Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.08.2016, Az. I ZB 1/15

1. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 6977

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1040 ZPO SCHIEDSRICHTERLICHES VERFAHREN

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Gegenstand

Schiedsgerichtssache: Rechtsschutzbedürfnis für Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den seine Zuständigkeit bejahenden Zwischenentscheid des Schiedsgerichts nach Erlass eines Endschiedsspruchs; Antrag auf gerichtliche Aufhebung nach Verneinung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts durch das Rechtsbeschwerdegericht; Erforderlichkeit der Durchführung eines Streitbeilegungsverfahrens als Frage der Zulässigkeit der Schiedsklage; Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung bei Unwirksamkeit des Hauptvertrages


Leitsatz

1. Der Erlass eines Endschiedsspruchs lässt das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den seine Zuständigkeit bejahenden Zwischenentscheid des Schiedsgerichts (§ 1062 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2, § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO) nicht entfallen (Aufgabe von BGH, Beschluss vom 19. September 2013, III ZB 37/12, SchiedsVZ 2013, 333 f.; Beschluss vom 30. April 2014, III ZB 37/12, SchiedsVZ 2014, 200 Rn. 4 bis 8).

2. Gegen den Endschiedsspruch kann der Antrag auf gerichtliche Aufhebung (§ 1059 ZPO) gestellt werden, wenn das Rechtsbeschwerdegericht die Zuständigkeit des Schiedsgerichts im Verfahren nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO verneint hat. Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, muss der Aufhebungsantrag nach § 1059 Abs. 3 Satz 1 ZPO innerhalb einer Frist von drei Monaten bei Gericht eingereicht werden. Die Frist beginnt in entsprechender Anwendung von § 1059 Abs. 3 Satz 2 ZPO mit dem Tag, an dem der Antragsteller die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts empfangen hat.

3. Die Frage nach der Erforderlichkeit der Durchführung eines der Schiedsklage vorgeschalteten Streitbeilegungsverfahrens ist nicht im Verfahren nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO zur Entscheidung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu beantworten, weil sie nicht die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, sondern die Zulässigkeit der Schiedsklage betrifft.

4. Haben die Parteien eines Vertrages eine Schiedsklausel vereinbart, wonach alle Rechtsstreitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag durch ein Schiedsgericht entschieden werden sollen, führt nach § 1040 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Unwirksamkeit oder Beendigung des Vertrages im Zweifel nicht zur Unwirksamkeit  oder Beendigung der darin enthaltenen Schiedsvereinbarung und ist das Schiedsgericht zur Entscheidung von Streitigkeiten über die Gültigkeit und das Bestehen des Vertrags und die bei Unwirksamkeit oder Beendigung des Vertrags bestehenden Ansprüche zuständig.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] - 26. Zivilsenat - vom 4. Dezember 2014 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Gegenstandswert: 180.000 €.

Gründe

1

I. Der Antragsgegner ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] Der Antragsteller ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen ihrer Tochtergesellschaft [X.] Der Antragsgegner hat gegen den Antragsteller eine [X.] erhoben. Die Parteien streiten über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts.

2

Die [X.] hatte mit einem "Share Purchase Agreement" (SPA) vom 18. August 2004 das "Consumer Imaging Business" ([X.]) von der A. -Ge.  -Gruppe übernommen. Innerhalb der [X.] waren die [X.] für die Produktion und die [X.] für den Vertrieb in [X.] zuständig. Die [X.] schloss mit der [X.] als "CI Partner" unter Beteiligung weiterer Parteien am 1./2. November 2004 ein "Sales Processing and Servicing Agreement" ([X.]). Nach Art. 9.07 [X.] sollen alle Rechtsstreitigkeiten aus oder in Verbindung mit dieser Vereinbarung in Einklang mit Art. 9.09 SPA entschieden werden. Art. 9.09 Buchst. [X.] enthält folgende [X.]:

Die Parteien verständigen sich unwiderruflich darauf, dass Streitigkeiten, die aus oder im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen entstehen und die nicht im Einklang mit den Vorschriften dieses Art. 9.09 einvernehmlich gelöst wurden, abschließend durch ein Schiedsgericht in [X.] von drei Schiedsrichtern entschieden werden […].

