Bundessozialgericht, Urteil vom 23.08.2013, Az. B 8 SO 14/12 R

8. Senat | REWIS RS 2013, 3256

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialhilfe - Erstattungsanspruch zwischen Sozialhilfeträgern - örtliche Zuständigkeit für stationäre Leistungen - gewöhnlicher Aufenthalt vor Aufnahme in die Einrichtung - Teilnahme an einer von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Bildungsmaßnahme mit angeschlossenem Internat


Leitsatz

Zum Begriff der stationären Leistung in einer Einrichtung als Voraussetzung für die Zuständigkeit eines Sozialhilfeträgers, wenn der Hilfeempfänger zunächst an einer von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Berufsbildungsmaßnahme mit angeschlossenem Internat teilgenommen hat.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. Juli 2011 mit Ausnahme des Tenors bezüglich der zurückgenommenen Klage auf Zinsen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 29 040,36 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

[X.] ist ein Anspruch des [X.] auf Erstattung von [X.]ozialhilfekosten (24 049,36 Euro) für die [X.] vom 19.3.2004 bis 31.3.2005, die für den Leistungsempfänger [X.] (M.D.) als Eingliederungshilfe aufgewendet worden sind, und die zusätzliche Feststellung, dass der [X.] auch verpflichtet ist, die für M.D. ab 1.4.2005 in der Wohnstätte [X.] angefallenen Kosten zu erstatten.

2

Der 1984 geborene M.D. leidet ua an einer frühkindlichen Hirnschädigung mit Lern- und geistiger [X.]ehinderung. Ab 14.8.2003 nahm er an einem durch die [X.] (seit 1.1.2004 [X.] <[X.]A>) als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben finanzierten Förderlehrgang (berufsvorbereitende Maßnahme) im Jugenddorf [X.] des [X.] ([X.]) in [X.] (Kreis [X.] in [X.]) teil, der auch eine Unterbringung im angeschlossenen Internat umfasste. Da aufgrund der Organisation des [X.] ein Verbleib des Hilfeempfängers im Internat ua an jedem zweiten Wochenende und in den Ferien nicht möglich war, wurde er in dieser [X.] durch das Jugendamt des [X.] in einem Heim untergebracht, oder er verbrachte die [X.] bei [X.]eunden und Familienangehörigen.

3

Nachdem M.D. im November 2003 beim Kläger den Wechsel in eine "stationäre" Heimunterbringung beantragt hatte, weil der Förderlehrgang im [X.] seinem Hilfebedarf nicht gerecht werde, wechselte er am 19.3.2004 unmittelbar aus dem [X.] in die nach den Ausführungen des [X.] (L[X.]G) "vollstationäre" Unterbringung im [X.] [X.]u ([X.] in [X.]) und anschließend (nahtlos) im August 2004 in die nach den Ausführungen des L[X.]G "stationäre [X.]etreuung" der Wohnstätte [X.] in [X.] ([X.] in [X.]). Den Antrag auf Kostenübernahme für die Unterbringung in [X.]u hatte der Kläger dem [X.]n (erst) im März 2004 zuständigkeitshalber übersandt. Nachdem der [X.] diesen jedoch unter Hinweis auf die [X.]uständigkeit des [X.] zurückgesandt hatte, gewährte der Kläger ab 19.3.2004 Leistungen der Eingliederungshilfe; Erstattungsansprüche machte er gegenüber dem [X.]n erfolglos geltend.

