Bundessozialgericht, Urteil vom 20.04.2016, Az. B 8 SO 8/14 R

8. Senat | REWIS RS 2016, 12664

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Gegenstand

(Sozialhilfe - Eingliederungshilfe - Erstattungsanspruch des unzuständigen gegen den zuständigen Sozialhilfeträger - Abgrenzung zwischen § 14 Abs 4 S 1 SGB 9 und § 105 Abs 1 S 1 SGB 10 - örtliche Zuständigkeit - stationäre Leistung - Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung - Unterbringung außerhalb der Einrichtung - funktionale Zuordnung zur Einrichtung)


Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. März 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 19 123,16 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

[X.] ist die Erstattung von Kosten in [X.]öhe von 19 123,16 Euro für Leistungen der Eingliederungshilfe, die die Klägerin in der [X.] bis 7.11.2007 zugunsten des [X.]ilfeempfängers [X.] ([X.]) erbracht hat.

2

[X.] ist 1968 geboren und lebte vor März 2002 in [X.] (früherer [X.], ab 1.8.2011 in [X.]e umbenannt). Seit März 2002 befand er sich im Rahmen eines vom [X.] (LG) V mit einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe angeordneten [X.] (Unterbringung in einer Entziehungsanstalt) nach dem Strafgesetzbuch (StG[X.]) im Landeskrankenhaus [X.] ( ; [X.]) sowie im Jahre 2005 in Einrichtungen der "[X.] gGmb[X.]" im [X.] ; ab [X.] wurde er dann in einer Wohngemeinschaft der "h gGmb[X.]" in [X.] betreut. [X.]ie Reststrafe hat das [X.] unter [X.]eendigung des [X.] mit der Auflage zur [X.]ewährung ausgesetzt, in dieser Wohngemeinschaft zu verbleiben ([X.]eschluss vom 9.10.2006). Einen bereits zuvor gestellten Antrag des [X.] auf Übernahme der [X.]etreuungskosten in dieser Wohngruppe (vom [X.]) für die [X.] nach der Entlassung aus dem Maßregelvollzug hatte der [X.]eklagte an die Klägerin weitergeleitet (Schreiben vom 1.8.2006). [X.]ie Klägerin bewilligte daraufhin ab [X.], dem Tag nach der Entlassung, bis 7.11.2007 Leistungen der Eingliederungshilfe ([X.]escheide vom [X.] und 31.5.2007), für die sie erfolglos Erstattungsansprüche beim [X.]eklagten geltend machte (Schreiben vom 7.2. und 7.6.2007 sowie 12.10. und 26.11.2008; ablehnendes Schreiben des [X.]eklagten vom 13.8.2007).

3

[X.]ie (am 29.12.2010 erhobene) Klage auf Kostenerstattung hatte in beiden Instanzen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts <[X.]> [X.] vom 27.11.2012; Urteil des Schleswig-[X.]olsteinischen Landessozialgerichts <[X.]> vom [X.]). Zur [X.]egründung seiner Entscheidung hat das [X.] ausgeführt, der [X.]eklagte sei der iS des § 14 Sozialgesetzbuch Neuntes [X.]uch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - ([X.][X.] IX) eigentlich zuständige Träger und habe der Klägerin, nachdem er den Antrag weitergeleitet habe, deshalb nach § 14 Abs 4 [X.][X.] IX die Kosten der Eingliederungshilfe zu erstatten. [X.] habe vor dem Aufenthalt im Landeskrankenhaus, der nach § 98 Abs 4 Sozialgesetzbuch Zwölftes [X.]uch - Sozialhilfe - ([X.][X.] XII) wie eine stationäre Leistung behandelt werde, zuletzt in [X.] seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt. Es könne dahinstehen, ob die Eingliederungshilfe im streitbefangenen [X.]raum ([X.]etreutes-Wohnen) in ambulanter oder teilstationärer Form erfolgt sei. [X.]ei Annahme einer ambulanten [X.]etreuung ergäbe sich die Zuständigkeit des [X.]eklagten als zuletzt vor Aufnahme in die Wohnform zuständigen Sozialhilfeträgers aus § 98 Abs 5 [X.][X.] XII. [X.]ei Annahme einer teilstationären Leistung sei der für vollstationäre Leistungen vorgesehene § 98 Abs 2 Satz 1 [X.][X.] XII analog anwendbar. In beiden Fällen sei maßgeblich der letzte gewöhnliche Aufenthalt vor [X.]eginn der Einrichtungskette.

