Der [X.] hat ausdrücklich klargestellt, dass der Normgeber des [X.] bzw des [X.] nicht gehindert ist, der Verantwortlichkeit des die Degressionsabführung verursachenden Zahnarztes so großes Gewicht beizumessen, dass dieser die daraus resultierende Finanzlast allein tragen muss. Mit einer solchen Regelung greift der Normgeber die im Gesetz vorgegebene Wertung auf, dass eine übermäßige Ausdehnung der vertrags(zahn)ärztlichen Tätigkeit verhindert werden soll (§ 85 Abs 4 Satz 6 [X.]).

Der hier anzuwendende [X.] enthielt eine derartige Regelung aber nicht. Eine solche ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht in der Bestimmung der Ziffer 7.2 [X.] zu sehen. Nach der Überschrift der Ziffer 7 [X.] geht es in dieser Regelung um Maßnahmen zur Verhütung einer übermäßigen Ausweitung vertragszahnärztlicher Tätigkeit. Nach Ziffer 7.2 [X.] werden gesetzlich geregelte oder vertraglich vereinbarte Verfahren zur Überprüfung der Behandlungsweise und Abrechnung des Zahnarztes sowie Honorarkürzungen nach § 85 Abs 4b [X.] durch den [X.] nicht berührt. Damit kommt lediglich zum Ausdruck, dass Honorarkürzungen nach dem [X.] und degressionsbedingte Kürzungen grundsätzlich nebeneinander stehen können. Eine Bestimmung des Inhalts, dass nicht nur die Degressionsabführung an die Krankenkassen unberührt bleiben, sondern auch die Degressionsbelastung gegenüber dem Zahnarzt unvermindert bleiben soll und damit der Zahnarzt die volle Last einer degressionsbedingten Kürzung ohne Berücksichtigung [X.]-bedingter Kürzungen zu tragen hat, lässt sich dem nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen. Eine den einzelnen Zahnarzt belastende Ausnahmeregelung hätte in ihrem Wortlaut die volle Kostentragung gesondert und eindeutig zum Ausdruck bringen müssen.

3. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen kommt nicht in Betracht, weil diese keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO).

Meta

B 6 KA 21/10 R

19.10.2011

Bundessozialgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Berlin, 13. Dezember 2007, Az: S 83 KA 34/04 KZA, Gerichtsbescheid

§ 85 Abs 4 S 2 SGB 5 vom 20.12.1988, § 85 Abs 4b S 1 SGB 5 vom 19.12.1998, § 85 Abs 4b S 3 SGB 5 vom 19.12.1998, § 85 Abs 4b S 6 SGB 5 vom 19.12.1998, § 85 Abs 4b S 7 SGB 5 vom 19.12.1998, § 85 Abs 4e S 2 SGB 5 vom 19.12.1998

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 19.10.2011, Az. B 6 KA 21/10 R (REWIS RS 2011, 2191)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2191

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