4

Die im April 2005 erhobene Klage auf Erstattung der Kosten für die bis einschließlich März 2005 erbrachten Leistungen in Höhe von 24 049,36 Euro - zuzüglich [X.]insen -, die mit dem zusätzlichen [X.]iel der Feststellung verbunden war, dass der [X.] auch verpflichtet sei, sämtliche Aufwendungen ab 1.4.2005 zu erstatten, war erstinstanzlich erfolgreich (Urteil des [X.]ozialgerichts <[X.]G> Osnabrück vom 15.1.2009). Das L[X.]G hat das Urteil des [X.]G in der Hauptsache bestätigt, nach Rücknahme der Klage auf [X.]ahlung von [X.]insen das erstinstanzliche Urteil jedoch aufgehoben, soweit darin eine Verurteilung zu deren [X.]ahlung ausgesprochen war (Urteil vom 28.7.2011). [X.]ur [X.]egründung seiner Entscheidung hat das L[X.]G ausgeführt, M.D. habe in den zwei Monaten vor Aufnahme in die stationären Einrichtungen in [X.]u und [X.] während der von der [X.]A geförderten Maßnahme im Jugenddorf [X.] seinen für die [X.]uständigkeit maßgeblichen gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] im [X.]uständigkeitsbereich des [X.]n - gehabt. [X.]ei der Maßnahme in [X.] habe es sich nicht um eine stationäre Leistung i[X.] des § 97 Abs 2 [X.]undessozialhilfegesetz ([X.][X.]HG) gehandelt, bei der gemäß § 109 [X.][X.]HG ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht begründet werde; es fehle an einer konzeptionellen Verknüpfung der [X.]ildungsmaßnahme mit der internatsmäßigen Unterbringung. Dem Kläger stünden deshalb als Leistungsträger, der lediglich vorläufige Leistungen erbracht habe, gemäß § 103 Abs 1 [X.]atz 1 [X.][X.]HG bzw ab 1.1.2005 gemäß § 106 Abs 1 [X.]atz 1 [X.]ozialgesetzbuch [X.]wölftes [X.]uch - [X.]ozialhilfe - ([X.]G[X.] XII) Erstattungsansprüche gegen den [X.]n zu. Vorläufige Leistungen habe der Kläger nach § 97 Abs 2 [X.]atz 3 [X.][X.]HG bzw ab 1.1.2005 nach § 98 Abs 2 [X.]atz 3 [X.]G[X.] XII erbringen müssen, weil aufgrund des [X.]uständigkeitsstreits zwischen den [X.]eteiligten nicht innerhalb von vier Wochen festgestanden habe, ob und wo M.D. vor Aufnahme in [X.]u seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe. Der Kläger habe deshalb als derjenige Leistungsträger leisten müssen, in dessen [X.]ereich sich M.D. zum [X.]punkt der Aufnahme in das [X.] [X.]u im [X.]inne des [X.]eginns einer sich daran anschließenden [X.] - tatsächlich aufgehalten habe. Daraus resultiere auch die Verpflichtung des [X.]n, dem Kläger die in der [X.] ab 1.4.2005 angefallenen Aufwendungen zu erstatten.

5

Mit seiner Revision rügt der [X.] eine Verletzung des § 97 Abs 2 [X.][X.]HG (bis 31.12.2004) bzw des § 98 Abs 2 [X.]G[X.] XII (ab 1.1.2005) sowie des § 109 [X.][X.]HG. Die von der [X.]A geförderte Maßnahme in [X.] sei in einer stationären Einrichtung erbracht worden, sodass M.D. entgegen der Ansicht des L[X.]G gemäß § 109 [X.][X.]HG dort keinen gewöhnlichen Aufenthalt habe begründen können. Örtlich zuständig für die streitbefangenen Leistungen sei deshalb im Rahmen einer [X.] ([X.], [X.]u, [X.]) derjenige [X.]ozialhilfeträger, in dessen [X.]ereich M.D. seinen gewöhnlichen Aufenthalt im [X.]punkt vor der ersten Aufnahme in eine stationäre Einrichtung, also vor der in das Jugenddorf in [X.], gehabt habe. Dies sei der sachlich zuständige Kläger selbst, weil M.D. zuvor in [X.] ([X.]) gewohnt habe.

6

Der [X.] beantragt,
die Urteile des L[X.]G und des [X.]G aufzuheben, soweit darin über die Erstattung von Kosten und die Feststellung der [X.] ab 1.4.2005 entschieden worden ist.

