Bundessozialgericht, Beschluss vom 02.02.2022, Az. B 9 SB 47/21 B

9. Senat | REWIS RS 2022, 1567

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensmangel - verständliche und strukturierte Tatsachendarstellung - Amtsermittlungspflicht - Aufrechterhaltung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags - Wiederholung und Protokollierung in der mündlichen Verhandlung - Bezugnahme auf gestellte Beweisanträge nicht ausreichend - rechtliches Gehör - Fragerecht an den Sachverständigen - Benennung der konkret erläuterungsbedürftigen Punkte - Antrag auf Stellungnahme zu einem Fremdgutachten nicht genügend - unterbliebene Kenntnisnahme von digitalen Inhalten eines Schriftsatzes - Nichtausdruck von beigefügten Befundberichten durch das Gericht - zuvor bereits in das Verfahren eingeführte Befunde - Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs gegenüber einem Sachverständigen - Darlegungsanforderungen


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 29. Juni 2021 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt in der [X.]auptsache die Feststellung eines [X.]rades der [X.]ehinderung ([X.]d[X.]) von mindestens 60 ab November 2013 anstelle des zuerkannten [X.]d[X.] von 40. Das hierzu geführte Verfahren vor dem [X.] ist nach [X.]eiziehung von [X.]efundunterlagen und Einholung eines orthopädischen [X.]utachtens des Orthopäden [X.] vom 10.2.2015 erfolglos geblieben ([X.]erichtsbescheid vom 29.11.2016). Im anschließenden [X.]erufungsverfahren hat das L[X.] ua [X.]eweis erhoben durch Einholung eines [X.]utachtens des Arztes für Chirurgie, [X.]ozialmedizin, medizinische [X.]egutachtung [X.] vom 25.8.2020 nebst ergänzender [X.]tellungnahme vom [X.] Einen Antrag der Klägerin auf Ablehnung des [X.]achverständigen [X.] wegen [X.]esorgnis der [X.]efangenheit hat das L[X.] mit [X.]eschluss vom [X.] zurückgewiesen und mit Urteil vom [X.] einen Anspruch der Klägerin auf einen höheren [X.]d[X.] als 40 verneint.

2

[X.]egen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin [X.]eschwerde zum [X.][X.] eingelegt, mit der sie Verfahrensfehler geltend macht.

3

II. Die [X.]eschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die [X.]egründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil sie die behaupteten Verfahrensmängel nicht ordnungsgemäß bezeichnet hat (§ 160a Abs 2 [X.]atz 3 [X.][X.]).

4

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde wie im Fall der Klägerin darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]albsatz 1 [X.][X.]), so müssen bei der [X.]ezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 [X.]atz 3 [X.][X.]) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des L[X.] - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer [X.]eeinflussung der Entscheidung besteht. [X.]emäß § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]albsatz 2 [X.][X.] kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 [X.]atz 1 [X.][X.] und auf eine Verletzung des § 103 [X.][X.] nur gestützt werden, wenn er sich auf einen [X.]eweisantrag bezieht, dem das L[X.] ohne hinreichende [X.]egründung nicht gefolgt ist. Diesen Anforderungen wird die [X.]eschwerdebegründung der Klägerin nicht gerecht.