4

Mit seiner Revision rügt der [X.]eklagte eine Verletzung des § 98 [X.][X.] XII. Für Einrichtungen der teilstationären [X.]etreuung - wie vorliegend - sei § 98 Abs 2 iVm Abs 5 [X.][X.] XII nicht analog anwendbar; vielmehr komme § 98 Abs 1 Satz 1 [X.][X.] XII (tatsächlicher Aufenthalt) zur Anwendung. [X.]ies führe zu einer örtlichen Zuständigkeit der Klägerin selbst, weil sich [X.] im Stadtgebiet von [X.] tatsächlich aufgehalten habe.

5

[X.]er [X.]eklagte beantragt,
die Urteile des [X.] und des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

[X.]ie Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

[X.]ie Revision ist iS der Aufhebung des Urteils des [X.] und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 [X.] 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ).

9

[X.]ereits die Anspruchsnorm, auf die die [X.]lägerin ihr [X.]egehren stützen kann, steht nicht fest. Nach Aktenlage jedenfalls hat das [X.] seiner Entscheidung zu Unrecht § 14 [X.] 4 Satz 1 [X.] zugrunde gelegt, der nur eingreift, wenn der (Erst-)[X.] vom sog erstangegangenen Rehabilitationsträger fristgerecht (zwei Wochen nach Antragseingang) an einen anderen Rehabilitationsträger weitergeleitet worden ist. Aus der Leistungsakte ergibt sich jedoch, dass der [X.]eklagte bereits am 15.2.2006 einen Antrag auf Leistungen in der Wohngemeinschaft der "h gGmbH" nach Entlassung aus dem Maßregelvollzug abgelehnt hatte, mithin über denselben Leistungsanspruch bereits entschieden hat, ohne den Antrag weitergeleitet zu haben (vgl zur Anwendung des § 14 [X.] bei einem Antrag auf "künftige" Leistungen [X.]SG, Urteil vom 24.2.2016 - [X.] [X.] 18/14 R - Rd[X.] 16 f). Unter diesen Voraussetzungen wäre der [X.]eklagte selbst nach § 14 [X.] 1 [X.] auch bei eigentlicher Unzuständigkeit bereits vor der auf einen erneuten Antrag des [X.] ergangenen [X.]ewilligungsentscheidung der [X.]lägerin (vom [X.]) zuständig geworden; an dieser Zuständigkeit hätte sich nichts durch den erneuten [X.], der an die [X.]lägerin weitergeleitet worden war, geändert.