7

Der Kläger beantragt, nachdem er die Feststellungsklage für die [X.] ab 1.4.2005 auf die [X.] des Aufenthalts in der Wohnstätte [X.] beschränkt hat,
 die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Entscheidung des L[X.]G für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des [X.] ist im [X.]inne der [X.]urückverweisung der [X.]ache an das [X.] begründet (§ 170 Abs 2 [X.]atz 2 [X.]ozialgerichtsgesetz <[X.]GG>). [X.]war ist nach Aktenlage und den Ausführungen des [X.] davon auszugehen, dass die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche gegen den [X.]eklagten nicht bestehen, weil entweder der Kläger selbst als örtlicher [X.]ozialhilfeträger oder das [X.] als überörtlicher [X.]ozialhilfeträger für die Leistungserbringung gegenüber dem Hilfeempfänger zuständig war, bzw dass der Kläger von diesem zur Aufgabenerfüllung herangezogen worden ist; jedoch fehlen hierzu genauere tatsächliche (§ 163 [X.]GG) sowie Feststellungen zum Landesrecht (§ 162 [X.]GG), die eine abschließende Entscheidung zuließen.

Das [X.] hat Inhalt und Art der in [X.], [X.]u und [X.] durchgeführten Maßnahmen nicht näher beschrieben. Für den [X.]enat bindend festgestellt, weil Verfahrensrügen dagegen nicht erhoben worden sind, sind ausschließlich die Feststellungen, die das [X.] für seine rechtliche [X.]eurteilung herangezogen hat, dass die im Jugenddorf [X.] durchgeführte berufsvorbereitende Maßnahme konzeptionell nicht verknüpft gewesen sei mit der Unterbringung des Hilfeempfängers im dortigen Internat; soweit es die Maßnahmen in [X.]u und [X.] betrifft, hat das [X.] lediglich ausgeführt, es habe sich um vollstationäre Maßnahmen gehandelt, ohne diesen rechtlichen [X.]chluss tatsächlich zu untermauern. Von der Art der Maßnahmen in [X.]u und [X.] war jedoch auch die eventuelle [X.]uständigkeit des [X.] für eine vorläufige Leistungserbringung nach § 97 Abs 2 [X.]atz 3 [X.][X.]HG bzw ab 1.1.2005 nach § 98 Abs 2 [X.]atz 3 [X.]G[X.] XII bzw seine Aufgabenwahrnehmung als unter Umständen nach niedersächsischem Landesrecht vom zuständigen überörtlichen [X.]ozialhilfeträger [X.] örtlicher [X.]ozialhilfeträger abhängig. Da der Hilfebedürftige jedoch nach Aktenlage vor der Aufnahme in das Internat in [X.]
seinen gewöhnlichen Aufenthalt in [X.], im örtlichen [X.]uständigkeitsbereich des [X.] gehabt haben dürfte und durch die Unterbringung im Internat in [X.] wohl die Voraussetzungen des § 97 Abs 2 und 4 [X.][X.]HG erfüllt sind (dazu später), kann davon ausgegangen werden, dass nicht der [X.]eklagte erstattungspflichtig ist. Das [X.] mag dies im Einzelnen verifizieren.

Im Hinblick hierauf sieht der [X.]enat jedenfalls davon ab, nähere Ausführungen zu den denkbaren Anspruchsgrundlagen eines Erstattungsanspruchs zu machen. Insoweit kämen § 103 [X.][X.]HG iVm § 97 Abs 2 [X.]atz 3 [X.][X.]HG bzw ab 1.1.2005 § 106 [X.]G[X.] XII iVm § 98 Abs 2 [X.]atz 3 [X.]G[X.] XII (vorläufige Leistungserbringung bei ungeklärtem gewöhnlichen Aufenthalt), § 104 [X.]ozialgesetzbuch [X.]ehntes [X.]uch - [X.]ozialverwaltungsverfahren und [X.]ozialdatenschutz - ([X.]G[X.] X) wegen der nicht rechtzeitigen Weiterleitung eines Rehabilitationsantrags bzw zweier Rehabilitationsanträge - Maßnahme in [X.] (§ 14 Abs 2 [X.]ozialgesetzbuch Neuntes [X.]uch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - <[X.]G[X.] IX>) ebenso in [X.]etracht wie eine Anwendung des § 105 [X.]G[X.] X (Erstattungsanspruch des unzuständigen [X.]ozialleistungsträgers gegen den zuständigen), wenn keiner der beiden vorgenannten Fälle zu bejahen wäre.