Art. 7.05 [X.] regelt die Beendigung der Vereinbarung wie folgt:

Diese Vereinbarung soll automatisch enden mit Wirkung für alle Parteien, wenn ein CI Partner […] oder ein Lieferant zahlungsunfähig wird oder ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hinsichtlich eines [X.] […] oder eines Lieferanten gestellt wurde.

3

Die [X.], ein "CI Partner", beantragte am 26. Mai 2005 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Mit Beschluss vom 1. August 2005 eröffnete das [X.] das eigenverwaltete Insolvenzverfahren unter Bestellung des Antragsgegners zum Sachwalter. Mit Beschluss vom 2. Januar 2006 leitete das [X.] das Verfahren in das reguläre Insolvenzverfahren unter Bestellung des Antragsgegners zum Insolvenzverwalter über. Der Antragsteller wurde durch Beschluss des [X.] vom 22. Dezember 2005 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.] bestellt.

4

Ende des Jahres 2012 hat der Antragsgegner gegen den Antragsteller eine [X.] erhoben, mit der er ihn aus abgetretenem Recht auf Auskunft über eingezogene Forderungen und auf Auskehrung der sich aus der Auskunft ergebenden Beträge in Anspruch nimmt. Außerdem beansprucht er aus eigenem Recht die Erstattung von Auslagen.

5

Der Antragsteller hat die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts gerügt. Das Schiedsgericht hat sich durch [X.] für zuständig erklärt. Der Antragsteller hat beim [X.] die Aufhebung des [X.]s und die Feststellung seiner Unwirksamkeit beantragt. Das [X.] hat diesen Antrag zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

6

II. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.]s ist von Gesetzes wegen statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Gegen die in § 1062 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO genannte Entscheidung des [X.]s über einen Antrag betreffend die Entscheidung eines Schiedsgerichts, in der dieses seine Zuständigkeit in einem [X.] bejaht hat (§ 1040 ZPO), findet gemäß § 1065 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Rechtsbeschwerde statt. Die Rechtsbeschwerde ist auch sonst zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie ist aber nicht begründet. Das Schiedsgericht hat, wie das [X.] zutreffend angenommen hat, seine Zuständigkeit zur Entscheidung über die [X.] mit Recht bejaht.

7

1. Die Rechtsbeschwerdeerwiderung macht ohne Erfolg geltend, der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den [X.] des Schiedsgerichts sei dadurch unzulässig geworden, dass das Schiedsgericht am 22. Januar 2015 einen [X.] über den Auskunftsanspruch und am 23. März 2016 den [X.] erlassen habe.

8

a) Die erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgetragene Tatsache, dass das Schiedsgericht während der Anhängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung einen [X.] und einen [X.] erlassen hat, kann allerdings im Rechtsbeschwerdeverfahren berücksichtigt werden. Dem steht nicht entgegen, dass der Beurteilung des [X.] gemäß § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO nur die vom Beschwerdegericht festgestellten Tatsachen unterliegen. Neuer Tatsachenvortrag zu Prozessvoraussetzungen ist in der [X.] zu berücksichtigen, weil Prozessvoraussetzungen von Amts wegen zu prüfen sind ([X.], Beschluss vom 18. September 2003 - [X.], [X.]Z 156, 165, 167 f. mwN). Das Vorbringen der Rechtsbeschwerdeerwiderung betrifft eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung, nämlich die Frage, ob das Rechtsschutzinteresse für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den seine Zuständigkeit bejahenden [X.] des Schiedsgerichts mit dem Erlass des [X.]s oder des [X.]s entfallen ist, weil die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts aufgrund unwirksamer Schiedsvereinbarung dann im Verfahren auf Aufhebung (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a ZPO) oder Vollstreckbarerklärung (§ 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO) des Schiedsspruchs zu prüfen ist. Der [X.] hat diese Frage für den Erlass des [X.] bislang bejaht (vgl. [X.], Beschluss vom 19. September 2013 - [X.], [X.] 2013, 333 f.; Beschluss vom 30. April 2014 - [X.], [X.] 2014, 200 Rn. 4 bis 8; Beschluss vom 5. November 2015 - [X.], juris Rn. 7; vgl. auch Beschluss vom 3. März 2016 - [X.], [X.], 1047 Rn. 80) und für den Erlass eines [X.]s verneint (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Juni 2014 - [X.] 89/13, [X.] 2014, 254 Rn. 6).

