Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.06.2015, Az. VII ZR 216/14

7. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9930

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ZIVIL- UND ZIVILVERFAHRENSRECHT BUNDESGERICHTSHOF (BGH) SACHMANGEL WERKVERTRAG BAUMÄNGEL SCHWARZARBEIT

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Gegenstand

Nichtigkeit eines Werkvertrages mit Schwarzlohnabrede: Bereicherungsrechtliche Rückforderung gezahlten Werklohns


Leitsatz

Ist ein Werkvertrag wegen Verstoßes gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG vom 23. Juli 2004 nichtig, steht dem Besteller, der den Werklohn bereits gezahlt hat, gegen den Unternehmer kein Rückzahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung zu (Fortführung von BGH, Urteil vom 10. April 2014, VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1).

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 28. August 2014 teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 14. März 2014 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des [X.] teilweise abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger wird verurteilt, an den Beklagten 1.014,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 10. Juni 2011 zu zahlen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden dem Kläger auferlegt.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen Mängeln der vom Beklagten durchgeführten Ausbauarbeiten im Dachgeschoss seines Hauses. Der Beklagte fordert mit der Widerklage die Rückzahlung bereits an den Kläger geleisteter Schadensersatzzahlungen.

2

Der Beklagte unterbreitete dem Kläger am 12. Januar 2007 einen "Kostenanschlag" für den Einbau von vier [X.] zu einem Preis von 2.120 € und für den Ausbau des Dachgeschosses mit [X.] zu einem Preis von [X.] € jeweils zuzüglich Umsatzsteuer. Anschließend schlossen die Parteien mündlich einen Vertrag zu einem Pauschalpreis von 10.000 €, den der Kläger bar entrichtete. Am 21. Februar 2007 erteilte der Beklagte dem Kläger eine Rechnung "zum Festpreis von 10.000 Euro". Der Rechnungsvordruck enthält in den Spalten für "Rechnung Nr.", "[X.]", "Rechnungs-Betrag netto", "+ % MwSt. = [X.]", "= [X.] gesamt" keine Eintragungen.

3

Der Kläger fordert Schadensersatz in Höhe von 11.901,53 € wegen Mängeln der vom Beklagten erbrachten Arbeiten. Der Beklagte, der der Auffassung ist, der Werkvertrag sei wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz ([X.]) nichtig, macht im Wege der Widerklage die Rückzahlung bereits gezahlter Schadensbeträge im Umfang von 1.392,76 € geltend. Das [X.] hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung auf einen Betrag von 8.300 € nebst Zinsen ermäßigt. Weiter hat es den Kläger auf die Widerklage hin verurteilt, an den Beklagten 1.014,90 € nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen.

4

Mit der vom Berufungsgericht in Bezug auf die Klage zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision des [X.] hat Erfolg.

I.

6

Das Berufungsgericht führt - soweit für die Revision noch von Interesse - aus, der Kläger habe gegen den [X.] keinen Anspruch auf Schadensersatz aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag. Dieser Vertrag sei wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig (§ 134 BGB). Der [X.] habe, indem er dem Kläger eine Rechnung gestellt habe, die nicht den Anforderungen des § 14 UStG entspreche, Schwarzarbeit geleistet (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.]). Der Kläger habe dieses bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt, indem er mit dem [X.] ein Entgelt vereinbart habe, das keinen Umsatzsteueranteil enthalte. In der Rechnung des [X.] fehlten, obwohl im Rechnungsvordruck vorgesehen, entgegen § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, 4, 8 UStG Angaben zu Steuernummer, Rechnungsnummer und Steuersatz. Der Kläger habe eingeräumt, dass er erkannt habe, der [X.] wolle keine Umsatzsteuer abführen, indem er vorgetragen habe, "wenn der [X.] die Arbeiten 'schwarz' durchgeführt, keine Steuern an das Finanzamt abgeführt habe, sei dies seine Angelegenheit".

7

Der Kläger könne von dem [X.] jedoch Wertersatz in Höhe von 8.300 € aus ungerechtfertigter Bereicherung verlangen. Dieser Anspruch beruhe auf keinem anderen Klagegrund als demjenigen, auf den der Kläger seinen Schadensersatzanspruch stütze. Der [X.] habe 10.000 € erlangt. Dies beruhe auf einer Leistung des [X.], der durch die Zahlung seine [X.] gegenüber dem [X.] habe erfüllen wollen. Der Leistung fehle der rechtliche Grund. Der [X.] habe auf sie keinen Anspruch. Der Vertrag, auf dem der Anspruch beruhe, sei nichtig. Die Saldierung des Wertes der Leistung, die der [X.] empfangen habe, mit demjenigen des Werkes, das der Kläger erhalten habe, führe zu einem Überschuss zugunsten des [X.] in Höhe von 8.300 €. Die Werkleistung des [X.], die dieser für den Kläger erbracht habe, habe nur einen Wert von 1.700 €. Die Saldierung sei nicht, soweit sie den [X.] begünstige, gemäß § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB ausgeschlossen, weil der [X.] wegen dieser Vorschrift von sich aus den Kläger nicht auf Wertersatz für sein Werk in Anspruch nehmen könnte. Die genannte Vorschrift sei einschränkend auszulegen. Das Gesetz, gegen das der Kläger verstoßen habe, solle auch ihn schützen. Die Folgen der Anwendung des § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB träfen ihn in unbilliger Weise ungleich härter als den [X.]. Da der Besteller schon durch den Verlust der Gewährleistungsansprüche belastet sei, dürfe ihm nicht auch noch die volle Bezahlung eines wegen Mängeln minderwertigen Werkes aufgebürdet werden.

