Bundessozialgericht, Beschluss vom 20.05.2020, Az. B 13 R 49/19 B

13. Senat | REWIS RS 2020, 2537

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Rüge der unzureichenden Sachaufklärung durch das LSG - gerügte fehlende Sachkunde des Gutachters


Tenor

Der Antrag des [X.], ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 22. Januar 2019 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu gewähren, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. In dem der Beschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit hat das [X.] mit Urteil vom [X.] einen Anspruch des [X.] auf Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim [X.] eingelegt. Er beruft sich ausschließlich auf Verfahrensmängel ([X.] nach § 160 Abs 2 [X.] [X.]G). Zugleich hat der Kläger zur Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ([X.]) unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt.

3

II. 1. Der Antrag des [X.] auf Gewährung von [X.] zur Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des [X.] vom [X.] ist abzulehnen.

4

Nach § 73a Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem [X.] ua nur dann [X.] bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil die vom Kläger eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] nicht erfolgreich sein kann. Der Kläger hat [X.] für eine von einem beim [X.] zugelassenen Prozessbevollmächtigten bereits eingelegte und bis zum Ablauf der Begründungsfrist am [X.] bereits begründete Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beantragt. Die Revision wäre daher nur zuzulassen, wenn mit dieser Beschwerde einer der in § 160 Abs 2 [X.] bis 3 [X.]G genannten Zulassungsgründe in der gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G vorgeschriebenen Form dargelegt oder bezeichnet wäre. Solche Erfolgsaussicht besteht hier nicht, weil die Beschwerde unzulässig ist (dazu unten 2.).

5

Mit der Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von [X.] entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der [X.] (§ 73a Abs 1 [X.]G iVm § 121 Abs 1 ZPO).

6

2. Die unabhängig vom Antrag auf Bewilligung von [X.] eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 [X.]G durch Beschluss ohne Zuziehung [X.] als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G keinen [X.] hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

7

Der Kläger macht mit seiner umfangreichen Beschwerdebegründung vom [X.] ausschließlich geltend, die angegriffene Entscheidung des [X.] beruhe auf verschiedenen Verfahrensmängeln (Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G).

8

Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB [X.] Urteil vom 29.11.1955 - 1 RA 15/54 - [X.]E 2, 81 - juris Rd[X.] 4; [X.] Urteil vom 24.10.1961 - 6 [X.] 19/60 - [X.]E 15, 169 = [X.] [X.] zu § 52 [X.]G - juris Rd[X.] 29). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Zugrunde zu legen ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des [X.] ([X.] Urteil vom 28.5.1957 - 3 [X.] 219/56 - [X.] zu § 162 [X.]G; [X.] Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 166/78 - [X.] 1500 § 160 [X.]3; [X.] Beschluss vom 16.11.2000 - [X.] RA 122/99 B - [X.] 3-1500 § 160 [X.]3 - juris Rd[X.] 23). Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des [X.] möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht (vgl zB [X.] Beschluss vom 16.11.2000 - [X.] RA 122/99 B - [X.] 3-1500 § 160 [X.]3 - juris Rd[X.]6 mwN; [X.] Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.]0 Rd[X.]6 mwN). Daran fehlt es.

9

a) Den vorstehend dargestellten Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung zunächst nicht, soweit darin ein Verstoß des [X.] gegen die Amtsermittlungspflicht gerügt wird, weil dieses kein (weiteres) pulmologisches Sachverständigengutachten eingeholt hat.

Die Rüge der unzureichenden Sachaufklärung durch das [X.] muss folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das [X.] nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des [X.], aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zu weiterer Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des [X.] auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das [X.] mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigen Ergebnis hätte gelangen können (stRspr; vgl [X.] Beschluss vom 19.11.2007 - [X.]/5 R 382/06 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] 21 Rd[X.] 5; [X.] Beschluss vom 28.2.2018 - [X.] R 73/16 B - juris Rd[X.] 9 mwN).