Gegenstand des Verfahrens ist im Rahmen einer objektiven Klagehäufung (§ 56 [X.]GG) zum einen die Erstattung der für M.D. erbrachten Aufwendungen in der [X.]eit vom 19.3.2004 bis 31.3.2005, die der Kläger mit der allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 [X.]GG) geltend macht, und zum anderen die Feststellung einer ab 1.4.2005 fortbestehenden Erstattungspflicht für die in der Maßnahme in [X.] entstandenen Aufwendungen. Jedenfalls nach der Konkretisierung des Feststellungsantrags und der Teilrücknahme der Klage (§ 102 [X.]GG) ist die Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 [X.] [X.]GG: Feststellung des [X.]estehens eines Rechtsverhältnisses) zulässig. [X.]um [X.]eitpunkt der Klageerhebung war dem Kläger für die nachfolgende [X.]eit nur die Erhebung einer Klage mit dem [X.]iel der Feststellung künftiger Rechtsfolgen aus einem bestehenden Rechtsverhältnis möglich. Er kann - davon ausgehend - nicht gezwungen werden, die Feststellungsklage jederzeit und ggf immer aufs Neue dem Umstand anzupassen, dass nach Klageerhebung auch eine Leistungsklage für weitere zwischenzeitlich verflossene [X.]eiträume möglich wäre.

Ohne auf die einzelnen denkbaren Ansprüche einzugehen (s oben), käme eine Erstattungsverpflichtung des [X.]eklagten für den streitbefangenen [X.]eitraum nur in [X.]etracht, wenn M.D. vor der Aufnahme in die J in [X.]u seinen gewöhnlichen Aufenthalt im [X.]ereich des [X.]eklagten begründet hätte - unterstellt man einmal, dass sowohl die Maßnahme in [X.]u als auch die sich nahtlos anschließende Maßnahme in [X.], wie vom [X.] ausgeführt, stationäre Maßnahmen im Rahmen einer Einrichtungskette waren (§ 97 Abs 2 [X.]atz 2 [X.][X.]HG bzw § 98 Abs 2 [X.]atz 2 [X.]G[X.] XII); nach diesen Vorschriften verbleibt es trotz Übertritts in eine andere Einrichtung bei der früheren [X.]uständigkeit auf der Grundlage des gewöhnlichen Aufenthalts. Der [X.]egründung eines gewöhnlichen Aufenthalts in [X.] selbst, im [X.]uständigkeitsbereich des [X.]eklagten, während des Aufenthalts des Hilfeempfängers im [X.] stünde nur entgegen, wenn Hilfen in einer Einrichtung i[X.] des § 97 Abs 2 [X.][X.]HG erbracht worden sind (§ 109 [X.][X.]HG). Dies dürfte jedoch nach Aktenlage zu bejahen sein, ist indes vom [X.] noch zu verifizieren.

§ 97 Abs 2 [X.][X.]HG versteht unter "Anstalt, Heim oder gleichartige Einrichtung" einen in einer besonderen Organisation zusammengefassten [X.]estand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, die auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten sind (vgl insoweit nur [X.][X.]GE 106, 264 ff Rd[X.]3 mwN = [X.]ozR 4-3500 § 19 [X.] zur gleichlautenden Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts <[X.]VerwG>) und einen [X.]ezug zur [X.]ozialhilfe oder der Jugendhilfe aufweisen (hierauf weist zu Recht Piepenstock, juris [X.] [X.]G[X.] XII, § 13 [X.]G[X.] XII Rd[X.]4.5 hin). Dass auch [X.] ausreichend sein müssen, ergibt sich zwingend aus § 97 Abs 4 [X.][X.]HG, der ebenso wie der ab 1.1.2005 geltende § 13 Abs 2 [X.]G[X.] XII zwischen nach dem [X.][X.]HG bzw ab 1.1.2005 dem [X.]G[X.] XII vorgesehenen Maßnahmen oder Erziehungsmaßnahmen unterscheidet.