Allerdings wäre unter diesen Voraussetzungen der Erstattungsanspruch nicht an § 14 [X.] 4 Satz 1 [X.], sondern an § 105 Zehntes [X.] - ([X.]) zu messen, weil die [X.]lägerin - ihre Rechtsansicht zugrunde gelegt - als unzuständiger Leistungsträger Leistungen erbracht hätte. [X.]em steht § 14 [X.] 4 Satz 3 [X.] nicht entgegen. [X.]enn § 105 [X.] ist nach dieser Vorschrift nicht anzuwenden für (eigentlich) unzuständige [X.], die eine Leistung nach § 14 [X.] 2 Satz 1 und 2 [X.] erbracht haben, also für diejenigen, die den Antrag nicht oder nicht innerhalb der gesetzlichen Frist weitergeleitet haben (vgl dazu [X.]SG, Urteil vom [X.] [X.]R 27/15 R - Rd[X.] 18). [X.]ei Anwendung des § 105 [X.] würde sich die Prüfung wegen der sich in jedem Fall aus § 14 [X.] ergebenden (alleinigen) Zuständigkeit des [X.]eklagten darauf beschränken, ob dem Erstattungsanspruch der [X.]lägerin entgegengehalten werden müsste, ohne die Anwendung des § 14 [X.] der eigentlich zuständige Leistungsträger gewesen zu sein ("dolo agit, [X.], quod statim redditurus est"), sowie ob die [X.]lägerin den Erstattungsanspruch rechtzeitig geltend gemacht hat und dieser nicht verjährt war (§§ 111, 113 [X.]). Zu § 111 [X.] hat das [X.] jedoch zu Recht ausgeführt, dass der Erstattungsanspruch innerhalb der gesetzlichen Frist geltend gemacht worden ist; ebenso zutreffend sind die Ausführungen des [X.], dass der Anspruch noch nicht verjährt ist (§ 113 [X.]). [X.]ei Anwendung des § 14 [X.] 4 Satz 1 [X.] wäre demgegenüber im Rahmen der Passivlegitimation des [X.]eklagten dessen eigentliche sachliche und örtliche Zuständigkeit nach § 97 [X.]II (bis 31.12.2006 iVm § 100 [X.] 1 [X.]undessozialhilfegesetz <[X.]>) und § 98 [X.]II sowie den landesrechtlichen Regelungen zu prüfen, die auch die Möglichkeit der Heranziehung (§ 99 [X.]II) vorsehen.

[X.]ie (eigentliche) Zuständigkeit der [X.]lägerin für die Leistungserbringung im streitbefangenen [X.]raum lässt sich jedoch mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen (§ 163 SGG) zu Inhalt, Ziel und Umfang der Maßnahme (in der streitbefangenen [X.]), aber auch zu den genauen Umständen der zuvor durchgeführten "Maßnahmen" nicht sicher ausschließen, sodass weder unter [X.]eachtung des aktenmäßig erkennbaren noch nach dem vom [X.] festgestellten Sachverhalt eine abschließende Entscheidung möglich ist. In der Folge orientiert sich jedoch die Entscheidung des Senats gleichwohl an den (noch) nicht vom [X.] festgestellten, aktenmäßig aber erkennbaren Fakten, um eine kommentarartige Aufbereitung der Probleme zu vermeiden, die die wenig durchdachte und angesichts der [X.]omplexität der aus ihr resultierenden Probleme inkonsistente gesetzliche Neuregelung (§ 98 [X.] 5 [X.]II) geradezu provoziert, wie die Vielzahl der Rechtsstreitigkeiten zu dieser Norm zeigt.

[X.]ie sachliche Zuständigkeit für die Maßnahme richtet sich bis 31.12.2006 nach § 97 [X.]II iVm § 100 [X.] 1 [X.], ab 1.1.2007 allein nach § 97 [X.]II iVm dem schleswig-holsteinischen [X.]recht. [X.]ie örtliche Zuständigkeit der [X.]lägerin für die durchgeführte Maßnahme beurteilt sich nach § 98 [X.]II (hier bis 31.12.2006 in der Fassung des [X.] vom 21.3.2005 - [X.] 818 - und danach in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des [X.]II und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - [X.] 2670; die Neufassung ab [X.] diente nach der Gesetzesbegründung jedoch nur der [X.]larstellung dessen, was bereits zuvor gewollt und geregelt war - siehe dazu [X.], 56 ff Rd[X.] 17 mwN = [X.]-3500 § 98 [X.] 1).