9

b) Das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den seine Zuständigkeit bejahenden [X.] des Schiedsgerichts entfällt jedoch weder mit dem Erlass des [X.]s noch mit dem Erlass eines [X.]s. An der abweichenden Auffassung des ehemals für die Rechtsstreitigkeiten über Schiedsvereinbarungen und Schiedssprüche zuständigen III. Zivilsenats, der sich der für diese Rechtsstreitigkeiten nunmehr zuständige I. Zivilsenat zunächst angeschlossen hat, wird nicht festgehalten. Der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie und das Interesse der Beteiligten, die auf das Verfahren über den [X.] aufgewandten Kosten und Mühen nicht weitgehend zu entwerten, hat nach Ansicht des erkennenden Senats größeres Gewicht als die gegen eine Fortführung des Verfahrens nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO bestehenden Bedenken (vgl. [X.] in Musielak/[X.], ZPO, 13. Aufl., § 1040 Rn. 12; Pörnbacher/[X.], [X.] 2014, 202; [X.], [X.] 2015, 324, 325; aA noch [X.], [X.] 2013, 333 f.). Zwischen der früheren Entscheidung des Schiedsgerichts in der Hauptsache und der späteren Entscheidung des [X.] im Zwischenstreit über die Zuständigkeit kommt es zwar zu einem Konflikt, wenn das Schiedsgericht in der Hauptsache über die [X.] entschieden hat und das Rechtsbeschwerdegericht die Zuständigkeit des Schiedsgerichts im Verfahren nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO verneint. Dieser Konflikt kann jedoch dadurch aufgelöst werden, dass der [X.] auf einen entsprechenden Antrag einer Partei nach § 1059 Abs. 1 und 2 ZPO vom [X.] aufgehoben wird (vgl. [X.].ZPO/[X.], 4. Aufl., § 1032 ZPO Rn. 28; aA [Nichtigkeit des Schiedsspruchs] [X.] in Musielak/[X.] aaO § 1040 Rn. 14; jeweils mwN auch zur Gegenansicht). Die in § 1059 Abs. 3 ZPO enthaltene Regelung wird dadurch nicht unterlaufen (aA noch [X.], [X.] 2013, 333, 334). Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, muss der [X.] nach § 1059 Abs. 3 Satz 1 ZPO innerhalb einer Frist von drei Monaten bei Gericht eingereicht werden. Die Frist beginnt in entsprechender Anwendung von § 1059 Abs. 3 Satz 2 ZPO mit dem Tag, an dem der Antragsteller die Entscheidung des [X.] empfangen hat.

2. Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die [X.] und die [X.] eine wirksame Schiedsvereinbarung (§ 1029 ZPO) geschlossen haben. Sie haben mit der Vereinbarung in Art. 9.07 [X.], dass alle Rechtsstreitigkeiten aus oder in Verbindung mit dem [X.] in Einklang mit Art. 9.09 SPA entschieden werden sollen, die in Art. 9.09 SPA enthaltene [X.] in das [X.] einbezogen. Das [X.] hat weiter mit Recht angenommen, dass die Parteien als Insolvenzverwalter über die Vermögen der [X.] und der [X.] an diese Schiedsvereinbarung gebunden sind, soweit mit der [X.] - wie im Streitfall - vertragliche Ansprüche geltend gemacht werden. Da die Schiedsvereinbarung weder ein gegenseitiger Vertrag im Sinne von § 103 [X.] noch ein Auftrag im Sinne von § 115 [X.] ist, kann der Verwalter weder die Erfüllung ablehnen noch erlischt die Schiedsvereinbarung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vgl. [X.], Urteil vom 25. April 2013 - [X.], [X.], 1514 Rn. 8 mwN). Das [X.] ist ferner davon ausgegangen, die von dem Antragsgegner gegen den Antragsteller mit der [X.] geltend gemachten Ansprüche aus abgetretenem und eigenem Recht beträfen Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem [X.] und würden insoweit von der Schiedsvereinbarung umfasst. Auch diese Beurteilung wird von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

3. Das [X.] hat zutreffend angenommen, dass die Frage, ob die [X.] nach Art. 9.09 SPA erhoben werden durfte, obwohl sich die Parteien nicht zuvor um eine einvernehmliche Lösung der Streitigkeit bemüht hatten, nicht im Verfahren zur Entscheidung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nach § 1040 Abs. 3 ZPO zu beantworten ist.

