Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28.07.2021, Az. 10 AZR 397/20 (A)

10. Senat | REWIS RS 2021, 3701

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Gegenstand

Aussetzung - anhängiges Vorabentscheidungsverfahren - Gleichbehandlung bei Nachtarbeit - Nachtarbeitszuschlag - Süßwarenindustrie


Leitsatz

Ein Rechtsstreit kann in entsprechender Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO ausgesetzt werden, wenn entscheidungserheblich ist, wie Unionsrecht auszulegen ist, und zu dieser Frage bereits ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union anhängig ist.

Tenor

Das Revisionsverfahren wird bis zu der Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] über die Vorabentscheidungsersuchen - [X.]/21 - und - [X.]/21 - [Coca-Cola European Partners Deutschland ua.] ausgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten über die Höhe der tariflichen Zuschläge für Arbeitsstunden, die in Nachtschichten geleistet werden.

2

Der Kläger versieht Nachtarbeit im Rahmen von [X.] bei der [X.], einem Unternehmen der Süßwarenindustrie. Er erzielt eine Stundenvergütung von 13,30 Euro brutto. Die Parteien sind an den [X.] für die Angestellten, gewerblichen Arbeitnehmer und Auszubildenden der Süßwarenindustrie vom 14. Mai 2007 ([X.]) gebunden, weil sie den tarifschließenden Organisationen angehören.

3

Der [X.] definiert in § 4 Abschn. I Nr. 1 die [X.]egriffe der Schicht- und der [X.]. Schichtarbeit ist demnach die regelmäßige tägliche vereinbarte Arbeitszeit, unabhängig von der zeitlichen Lage. Wechselschicht ist gegeben, wenn der Schichtbeginn und damit die zeitliche Lage der Schicht regelmäßig wechseln und der Rhythmus zusammenhängend mindestens eine Arbeitswoche dauert.

4

§ 4 Abschn. I Nr. 6 Unterabs. 1 Satz 1 [X.] schreibt vor, dass Nachtarbeit nach Möglichkeit zu vermeiden ist. Sie ist nach § 4 Abschn. I Nr. 6 Unterabs. 1 Satz 2 [X.] außer bei üblicher Schichtarbeit im Rahmen der gesetzlichen [X.]estimmungen nur vorübergehend in Fällen einer dringenden betrieblichen Notwendigkeit möglich und setzt das Einverständnis des [X.]etriebsrats voraus. § 4 Abschn. I Nr. 6 Unterabs. 2 [X.] regelt, dass die im Rahmen der tariflichen [X.]estimmungen festgelegte Nachtarbeit zu leisten ist, soweit ihr nicht berechtigte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen.

5

§ 4 Abschn. II Nr. 1 [X.]uchst. b Abs. 1 [X.] bestimmt, dass für Nachtarbeit in Schichtarbeit und [X.], die in die Nachtzeit von 22:00 bis 06:00 Uhr fällt, ein Zuschlag von 15 % je Stunde zu zahlen ist. Für Nachtarbeit in Schichtarbeit und [X.], die regelmäßig länger als 14 Tage überwiegend in die Nachtzeit von 22:00 bis 06:00 Uhr fällt, ist nach § 4 Abschn. II Nr. 1 [X.]uchst. b Abs. 2 [X.] ein Zuschlag von 20 % je Stunde geschuldet. Sonstige Nachtarbeit ist nach § 4 Abschn. II Nr. 1 [X.]uchst. b Abs. 3 [X.] mit zusätzlich 60 % je Stunde zu vergüten.

6

Der [X.] sieht einen Zuschlag von 25 % je Mehrarbeitsstunde in der [X.] von 06:00 bis 22:00 Uhr vor (§ 4 Abschn. II Nr. 1 [X.]uchst. a Abs. 1 [X.]). Er begründet weitere Ansprüche für Arbeitnehmer, die in Wechselschicht arbeiten. Für [X.] sind ab 40, 80, 120, 160 und 200 Schichten gestaffelte Freischichten in unterschiedlichem Umfang bei zweischichtigem und dreischichtigem Wechsel zu gewähren (§ 4 Abschn. III Nr. 1 [X.]). Unter [X.]eachtung der Mitbestimmung des [X.]etriebsrats kann statt der Freizeiten für [X.] von 22:00 bis 06:00 Uhr (Nachtschicht) ein Zuschlag von 5 % gezahlt werden (§ 4 Abschn. III Nr. 2 [X.]).

7

Der Kläger arbeitete im [X.]raum zwischen 22:00 und 06:00 Uhr im September 2018 32,65 Stunden, im Oktober 2018 23 Stunden, im November 2018 35,5 Stunden, im Dezember 2018 78,7 Stunden, im Januar 2019 22,5 Stunden, im Februar 2019 30,1 Stunden und im März 2019 31 Stunden. Die [X.]eklagte vergütete die Stunden mit Zuschlägen in unterschiedlicher Höhe von 15 %, 25 %, 40 %, 50 % oder 60 % jeweils im Folgemonat.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die gegenüber den Ansprüchen auf Zuschläge von 60 % für sonstige Nachtarbeit sehr viel geringeren Ansprüche auf Zuschläge für Schichtarbeit und [X.] von 15 % oder 20 % seien gleichheitswidrig. Die Unterscheidung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 [X.] und den unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. [X.]ei Nachtarbeit könnten andere Umstände als der [X.] höhere Zuschläge nicht rechtfertigen. Das tradierte [X.]ild der „verstellbaren biologischen Uhr“ sei durch die aktuellen und gesicherten arbeitsmedizinischen Erkenntnisse überholt. Die regelmäßige Nachtarbeit leistenden Arbeitnehmer seien erheblich höheren Gesundheitsgefährdungen und Störungen ihres [X.] Umfelds ausgesetzt als Arbeitnehmer, die außerhalb von [X.] und deshalb seltener nachts arbeiteten. Rechtsfolge der gleichheitswidrigen [X.]ehandlung durch § 4 Abschn. II Nr. 1 [X.]uchst. b Abs. 1 und 2 [X.] könne nur eine sog. Anpassung der zu geringen Vergütung nach oben auf der Grundlage von § 4 Abschn. II Nr. 1 [X.]uchst. b Abs. 3 [X.] sein.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

die [X.]eklagte zu verurteilen, an ihn Differenzen in [X.]ruttobeträgen für den (Auszahlungs-)Monat Oktober 2018 von 166,62 Euro, für November 2018 von 121,69 Euro, für Dezember 2018 von 275,31 Euro, für Januar 2019 von 471,02 Euro, für Februar 2019 von 274,31 Euro, für März 2019 von 140,12 Euro und für April 2019 von 144,30 Euro - jeweils mit Zinsen - zu zahlen.