Soweit hier einschlägig, trifft § 98 [X.]II die folgenden Regelungen: Nach [X.] 1 Satz 1 bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich nach dem tatsächlichen Aufenthalt, [X.] 2 stellt jedoch für stationäre (gemeint: vollstationäre) Leistungen - ggf im Rahmen einer Einrichtungskette - auf den gewöhnlichen Aufenthalt vor der Aufnahme in eine, im Falle einer Einrichtungskette in die erste Einrichtung ab; dies gilt nach [X.] 4 in gleicher Weise für Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben. Für Leistungen in Form ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten, die nach dem Sechsten bis Achten [X.]apitel des [X.]II (Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer [X.] Schwierigkeiten) erbracht werden, ist demgegenüber der Sozialhilfeträger örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform (Wohnform des [X.] an sich, nicht der Maßnahme) zuletzt zuständig war oder gewesen wäre.

Vor diesem normativen Hintergrund bedürfte es tatsächlicher Feststellungen des [X.] zu der Maßnahme in der [X.] (nach Ende des [X.]) bis 7.11.2007. [X.]ei einer - realistischerweise kaum annehmbaren - stationären Maßnahme (vgl dazu näher [X.]SG [X.]-3500 § 98 [X.] 3) und dem durchgehenden Vorliegen der Voraussetzungen des § 98 [X.] 4 [X.]II wäre der gewöhnliche Aufenthalt des [X.] vor [X.]eginn einer Einrichtungskette iS des § 98 [X.] 2 [X.]II maßgebend. Eine eigene Zuständigkeit der [X.]lägerin könnte sich nur ergeben, wenn [X.] bereits vor dem [X.] während der [X.]etreuung in der Wohngruppe ab 2.2.2006 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] gehabt hätte. Ob dies der Fall war, bedürfte indes weiterer Feststellungen; denn § 98 [X.] 4 [X.]II ordnet eine Anwendung des § 109 [X.]II an, der seinerseits einen Ausschluss des gewöhnlichen Aufenthalts für [X.]en des Aufenthalts in einer stationären Einrichtung oder einer Vollzugsanstalt aufgrund richterlich angeordneter Freiheitsentziehung ausschließt.

Unter einem Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen ist dabei nach Sinn und Zweck der Regelung nicht nur der Strafvollzug im engen Sinn, sondern - wie hier - auch der Maßregelvollzug im Rahmen der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe zu verstehen ([X.] in [X.]/[X.], [X.]II, [X.] § 98 Rd[X.] 90 mwN, Stand März 2015; Söhngen in juris Praxis[X.]ommentar [X.]II, 2. Aufl 2014, § 98 [X.]II Rd[X.] 47 ff mwN). Entscheidend für die Anwendung des § 98 [X.] 4 [X.]I ist dabei, dass der Aufenthalt dort auf einer entsprechenden richterlichen Anordnung beruht. [X.]iese Voraussetzungen liegen jedenfalls für den Aufenthalt im [X.]krankenhaus [X.] auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] vor, weil zugleich mit der Verurteilung durch das [X.] eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist (§ 64 StG[X.]). Unterbringungen iS des § 64 StG[X.], §§ 137, 138 Strafvollzugsgesetz ([X.]) iVm den Vorschriften des [X.] [X.]gesetzes ([X.]) werden in psychiatrischen [X.]rankenhäusern und Entziehungsanstalten als Einrichtungen des [X.] vollzogen (§ 3 [X.] 1 Satz 1 [X.]). [X.]ei dem [X.]krankenhaus [X.] (mittlerweile aufgegangen im [X.]zentrum N) hat es sich um eine solche Einrichtung gehandelt. Ob davon jedoch die [X.] oder vorangegangene "[X.]etreuungszeiten" im [X.]reis Schleswig-Flensburg erfasst werden, kann nicht eindeutig beurteilt werden.