5

a) Die Klägerin rügt umfangreich vermeintliche [X.]achaufklärungsmängel (§ 103 [X.][X.]) und weitere durch das L[X.] angeblich begangene Verfahrensfehler. [X.]ie versäumt es jedoch bereits, zuvor den [X.]achverhalt und den gesamten Verfahrensgang in einem geordneten Zusammenhang hinreichend verständlich darzustellen. Denn "bezeichnet" i[X.] des § 160a Abs 2 [X.]atz 3 [X.][X.] ist ein Verfahrensmangel nur dann, wenn er in den ihn begründenden Tatsachen substantiiert dargetan wird ([X.][X.] [X.]eschluss vom 27.8.2018 - [X.] [X.][X.] 1/18 [X.] - juris Rd[X.] 10 mwN). Dies wird aber nur dann erkennbar, wenn zuvor in der [X.]eschwerdebegründung diese Tatsachen im Zusammenhang mit dem Verfahrensgang dargestellt werden und auch darauf hingewiesen wird, dass diese Darstellung der entspricht, die das L[X.] seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Dies gilt umso mehr, wenn es sich - wie hier - um einen umfangreichen Lebenssachverhalt handelt. In einer solchen Konstellation ist vom [X.]eschwerdeführer zu erwarten, dass die Tatsachenfeststellungen, die aus [X.]icht der [X.]eschwerde und für das L[X.] entscheidungserheblich sind, in einer geordneten Abhandlung dargelegt werden und nicht - wie hier in der 83-seitigen [X.]eschwerdebegründung erfolgt - unzureichend strukturiert und unzulänglich geordnet sowie versehen mit zahlreichen wortwörtlichen Auszügen aus der [X.]erufungsbegründung vom 14.12.2016 und diversen anderen [X.]chriftsätzen der Klägerin (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] V 14/19 [X.] - juris Rd[X.] 5 f; [X.][X.] [X.]eschluss vom 1.8.2017 - [X.] 13 R 214/16 [X.] - juris Rd[X.] 6 mwN). Es ist nicht Aufgabe des [X.][X.], sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen für die vom [X.]eschwerdeführer gerügten Verfahrensmängel aus dem angegriffenen Urteil selbst herauszusuchen (stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom 8.11.2018 - [X.] V 28/18 [X.] - juris Rd[X.] 5; [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] R 144/17 [X.] - juris Rd[X.] 9 mwN).

6

b) Unabhängig davon erfüllt das Vorbringen der Klägerin nicht die [X.] an eine [X.]achaufklärungsrüge. Die Klägerin hat bereits keinen prozessordnungsgemäßen [X.]eweisantrag bezeichnet. [X.]emäß § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]albsatz 2 [X.][X.] kann der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 [X.][X.] nur gestützt werden, wenn er sich auf einen bis zuletzt aufrechterhaltenen [X.]eweisantrag bezieht, dem das L[X.] ohne hinreichende [X.]egründung nicht gefolgt ist. [X.] die [X.]eschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche [X.]achaufklärungspflicht rügen (§ 103 [X.][X.]), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren [X.]eweisantrag bezeichnen, dem das L[X.] nicht gefolgt ist. Dafür muss nicht nur die [X.]tellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichnete Tatsachenbehauptung [X.]eweis erhoben werden sollte und was die [X.]eweisaufnahme ergeben hätte (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom 14.5.2021 - [X.] [X.][X.] 71/20 [X.] - juris Rd[X.] 6; [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] V 16/17 [X.] - juris Rd[X.] 6, jeweils mwN).

7

Der Rüge der Klägerin, das L[X.] sei ihren Anträgen auf Anhörung und [X.]efragung der gehörten [X.]achverständigen [X.] und [X.] nicht nachgegangen und habe keine weiteren [X.]efundberichte der behandelnden Ärzte sowie trotz mehrfacher Anregung keine weiteren [X.]achverständigengutachten eingeholt, lässt sich bereits kein solcher hinreichend bestimmter [X.]eweisantrag i[X.] des § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.][X.] über konkret bezeichnete Tatsachenbehauptungen entnehmen. Dies gilt umso mehr, soweit die Klägerin lediglich vorträgt, sie habe weitere Ermittlungen "angeregt". Denn zur Darlegung eines prozessordnungsgemäßen [X.]eweisantrags muss nicht nur die [X.]tellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte [X.]eweis erhoben werden sollte (vgl § 118 Abs 1 [X.]atz 1 [X.][X.] iVm § 403 ZPO). Merkmal eines [X.]eweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des [X.]eweismittels für diese Tatsache. [X.]loße [X.]eweisanregungen haben prozessual und im [X.]inblick auf die [X.]achaufklärungsrüge nicht dieselbe [X.]edeutung wie ein förmlicher [X.]eweisantrag ([X.][X.] [X.]eschluss vom 3.2.2020 - [X.] 13 R 295/18 [X.] - juris Rd[X.] 8; [X.][X.] [X.]eschluss vom 31.5.2017 - [X.] 5 R 358/16 [X.] - juris Rd[X.] 11).