Die [X.]eklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die Tarifvertragsparteien seien allenfalls mittelbar an das allgemeine Gleichheitsgrundrecht des Art. 3 Abs. 1 [X.] gebunden. Sie hätten den ihnen nach Art. 9 Abs. 3 [X.] zukommenden weiten Gestaltungs- und [X.]eurteilungsspielraum eingehalten. Zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit bestehe ein [X.], weil unregelmäßige Nachtarbeit in sehr viel geringerem Umfang anfalle. Der Zuschlag von 60 % für unregelmäßige Nachtarbeit betreffe typischerweise Mehrarbeit und enthalte den Mehrarbeitszuschlag. Die [X.] - das „[X.]“ - sei schon deshalb geringer als 45 % oder 40 %, weil für geleistete Nachtschichten Freischichten zu gewähren seien oder an ihrer Stelle ein Zuschlag von 5 % zu leisten sei. Der Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit solle nicht nur die Erschwernis für die Arbeit in der Nacht ausgleichen. Er solle den Arbeitgeber auch davon abhalten, in den geschützten Freizeitbereich der Arbeitnehmer einzugreifen. [X.]ei der unregelmäßigen und spontanen Anordnung von Nachtarbeit sei die Teilhabe am [X.] Leben, etwa die Kinderbetreuung, die Pflege von Familienangehörigen oder auch Freizeitaktivitäten, wesentlich schwieriger zu organisieren als bei einer im Voraus planbaren Nachtarbeitssituation. Eine sog. Anpassung nach oben erweitere den Kostenrahmen der [X.] wegen des Ausnahmecharakters der unregelmäßigen Nachtarbeit in unzumutbarem Umfang.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die [X.]erufung des [X.] zurückgewiesen. Das [X.] hat die Revision hinsichtlich der Auszahlungsmonate November 2018, Dezember 2018, Januar 2019, Februar 2019, März 2019 und April 2019 zugelassen. Mit der vom [X.] beschränkt zugelassenen Revision hält der Kläger an diesem Teil der von ihm erhobenen Zahlungsansprüche fest.

Vor dem [X.] des [X.] sind fast 400 Revisionen anhängig, in denen es um die Höhe tariflicher Zuschläge für Arbeitsstunden geht, die in Nachtschichten geleistet werden. Der [X.] hat zwei dieser Verfahren in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO ausgesetzt und den [X.] um Vorabentscheidung über zwei Fragen nach der Auslegung von [X.]srecht ersucht ([X.] 9. Dezember 2020 - 10 [X.] (A) - und - 10 [X.] (A) -, vor dem [X.] anhängig unter - [X.]/21 - und - [X.]/21 - [[X.]oca-[X.]ola European Partners [X.] ua.]).

Der [X.] hat die Parteien darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, den Rechtsstreit im Hinblick auf die bei dem [X.] anhängigen Vorabentscheidungsverfahren - [X.]/21 - und - [X.]/21 - [[X.]oca-[X.]ola European Partners [X.] ua.] auszusetzen. Der Kläger ist der Ansicht, die in diesen Verfahren aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragen seien im Streitfall nicht entscheidungserheblich. Die maßgeblichen tariflichen [X.]estimmungen des [X.] verstießen gegen Art. 3 Abs. 1 [X.]. Arbeitnehmer, die Nachtarbeit leisteten, würden durch die [X.]estimmungen des [X.] ungleichbehandelt. Ein rechtfertigender Grund für diese Ungleichbehandlung sei nicht gegeben. Der [X.] unterscheide nicht zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit, sondern zwischen Nachtarbeit in (Wechsel-)Schichtarbeit und sonstiger Nachtarbeit. Im Unterschied zu den tariflichen [X.]estimmungen, die den bereits vorgelegten Rechtsstreitigkeiten zugrunde lägen, sehe der [X.] keine Mindestfristen für die Ankündigung von (Wechsel-)Schichtarbeit vor. Zudem dürften Arbeitnehmer nach § 4 Abschn. I Nr. 6 Unterabs. 2 [X.] die nächtliche Arbeit ablehnen, wenn ihre berechtigten Interessen der Nachtarbeit entgegenstünden. Damit lasse sich dem [X.] nicht der Zweck entnehmen, [X.]elastungen wegen der schlechteren Planbarkeit von sonstiger Nachtarbeit auszugleichen.

II. Das Revisionsverfahren wird bis zur Erledigung der Vorabentscheidungsverfahren - [X.]/21 - und - [X.]/21 - [[X.]oca-[X.]ola European Partners [X.] ua.] vor dem [X.] ausgesetzt (§ 72 Abs. 5 Arb[X.] iVm. § 555 ZPO und einer entsprechenden Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO).

1. Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder zum Teil davon ab, dass ein Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, kann das Gericht nach § 148 Abs. 1 ZPO anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszusetzen sei.

a) Die Aussetzung der Verhandlung nach § 148 Abs. 1 ZPO setzt damit voraus, dass die in dem anderen Rechtsstreit zu treffende Entscheidung vorgreiflich ist. Das ist nur der Fall, wenn in dem anderen Verfahren über ein Rechtsverhältnis zu entscheiden ist, dessen [X.]estehen oder Nichtbestehen für den anhängigen Rechtsstreit zumindest teilweise präjudizielle [X.]edeutung hat ([X.] 26. Oktober 2009 - 3 [X.] - Rn. 7; [X.] 30. März 2005 - [X.] - zu II 2 a der Gründe [X.], [X.]Z 162, 373). [X.] ist die Entscheidung in einem anderen Rechtsstreit insbesondere, wenn sie für das auszusetzende Verfahren materielle Rechtskraft entfaltet oder Gestaltungs- oder Interventionswirkung erzeugt ([X.] 27. Juni 2019 - IX Z[X.] 5/19 - Rn. 7 [X.]).

b) Es genügt nicht, wenn ein rein tatsächlicher Einfluss in [X.]etracht kommt, den Vorgänge in einem anderen Rechtsstreit, wie etwa eine [X.]eweisaufnahme, oder die Entscheidung des anderen Verfahrens auf die Entscheidung in dem zweiten Verfahren ausüben könnten. § 148 Abs. 1 ZPO stellt nicht auf sachliche oder tatsächliche Zusammenhänge zwischen verschiedenen Verfahren, sondern auf die Abhängigkeit von einem bestehenden oder nicht bestehenden Rechtsverhältnis ab. Allein die tatsächliche Möglichkeit eines Einflusses genügt dieser gesetzlichen Voraussetzung nicht und wäre ein konturloses Kriterium, das das aus dem Justizgewährleistungsanspruch folgende grundsätzliche Recht der Prozessparteien auf Entscheidung ihres Rechtsstreits in [X.] beeinträchtigte ([X.] 13. September 2012 - III Z[X.] 3/12 - Rn. 13; 30. März 2005 - [X.] - zu II 2 a der Gründe, [X.]Z 162, 373). Auch der Umstand, dass in dem anderen Verfahren über eine Rechtsfrage zu befinden ist, von deren [X.]eantwortung die Entscheidung des geführten Rechtsstreits ganz oder teilweise abhängt, rechtfertigt die Aussetzung der Verhandlung nicht. Eine Aussetzung allein aus [X.] sieht das Gesetz nicht vor ([X.] 27. Juni 2019 - IX Z[X.] 5/19 - Rn. 7 [X.]). Maßgeblich für die Aussetzung ist nicht allein, ob das in dem anderen Rechtsstreit zur Entscheidung stehende streitbefangene „Rechtsverhältnis“ präjudiziell ist, sondern auch, ob die in dem anderen Rechtsstreit zu erwartende Entscheidung zumindest teilweise rechtlich präjudiziell ist ([X.] 26. Oktober 2009 - 3 [X.] - Rn. 7). Daher reicht jeder rechtliche Einfluss des anderen Verfahrens auf den auszusetzenden Rechtsstreit aus ([X.]/[X.]ünnigmann 79. Aufl. § 148 Rn. 4).

c) Der [X.]egriff des Rechtsverhältnisses in § 148 Abs. 1 ZPO entspricht dem in § 256 Abs. 1 ZPO. Ein Rechtsverhältnis ist die aus einem konkreten Lebenssachverhalt folgende [X.]eziehung einer Person zu einer anderen Person oder Sache, die ein subjektives Recht enthält oder aus der ein solches Recht entspringen kann ([X.] 19. November 2019 - 1 [X.] - Rn. 30; [X.]/[X.] Aufl. § 148 Rn. 5, § 256 Rn. 3).