[X.]as [X.] hat nur ausgeführt, [X.] sei "anschließend" an den Aufenthalt im [X.]krankenhaus in verschiedenen Einrichtungen der "[X.] gGmbH" untergebracht gewesen (nach Aktenlage ab 2005), ohne die [X.]en und weiteren Umstände dieser Aufenthalte aufzuklären. Soweit es offenbar davon ausgegangen ist, während der gesamten [X.], die auf die Strafhaft anzurechnen war, also bis zur Entlassung im Oktober 2006, hätte [X.] einen zuständigkeitsbegründenden gewöhnlichen Aufenthalt wegen § 98 [X.] 4 [X.]II iVm § 109 [X.]II überhaupt nicht begründen können, ist diese Rechtsauffassung unzutreffend. Zwar ist § 98 [X.] 4 [X.]II nicht nur dann anzuwenden, wenn sich der [X.]etroffene tatsächlich (körperlich) in der Einrichtung nach § 98 [X.] 4 [X.]II aufhält. Ein Aufenthalt, der tatsächlich außerhalb einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung besteht, kann auch über die "funktionale Zuordnung" zu dieser Einrichtung angenommen werden ([X.]VerwGE 98, 132 ff zu einem Wechsel des Aufenthalts zwischen Haftanstalt und [X.]rankenhaus). [X.]iesem Verständnis entspricht die Rechtsprechung des Senats im Anwendungsbereich des § 106 [X.] 2 1. Alt [X.]II: Ist danach der Aufenthalt in einer stationären Einrichtung beendet, steht die anschließende Unterbringung außerhalb der Einrichtung diesem Aufenthalt nur gleich, wenn durch die Einrichtung eine ständige Überwachung des Leistungsberechtigten erfolgt und der Einrichtung damit ein bestimmender Einfluss auf die [X.]etreuung verbleibt ([X.]SG [X.]-3500 § 106 [X.] 1 Rd[X.] 23). Es muss weiterhin die "verantwortliche Trägerschaft" iS des Einrichtungsbegriffs des § 13 [X.]II bestehen. Für die Einrichtung zum Vollzug einer richterlich angeordneten Freiheitsentziehung gilt nichts anderes; auch hier ist nach Sinn und Zweck der Regelung des § 98 [X.] 4 [X.]II eine entsprechende Abgrenzung maßgeblich. Anhand dieser [X.]riterien wäre dann zu ermitteln, ob [X.] sich durchgehend, insbesondere ab 2.2.2006, in einer stationären Entziehungseinrichtung iS des § 64 StG[X.] befunden hat, auf die sich die Anordnung der Unterbringung durch das [X.] bezieht; dies ist bei einer - wie wohl hier - probeweisen Unterbringung in einer Einrichtung des [X.] (im Rahmen eines gelockerten [X.]) jedenfalls nicht gänzlich ausgeschlossen. Nur wenn der bestimmende Einfluss im bezeichneten Sinn nicht zu bejahen wäre, könnte sich bei Annahme einer stationären Maßnahme ab [X.] eine eigene (eigentliche) Zuständigkeit der [X.]lägerin ergeben, weil [X.] dann seinen gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] gehabt hätte - dabei wiederum unterstellt, die am 2.2.2006 begonnene Maßnahme war nicht stationär erbracht.

Sollte es sich demgegenüber bei der Maßnahme ab [X.] um eine teilstationäre Maßnahme gehandelt haben, was indes wenig realistisch ist (vgl dazu [X.]SG [X.]-3500 § 98 [X.] 3), wäre weder § 98 [X.] 5 [X.]II noch § 98 [X.] 2 iVm [X.] 5 [X.]II analog (vgl dazu [X.]SG aaO) anwendbar, sondern die Zuständigkeit der [X.]lägerin würde sich nach [X.] 1, also dem tatsächlichen Aufenthalt des [X.] zu [X.]eginn der Maßnahme in [X.] richten, sodass daraus eine örtliche Zuständigkeit der [X.]lägerin resultieren würde.