8

Überdies hat die Klägerin auch nicht vorgetragen, sie habe einen entsprechend ordnungsgemäßen [X.]eweisantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem L[X.] bis zuletzt aufrechterhalten. Denn ein solcher Antrag hat im sozialgerichtlichen Verfahren eine Warnfunktion. Er soll der Tatsacheninstanz unmittelbar vor der Entscheidung signalisieren, dass ein [X.]eteiligter die gerichtliche Aufklärungspflicht noch nicht für erfüllt hält. Diese Warnfunktion verfehlen bloße [X.]eweisgesuche, die lediglich in der [X.]erufungsschrift oder sonstigen [X.]chriftsätzen enthalten sind, da es sich insoweit nur um [X.]inweise oder bloße Anregungen handelt ([X.][X.] [X.]eschluss vom [X.]/15 [X.] - juris Rd[X.] 9). Um das [X.]erufungsgericht ausreichend vor einer Verletzung seiner Amtsermittlungspflicht zu warnen, muss ein im [X.]erufungsverfahren rechtskundig vertretener [X.]eschwerdeführer - wie die Klägerin - sein zuvor geäußertes [X.]eweisbegehren deshalb in der mündlichen Verhandlung vor dem L[X.] als prozessordnungsgemäßen [X.]eweisantrag i[X.] von § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.][X.] wiederholen und protokollieren lassen (§ 122 [X.][X.] iVm § 160 Abs 4 [X.]atz 1 ZPO; vgl stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom 14.5.2021 - [X.] [X.][X.] 71/20 [X.] - juris Rd[X.] 8 mwN). [X.]oweit die Klägerin hierzu vorträgt, in der mündlichen Verhandlung sei das [X.]egehren nach weiterer Amtsermittlung in Form der Einholung weiterer ärztlicher [X.]efundberichte und ergänzender [X.]achverständigengutachten sowie auch der [X.]efragung der [X.]achverständigen eingefordert und aufrechterhalten worden, so reicht dieses Vorbringen nicht. Zwar hat das L[X.], wie die Klägerin vorträgt, auf ihren Antrag vom [X.] das Protokoll mit [X.]eschluss vom 20.8.2021 wie folgt ergänzt: "Im Übrigen nehme ich [X.]ezug auf meine schriftsätzlichen [X.]eweisanregungen und [X.]eweisanträge und halte entsprechende Ermittlungen von Amts wegen weiter für geboten". Mit dieser Protokollergänzung gibt die Klägerin jedoch wiederum lediglich [X.]inweise und bloße Anregungen zur weiteren Amtsermittlung. Ein protokollierter ordnungsgemäßer [X.]eweisantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem L[X.] beinhaltet sie nicht. Es fehlt - wie oben ausgeführt - schon an der [X.]enennung eines konkreten [X.]eweisthemas.

9

c) [X.]oweit die Klägerin des Weiteren rügt, das L[X.] habe zu Unrecht ihr Ablehnungsgesuch gegenüber dem [X.]achverständigen [X.] zurückgewiesen, hat sie einen Verfahrensmangel des [X.]erufungsgerichts ebenfalls nicht hinreichend dargetan.