d) Ob ein Gesetz oder eine gerichtliche Entscheidung verfassungsgemäß ist, ist bereits kein Rechtsverhältnis iSd. § 148 ZPO, sondern eine Rechtsfrage ([X.] 5. Juli 2018 - [X.]/17 - Rn. 13 [X.]). Gleiches gilt, wenn unklar ist, wie [X.]srecht auszulegen oder ob es gültig ist. Daher kann eine Aussetzung nach § 148 Abs. 1 ZPO in unmittelbarer Anwendung nicht darauf gestützt werden, dass sich eine solche Rechtsfrage in einem anderen Verfahren stellt und zu erwarten ist, dass sie geklärt werden wird. Ist eine Aussetzungsmöglichkeit in solchen Fällen nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, kann § 148 Abs. 1 ZPO jedoch in entsprechender Anwendung herangezogen werden, um einen Rechtsstreit auszusetzen, wenn sich eine Rechtsfrage in einem bereits anhängigen anderen Verfahren stellt.

aa) Nach Art. 100 Abs. 1 [X.] hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des zuständigen Verfassungsgerichts einzuholen, wenn es eine Norm für verfassungswidrig hält. Für das fachgerichtliche Verfahren enthält Art. 100 Abs. 1 [X.] ein zwingendes Verfahrenshindernis besonderer Art. Von dem Augenblick an, in dem das Gericht zu der Überzeugung kommt, dass eine für sein Verfahren erhebliche nachkonstitutionelle gesetzliche Vorschrift mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, kann es sein Verfahren nur noch in einer Weise fördern, indem es sein Verfahren aussetzt und einen Vorlagebeschluss an das [X.] richtet ([X.] 27. Februar 1973 - 2 [X.] ua. - zu [X.] 1 der Gründe, [X.]E 34, 320). Die Aussetzung des Rechtsstreits erfolgt in diesem Fall allerdings unmittelbar auf der Grundlage von Art. 100 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Die allgemeine Aussetzungsregelung nach § 148 Abs. 1 ZPO wird verdrängt ([X.] 23. Aufl. § 148 Rn. 5 zu 7; Musielak/[X.]/[X.] 18. Aufl. ZPO § 148 Rn. 3).

[X.]) Eine Aussetzung wird auch dann für zulässig gehalten, wenn sich die Frage, ob ein entscheidungserhebliches Gesetz verfassungsgemäß ist, bereits in einer anhängigen Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a [X.] oder einer konkreten Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 [X.] stellt.

(1) Aus prozessökonomischen Gründen kann der Rechtsstreit in entsprechender Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO ausgesetzt werden, ohne dass sich das erkennende Gericht gleichzeitig mit einer eigenen Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 [X.] an das [X.] wendet, solange sich das erkennende Gericht nicht von der Verfassungswidrigkeit des entscheidungserheblichen Gesetzes überzeugt hat. [X.]egründet wird dies mit der Wirkung einer Entscheidung, mit der das [X.] ein Gesetz für nichtig erklärt. Eine solche Entscheidung hat nach § 31 Abs. 2 [X.]G Gesetzeskraft und bindet nach § 31 Abs. 1 [X.]G die Verfassungsorgane des [X.] und der Länder sowie alle Gerichte und [X.]ehörden. Damit beeinflusst eine solche Entscheidung notwendigerweise das ausgesetzte Verfahren rechtlich (vgl. [X.] 5. Juli 2018 - [X.]/17 - Rn. 13; 30. März 2005 - [X.] - zu II 2 b [X.] der Gründe, [X.]Z 162, 373).

(2) Nach der Rechtsprechung des [X.]s ist der Gedanke der [X.] ein zulässiges Argument dafür, einen Rechtsstreit auszusetzen, wenn das [X.] schon mit einem vergleichbaren Verfahren befasst ist. Die Aussetzung eines fachgerichtlichen Verfahrens jeweils in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO, § 94 VwGO, § 74 FGO oder § 114 S[X.], wenn vor dem [X.] ein Parallelfall anhängig ist, dient dem Grundsatz des wirkungsvollen Rechtsschutzes in doppelter Hinsicht: Zum einen ist das Fachgericht davon befreit, die erhebliche Fragestellung selbst zu prüfen. Zum anderen wird das [X.] von weiteren Vorlageverfahren freigehalten. Dadurch erhöht sich die [X.] des Gerichts nicht. Zudem brauchen die Parallelverfahren später nicht förmlich beschieden zu werden. Durch dieses Vorgehen ist am besten sichergestellt, dass sich das Verfahren vor dem [X.] nicht weiter verlängert (vgl. zu Art. 100 Abs. 2 [X.] [X.] 8. Oktober 2003 - 2 [X.]vR 1309/03 - zu II 2 der Gründe [X.]; aA Maunz/[X.]/Dederer Stand Januar 2021 Art. 100 Rn. 208; [X.]/[X.] Aufl. § 148 Rn. 3a [X.], die von einer Pflicht zur Aussetzung und Vorlage ausgehen; vgl. zur Aussetzung wegen einer anhängigen Urteilsverfassungsbeschwerde [X.] 10. September 2020 - 6 [X.] (A) - Rn. 42 ff.).

cc) § 148 Abs. 1 ZPO wird entsprechend auch dann angewandt, wenn ein nationales Gericht den [X.] im Rahmen eines [X.] nach Art. 267 A[X.] anruft.

(1) Eine ausdrückliche Pflicht, den Rechtsstreit vor dem nationalen Gericht auszusetzen, in dem sich die Frage nach der Auslegung oder der Gültigkeit von [X.]srecht stellt, besteht nicht. Art. 23 Abs. 1 Satz 1 des Protokolls über die Satzung des [X.]s der [X.] ([X.]) legt zugrunde, dass das nationale Gericht, das das Vorabentscheidungsersuchen anstrengt, auch das nationale Verfahren aussetzt. Die [X.] ist nach Art. 51 [X.] [X.]estandteil der Verträge. Ihr kommt damit der Rang von Primärrecht der [X.] zu ([X.]K/[X.] 3. Aufl. A[X.] Art. 267 Rn. 67 [X.]).

(2) Allgemein wird angenommen, dass der vor dem nationalen Gericht geführte Rechtsstreit im Fall eines Vorabentscheidungsersuchens nach § 148 Abs. 1 ZPO oder der vergleichbaren Vorschriften des maßgeblichen Prozessrechts in entsprechender Anwendung ausgesetzt werden kann (vgl. nur [X.] 23. Aufl. § 148 Rn. 5 zu 8, Rn. 16; [X.]K/[X.] 3. Aufl. A[X.] Art. 267 Rn. 75 [X.], der sich für eine Pflicht zur Aussetzung ausspricht; [X.] [X.]. Rn. 878 [X.]; [X.]/[X.] [X.] 2. Aufl. Rn. 2.86; [X.]/[X.] [X.] 2013, 97, 100; gegen eine Pflicht zur Aussetzung, aber für ein eröffnetes Ermessen [X.]/Höher [X.] 2001, 784, 789). Dieses Vorgehen entspricht der gängigen Praxis der [X.] Gerichte (vgl. z[X.] [X.] 14. Januar 2014 - 2 [X.] ua. - Rn. 104, [X.]E 134, 366; [X.] 16. Dezember 2020 - 5 [X.] (A) - Rn. 45; 9. Dezember 2020 - 10 [X.] (A) - Rn. 136; 9. Dezember 2020 - 10 [X.] (A) - Rn. 136; 11. November 2020 - 10 [X.] (A) - Rn. 83; [X.] 11. Februar 2021 - I ZR 241/19 - Rn. 5; 17. Dezember 2020 - IX Z[X.] 72/19 - Rn. 4; [X.]VerwG 18. Dezember 2019 - 1 [X.] 2.19 - Rn. 7; 12. April 2018 - 3 [X.] 20.16 - Rn. 9; 24. Februar 2010 - 6 A 7.08 - Rn. 17; [X.]FH 23. September 2020 - XI R 22/18 - Rn. 64, [X.] 270, 562; 2. August 2018 - [X.]/17 - Rn. 42, [X.] 262, 279; [X.]SG 23. Oktober 2018 - [X.] 11 AL 9/17 R - Rn. 11).