Es kann dahinstehen, ob der vom Kläger auf Seite 4 f der Beschwerdebegründung zitierte, in der mündlichen Verhandlung am [X.] gestellte Beweisantrag den Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Beweisantrag iS des § 118 Abs 1 Satz 1 [X.]G, § 403 ZPO genügt. Jedenfalls hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt, dass das [X.] verpflichtet gewesen sein könnte, ein weiteres Gutachten zu den Auswirkungen seiner Erkrankungen auf pulmologischem Fachgebiet auf sein Leistungsvermögen einzuholen. Insofern führt der Kläger selbst an, das [X.] habe bereits durch ein [X.] Gutachten des Dr. A. vom 15.8.2018 Beweis zu den medizinischen Tatbestandsvoraussetzungen des § 43 [X.] erhoben. Liegen jedoch bereits Gutachten vor, ist das [X.] nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten iS von § 118 Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 412 Abs 1 ZPO ungenügend sind, weil sie grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (vgl [X.] Beschluss vom 12.12.2003 - [X.] [X.] 197/03 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 9 mwN; [X.] Beschluss vom 20.2.2018 - [X.] LW 3/17 B - juris Rd[X.] 9). Solche Umstände hat der Kläger nicht schlüssig bezeichnet.

Zur schlüssigen Darlegung der fehlenden Sachkunde des Gutachters genügt es nicht, wenn - wie vorliegend - lediglich auf das Fehlen einer pulmologischen Facharztausbildung verwiesen wird. Vielmehr müssen sich aus den Gutachten selbst Zweifel an der Sachkunde oder Unabhängigkeit des Gutachters ergeben oder es muss sich um besonders schwierige Fachfragen handeln, die ein spezielles, bei den bisherigen Gutachtern nicht vorausgesetztes Fachwissen erfordern (BVerwG Beschluss vom 11.6.2008 - 4 [X.]/08 - juris Rd[X.]3). Solche Umstände hat der Kläger ebenso wenig aufgezeigt, wie grobe Mängel des Gutachtens vom 15.8.2018. Zwar verweist der Kläger in seiner Beschwerdebegründung unter Bezugnahme auf den beigefügten Schriftsatz vom [X.] darauf, dass im Rahmen der Begutachtung keine Bronchospasmolyse durchgeführt und kein sog [X.] erstellt worden sei. Hierzu wird im Schriftsatz vom [X.] unter Hinweis auf das von der [X.] herausgegebene Werk "[X.] für die gesetzliche Rentenversicherung" ausgeführt, dass verschiedene Lungenfunktions- und Leistungstests als einzelne Bausteine dazu beitragen könnten, das Ausmaß der Schädigung der Strukturen der Atmungsorgane und ihrer Funktion zu ermitteln; zusätzliche Aussagen könne ein Bronchospasmolysetest liefern. Zudem sei ein solcher Test ua beim Vorliegen einer [X.] in jedem Fall zu empfehlen, um das Ausmaß der Reversibilität der Obstruktion zu ermitteln. Dem kann jedoch nicht entnommen werden, dass belastbare Aussagen zur Leistungsfähigkeit eines Probanden nicht auch bereits aufgrund der zuvor angesprochenen Lungenfunktions- und Leistungstests sowie ohne die Feststellung der Reversibilität einer Obstruktion getroffen werden könnten und dass der Bronchospasmolysetest unabdingbar und in jedem Fall notwendig wäre. Entsprechendes gilt im Hinblick auf das nicht erstellte [X.], zu dem der Kläger im Schriftsatz vom [X.] im Zusammenhang mit einem [X.] angibt, ein solches Protokoll werde "in der Regel" mit dem Ziel gewählt, in acht bis zwölf Minuten die maximale körperliche Leistungsgrenze zu erreichen. Zudem wird dort ausgeführt, der [X.] sei bereits nach einer Minute beendet worden, was das Fehlen von Angaben zu höheren Belastungsstufen, wie es einem [X.] entspräche, hinreichend erklären dürfte.

Darüber hinaus wird mit der Beschwerdebegründung nicht hinreichend deutlich dargelegt, dass die Entscheidung des [X.] auf der unterbliebenen Begutachtung beruhen könnte. Nach der im Rahmen der Prüfung von Verfahrensmängeln maßgeblichen Rechtsauffassung des [X.] lagen die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der beantragten Rente wegen Erwerbsminderung zuletzt am 31.7.2015 vor. Vor diesem Hintergrund wäre jedenfalls kurz darzulegen gewesen, inwiefern von einer weiteren (pulmologischen) Begutachtung einschließlich der Durchführung eines Bronchospasmolysetest und der Erstellung eines [X.]s [X.] abweichende Erkenntnisse zum Leistungsvermögen des [X.] in der [X.] vor dem [X.] zu erwarten gewesen sind.

b) Ein Verfahrensmangel wegen Verstoßes des [X.] gegen die Amtsermittlungspflicht wird ebenfalls nicht anforderungsgerecht bezeichnet, wenn der Kläger das Übergehen seines Antrags auf Einholung eines (weiteren) neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens rügt.