Allerdings ist für die Anwendung des § 97 Abs 2 [X.][X.]HG (örtliche [X.]uständigkeit für Hilfen in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung) schon nach dem Wortlaut des § 97 Abs 4 [X.][X.]HG ("Einrichtung, die der Pflege, der [X.]ehandlung oder sonstigen nach diesem [X.]uch zu deckenden [X.]edarfe oder der Erziehung dienen") - vgl ebenso § 13 Abs 2 [X.]G[X.] XII ab 1.1.2005 - nicht erforderlich, dass tatsächlich für die Maßnahmen auch [X.]ozialhilfeleistungen bzw [X.] gewährt worden sind. Eine andere Auslegung würde § 97 Abs 2 [X.][X.]HG (seit 1.1.2005 § 98 Abs 2 [X.]G[X.] XII) widersprechen, weil dieser ausreichen lässt, dass ein entsprechender [X.]edarf erst im Laufe des Aufenthalts ("[X.]eitpunkt der Aufnahme" bestimmt die [X.]uständigkeit) oder sogar erst bei Übertritt in eine weitere Einrichtung ("bei Eintritt der Leistungen") entsteht ([X.]VerwG [X.]uchholz 436.0 § 103 [X.][X.]HG [X.]); ein permanenter Leistungsanspruch gegenüber dem [X.]ozialhilfeträger/Jugendhilfeträger bei ununterbrochenem Aufenthalt in einer Einrichtung bzw bei einer Einrichtungskette ist für die [X.]estimmung der örtlichen [X.]uständigkeit mithin nicht erforderlich (so auch für die Regelung des [X.][X.]HG und des [X.]G[X.] XII [X.]chellhorn/ [X.]chellhorn, [X.][X.]HG, 16. Aufl 2002, § 97 [X.][X.]HG RdNr 75, sowie [X.] in [X.]chellhorn/[X.]chellhorn/ [X.], [X.]G[X.] XII, 18. Aufl 2010, § 98 [X.]G[X.] XII RdNr 94, die zu Recht darauf hinweisen, dass es unerheblich sei, ob für den vorhergehenden Aufenthalt Kosten der [X.]ozialhilfe angefallen seien).

Ausreichend ist, dass mögliche Hilfen in besonderen Lebenslagen (Terminologie bis 31.12.2004) - vgl ab 1.1.2005 die Leistungen nach dem Fünften bis [X.] Kapitel des [X.]G[X.] XII - bzw [X.] als Einrichtungsleistungen von den Leistungsträgern des [X.]ozialhilferechts bzw des Jugendhilferechts hätten erbracht werden müssen, wenn die Förderung nicht durch einen anderen erfolgt wäre (vgl für das [X.]ozialhilferecht den sog [X.]: § 2 [X.][X.]HG; § 2 [X.]G[X.] XII; zum Jugendhilferecht vgl § 10 [X.]ozialgesetzbuch Achtes [X.]uch - Kinder- und Jugendhilfe - <[X.]G[X.] VIII>). Nicht genügend, aber auch nicht erforderlich ist, dass die Einrichtung abstrakt einem gesetzlichen [X.]iel dienen kann bzw konkret dienen könnte (Piepenstock, aaO, Rd[X.]4.3). Entscheidend ist für eine Anwendung des § 97 Abs 2 iVm Abs 4 [X.][X.]HG vorliegend vielmehr, ob [X.]etreuungsleistungen eines [X.]ozialhilfeträgers oder eines Jugendhilfeträgers statt der Unterbringung in dem Internat, die mit gewissen [X.]etreuungsleistungen ohnedies verbunden war, erforderlich gewesen wären. Ob die von der [X.]A geförderte Maßnahme ([X.]ildungsmaßnahme mit Internat) alle Voraussetzungen erfüllt, die nach dem [X.]ozialhilferecht bzw Jugendhilferecht zu stellen wären, ist ohne [X.]edeutung.