[X.]) Ein nationaler Rechtsstreit kann auf der Grundlage von § 148 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung auch dann ausgesetzt werden, wenn die Entscheidung des bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreits davon abhängt, ob ein [X.]eschluss der [X.] gültig ist. Die Verpflichtung zu loyaler Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem [X.] verlangt, dass das nationale Gericht, um nicht eine dem [X.]eschluss der [X.] zuwiderlaufende Entscheidung zu erlassen, das Verfahren aussetzen sollte, bis die [X.]sgerichte eine endgültige Entscheidung über die Nichtigkeitsklage erlassen haben. Anderes gilt, wenn es das nationale Gericht unter den gegebenen Umständen für gerechtfertigt hält, dem [X.] eine Vorabentscheidungsfrage nach der Gültigkeit des [X.]eschlusses der [X.] vorzulegen ([X.] 25. Juli 2018 - [X.]-135/16 - [[X.] ua.] Rn. 24 mit [X.]ezug auf [X.] 14. Dezember 2000 - [X.]-344/98 - [Masterfoods und H[X.]] Rn. 57; [X.] 19. September 2019 - I Z[X.] 6/19 - Rn. 20; vgl. auch [X.] [X.] 2011, 901, 903, der von einer bloßen Sachverhaltsidentität ausgeht).

ee) In entsprechender Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO kann ein Rechtsstreit auch dann ausgesetzt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage bereits Gegenstand eines [X.] vor dem [X.] nach Art. 267 A[X.] ist (vgl. [X.] 20. Mai 2010 - 6 [X.]) - Rn. 4 ff., [X.]E 134, 307; 6. November 2002 - 5 [X.] (A) -; 5. Juni 1984 - 3 [X.] - zu II der Gründe; [X.] 24. Januar 2012 - [X.]/10 - Rn. 4 ff.; [X.]VerwG 27. November 2018 - 9 A 10.17 - Rn. 7; 15. März 2007 - 6 [X.] 20.06 - Rn. 1, 4; 10. November 2000 - 3 [X.] 3.00 - zu 3 der Gründe, [X.]VerwGE 112, 166; [X.]FH 12. Januar 2012 - [X.]/11 - Rn. 8; 29. November 2005 - I [X.] 196/04 - Rn. 7; [X.]SG 26. August 2003 - [X.] 3 KR 35/02 R -; GMP/Schleusener 9. Aufl. § 55 Rn. 27; GK-Arb[X.]/[X.] Stand November 2020 § 55 Rn. 50; [X.]/[X.]/[X.] 5. Aufl. Arb[X.] § 55 Rn. 44; [X.]/[X.]ünnigmann 79. Aufl. § 148 Rn. 16; [X.]eckOK ZPO/[X.] Stand 1. Juli 2021 § 148 Rn. 5; Musielak/[X.]/[X.] 18. Aufl. § 148 Rn. 4; [X.]/[X.] Aufl. § 148 Rn. 3b).

(1) § 148 Abs. 1 ZPO ist in zweifacher Hinsicht entsprechend anzuwenden. [X.]ei einer dem [X.] vorgelegten Frage nach der Auslegung und Gültigkeit von [X.]srecht handelt es sich nicht um ein Rechtsverhältnis. Zudem hängt ein nationaler Rechtsstreit, in dem sich eine solche Frage stellt, die bereits Gegenstand eines [X.] ist, nicht unmittelbar von der Entscheidung des [X.]s im Vorabentscheidungsverfahren ab.

(2) [X.]ei den Fragen, in welcher Weise [X.]srecht auszulegen oder ob es gültig ist, geht es nicht darum, ob ein Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht. Gegenstand ist vielmehr die [X.]eantwortung einer Rechtsfrage. Mit [X.]lick auf die Zielsetzung des § 148 Abs. 1 ZPO kann die Vorschrift auch die Grundlage dafür bieten, einen Rechtsstreit auszusetzen, weil ein anderweitiges Verfahren anhängig ist, in dem eine präjudizielle Rechtsfrage geklärt wird.

(a) Mit der Möglichkeit, einen Rechtsstreit nach § 148 ZPO auszusetzen, verfolgt der Gesetzgeber den Zweck, dass sich die Gerichte nicht doppelt mit dem zumindest teilweise identischen Streitstoff befassen müssen. Das dient der Prozesswirtschaftlichkeit und der Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen. Wegen dieser Vorteile nimmt das Gesetz den zeitweiligen Stillstand und die hierdurch bewirkte Verzögerung des Verfahrens in Kauf (vgl. [X.] 5. August 2013 - 1 [X.]vR 2965/10 - Rn. 20; [X.] 20. Mai 2010 - 6 [X.]) - Rn. 9, [X.]E 134, 307; zu dem Zweck der [X.] [X.] 5. Juli 2018 - [X.]/17 - Rn. 13; 30. März 2005 [X.] - zu II 2 b aa der Gründe, [X.]Z 162, 373; zu der Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen [X.] 8. Januar 2004 - III ZR 401/02 - zu II 4 der Gründe; vgl. insgesamt [X.]eckOK ZPO/[X.] Stand 1. Juli 2021 § 148 Rn. 1; MüKoZPO/[X.] 6. Aufl. § 148 Rn. 1).

(b) Der Zweck der [X.] und die damit verbundene [X.]eschleunigung der Verfahren können auch in einem Rechtsstreit zu beachten sein, in dem eine Rechtsfrage vorgreiflich ist. Die entsprechende Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO ist deshalb durch eine gleichartige Interessenlage gerechtfertigt.

(aa) Ist zu erwarten, dass eine Rechtsfrage in einem anderen anhängigen Verfahren geklärt werden wird, kann die Antwort in dem geführten Rechtsstreit, in dem sich die identische Rechtsfrage stellt, genutzt und zur Grundlage der Entscheidung gemacht werden. Allerdings verlangen die Ansprüche auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 47 Abs. 2 der [X.]harta der Grundrechte der [X.] ([X.]harta), aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 [X.] und aus Art. 6 Abs. 1 [X.], dass ein Rechtsstreit in angemessener [X.] zu einem Abschluss gebracht wird (vgl. [X.] 27. September 2017 - [X.]-73/16 - [[X.]] Rn. 74; [X.] 22. August 2013 - 1 [X.]vR 1067/12 - Rn. 30 [X.]; [X.] 24. Januar 2019 - 16741/16 - [[X.] gegen [X.]] Rn. 38 ff.). Daher kann nicht jede Rechtsfrage, die sich in gleicher Weise in einem anderen Verfahren stellt, herangezogen werden, um einen Rechtsstreit auszusetzen (vgl. [X.] 27. Juni 2019 - IX Z[X.] 5/19 - Rn. 7). Ist das zur Entscheidung berufene Gericht in der Lage, den Rechtsstreit dadurch zu beenden, dass es die aufgeworfene Rechtsfrage selbst klärt, ist es mit dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz regelmäßig nicht vereinbar, den Prozess zum Stillstand zu bringen. Abweichendes gilt ua. in den Fällen, in denen dem befassten Gericht eine abschließende Entscheidung verwehrt ist, weil eine Rechtsfrage in die ausschließliche Kompetenz eines anderen Gerichts oder einer [X.]ehörde fällt. Das ist beispielweise der Fall, wenn die Auslegung von [X.]srecht oder dessen Gültigkeit zu klären ist oder wenn ein nachkonstitutionelles Gesetz verfassungswidrig sein kann. Diese Entscheidungen sind nach Art. 267 A[X.] dem [X.] und nach Art. 100 [X.] dem [X.] vorbehalten.