Im [X.]inblick auf § 557 Abs 2 ZPO iVm § 202 [X.]atz 1 [X.][X.] unterliegen die dem Endurteil vorausgehenden Entscheidungen der [X.]eurteilung des [X.] grundsätzlich dann nicht, wenn sie ihrerseits unanfechtbar sind. Diese Einschränkung der Prüfungsbefugnis des [X.] ist bei [X.]eschlüssen, durch die ein Ablehnungsgesuch gemäß § 118 Abs 1 [X.]atz 1 [X.][X.] iVm § 406 Abs 1 und 2, § 42 Abs 2 ZPO zurückgewiesen wird, gegeben, wenn sie - wie hier - von einem L[X.] erlassen werden und deshalb gemäß § 177 [X.][X.] der Anfechtung mit der [X.]eschwerde entzogen sind. Dies hat zur Folge, dass die Zurückweisung des [X.] grundsätzlich auch nicht als Verfahrensmangel des angefochtenen Urteils i[X.] des § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.][X.] geltend gemacht werden kann (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] V 14/19 [X.] - juris Rd[X.] 10 mwN). Die [X.]indung des [X.] fehlt insoweit lediglich dann, wenn die Zurückweisung des [X.] auf willkürlichen oder manipulativen Erwägungen beruht, die für die Fehlerhaftigkeit des als Mangel gerügten Vorgangs bestimmt gewesen sind, oder wenn die Zurückweisung des [X.] darauf hindeutet, dass das [X.]ericht [X.]edeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art 101 Abs 1 [X.]atz 2 [X.][X.] grundlegend verkannt hat (vgl [X.][X.] aaO, mwN; vgl auch [X.]Verf[X.] [X.]eschluss vom 21.11.2018 - 1 [X.]vR 436/17 - juris Rd[X.] 12). Entsprechende substantiierte Darlegungen der Klägerin enthält die [X.]eschwerdebegründung nicht.

d) [X.]oweit die Klägerin schließlich rügt, ihr Anspruch auf rechtliches [X.]ehör nach § 62 [X.][X.] iVm Art 103 Abs 1 [X.][X.] sei dadurch verletzt, dass das L[X.] mehr als 99 [X.]eiten ihrer digitalen Anlagen zum [X.]chriftsatz vom 13.1.2021 nicht ausgedruckt zu den Akten und damit auch nicht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung nicht berücksichtigt habe, ein [X.]utachten des [X.] vom 20.3.2012 aus einem Verfahren wegen Erwerbsminderungsrente verwertet habe, ohne dies ihrem Prozessbevollmächtigten zuvor zur Kenntnis zu übermitteln und schließlich ein von ihr zur [X.]erichtsakte gereichtes [X.]utachten des [X.] vom 29.11.2020 weder berücksichtigt noch ausgewertet habe, hat sie einen entsprechenden Verfahrensmangel ebenfalls nicht hinreichend bezeichnet.

§ 62 [X.][X.] konkretisiert den verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches [X.]ehör (Art 103 Abs 1 [X.][X.]) und soll verhindern, dass die [X.]eteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder [X.]eweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (§ 128 Abs 2 [X.][X.]) und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom [X.]ericht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen mit einbezogen wird (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom 28.2.2017 - [X.] [X.][X.] 88/16 [X.] - juris Rd[X.] 9 mwN). Das [X.]ericht muss jedoch nicht ausdrücklich jedes Vorbringen der [X.]eteiligten bescheiden. Der Anspruch auf rechtliches [X.]ehör bietet keinen [X.]chutz gegen Entscheidungen, die den [X.]achvortrag eines [X.]eteiligten aus [X.]ründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lassen (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] V 14/19 [X.] - juris Rd[X.] 12; [X.]Verf[X.] Urteil vom 8.7.1997 - 1 [X.]vR 1621/94 - [X.]Verf[X.]E 96, 205, 216 = juris Rd[X.] 43). Er gewährleistet nur, dass ein [X.]eteiligter mit seinem Vortrag "gehört", nicht jedoch "erhört" wird. Die [X.]erichte werden durch Art 103 Abs 1 [X.][X.] nicht dazu verpflichtet, der Rechtsansicht eines [X.]eteiligten zu folgen (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom 4.5.2020 - [X.] [X.][X.] 84/19 [X.] - juris Rd[X.] 11 mwN).