II.

8

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

9

1. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen allerdings zu Recht angenommen, dass dem Kläger wegen Mängeln der vom [X.] erbrachten Werkleistung kein Schadensersatzanspruch gemäß § 634 Nr. 4, §§ 633, 280, 281 BGB zusteht, weil der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nichtig ist, § 134 BGB.

a) § 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.] enthält das Verbot zum Abschluss eines Werkvertrages, wenn dieser Regelungen enthält, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. Das Verbot führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt ([X.], Urteil vom 1. August 2013 - [X.], [X.]Z 198, 141 Rn. 13). Diese Voraussetzungen liegen vor. Der [X.] hat Schwarzarbeit gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.] geleistet, indem er für den mündlich vereinbarten Werklohn in Höhe von 10.000 € keine Umsatzsteuer verlangen und abführen wollte. Der Kläger hat dies erkannt und bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt, indem er mit dem [X.] ein Entgelt vereinbart hat, das keinen Umsatzsteueranteil enthielt. Dies ist ausreichend, um einen zur Nichtigkeit des Vertrages führenden Verstoß gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.] anzunehmen (vgl. [X.], Urteil vom 10. April 2014 - [X.], [X.]Z 201, 1 Rn. 13; Urteil vom 1. August 2013 - [X.], [X.]Z 198, 141 Rn. 23).

b) Dem Kläger als Besteller stehen aufgrund eines Vertrages, der wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.] in Verbindung mit § 134 BGB nichtig ist, keine Mängelansprüche gegen den Unternehmer zu (vgl. [X.], Urteil vom 1. August 2013 - [X.], [X.]Z 198, 141 Rn. 27).

2. Von [X.] beeinflusst ist dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, dem Kläger stehe wegen des gezahlten [X.] gegen den [X.] ein Rückzahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung in Höhe von 8.300 € gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu.

a) Die Voraussetzungen eines [X.] gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB sind zwar erfüllt. Der [X.] hat die Werklohnzahlung des [X.] im Hinblick auf den nichtigen Werkvertrag ohne Rechtsgrund erlangt.

b) Der Anspruch des [X.] auf Rückzahlung des an den [X.] geleisteten [X.] ist jedoch gemäß § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB ausgeschlossen.

aa) Nach § 817 Satz 1 BGB ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet, wenn der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt war, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Satz 2 Halbs. 1 dieser Vorschrift schließt die Rückforderung aus, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt. Entsprechend der Zielsetzung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes verstößt nicht nur die § 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.] widersprechende vertragliche Vereinbarung der Parteien gegen ein gesetzliches Verbot, sondern auch die in Ausführung dieser Vereinbarung erfolgende Leistungserbringung durch den Unternehmer. § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB ist daher nicht einschränkend auszulegen, wenn der Unternehmer für die von ihm aufgrund eines nichtigen Vertrags erbrachte Werkleistung einen Bereicherungsanspruch gegen den Besteller geltend macht (vgl. [X.], Urteil vom 10. April 2014 - [X.], [X.]Z 201, 1 Rn. 20 ff.).

bb) § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB findet auch dann Anwendung, wenn der Besteller in Ausführung eines solchen gemäß § 134 BGB nichtigen Werkvertrags seine Leistung erbringt, indem er ohne Rechnung mit Steuerausweis den vereinbarten Betrag bezahlt (vgl. [X.], Urteil vom 10. April 2014 - [X.], [X.]Z 201, 1 Rn. 19).

Eine einschränkende Auslegung des § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB kommt nicht in Betracht. Zwischen den Vertragsparteien erfolgt in einem solchen Fall ebenfalls kein Wertausgleich. Wer bewusst das im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz enthaltene Verbot missachtet, soll nach der Intention des Gesetzgebers schutzlos bleiben und veranlasst werden, das verbotene Geschäft nicht abzuschließen (vgl. [X.], Urteil vom 10. April 2014 - [X.], [X.]Z 201, 1 Rn. 27; Urteil vom 5. Mai 1992 - [X.], [X.]Z 118, 182, 193, juris Rn. 40). Der Ausschluss eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs mit der ihm zukommenden abschreckenden Wirkung ist ein geeignetes Mittel, die in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Gesetzgebers mit den Mitteln des Zivilrechts zu fördern (vgl. [X.], Urteil vom 10. April 2014 - [X.], aaO Rn. 29 m.w.N.). Dies gilt sowohl für bereicherungsrechtliche Ansprüche des Werkunternehmers als auch des Bestellers, der sich auf den Abschluss eines gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.] verstoßenden Werkvertrags eingelassen hat.

3. Das Berufungsurteil kann danach, soweit es mit der Revision angefochten worden ist, keinen Bestand haben. Der [X.] kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. Die Klage ist danach insgesamt abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Eick                       Halfmeier                      Jurgeleit

           [X.]

Meta

VII ZR 216/14

11.06.2015

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Celle, 28. August 2014, Az: 6 U 49/14

§ 812 Abs 1 S 1 Alt 1 BGB, § 817 S 2 Halbs 1 BGB, § 1 Abs 2 Nr 2 SchwarzArbG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.06.2015, Az. VII ZR 216/14 (REWIS RS 2015, 9930)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 2406 WM 2016, 375 REWIS RS 2015, 9930

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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