Nach Art. 9.09 Buchst. [X.] sind Streitigkeiten, die aus oder im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen entstehen und die nicht im Einklang mit den Vorschriften dieses Art. 9.09 einvernehmlich gelöst wurden, abschließend durch ein Schiedsgericht in [X.] von drei Schiedsrichtern zu entscheiden. In Art. 9.09 Buchst. a und b SPA ist das dem Schiedsverfahren vorzuschaltende Verfahren der einvernehmlichen Streitbeilegung geregelt. Das Schiedsgericht hat sich in seinem [X.] mit der Frage auseinandergesetzt, ob die [X.] danach erst nach der vergeblichen Durchführung dieses [X.]s erhoben werden durfte. Es hat diese Frage mit der Begründung verneint, die Regelung des Art. 9.09 Buchst. a und b SPA erfasse schon nach ihrem Wortlaut keine Streitigkeiten zwischen Gesellschaften der [X.].

Das [X.] hat mit Recht angenommen, dass die Frage nach der Erforderlichkeit der Durchführung eines der [X.] vorgeschalteten Streitbeilegungsverfahrens nicht im Verfahren nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO zur Entscheidung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu beantworten ist, weil sie nicht die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, sondern die Zulässigkeit der [X.] betrifft. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts wäre von vornherein nicht gegeben, wenn zunächst das vertraglich vereinbarte [X.] durchgeführt werden müsste. Selbst wenn der Erhebung der [X.] ein Vorverfahren vorausgehen müsste und die Erhebung der [X.] ohne Durchführung des Vorverfahrens unzulässig wäre, änderte dies nichts an der Zuständigkeit des Schiedsgerichts zur Entscheidung über die [X.]. Die Zulässigkeit der Klageerhebung ist keine Voraussetzung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts.

4. Das [X.] hat ferner mit Recht angenommen, dass die Schiedsvereinbarung nicht mit dem Antrag der [X.] vom 26. Mai 2005 auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen wirkungslos geworden ist.

a) Nach Art. 7.05 [X.] soll die Vereinbarung mit Wirkung für alle Parteien unter anderem dann automatisch enden, wenn ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hinsichtlich eines "[X.]" gestellt wurde. Die [X.], ein "CI Partner", hat am 26. Mai 2005 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragt.

b) Es kann offenbleiben, ob die Bestimmung des Art. 7.05 [X.], wonach die Vereinbarung unter der auflösenden Bedingung eines Insolvenzantrags steht, unwirksam im Sinne von § 119 [X.] ist, weil sie im Voraus das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 [X.] ausschließt (zu insolvenzabhängigen Lösungsklauseln in Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie vgl. [X.], Urteil vom 15. November 2012 - [X.], [X.]Z 195, 348 Rn. 8 bis 21). Das [X.] hat mit Recht angenommen, die Bestimmung des Art. 7.05 [X.] führe - auch wenn sie wirksam sei - nicht dazu, dass die [X.] in Art. 9.07 [X.] in Verbindung mit Art. 9.09 SPA mit dem Antrag der [X.] vom 26. Mai 2005 auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen wirkungslos geworden ist.