Hierzu führt der Kläger aus, das [X.] habe sich wegen einer Anregung im fachinternistisch-pulmologischen Gutachten des Dr. A. vom 15.8.2018 zu einer solchen weiteren Beweiserhebung gedrängt fühlen müssen. So habe Dr. A. darauf hingewiesen, dass mehrere psychiatrische Gutachten mit zum Teil deutlich voneinander abweichenden Einschätzungen vorlägen, und die Einholung eines weiteren Gutachtens in das Ermessen des Senats gestellt. Diese Anregung habe er sich mit seinem schriftsätzlich angekündigten, in der mündlichen Verhandlung wiederholten Beweisantrag zu eigen gemacht.

Damit wird der geltend gemachte Verfahrensfehler jedoch nicht ausreichend bezeichnet. Denn es besteht kein allgemeiner Anspruch auf Überprüfung eines Sachverständigengutachtens durch ein sog Obergutachten (stRspr; vgl nur [X.] Beschluss vom 23.5.2006 - [X.] [X.] 272/05 B - juris Rd[X.] 5, 11; [X.] Beschluss vom [X.] P 6/17 B - juris Rd[X.]3). Vielmehr ist es Aufgabe des [X.]s, sich im Rahmen der Beweiswürdigung mit einander entgegenstehenden Gutachten auseinanderzusetzen. Hält das Gericht eines von mehreren Gutachten für überzeugend, darf es sich diesem grundsätzlich anschließen, ohne ein weiteres Gutachten einholen zu müssen. Die Würdigung unterschiedlicher Gutachtenergebnisse gehört - wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse - zur Beweiswürdigung selbst (vgl [X.] Beschluss vom 19.11.2007 - [X.]/5 R 382/06 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] 21 Rd[X.] 8; [X.] Beschluss vom 20.2.2018 - [X.] LW 3/17 B - juris Rd[X.] 8). Bei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum. Liegen bereits mehrere Gutachten vor, ist das [X.] nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben ([X.] Beschluss vom 19.11.2007 - [X.]/5 R 382/06 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] 21 Rd[X.] 9; [X.] Beschluss vom 20.2.2018 - [X.] LW 3/17 B - juris Rd[X.] 9). Insoweit hätte der Kläger vortragen müssen, weshalb nach den dem [X.] vorliegenden Beweismitteln Fragen zum tatsächlichen und medizinischen Sachverhalt aus der rechtlichen Sicht des [X.] erkennbar offengeblieben sind und damit zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts zwingende Veranlassung bestanden haben soll (vgl [X.] Beschluss vom 20.2.2018 - [X.] LW 3/17 B - juris Rd[X.] 9 mwN). Diesen Anforderungen genügt der bloße Verweis auf den Hinweis im fachinternistisch-pulmologischen Gutachten Dr. A. nicht, da weder durch diesen noch durch den Kläger selbst konkrete Mängel der vorliegenden Gutachten dargelegt werden.

c) Eine Verletzung des § 103 [X.]G wird darüber hinaus ebenfalls nicht anforderungsgerecht gerügt, soweit sich der Kläger gegen die unterlassene Vernehmung von [X.]. [X.] als Zeuge wendet. Vielmehr beschränkt sich die Beschwerdebegründung auf die pauschale Behauptung, das [X.] habe sich aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Umstände gedrängt fühlen müssen, dem Beweisantrag nachzugehen, ohne dass diese Umstände vom Kläger auch nur ansatzweise näher bezeichnet werden. Zwar geht der Kläger davon aus, [X.]. [X.] hätte als Zeuge nochmals näher dargestellt, worin seine (des [X.]) gesundheitlichen Einschränkungen schwerpunktmäßig bestünden. Jedoch versäumt er es erneut darzulegen, welche diesbezüglichen Fragen aufgrund der vorliegenden - auch von [X.]. [X.] erstatteten - Gutachten offengeblieben sein könnten.