Die Klägerin hat nicht schlüssig aufgezeigt, weshalb aus dem bloßen [X.] der [X.]efundberichte durch das L[X.] aus den digitalen Anlagen zum [X.]chriftsatz vom 13.1.2021 ohne Weiteres auf eine ausgebliebene Kenntnisnahme durch das [X.]ericht geschlossen werden könne. Denn sie hat schon nicht substantiiert dargelegt, welches Vorbringen das L[X.] in diesem Zusammenhang nicht zur Kenntnis genommen haben soll. Dies gilt umso mehr, als in den umfangreichen [X.]erichtsakten diverse medizinische Unterlagen von der Klägerin bereits eingereicht und von den Vorinstanzen eingeholt worden sind. Die Klägerin hat nicht dargetan, welche vom L[X.] nichtausgedruckten [X.]efundberichte aus den digitalen Anlagen zum [X.]chriftsatz vom 13.1.2021 nicht bereits in [X.] aktenkundig waren. Insoweit trägt der [X.] in seiner [X.]eschwerdeerwiderung vor, dass die in den digitalen Anlagen zum [X.]chriftsatz vom 13.1.2021 - und in der [X.]eschwerdebegründung nochmals als Anlagen - eingereichten ärztlichen [X.]erichte bereits aus dem erstinstanzlichen Verfahren bekannt gewesen seien. Die Klägerin behauptet nicht, dass die [X.]-Akte dem L[X.] bei der Entscheidungsfindung nicht vorgelegen habe. [X.]oweit der [X.] in diesem Kontext darüber hinaus auf "die elektronische Aktenführung" hinweist, bedarf dies aus den vorgenannten [X.]ründen keiner weiteren Prüfung.

Auch soweit die Klägerin rügt, das L[X.] habe ein [X.]utachten des [X.] auf [X.] Fachgebiet vom 20.3.2012 verwertet, das ihrem Prozessbevollmächtigten nicht bekannt gewesen sei, reicht ihr Vorbringen für die [X.]ezeichnung eines [X.]ehörsverstoßes nicht aus. Denn ausweislich des [X.]erufungsurteils ist unter dem 20.3.2012 kein [X.]utachten des [X.] ergangen, sondern lediglich ein [X.]ericht an die behandelnde [X.]ausärztin W über eine "undifferenzierte [X.]omatisierungsstörung". Dass dieser [X.]ericht ihr nicht zur Kenntnis gelangt sein soll, behauptet die Klägerin nicht. [X.]oweit sie das Urteil des L[X.] für fehlerhaft hält, weil darin auf [X.]rundlage des von ihr aus einem Erwerbsminderungsrentenverfahren vor dem [X.] beigebrachten [X.]utachtens des [X.] vom 29.11.2020 kein Einzel-[X.]d[X.] für eine [X.]eckenringfraktur zuerkannt worden sei, wendet sie sich gegen die [X.]eweiswürdigung des L[X.] (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom 4.5.2020 - [X.] [X.][X.] 84/19 [X.] - juris Rd[X.] 6). [X.]emäß § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]albsatz 2 [X.][X.] kann ein Verfahrensmangel aber nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 [X.]atz 1 [X.][X.] ([X.]rundsatz der freien [X.]eweiswürdigung) gestützt werden. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass ein bestimmter [X.]d[X.] mit der Frage, ob bei dem behinderten Menschen volle oder teilweise Erwerbsminderung besteht, in keinerlei Wechselwirkung steht, weil die jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen völlig unterschiedlich sind (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom 24.8.2017 - [X.] [X.][X.] 24/17 [X.] - juris Rd[X.] 13).