aa) Die [X.] in Art. 9.07 [X.] in Verbindung mit Art. 9.09 SPA ist zwar Teil der Vereinbarung, die nach der Bestimmung des Art. 7.05 [X.] - ihre Wirksamkeit unterstellt - mit dem Antrag der [X.] vom 26. Mai 2005 auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch geendet hat. Eine [X.] - also eine im Hauptvertrag enthaltene Schiedsvereinbarung - ist jedoch nach § 1040 Abs. 1 Satz 2 ZPO als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige Vereinbarung zu behandeln. Das gilt auch für die Prüfung ihres Bestehens und ihrer Gültigkeit (vgl. [X.], Urteil vom 22. September 1977 - [X.], [X.]Z 69, 260, 263 f.; Beschluss vom 24. Juli 2014 - [X.] 83/13, [X.]Z 202, 168 Rn. 18). Danach kann allein aus dem Umstand, dass die übrigen Vertragsbestimmungen wirkungslos geworden sind, nicht darauf geschlossen werden, dass auch die [X.] wirkungslos geworden ist. Vielmehr ist, wie das [X.] mit Recht angenommen hat, anhand von Wortlaut und Zweck der Schiedsvereinbarung sowie der Interessenlage der Parteien zu entscheiden, ob mit der Beendigung der übrigen Vertragsbestimmungen auch die [X.] entfallen sollte. Dabei ist im Zweifel davon auszugehen, dass eine Schiedsvereinbarung, wonach alle Rechtsstreitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit einem Vertrag durch ein Schiedsgericht entschieden werden sollen, bedeutet, das Schiedsgericht solle auch über die Frage der Gültigkeit und des Bestehens des Vertrags und die bei Unwirksamkeit oder Beendigung des Vertrags bestehenden Ansprüche entscheiden (vgl. [X.], Urteil vom 27. Februar 1970 - [X.], [X.]Z 53, 315, 319 bis 323; [X.]Z 69, 260, 263 f.; vgl. auch [X.]/[X.], Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., [X.]. 4 Rn. 17). In einem solchen Fall führt die Unwirksamkeit oder Beendigung des Hauptvertrages nicht zur Unwirksamkeit oder Beendigung der darin enthaltenen Schiedsvereinbarung.

bb) Nach dem Wortlaut von Art. 9.07 [X.] in Verbindung mit Art. 9.09 SPA haben die Parteien hinsichtlich aller Rechtsstreitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit der Vereinbarung die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vereinbart. Das [X.] hat angenommen, diese uneingeschränkte Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsbarkeit könne nur so verstanden werden, dass die Parteien auch Streitigkeiten über die Folgen der Beendigung der Vereinbarung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts unterstellen wollten. Der Zweck der Schiedsvereinbarung spreche gleichfalls dafür, dass sie von der Regelung in Art. 7.05 [X.] unberührt bleiben sollte. An einem Streitbeilegungsmechanismus habe auch bei einer - für den Fall der Insolvenz vereinbarten - Beendigung der Vereinbarung Bedarf bestanden. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

Die Rechtsbeschwerde rügt vergeblich, das [X.] habe sich damit über den eindeutigen Wortlaut des Art. 7.05 [X.] hinweggesetzt, wonach diese Vereinbarung mit Wirkung für alle Parteien automatisch ende, wenn ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt werde. Mit "dieser Vereinbarung" sei das [X.] gemeint, das in Art. 9.07 [X.] ausdrücklich auf die Schiedsvereinbarung in Art. 9.09 SPA Bezug nehme. Dies könne nur bedeuten, dass mit dem Insolvenzfall nicht nur das [X.], sondern auch die darin in Bezug genommene Schiedsvereinbarung automatisch ende. Die Parteien seien übereinstimmend davon ausgegangen, dass das [X.] mit dem Insolvenzantrag der [X.] am 25. Mai 2005 automatisch beendet gewesen sei.

Die Rechtsbeschwerde lässt außer [X.], dass die [X.] als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige Vereinbarung zu behandeln ist (vgl. oben Rn. 18). Allein der Umstand, dass die Schiedsvereinbarung ein Bestandteil des Hauptvertrages ist, führt daher nicht dazu, dass sie das rechtliche Schicksal der übrigen Bestimmungen des Hauptvertrages teilt. Deshalb kann daraus, dass die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen sind, die Vereinbarung habe mit dem Eintritt des Insolvenzfalles automatisch geendet, nicht geschlossen werden, sie seien übereinstimmend davon ausgegangen, dass Rechtsstreitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit der beendeten Vereinbarung nicht mehr wie vereinbart durch ein Schiedsgericht zu entscheiden sind.

III. Danach ist die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.]s auf Kosten des Antragstellers (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.

Büscher                         Koch                         Löffler

                Schwonke                   Feddersen

Meta

I ZB 1/15

09.08.2016

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 4. Dezember 2014, Az: 26 SchH 11/14

§ 1040 Abs 1 S 2 ZPO, § 1040 Abs 3 S 2 ZPO, § 1059 Abs 3 S 1 ZPO, § 1059 Abs 3 S 2 ZPO, § 1062 Abs 1 Nr 2 Alt 2 ZPO, § 1065 Abs 1 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.08.2016, Az. I ZB 1/15 (REWIS RS 2016, 6977)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 488 WM 2016, 1714 REWIS RS 2016, 6977

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