In diesem Vorbringen kann auch keine zulässige Rüge einer Verletzung des Rechts des [X.] auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 128 Abs 2 [X.]G) gesehen werden, weil es das [X.] unterlassen hätte, den Sachverständigen [X.]. [X.] zur Erläuterung seines in erster Instanz erstatteten Gutachtens zu laden. Zwar steht jedem Beteiligten unabhängig von der nach § 411 Abs 3 ZPO im pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts liegenden Möglichkeit, zur weiteren Sachaufklärung von Amts wegen das Erscheinen des Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung anzuordnen, gemäß § 116 Satz 2, § 118 Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO das Recht zu, einem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet (stRspr; zB [X.] Beschluss vom 27.11.2007 - [X.]/5 R 60/07 B - [X.] 4-1500 § 116 [X.] Rd[X.] 7; [X.] Beschluss vom 7.8.2014 - [X.] R 439/13 B - juris Rd[X.]0 mwN). Dabei müssen für einen entsprechenden Antrag keine Fragen formuliert werden; es reicht vielmehr aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen ([X.] Urteil vom 12.4.2000 - [X.] [X.] 2/99 R - [X.] 3-1750 § 411 [X.], juris Rd[X.] 20). Aber selbst, wenn man in dem Antrag des [X.] auf Vernehmung des [X.]. [X.] als Zeugen zugleich einen Antrag auf Ladung zur Erläuterung des Gutachtens erkennen wollte, fehlt es in der Beschwerdebegründung an Ausführungen dazu, welche Punkte des Gutachtens der Kläger konkret für erläuterungsbedürftig gehalten hat und dass er diese mit seinem Antrag gegenüber dem [X.] benannt hätte.

d) Schließlich wird ein Verfahrensmangel wegen Verstoßes des [X.] gegen die Amtsermittlungspflicht nicht anforderungsgerecht bezeichnet, soweit der Kläger das Übergehen seines Antrags auf Befragung von [X.] als Zeuge rügt.

Der Kläger führt zur Begründung aus, das [X.] habe, indem es den medizinischen Sachverhalt aufgrund des Gutachtens Dr. A. vom 15.8.2018 als geklärt angesehen und es abgelehnt habe, [X.] als Zeugen zu vernehmen, insbesondere seine (des [X.]) grundsätzlichen Ausführungen im Schriftsatz vom [X.] verkannt. Insoweit wiederholt er seine bereits oben unter 2.a) dargestellte Kritik am Gutachten Dr. A. . Im Rahmen der Vernehmung hätte [X.] ggf seinen Befundbericht vom [X.] und die vom Kläger gegen das Gutachten Dr. A. erhobenen Einwände näher erläutern können. Insofern sei denkbar, dass [X.] "aufgrund der benannten Untersuchungsmethoden" nachvollziehbar dargelegt hätte, dass die seitens Dr. A. ermittelten Werte einen falschen Gesamteindruck vermitteln. Es bestehe daher die Möglichkeit, dass das [X.] daraufhin ein weiteres pulmologisches Sachverständigengutachten eingeholt und zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.

Der erkennende Senat braucht nicht zu entscheiden, ob der vom Kläger auf Seite 4 f der Beschwerdebegründung zitierte, in der mündlichen Verhandlung am [X.] gestellte Beweisantrag im Hinblick auf die Vernehmung [X.] als Zeuge den Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Beweisantrag iS des § 118 Abs 1 Satz 1 [X.]G, § 373 ZPO genügt. Insofern könnte es wegen des schon vorliegenden Befundberichts und des nachfolgenden Gutachtens Dr. A. naheliegen, dass es hierfür einer weitergehenden Konkretisierung des [X.] bedurft hätte. Jedenfalls aber wird mit der Beschwerdebegründung nicht ausreichend dargelegt, warum sich das [X.] zu der beantragten Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen. Hierzu hätte im Einzelnen ausgeführt werden müssen, dass bei der Antragstellung Tatsachen in Bezug auf den Gesundheitszustand des [X.] in der [X.] vor dem [X.] in das Wissen des Zeugen gestellt wurden, die noch nicht Gegenstand des Befundberichts vom [X.] waren. Solche Tatsachen werden mit der Beschwerdebegründung nicht benannt. Soweit sich die zeugenschaftliche Vernehmung [X.] auf die Kritik am Gutachten des Sachverständigen Dr. A. und die Bewertung der "seitens des Gutachters ermittelten Werte" richten sollte, handelt es sich der Sache nach nicht um einen auf den Bericht über die eigene Wahrnehmung von Tatsachen und tatsächlichen Vorgängen gerichteten Zeugenbeweis, sondern um die dem [X.] vorbehaltene Auswertung vorgegebener Tatsachen, bei denen der Sachverständige aufgrund seines Fachwissens subjektive Wertungen, Schlussfolgerungen und Hypothesen bekundet (vgl zu dieser Unterscheidung [X.] in [X.], ZPO, 33. Aufl 2020, Vorbemerkungen zu §§ 402 - 414 Rd[X.] 2). Bezüglich einer hiermit möglicherweise verbundenen sinngemäßen Rüge einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht, weil das [X.] kein (weiteres) pulmologisches Sachverständigengutachten eingeholt hat, wird auf die Ausführungen unter 2.a) verwiesen.

e) Mit der Beschwerdebegründung wird zudem ein Verfahrensmangel wegen des Fehlens von Entscheidungsgründen nicht schlüssig bezeichnet.

Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass das Urteil nach § 136 Abs 1 [X.] 6 [X.]G "die Entscheidungsgründe" zu enthalten hat. Auch nach § 128 Abs 1 Satz 2 [X.]G sind in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Entscheidungsgründe fehlen, wenn und soweit in der Urteilsbegründung selbst oder durch Bezugnahme gemäß § 153 Abs 2 [X.]G nicht mindestens die Überlegungen zusammengefasst worden sind, auf denen die Entscheidung über jeden einzelnen für den [X.] rechtserheblichen Streitpunkt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht ([X.] Urteil vom 29.3.2007 - [X.]a S[X.]/06 R - juris Rd[X.]3). Das bedeutet, aus den Entscheidungsgründen muss ersichtlich sein, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl [X.] Beschluss vom 1.8.1984 - 1 BvR 1387/83 - [X.] 1500 § 62 [X.]6; [X.] Beschluss vom 25.3.2010 - 1 BvR 2446/09 - juris Rd[X.]1). Auch braucht es nicht zu Fragen Stellung nehmen, auf die es nach seiner Auffassung nicht ankommt. Eine Entscheidung ist deshalb nicht schon dann nicht mit Gründen versehen, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung kurz gefasst und nicht jeden Gesichtspunkt, der möglicherweise hätte erwähnt werden können, behandelt hat. Zugleich wäre die Begründungspflicht selbst dann nicht verletzt, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen und tatsächlichen Gegebenheiten falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten ([X.] Beschluss vom [X.] - [X.] R 144/07 B - juris Rd[X.] 7 mwN).

Daher genügt es zur schlüssigen Bezeichnung eines [X.] wegen fehlender Urteilsgründe nicht, wenn der Kläger geltend macht, das [X.] habe sich zu den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen "nur fragmentarisch bzw. gar nicht" verhalten und sich insbesondere nicht mit dem Antrag auf Einholung eines pulmologischen Sachverständigengutachtens sowie der beantragten Zeugenvernehmung [X.] auseinandergesetzt, für deren Begründung er auf den Schriftsatz vom [X.] Bezug genommen habe. Denn gleichzeitig räumt der Kläger in seiner Begründung ein, dass sich das [X.] auf den Seiten 24/25 des Urteils mit den Beweisanträgen befasst und auf Seite 20 unter d) zu den Ausführungen des Schriftsatzes vom [X.] geäußert habe. Einzelheiten hierzu sind auch den Darstellungen zum Inhalt der Entscheidung des [X.] auf Seite 7 der Beschwerdebegründung zu entnehmen. Danach hat sich das [X.] ua deshalb nicht zur weiteren Beweiserhebung genötigt gesehen, weil es den Beweisantrag des [X.] als nicht formgerecht erachtet hat. Wieso die Entscheidungsgründe darüber hinaus Ausführungen in Bezug auf die Ablehnung einer weiteren Beweisaufnahme enthalten müssten, macht die Beschwerdebegründung nicht deutlich. Dabei ist in Bezug auf die Anforderungen an den Inhalt der Entscheidungsgründe bezüglich unterlassener Amtsermittlung auch zu beachten, dass die nach § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G geltende Einschränkung der Rüge des Verstoßes gegen § 103 [X.]G nicht durch die Berufung auf vermeintliche andere Verfahrensmängel umgangen werden können (vgl [X.] Beschluss vom 18.5.2016 - B 5 RS 10/16 B - juris Rd[X.] 8 mwN; [X.] Beschluss vom 29.6.2018 - [X.] R 9/16 B - juris Rd[X.]0).

f) Ein Verfahrensmangel wird ebenfalls nicht formgerecht bezeichnet, wenn der Kläger eine fehlerhafte Beweiswürdigung rügt, weil das [X.] und [X.] das Gutachten der Sachverständigen Dr. H. ihren Entscheidungen zugrunde gelegt haben. Auf die Rüge eines Verstoßes des Berufungsgerichts gegen die Grundsätze der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G) kann die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G nicht gestützt werden.