e) Mit ihrer Rüge, das L[X.] habe ihr Recht auf [X.]efragung der [X.]utachter [X.] und [X.] missachtet, hat die Klägerin schließlich ebenfalls einen Verstoß gegen das Fragerecht als Ausfluss des nach Art 103 Abs 1 [X.][X.] iVm § 62 [X.][X.] garantierten Anspruchs auf rechtliches [X.]ehör nicht in der gebotenen Weise bezeichnet.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des [X.][X.], das unabhängig von der nach § 411 Abs 3 ZPO im pflichtgemäßem Ermessen des [X.]erichts liegenden Möglichkeit, das Erscheinen des [X.]achverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, jedem [X.]eteiligten gemäß § 116 [X.]atz 2, § 118 Abs 1 [X.]atz 1 [X.][X.] iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO das Recht zusteht, einem [X.]achverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der [X.]ache für dienlich erachtet ([X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] R 22/18 [X.] - juris Rd[X.] 32 mwN). Dies gilt jedenfalls mit [X.]lick auf solche [X.]utachten, die im selben Rechtszug erstattet werden ([X.][X.] [X.]eschluss vom 4.5.2020 - [X.] [X.][X.] 84/19 [X.] - juris Rd[X.] 8 mwN).

[X.]ezüglich des im [X.]erufungsverfahren gehörten [X.]achverständigen [X.] hat die Klägerin bereits keine erläuterungsbedürftigen Punkte oder Fragen bezeichnet, die durch eine erneute [X.]efragung des [X.]achverständigen einen über die bloße Wiederholung der bisherigen vom L[X.] eingeholten schriftlichen Äußerungen in den eingeholten [X.]utachten und der ergänzenden [X.]tellungnahme hinausreichenden Mehrwert hätten. Der [X.]achverständige [X.] hat im [X.]inblick auf die Einwendungen der Klägerin mit ergänzender [X.]tellungnahme vom 21.12.2020 geantwortet. Dass der [X.]achverständige auf eine der dort gestellten Fragen überhaupt keine Antwort gegeben hat, ergibt sich aus der [X.]eschwerdebegründung nicht. Dass die Klägerin den Antworten des [X.]achverständigen insbesondere hinsichtlich seiner medizinischen Feststellungen nicht folgen mag, reicht für die behauptete Verletzung des [X.] allein nicht aus. Im Übrigen begründet das Fragerecht keinen Anspruch auf stets neue (schriftliche oder mündliche) Anhörungen des [X.]achverständigen, wenn ein [X.]eteiligter und der [X.]achverständige in ihrer [X.]eurteilung nicht übereinstimmen (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom 4.5.2020 - [X.] [X.][X.] 84/19 [X.] - juris Rd[X.] 9 mwN).