([X.]) Deshalb hat es das [X.] zugelassen, § 148 ZPO in einem weiteren Zivilprozess entsprechend heranzuziehen, wenn ein vergleichbares Verfahren bei ihm anhängig ist (vgl. [X.] 8. Oktober 2003 - 2 [X.]vR 1309/03 - zu II 2 der Gründe [X.]). Mit [X.]lick darauf und auf die primärrechtliche [X.]estimmung des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 der [X.] rechtfertigt auch das [X.]srecht, § 148 Abs. 1 ZPO entsprechend auf eine Rechtsfrage anzuwenden.

(3) Der Entscheidung des [X.]s über ein anderes anhängiges Vorabentscheidungsersuchen kommt präjudizielle [X.]edeutung zu. [X.]eantwortet der [X.] die Frage nach Art. 267 Abs. 1 [X.]uchst. a A[X.], wie [X.]srecht auszulegen ist, hat eine solche Entscheidung unmittelbare Wirkung grundsätzlich nur für die am Ausgangsverfahren beteiligten Gerichte und Parteien. Allerdings ergibt sich aus dem in Art. 4 Abs. 3 [X.] verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, dass der Entscheidung des [X.]s präjudizielle [X.]edeutung für weitere Rechtsstreitigkeiten zukommt, in denen sich die identische unionsrechtliche Frage stellt.

(a) Nur das vorlegende Gericht und die mit demselben Verfahrensgegenstand befassten Gerichte sind grundsätzlich an Entscheidungen des [X.]s zur Auslegung von [X.]srecht gebunden (st. Rspr., z[X.] [X.] 5. Juli 2016 - [X.]-614/14 - [[X.]] Rn. 33 ff.; 5. April 2016 - [X.]-689/13 - [[X.]] Rn. 38 ff.; 16. Juni 2015 - [X.]-62/14 - [[X.] ua.] Rn. 16; 14. Dezember 2000 - [X.]-446/98 - [[X.]] Rn. 49). Art. 267 A[X.] spricht dem [X.] im Verhältnis zu den Gerichten der Mitgliedstaaten die abschließende Entscheidungsbefugnis über die Auslegung der Verträge sowie über die Gültigkeit und die Auslegung der dort genannten abgeleiteten Akte der [X.] zu. Die nach Maßgabe des Art. 267 A[X.] ergangenen Urteile des [X.]s sind für alle mit demselben Ausgangsverfahren befassten mitgliedstaatlichen Gerichte bindend. Diese Kompetenzzuweisung ist auf ein Zusammenwirken zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten und dem [X.] gerichtet. Sie dient im Interesse des Vertragsziels der Integration, der Rechtssicherheit und der Rechtsanwendungsgleichheit einer möglichst einheitlichen Auslegung und Anwendung des [X.]srechts durch alle Gerichte im Anwendungsbereich der Verträge (vgl. [X.] 8. April 1987 - 2 [X.]vR 687/85 - zu [X.] 2 a der Gründe, [X.]E 75, 223).

(b) Ein Vorabentscheidungsurteil erläutert, in welchem Sinn und mit welcher Tragweite eine [X.]svorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre ([X.]/Hilf/[X.]/[X.] Stand Februar 2021 A[X.] Art. 267 Rn. 104). Der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit aus Art. 4 Abs. 3 [X.] verpflichtet alle Träger öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auch die Gerichte, alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, um die volle Wirkung unionsrechtlicher [X.]estimmungen herzustellen ([X.] 15. April 2008 - [X.]-268/06 - [Impact] Rn. 41 ff.). Ergibt sich aus einer Vorabentscheidung nach Art. 267 A[X.], dass nationale Rechtsvorschriften unvereinbar mit dem [X.]srecht sind, sind die [X.]ehörden des Mitgliedstaats verpflichtet, die allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die [X.]eachtung des [X.]srechts in ihrem Hoheitsgebiet zu sichern (vgl. [X.] 21. Juni 2007 - [X.]-231/06 - [[X.] ua.] Rn. 38 [X.]). Auch Gerichte sind verpflichtet, die Auslegung durch den [X.] zu berücksichtigen ([X.] 30. Juni 2009 - 2 [X.]vE 2/08 ua. - Rn. 333, [X.]E 123, 267). Daraus folgt, dass die Gerichte die Vorschriften in der durch den [X.] vorgenommenen Auslegung auch auf andere Rechtsverhältnisse und Rechtsstreitigkeiten anwenden müssen ([X.]/Hilf/[X.]/[X.] aaO). Nur so lässt sich begründen, dass mit der Klärung einer Auslegungsfrage durch den [X.] die Pflicht eines letztinstanzlichen nationalen Gerichts zur Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 A[X.] entfällt, wenn es um eine Frage geht, die mit der vom [X.] beantworteten übereinstimmt, auch wenn sie nicht vollkommen identisch ist. Die Pflicht zur Vorlage besteht nur dann fort, wenn das nationale Gericht beabsichtigt, von der Rechtsprechung des [X.]s abzuweichen ([X.] 6. Oktober 1982 - [X.]-283/81 - [[X.].I.L.F.I.T. ua.] Rn. 14 f., 21; [X.]/[X.] 21. Aufl. A[X.] Art. 267 Rn. 45; [X.]K/[X.] 3. Aufl. A[X.] Art. 267 Rn. 94; [X.]alliess/[X.]/Wegener [X.]/A[X.] 5. Aufl. A[X.] Art. 267 Rn. 51; [X.] [X.]. Rn. 864; [X.]/Ehricke [X.]/A[X.] 3. Aufl. A[X.] Art. 267 Rn. 69, 72). Zudem ergibt sich aus Art. 47 der [X.]harta, der das Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz garantiert, dass die nationalen Gerichte verpflichtet sind, für die volle Wirksamkeit unionsrechtlicher [X.]estimmungen zu sorgen ([X.] 29. Juli 2019 - [X.]-556/17 - [[X.]] Rn. 56, 73; 17. April 2018 - [X.]-414/16 - [Egenberger] Rn. 78 f.). Auslegungsurteilen des [X.]s kommt damit eine Präjudizwirkung zu. Auch wenn ihnen keine unmittelbar verbindliche Wirkung außerhalb des Ausgangsrechtsstreits zukommt, haben sie [X.] (von der Groeben/[X.]/[X.]/[X.] Europäisches [X.]srecht 7. Aufl. A[X.] Art. 267 Rn. 93 [X.]).

(4) Die Aussetzung des Rechtsstreits ist bei Anhängigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens mit derselben oder einer weitgehend gleichen Rechtsfrage aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung und [X.] gerechtfertigt. Dem [X.] ist es dadurch möglich, das bereits anhängige Verfahren zeitnah abzuschließen, ohne durch weitere Vorabentscheidungsverfahren aufgehalten zu werden (vgl. [X.] 24. Januar 2012 - [X.]/10 - Rn. 8). Für die [X.]eteiligten des anderen Verfahrens entfällt der Aufwand im Zusammenhang mit einer eigenen Vorlage.