Nur ein solches Normenverständnis entspricht dem [X.]weck der Norm: § 97 Abs 2 [X.][X.]HG (seit 1.1.2005 § 98 Abs 2 [X.]G[X.] XII) dient nämlich dem [X.]chutz des [X.] vor einer übermäßigen finanziellen [X.]elastung auch bei Übertritt aus einer anderen Einrichtung, weil ohne diesen [X.]chutz nicht nur die Gefahr bestünde, dass die erforderlichen Einrichtungen für Leistungen nach diesen Gesetzen nicht geschaffen, sondern auch für Hilfesuchende aus anderen [X.]ezirken nicht zur Verfügung gestellt würden ([X.]T-Drucks 3/1799, [X.] 35). Die Regelung dient damit letztlich auch den Interessen des Leistungsempfängers. Es muss deshalb genügen, wenn Leistungen erbracht werden, die ohne sie bei bestehender [X.]edürftigkeit der [X.]ozialhilfeträger bzw der Jugendhilfeträger hätte erbringen müssen (vgl: [X.]VerwGE 119, 90, 94; [X.]VerwG [X.]uchholz 436.0 § 103 [X.][X.]HG [X.]), wenn auch mit einem höheren oder anderen [X.]etreuungsaufwand.

Inwieweit diese Voraussetzungen auf die an M.D. im [X.] in [X.] erbrachten Leistungen zutreffen, ob also statt der von der [X.]A geförderten Maßnahme eine Leistung der Hilfe in besonderen Lebenslagen oder Jugendhilfe hätte erbracht werden müssen, wenn die Leistung nicht von der [X.]A erbracht worden wäre, lässt sich anhand der bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht beurteilen. Das [X.] wird dies zu prüfen haben. Der weitere Verlauf des Geschehens spricht allerdings für eine [X.]ejahung dieser Voraussetzungen, weil die Kosten für die stationären Maßnahmen nach der Maßnahme in [X.] als [X.]ozialhilfeleistung im Hinblick darauf übernommen worden sind, dass die in [X.] besuchte Maßnahme nicht dem (umfassenden) Hilfebedarf/[X.]etreuungsbedarf des Hilfeempfängers gerecht geworden war und dieser bereits während der Maßnahme in [X.] M.D. an Wochenenden bzw in den Ferien vom Jugendhilfeträger in [X.] untergebracht worden war.

Für die [X.]ejahung stationärer Leistungen in einer Einrichtung i[X.] des § 97 Abs 2 iVm Abs 4 [X.][X.]HG war entgegen der Ansicht des [X.] jedoch keine konzeptionelle Verknüpfung zwischen der berufsvorbereitenden Maßnahme selbst und der Unterbringung im angeschlossenen Internat zu verlangen. Maßgeblich ist lediglich, dass M.D. in diesem Internat gelebt hat. Dies belegt § 13 Abs 1 [X.]atz 2 [X.]G[X.] XII in der bis 6.12.2006 geltenden Fassung. Danach sind stationäre Einrichtungen (jedenfalls) solche, in denen Leistungsberechtigte leben und die erforderlichen Hilfen erhalten. Diese Regelung war gegenüber der vor dem 1.1.2005 geltenden Rechtslage nicht konstitutionell neu, sondern entsprach dem bis Ende 2004 geltenden gesetzlichen Verständnis, ohne dass dies ausdrücklich im [X.][X.]HG geregelt war (vgl nur [X.]VerwGE 127, 74 ff). Mit § 13 [X.]G[X.] XII sollten nämlich die bisher an verschiedenen [X.]tellen im [X.][X.]HG verteilten Regelungen lediglich zusammengefasst und präzisiert ([X.]T-Drucks 15/1514, [X.] 56 zu § 13), nicht inhaltlich verändert werden. Noch deutlicher wird dies in der Gesetzesbegründung zur späteren [X.]treichung des § 13 Abs 1 [X.]atz 2 [X.]G[X.] XII mit Wirkung ab [X.] ([X.]T-Drucks 16/2711, [X.] 10 zu Art 1 [X.]). Darin wird ausgeführt, es solle (nur) klargestellt werden, dass es sich beim bisherigen [X.]atz 2 nicht um eine Definition des [X.]egriffs "Einrichtung" gehandelt habe, sondern vielmehr die gefestigte Rechtsprechung zum Einrichtungsbegriff des Abs 2 wie bisher greife. Trotz der gegenüber § 98 Abs 2 [X.]atz 1 [X.]G[X.] XII ("stationäre Leistung") abweichenden Formulierung des § 97 Abs 2 [X.]atz 1 [X.][X.]HG ("Hilfen in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung") ergeben sich insoweit für das [X.][X.]HG und das [X.]G[X.] XII keine Unterschiede. Es handelte sich bei der Regelung des § 98 Abs 2 [X.]atz 1 [X.]G[X.] XII lediglich um eine andere Umschreibung, wie die Gesetzesbegründung belegt, die von einer inhaltsgleichen Übertragung spricht ([X.]T-Drucks 15/1514, [X.] 67 zu § 93).