Unabhängig davon, dass das Recht eines [X.]eteiligten, Fragen an einen [X.]achverständigen zu stellen, grundsätzlich nur mit [X.]lick auf solche [X.]utachten besteht, die im selben Rechtszug erstattet worden sind (stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom 4.5.2020 - [X.] [X.][X.] 84/19 [X.] - juris Rd[X.] 8; [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] [X.][X.] 26/18 [X.] - juris Rd[X.] 8; [X.][X.] [X.]eschluss vom 12.10.2017 - [X.] V 32/17 [X.] - juris Rd[X.] 16), was auch die Klägerin erkennt, hat sie nicht hinreichend aufgezeigt, warum dennoch vor dem L[X.] ein Recht auf [X.]efragung des erstinstanzlich gehörten [X.]achverständigen [X.] bestanden haben könnte. [X.]ei einem medizinischen [X.]achverständigen muss ein - wie die Klägerin - rechtskundig vertretener [X.]eteiligter hierzu die in dem Verfahren auf [X.]rundlage der aktenkundigen medizinischen [X.]achverständigengutachten und [X.]erichte zu den beabsichtigten Fragen bereits getroffenen oder in Zusammenhang mit diesen Fragen stehenden medizinischen Feststellungen auf dem jeweiligen Fachgebiet näher benennen, sodann auf dieser [X.]asis auf insoweit bestehende Lücken, Widersprüche oder Unklarheiten hinweisen und hiervon ausgehend schließlich die konkret - aus seiner [X.]icht - noch erläuterungsbedürftigen Punkte formulieren. Diese Darlegungen sind erforderlich. Denn nur dann kann überhaupt erst beurteilt werden, ob und inwieweit die (angekündigten) Fragen - wie zwingend notwendig - auch objektiv sachdienlich sind ([X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] [X.][X.] 26/18 [X.] - juris Rd[X.] 9). Entsprechende Ausführungen der Klägerin fehlen. Allein ihr in der [X.]eschwerdebegründung (mehrfach) wiedergegebene Antrag, "das [X.]utachten des [X.] dem [X.]utachter [X.] zur gutachterlichen [X.]tellungnahme vorzulegen und diesen dazu zu veranlassen dazu [X.]tellung zu nehmen, (…) ob die nach der bei ihm stattgefundenen Untersuchung und [X.]egutachtung neuen und weiteren Erkrankungen und [X.]ehinderungen der Klägerin eine Abweichung von dem von ihm gebildeten [X.]esamt-[X.]d[X.] nach oben und unten rechtfertigen", reicht nicht. Zudem verkennt die Klägerin bei dieser Antragsformulierung, dass das [X.]ericht nur bei der Feststellung der einzelnen [X.]esundheitsstörungen ärztliches Fachwissen heranziehen muss. Das hat das L[X.] hier getan. [X.]ei der darauf aufbauenden [X.]emessung der Einzel-[X.]d[X.] und des [X.]esamt-[X.]d[X.] kommt es nach § 69 [X.][X.] IX (ab 1.1.2018: § 152 [X.][X.] IX) dagegen maßgebend auf die Auswirkungen der [X.]esundheitsstörungen auf die Teilhabe am Leben in der [X.]esellschaft an. Diese auf der [X.]rundlage medizinischer [X.]efunde abschließend einzuschätzen, ist Aufgabe des [X.]erichts (stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom 27.5.2020 - [X.] [X.][X.] 67/19 [X.] - juris Rd[X.] 14 mwN).

[X.]chließlich kann die Klägerin mit ihrem Vortrag nicht durchdringen, soweit sie zumindest sinngemäß eine fehlerhafte [X.]eweis- bzw [X.]achverhaltswürdigung durch das L[X.] rügt, weil es insbesondere dem [X.]utachten des [X.] vom 10.2.2015 nicht gefolgt ist. Auf solche [X.] der Verletzung des [X.]rundsatzes der freien [X.]eweiswürdigung (§ 128 Abs 1 [X.]atz 1 [X.][X.]) kann die [X.]eschwerde - wie oben bereits erwähnt - nach § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]albsatz 2 [X.][X.] von vornherein nicht gestützt werden.

2. Von einer weiteren [X.]egründung sieht der [X.]enat ab (vgl § 160a Abs 4 [X.]atz 2 [X.]albsatz 2 [X.][X.]).

3. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen [X.]eschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 [X.]atz 1 [X.]albsatz 2 iVm § 169 [X.]atz 2 und 3 [X.][X.] durch [X.]eschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

4. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 [X.][X.].

            Kaltenstein             [X.]             [X.]

Meta

B 9 SB 47/21 B

02.02.2022

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SB

vorgehend SG Hildesheim, 29. November 2016, Az: S 18 SB 145/14, Gerichtsbescheid

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG, § 62 SGG, § 103 SGG, § 116 S 2 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 122 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 128 Abs 2 SGG, § 177 SGG, § 202 S 1 SGG, § 42 Abs 2 ZPO, § 160 Abs 4 S 1 ZPO, § 397 ZPO, § 402 ZPO, § 403 ZPO, § 406 Abs 1 ZPO, § 406 Abs 2 ZPO, § 411 Abs 3 ZPO, § 411 Abs 4 ZPO, § 557 Abs 2 ZPO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 02.02.2022, Az. B 9 SB 47/21 B (REWIS RS 2022, 1567)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 1567

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1 BvR 1621/94

1 BvR 436/17

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