(a) Dies setzt allerdings voraus, dass ein weiteres Vorabentscheidungsersuchen nicht dazu führte, dem [X.] eine breitere Entscheidungsgrundlage zu verschaffen (vgl. [X.] 20. Mai 2010 - 6 AZR 481/09 (A) - Rn. 10, [X.]E 134, 307). [X.]estehen [X.]esonderheiten in der Fallkonstellation, die entscheidungserheblich und dem [X.] aufzuzeigen sind, oder bringen die Parteien dieses Verfahrens neue Argumente vor, die in dem bereits anhängigen Vorabentscheidungsverfahren noch nicht angeführt wurden, ist es regelmäßig erforderlich, den [X.] in einem weiteren Verfahren anzurufen. Die Gesichtspunkte der Verfahrensbeschleunigung und der [X.] müssen dann zurücktreten.

(b) Entgegen einer im Schrifttum geäußerten Auffassung kann eine Verfahrensverzögerung durch weitere dem [X.] vorgelegte Verfahren nicht dadurch vermieden werden, dass der [X.] von der Möglichkeit nach Art. 54 der Verfahrensordnung des [X.]s ([X.]VfO) Gebrauch macht, gleichartige Rechtssachen zur gemeinsamen [X.]ehandlung und Entscheidung zu verbinden (aA [X.] [X.] 2011, 901, 904 f.). Nach Art. 54 Abs. 2 Satz 1 [X.]VfO sind [X.]erichterstatter, Generalanwalt und ggf. die Parteien anzuhören. Die Prüfung, ob eine Rechtssache gleichartig ist, und die Gewährung rechtlichen Gehörs nehmen [X.] in Anspruch und binden Arbeitskraft des [X.]s z[X.] durch eingereichte Stellungnahmen. Vor allem in Verfahren, in denen sich die aufgeworfene Rechtsfrage kontinuierlich wiederholt, wird eine Entscheidung des [X.]s erheblich erschwert. [X.]ei [X.], die - wie im Streitfall - grundsätzlich monatlich anfallen können, ist dies gegeben. Entsprechendes gilt, wenn es sich - wie hier - um sog. Massenverfahren handelt, dh. um Verfahren, in denen sich eine oder mehrere Rechtsfragen in identischer Weise in einer Vielzahl paralleler Streitigkeiten stellen. In beiden Konstellationen werden zahlreiche Entscheidungen des [X.]s erforderlich, um die einzelnen Verfahren zu verbinden. Dem kann mit einer Aussetzung der weiteren Verfahren durch die nationalen Gerichte entgegengewirkt werden. Damit ist zu erreichen, dass sich die [X.] des [X.]s nicht erhöht (vgl. zu Art. 100 Abs. 2 [X.] [X.] 8. Oktober 2003 - 2 [X.]vR 1309/03 - zu II 2 der Gründe).

(c) Ebenso wenig kann eine Verfahrensbeschleunigung und eine Entlastung des [X.]s dadurch erreicht werden, dass der [X.], nachdem er über ein Vorabentscheidungsersuchen entschieden hatte, bei dem im Parallelverfahren vorlegenden Gericht anfragen kann, ob das weitere Ersuchen aufrechterhalten bleibt (so der Vorschlag von [X.] [X.] 2011, 901, 905 mit [X.]ezug auf [X.] 13. Juni 2006 - [X.]-173/03 - [[X.]] Rn. 21 ff.). Auch in diesem Fall muss sich der [X.] mit der Sache befassen. Im Schrifttum wird darin der Vorteil gesehen, dass auf diese Weise auch ein späteres Vorabentscheidungsersuchen mittelbar einer Erkenntnis durch den [X.] zugeführt werde. Vorteilhaft kann das allerdings nur sein, wenn das weitere Verfahren [X.]esonderheiten aufweist, die eine weitere Konkretisierung der Rechtsfrage ermöglichen. Dazu kommt es auch, wenn das nationale Gericht mit einem weiteren Vorabentscheidungsersuchen aus seiner Sicht noch ungeklärte oder zu konkretisierende Rechtsfragen benennt. Auf diese Weise kann zudem erreicht werden, dass sich die Parteien und das nationale Gericht in dem weiteren Verfahren mit der Entscheidung des [X.]s auseinandersetzen und Argumente für ein weiteres Verfahren vorbringen oder prüfen können.

(5) Verfahrensgrundrechte der Parteien in den weiteren Verfahren werden durch eine Aussetzung ihrer Rechtsstreitigkeiten nicht beeinträchtigt.

(a) Eine Aussetzung weiterer Rechtsstreitigkeiten, in denen sich die identische Rechtsfrage des [X.]srechts stellt, die dem [X.] bereits vorliegt, kommt grundsätzlich nur in [X.]etracht, wenn durch weitere Vorabentscheidungsersuchen kein Erkenntnisgewinn zu erwarten ist. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn sich die Rechtsfrage trotz zum Teil abweichender Sachverhalte in gleicher Weise stellt. Die Parteien werden zu einer im Hinblick auf ein anderes Vorabentscheidungsersuchen beabsichtigten Aussetzung des Rechtsstreits angehört. Sie haben daher Gelegenheit, die aus ihrer Sicht in ihrem Streitfall gegebenen [X.]esonderheiten zu benennen. So kann das nationale Gericht prüfen, ob dem [X.] mit einem weiteren Vorabentscheidungsersuchen zusätzliche Argumente zur Kenntnis gebracht werden können. Da der [X.] kein Rechtsmittelgericht für alle mitgliedstaatlichen Verfahren ist, genügt es, wenn dort über eine klärungsbedürftige Rechtsfrage lediglich in einem Verfahren verhandelt und entschieden wird (vgl. [X.] 24. Januar 2012 - [X.]/10 - Rn. 8).

(b) Einer Aussetzung steht damit nicht entgegen, dass das Vorabentscheidungsersuchen auch dem Individualrechtsschutz der Parteien des Ausgangsrechtsstreits dient. Weder der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 47 Abs. 2 der [X.]harta, Art. 103 Abs. 1 [X.] und Art. 6 Abs. 1 [X.] noch die Gewährleistung effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes nach Art. 47 Abs. 2 der [X.]harta, Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 [X.] und Art. 6 Abs. 1 [X.] sind durch die Aussetzung beeinträchtigt.

(aa) Nach Art. 23 Abs. 2 der [X.] haben ua. die Parteien des Ausgangsverfahrens die Möglichkeit, sich im Verfahren vor dem [X.] schriftlich zu äußern. Dem Verfahren nach Art. 267 A[X.] kommt damit neben den vorrangigen objektiven Funktionen, die einheitliche Auslegung des [X.]srechts zu gewährleisten und das Recht richterlich fortzubilden, die Aufgabe des Individualrechtsschutzes zu (von der Groeben/[X.]/[X.]/[X.] Europäisches [X.]srecht 7. Aufl. A[X.] Art. 267 Rn. 6 ff.; [X.]alliess/[X.]/Wegener [X.]/A[X.] 5. Aufl. A[X.] Art. 267 Rn. 1; von [X.] NJW 1993, 1108, 1110 f.). Im Schrifttum wird deshalb vertreten, bei der Aussetzung eines nationalen Rechtsstreits im Hinblick auf ein bereits anhängiges Vorabentscheidungsverfahren zu der identischen Rechtsfrage werde es den Parteien des ausgesetzten Verfahrens verwehrt, ihren Rechtsstandpunkt gegenüber dem [X.] darzulegen ([X.] [X.] 2011, 901, 904). Die Parteien können sich jedoch - wie ausgeführt - in einer Stellungnahme zu der beabsichtigten Aussetzung gegenüber dem nationalen Gericht äußern und ihre Rechtsansichten darlegen. Das nationale Gericht kann auf dieser Grundlage prüfen, ob es ein weiteres Verfahren zu der identischen Rechtsfrage einleitet, noch bevor der [X.] über das bereits anhängige Vorabentscheidungsersuchen entschieden hat. Daneben kommt in [X.]etracht, den Ausgang des bereits anhängigen Verfahrens abzuwarten und danach ein weiteres Vorabentscheidungsersuchen an den [X.] zu richten. Durch eine Aussetzung wird es den Parteien dieses Rechtsstreits damit nicht unmöglich gemacht, ihre Rechtsansicht gegenüber dem [X.] zu äußern. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Rechtsfrage durch den [X.] nicht vollständig geklärt erscheint. Gerade in Massenverfahren ist es außerdem nicht möglich, alle Verfahren gleichzeitig zu prüfen und einer Vorabentscheidung zuzuführen. Die nationalen Gerichte müssen zwangsläufig die Auswahl treffen, welcher Fall dem [X.] zuerst vorzulegen ist.