Rechtlich unerheblich ist, dass sich der Hilfeempfänger an einzelnen Tagen nicht im Internat aufhalten durfte; dies ändert nichts daran, dass er dort lebte. Der Charakter der Maßnahme als stationär wird durch kurze, zeitlich begrenzte, erzwungene Unterbrechungen nicht beeinträchtigt. Demgemäß ordnet § 103 Abs 2 [X.][X.]HG bzw ab 1.1.2005 § 106 Abs 2 [X.]G[X.] XII an, dass als Aufenthalt in einer stationären Einrichtung auch gilt, wenn jemand außerhalb untergebracht wird, aber in der [X.]etreuung der Einrichtung bleibt, oder aus der Einrichtung beurlaubt wird. Dass M.D. in [X.] neben dem Aufenthalt im Internat - konzeptionell getrennt davon - eine [X.]ildungsmaßnahme besucht hat, ist für die Klassifizierung der Unterbringung selbst als stationär ohne [X.]elang: Er hat jedenfalls im Internat gewohnt; die konzeptionelle Verknüpfung ist nur für die [X.]age bedeutsam, ob auch [X.]usammenhangkosten zu den stationären Leistungen zählen (vgl: [X.]chlette in [X.]/[X.], [X.]G[X.] XII K § 98 Rd[X.]5 mwN, [X.]tand August 2013; [X.]öhngen in jurisPK-[X.]G[X.] XII, § 98 [X.]G[X.] XII RdNr 32).

Das [X.] wird ggf die Höhe der geltend gemachten Kosten zu überprüfen (vgl nur [X.][X.]GE 109, 56 ff Rd[X.]0 = [X.]ozR 4-3500 § 98 [X.]) und über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben. Die nach § 197a Abs 1 [X.]atz 1 [X.]GG iVm § 63 Abs 2 Gerichtskostengesetz ([X.]) erforderliche [X.]treitwertfestsetzung beruht auf § 39 Abs 1, § 47 Abs 1 sowie auf § 52 Abs 1 und 3 [X.]. Dabei waren die [X.]treitfälle der Leistungs- und Feststellungsklage zusammenzurechnen (§ 39 Abs 1 [X.]). Der [X.]treitwert der Leistungsklage entspricht dem [X.]etrag der geltend gemachten Hauptforderung (§ 52 Abs 3 [X.]). Für die Feststellungsklage war mangels hinreichender Anhaltspunkte für deren Wert der [X.] von 5000 Euro anzusetzen.

Meta

B 8 SO 14/12 R

23.08.2013

Bundessozialgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Osnabrück, 15. Januar 2009, Az: S 5 SO 80/05, Urteil

§ 97 Abs 2 S 1 BSHG, § 97 Abs 2 S 2 BSHG, § 97 Abs 2 S 3 BSHG, § 97 Abs 4 BSHG, § 103 Abs 2 BSHG, § 109 BSHG, § 13 Abs 1 S 2 SGB 12 vom 27.12.2003, § 13 Abs 2 SGB 12, § 98 Abs 2 S 1 SGB 12, § 98 Abs 2 S 2 SGB 12, § 98 Abs 2 S 3 SGB 12, § 106 Abs 2 SGB 12, § 109 SGB 12

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 23.08.2013, Az. B 8 SO 14/12 R (REWIS RS 2013, 3256)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3256

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