Sollte es sich bei der Maßnahme ab [X.] um den Fall eines [X.] gehandelt haben (vgl dazu [X.]SG aaO), käme § 98 [X.] 5 [X.]II zur Anwendung. Ein Altfall des [X.], der bereits vor dem 1.1.2005 begonnen hat, mit der Folge der weiteren Anwendung der Zuständigkeitsregelungen des [X.] (vgl dazu [X.]SG, Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 6/12 R - Rd[X.] 15 mwN) käme nur unter [X.]erücksichtigung der [X.]en der [X.]etreuung in den Einrichtungen der "[X.]rücke Schleswig-Holstein" gGmbH in [X.]etracht, bedürfte allerdings näherer Feststellungen. [X.]er stationäre Aufenthalt in einer Entziehungsanstalt unterfällt nach seiner Zielrichtung jedenfalls nicht dem [X.]etreuten-Wohnen, und nach Aktenlage begannen die [X.]etreuungszeiten in der gGmbH nicht vor dem 1.1.2005.

Im Rahmen des § 98 [X.] 5 [X.]II wäre dann bei einem "Neufall" zu klären, wer vor dem [X.] zuständig gewesen wäre (vgl zu dieser hypothetischen Prüfung [X.], 56 ff Rd[X.] 17 = [X.]-3500 § 98 [X.] 1); denn davor sind keinerlei Sozialhilfeleistungen erbracht worden. [X.]arauf abzustellen wäre, ob die [X.]lägerin für die ab 2.2.2006 erfolgte [X.]etreuung in der Wohngruppe zuständig gewesen wäre, wenn Eingliederungshilfe hätte erbracht werden müssen. [X.]a die örtliche Zuständigkeit für das [X.] auch eine Zuständigkeit für alle sonstigen Sozialhilfeleistungen nach sich ziehen würde (vgl [X.]SG, aaO, Rd[X.] 13), bedarf es keiner Entscheidung darüber, wie bei einem Auseinanderfallen der hypothetischen örtlichen Zuständigkeiten zu entscheiden wäre. [X.]ie Zuständigkeit für hypothetische Eingliederungsleistungen des [X.] läge aber wiederum keinesfalls bei der [X.]lägerin, weil erneut auf die (hypothetische) Zuständigkeit vor dem 2.2.2006 abzustellen wäre (§ 98 [X.] 5 [X.]II), insoweit jedoch jeglicher Anknüpfungspunkt zulasten der [X.]lägerin fehlt.

[X.]as [X.] wird deshalb wohl zu einem Anspruch der [X.]lägerin aus § 105 [X.] gelangen und dann über die Rechtmäßigkeit der Leistung dem Grunde und der Höhe nach zu befinden haben. Schließlich wird es wegen der [X.] des § 107 [X.] [X.] zum Rechtsstreit beizuladen - eine andere Frage ist, ob eine fehlende [X.]eiladung revisionsrechtlich beachtlich ist - und ggf über die [X.]osten des Revisionsverfahrens zu befinden haben. [X.]ie [X.] beruht auf § 197a SGG iVm §§ 63 [X.] 2, 52 [X.] 3 Gerichtskostengesetz.

Meta

B 8 SO 8/14 R

20.04.2016

Bundessozialgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Kiel, 27. November 2012, Az: S 28 SO 158/10, Urteil

§ 14 Abs 1 S 1 Halbs 1 SGB 9, § 14 Abs 1 S 2 SGB 9, § 14 Abs 2 S 1 SGB 9, § 14 Abs 4 S 1 SGB 9, § 14 Abs 4 S 3 SGB 9, § 105 Abs 1 S 1 SGB 10, § 53 SGB 12, §§ 53ff SGB 12, § 98 Abs 1 S 1 SGB 12, § 98 Abs 2 S 1 SGB 12, § 98 Abs 2 S 2 SGB 12, § 98 Abs 4 SGB 12, § 98 Abs 5 S 1 SGB 12, § 106 Abs 2 Alt 1 SGB 12, § 109 SGB 12, § 13 SGB 12, § 64 StGB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 20.04.2016, Az. B 8 SO 8/14 R (REWIS RS 2016, 12664)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12664

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