([X.]) Durch die Anhörung und die Möglichkeit eines weiteren Vorabentscheidungsersuchens wird ein effektiver Individualrechtsschutz gewährleistet.

([X.]) Die Parteien des ausgesetzten Rechtsstreits werden nicht endgültig daran gehindert, ihren Rechtsstandpunkt darzulegen. Ein Vorabentscheidungsersuchen bleibt auch in einem zunächst ausgesetzten Verfahren möglich. Letztinstanzliche nationale Gerichte verstoßen damit nicht gegen ihre Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 A[X.]. Sofern in dem ausgesetzten Verfahren [X.]esonderheiten bestehen, die eine weitere Klärung durch den [X.] erforderlich machen, kommt eine Vorlage nach Art. 267 A[X.] zu jeder [X.] in [X.]etracht. Nach § 150 Satz 1 ZPO kann das Gericht die von ihm erlassene, eine Aussetzung betreffende Anordnung wieder aufheben. Die Aufhebung der Aussetzung steht im Ermessen des Gerichts ([X.] 19. September 2019 - I Z[X.] 6/19 - Rn. 11).

([X.]b) Wird das Vorabentscheidungsverfahren auf die aus Sicht des nationalen Gerichts entscheidungserheblichen unionsrechtlichen Fragen und die dazu vertretenen Rechtsauffassungen konzentriert, kann mit einer schnelleren Entscheidung durch den [X.] gerechnet werden. Das kommt auch den Parteien des ausgesetzten Rechtsstreits zugute.

2. Die Entscheidung des Streitfalls hängt von den Rechtsfragen ab, die der [X.] dem [X.] in den Verfahren - 10 [X.] (A) - und - 10 [X.] (A) - bereits zur Vorabentscheidung vorgelegt hat ([X.] verbundene Rechtssachen - [X.]/21 - und - [X.]/21 - [[X.]oca-[X.]ola European Partners [X.] ua.]).

a) In den beiden Ausgangsverfahren geht es um Ansprüche auf tarifvertragliche Zuschläge für Arbeitsstunden, die nachts in Schichtarbeit geleistet werden. Die maßgeblichen tarifvertraglichen [X.]estimmungen sehen Zuschläge für Nachtarbeit in unterschiedlicher Höhe vor. Die Höhe hängt davon ab, ob es sich um regelmäßige oder unregelmäßige Nachtarbeit handelt. Aus Sicht des [X.]s werden damit zwei Gruppen von Arbeitnehmern, die nachts arbeiten, ungleichbehandelt. Für den [X.] stellt sich die Frage, ob diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt werden kann. Ob als Prüfungsmaßstab das [X.]srecht, Art. 20 der [X.]harta, anzulegen ist, hängt davon ab, ob die tariflichen [X.]estimmungen die Nacht- und Schichtarbeitsvorgaben der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/[X.] iSv. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der [X.]harta durchführen. Der [X.] hat dem [X.] deshalb die Frage gestellt:

        

„Wird mit einer tarifvertraglichen Regelung die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/[X.] iSv. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der [X.]harta der Grundrechte der Europäischen [X.] durchgeführt, wenn die tarifvertragliche Regelung für unregelmäßige Nachtarbeit einen höheren Ausgleich vorsieht als für regelmäßige Nachtarbeit?“

Sofern diese Frage bejaht wird und die Ungleichbehandlung am Maßstab von Art. 20 der [X.]harta zu messen ist, stellt sich zudem die Frage, ob und - wenn ja - wie eine solche Ungleichbehandlung zu rechtfertigen ist. Daher hat der [X.] die weitere Frage an den [X.] gerichtet:

        

„Ist eine tarifvertragliche Regelung mit Art. 20 der [X.]harta der Grundrechte der Europäischen [X.] vereinbar, die für unregelmäßige Nachtarbeit einen höheren Ausgleich vorsieht als für regelmäßige Nachtarbeit, wenn damit neben den gesundheitlichen [X.]eeinträchtigungen durch die Nachtarbeit auch [X.]elastungen wegen der schlechteren Planbarkeit von unregelmäßiger Nachtarbeit ausgeglichen werden sollen?“

b) Diese Fragen stellen sich auch im Streitfall.

aa) Wie in den dem [X.] vorgelegten Rechtsstreitigkeiten sehen die in dieser Sache maßgeblichen tariflichen [X.]estimmungen Zuschläge in unterschiedlicher Höhe für Arbeitnehmer vor, die nachts arbeiten. Für Nachtarbeit, die Arbeitnehmer in Schicht und Wechselschicht verrichten, erhalten sie Zuschläge in geringerer Höhe als für sonstige Nachtarbeit. Die jeweiligen Zuschlagstatbestände knüpfen übereinstimmend an die Arbeitsleistung in der tarifvertraglich definierten Nachtzeit an, die sich von der Arbeit zu anderen [X.]en unterscheidet. Der [X.] sieht in § 4 Abschn. II Nr. 1 [X.]uchst. b unterschiedlich hohe Zuschläge für Nachtarbeit vor, die in Schicht- und [X.] oder als sonstige Nachtarbeit erbracht wird. Damit enthält der [X.] zwar nicht die [X.]egriffe der regelmäßigen und unregelmäßigen Nachtarbeit. Ausgehend vom [X.]egriff der Schichtarbeit in § 4 Abschn. I Nr. 1 [X.] und dessen allgemeiner arbeitsrechtlicher [X.]edeutung setzen Schicht- und [X.] jedoch eine Regelhaftigkeit voraus, die bei sonstiger Nachtarbeit nicht gegeben ist. Wesentlich für die Arbeit in Schichten ist, dass eine bestimmte Arbeitsaufgabe über einen erheblich längeren [X.]raum als die wirkliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers hinaus anfällt und von mehreren Arbeitnehmern oder Arbeitnehmergruppen in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge teilweise auch außerhalb der allgemein üblichen Arbeitszeit erbracht wird. Die Arbeit muss nach einem Schichtplan erfolgen, wobei nicht erforderlich ist, dass er vom Arbeitgeber vorgegeben ist ([X.] 12. Dezember 2012 - 10 [X.] - Rn. 10). Dieser [X.]efund wird bestätigt durch § 4 Abschn. I Nr. 6 Unterabs. 1 Satz 2 [X.]. Dort wird zwischen Nachtarbeit bei üblicher Schichtarbeit und Nachtarbeit bei dringender betrieblicher Notwendigkeit differenziert. Die in unterschiedlicher Höhe geregelten Zuschläge für Nachtarbeit führen damit dazu, dass zwei Gruppen von Arbeitnehmern, die nachts arbeiten, ungleichbehandelt werden. Das gilt selbst dann, wenn sich die „Lücke“ dadurch verringert, dass die in § 4 Abschn. III Nr. 1 [X.] vorgesehenen Freischichten zu berücksichtigen sind.