Soweit der Kläger Verfahrensrecht verletzt sieht, weil das [X.] über sein gegen die Sachverständige gerichtetes Befangenheitsgesuch erst im instanzbeendenden Gerichtsbescheid und nicht vorab durch gesonderten Beschluss entschieden hat, wird - anders als nach dem oben Ausgeführten erforderlich - kein Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug gerügt. Insoweit kann dahinstehen, ob nach dem Ausschluss der Beschwerdemöglichkeit gegen ablehnende Beschlüsse des [X.] durch das [X.] vom [X.] ([X.] 3836) in der Sozialgerichtsbarkeit die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch überhaupt noch durch gesonderten Beschluss ergehen muss (so wohl [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 12. Aufl 2017, § 118 Rd[X.]2m). Jedenfalls wird nicht dargelegt, dass sich dieser Mangel - wie zur Begründung eines im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde rügefähigen [X.] notwendig - in der Entscheidung des [X.] fortsetze. Solche Ausführungen wären auch mit Blick auf die einschlägige Rechtsprechung des [X.] notwendig gewesen. Denn danach kann die Ablehnung des Befangenheitsgesuchs durch Urteil statt eines gesonderten Beschlusses das Urteil erster Instanz mit der Berufung angefochten werden. Das Berufungsgericht ist dann befugt, in der Sache zu entscheiden und inzidenter auch über das Ablehnungsgesuch zu befinden, ohne dass das Urteil erster Instanz allein wegen des Verstoßes gegen § 406 Abs 4 ZPO aufzuheben wäre (vgl [X.] Urteil vom [X.] - [X.] - [X.]Z 222, 44 - juris Rd[X.]6). Ausgehend von dieser Rechtsprechung zur ZPO richtet sich die Rüge des [X.] nicht gegen einen Verstoß des [X.] gegen Verfahrensrecht, sondern gegen die Richtigkeit der Berufungsentscheidung in der Sache. Dies kann aber nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB [X.] Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.] 22 Rd[X.] 4; [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 96/10 - [X.] 4-1500 § 178a [X.]1 Rd[X.] 28 mwN).

g) Die Beschwerdebegründung genügt schließlich nicht den Anforderungen an die Bezeichnung einer Verletzung des Rechts, einen Sachverständigen zu befragen.

Gemäß § 116 Satz 2 [X.]G, § 118 Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO steht jedem Beteiligten das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet (vgl [X.] Beschluss vom 27.9.2018 - [X.] V 14/18 B - juris Rd[X.]2 mwN; [X.] Beschluss vom 17.4.2012 - [X.] R 355/11 B - juris Rd[X.]3 mwN). Weil das Fragerecht an den Sachverständigen der Verwirklichung des rechtlichen Gehörs dient, muss eine entsprechende Rüge aufzeigen, dass der Beteiligte alles getan hat, um die Anhörung des Sachverständigen zu erreichen. Dazu muss er in der Beschwerdebegründung darstellen, dass er einen hierauf gerichteten Antrag rechtzeitig gestellt, dabei schriftlich objektiv sachdienliche Fragen angekündigt und das Begehren bis zum Schluss aufrechterhalten hat (stRspr; zB [X.] Beschluss vom 26.5.2015 - [X.] R 13/15 B - juris Rd[X.] 9 ff; [X.] Beschluss vom 5.1.2017 - [X.] R 345/16 B - juris Rd[X.] 7; jeweils mwN). Entgegen diesen Anforderungen wird in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt, dass der Kläger seinen im Schriftsatz vom [X.] gestellten und durch das [X.] mit Schriftsatz vom 10.1.2019 abgelehnten Antrag auf ergänzende Befragung des Sachverständigen Dr. A. in der mündlichen Verhandlung am [X.] aufrechterhalten hat.

h) Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]G).

3. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 [X.]G.

Meta

B 13 R 49/19 B

20.05.2020

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Chemnitz, 13. März 2015, Az: S 39 R 1028/13, Gerichtsbescheid

§ 62 SGG, § 103 SGG, § 116 S 2 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 128 Abs 1 S 2 SGG, § 128 Abs 2 SGG, § 136 Abs 1 Nr 6 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 373 ZPO, § 397 ZPO, § 402 ZPO, § 403 ZPO, § 411 Abs 3 ZPO, § 411 Abs 4 ZPO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 20.05.2020, Az. B 13 R 49/19 B (REWIS RS 2020, 2537)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2537

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - gerügter Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht - Darlegungspflicht eines im Berufungsverfahren …


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1 BvR 2446/09

VI ZR 393/18

1 BvR 96/10

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