[X.]) Der [X.] muss deshalb prüfen, ob diese schlechtere [X.]ehandlung gerechtfertigt werden kann. Auch im Streitfall stellt sich die Frage, welcher Prüfungsmaßstab anzulegen ist. Das hängt - wie in den ausgesetzten Revisionsverfahren - davon ab, ob die tariflichen [X.]estimmungen des [X.] die Nacht- und Schichtarbeitsvorgaben der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/[X.] iSv. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der [X.]harta durchführen.

cc) Sollte das der Fall sein, schließt sich die Frage an, ob mit den tariflichen [X.]estimmungen der zusätzliche Zweck verfolgt wird, die schlechtere Planbarkeit von sonstiger, nicht in Schichten versehener Nachtarbeit auszugleichen. Das könnte rechtfertigen, dass Arbeitnehmer, die Nachtarbeit in Schichten leisten, durch die geringeren Nachtarbeitszuschläge schlechter behandelt werden. Aus Sicht des [X.]s lässt sich dem [X.] entnehmen, dass mit den höheren Zuschlägen für sonstige Nachtarbeit auch bezweckt ist, deren mangelnde Planbarkeit auszugleichen.

(1) Der Kläger weist darauf hin, dass der [X.] keine Frist enthält, die bei der Einteilung der Schichten zu beachten ist. Eine ausdrückliche Ankündigungsfrist für die Planung der Schichten enthält der [X.] tatsächlich nicht. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien eine entsprechende Planung zugrunde gelegt. Dies kommt ua. in der Definition des [X.]egriffs „Wechselschicht“ in § 4 Abschn. I Nr. 1 Unterabs. 2 [X.] zum Ausdruck. Danach erfordert ein Einsatz in Wechselschicht, dass der Schichtrhythmus zusammenhängend mindestens eine volle Arbeitswoche dauert. Das lässt den Schluss auf eine entsprechende Planung im Voraus zu.

(2) Die Regelung in § 4 Abschn. I Nr. 6 Unterabs. 2 [X.] steht dem Zweck, die mangelnde Planbarkeit sonstiger Nachtarbeit auszugleichen, jedenfalls nicht entgegen. Im Unterschied zu der tariflichen Regelung, die den Entscheidungen in den Revisionsverfahren - 10 [X.] - und - 10 [X.] - zugrunde lag, schreibt der [X.] nicht vor, dass der Arbeitgeber bei der Anordnung von Nachtarbeit in seinem billigen Ermessen eingeschränkt ist ([X.] 9. Dezember 2020 - 10 [X.] - und - 10 [X.] - Rn. 78). Der Arbeitgeber kann in den Grenzen des § 106 GewO Nachtarbeit anordnen. Allerdings braucht ein Arbeitnehmer einer entsprechenden Weisung nicht Folge zu leisten, wenn seine berechtigten Interessen entgegenstehen. Damit kann der Arbeitnehmer die mit der sonstigen Nachtarbeit verbundenen [X.]elastungen durch die schlechtere Planbarkeit auf sich nehmen und dafür einen Ausgleich in Form eines höheren Zuschlags für Nachtarbeit in Anspruch nehmen. Der erkennbare Zweck liegt so im Schwerpunkt im Ausgleich von [X.]elastungen.

3. Die Entscheidung ergeht außerhalb mündlicher Verhandlung durch die berufsrichterlichen Mitglieder des [X.]s.

a) Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Arb[X.], der über § 72 Abs. 6 Arb[X.] grundsätzlich auch im Revisionsverfahren gilt, erlässt die [X.]eschlüsse, die nicht aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergehen, der Vorsitzende allein. An die Stelle des Vorsitzenden treten im Revisionsverfahren die berufsrichterlichen Mitglieder des [X.]s ([X.] 10. Dezember 1992 - 8 AZ[X.] 6/92 - zu II der Gründe, [X.]E 72, 84; [X.]eckOK ArbR/[X.] Stand 1. Juni 2021 Arb[X.] § 72 Rn. 25; [X.]/[X.]/[X.] Arb[X.] 5. Aufl. § 72 Rn. 70).

b) Davon abweichend entscheidet stets der gesamte Spruchkörper, dh. die berufsrichterlichen und die ehrenamtlichen Mitglieder, wenn der Rechtsstreit nur deshalb ausgesetzt wird, um eine Vorlage an den [X.] nach Art. 267 A[X.] oder an das [X.] nach Art. 100 [X.] zu ermöglichen. In beiden Fällen ist Gegenstand der Entscheidung nicht allein die Aussetzung des Rechtsstreits, sondern auch und vorrangig die Frage, wie [X.]srecht auszulegen ist, ob es gültig ist, ob ein Gesetz verfassungswidrig ist oder ob eine Norm des Völkerrechts [X.]estandteil des [X.]rechts ist. Erst durch die Entscheidung über die Vorlage werden die Voraussetzungen geschaffen, den Rechtsstreit auszusetzen. Diese Vorlageentscheidungen trifft der gesamte Spruchkörper mit berufsrichterlichen und ehrenamtlichen Mitgliedern ([X.]/[X.]/[X.] 5. Aufl. § 55 Rn. 24; [X.]/Koch 21. Aufl. Arb[X.] § 55 Rn. 5; GMP/Schleusener 9. Aufl. § 55 Rn. 26; GK-Arb[X.]/[X.] Stand November 2020 § 55 Rn. 43; [X.]/[X.]/[X.] Arb[X.] 5. Aufl. § 55 Rn. 26; [X.]/[X.] 9. Aufl. Arb[X.] § 55 Rn. 18).

c) Im Streitfall ergeht eine isolierte Entscheidung über die Aussetzung. Die Voraussetzungen, um den Rechtsstreit aussetzen zu können, sind erfüllt. Die Vorabentscheidungsersuchen, die im Streitfall vorgreiflich sind, sind bereits vor dem [X.] anhängig ([X.] - [X.]/21 - und - [X.]/21 - [[X.]oca-[X.]ola European Partners [X.] ua.]). Damit sind außerhalb der mündlichen Verhandlung allein die berufsrichterlichen Mitglieder des [X.]s zur Entscheidung berufen.

        

    Gallner    

        

    Pulz    

        

    [X.]    

        

        

        

             

        

             

                 

Meta

10 AZR 397/20 (A)

28.07.2021

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 3. Dezember 2019, Az: 9 Ca 275/19, Urteil

§ 148 Abs 1 ZPO, Art 4 Abs 3 EUVtr Liss, Art 51 EUVtr Liss, Art 20 EUGrdRCh, Art 47 Abs 2 EUGrdRCh, Art 51 Abs 1 S 1 EUGrdRCh, Art 267 Abs 1 Buchst a AEUV, Art 54 Abs 2 S 1 EuGHVfO 2012, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 93 Abs 1 Nr 4a GG, Art 100 Abs 1 GG, Art 100 Abs 2 GG, Art 103 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 MRK, § 31 BVerfGG, § 53 Abs 1 S 1 ArbGG, § 72 Abs 5 ArbGG, § 72 Abs 6 ArbGG, § 148 ZPO, § 150 S 1 ZPO, § 555 ZPO, § 94 VwGO, § 74 FGO, § 144 SGG, § 1 TVG, Art 23 Abs 1 S 1 EuGHSaProt, Art 3 Abs 1 GG, EGRL 88/2003

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28.07.2021, Az. 10 AZR 397/20 (A) (REWIS RS 2021, 3701)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 3701

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6 AZR 481/09

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