Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.09.2022, Az. 2 StR 61/22

2. Strafsenat | REWIS RS 2022, 6520

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Gegenstand

Strafzumessung: Strafschärfende Berücksichtigung tilgungsreifer Vorstrafen


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 15. Juli 2021, soweit es ihn betrifft,

a) im Strafausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben,

b) in der Einziehungsentscheidung dahingehend abgeändert, dass die Einziehung von 2,32 Gramm [X.] angeordnet wird.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung „sämtlicher sichergestellter Betäubungsmittel“ angeordnet. Dagegen richtet sich die mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Die Überprüfung des Schuldspruchs hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

3

2. Hingegen hält der Strafausspruch revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand, weil das [X.] dem Angeklagten unter Verstoß gegen § 51 Abs. 1 [X.] seine Vorstrafe aus dem Urteil des [X.] vom 23. September 2015 bei der Zumessung der Einzelstrafen angelastet hat, obwohl diese im Zeitpunkt des tatrichterlichen Urteils am 15. Juli 2021 bereits tilgungsreif war.

4

a) Die Tilgungsfrist für die nach § 4 Nr. 1 [X.] zentralregisterpflichtige Vorahndung zu einer Jugendstrafe von sieben Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung betrug nach § 46 Abs. 1 Nr. 1c [X.] fünf Jahre. Die nach § 47 Abs. 1 i.V.m. § 36 Satz 1 [X.] mit dem Tag des ersten Urteils am 23. September 2015 beginnende Tilgungsfrist (vgl. [X.], Beschluss vom 19. März 2019 – 3 StR 68/19) ist am 22. September 2020 abgelaufen. Andere Verurteilungen, die einer Tilgung nach § 47 Abs. 3 Satz 1 [X.] entgegenstehen könnten, sind nach den Feststellungen im Register nicht eingetragen.

5

b) Nach der Rechtsprechung des [X.] ist dieser Rechtsfehler auf die Sachrüge zu berücksichtigen (vgl. [X.], Urteil vom 19. Juli 1972 – 3 [X.], [X.]St 24, 378 Rn. 9; Senat, Urteil vom 10. Januar 1973 – 2 [X.], [X.]St 25, 100 Rn. 3; [X.], Beschlüsse vom 23. März 2006 – 4 StR 36/06, juris Rn. 4; vom 29. Oktober 2015 – 3 [X.], juris Rn. 2; vom 5. Dezember 2019 – 4 StR 301/19, juris Rn. 10; vom 23. September 2021 – 1 StR 329/21, juris Rn. 7; a.A. [X.], Beschluss vom 16. September 2020 – 5 [X.], juris Rn. 4; [X.], [X.] 2021, 312, 318 f.; El- [X.] 2021, 412, 413 ff.). Bei § 51 Abs. 1 [X.] handelt es sich um ein Vorhalte- und Verwertungsverbot. Die getilgte oder [X.] Vorstrafe darf nicht zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt werden. Dieser [X.] ist materiell-rechtlich nicht rechtsfehlerfrei dargelegt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 5. Dezember 2019 − 4 StR 301/19, juris Rn. 9; vom 23. September 2021 – 1 StR 329/21, juris Rn. 7). Insoweit bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung.

6

3. Die auf § 33 Satz 2 BtMG, § 74 Abs. 2 StGB gestützte Einziehungsanordnung bedarf der Korrektur.

7

a) Eine Einziehungsanordnung hat die einzuziehenden Gegenstände so genau zu bezeichnen, dass bei allen Beteiligten und der Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht; im Falle von Betäubungsmitteln gehört dazu die Angabe von Art und Menge des einzuziehenden Rauschgifts, die sich aus dem [X.] ergeben müssen (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 27. Januar 2021 – 6 StR 468/20, juris Rn. 2 mwN).

8

b) Diesen Anforderungen genügt die Einziehung „sämtliche(r) sichergestellten Betäubungsmittel“ nicht. Da die erforderlichen Angaben in den Urteilsgründen enthalten sind − bei dem Angeklagten wurde im Rahmen seiner Festnahme 2,32 Gramm [X.] sichergestellt − kann der Senat die Einziehungsentscheidung abändern (vgl. Senat, Beschluss vom 17. April 2019 – 2 [X.], juris Rn. 3 mwN).

Franke     

  

Appl     

  

Ri[X.] Meyberg ist
krankheitsbedingt
an der Unterschrift
gehindert.

 

 

 

 

Franke

  

Grube     

  

[X.]     

 

Meta

2 StR 61/22

27.09.2022

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 27. September 2022, Az: 2 StR 61/22, Beschluss

§ 51 Abs 1 BZRG, § 46 Abs 1 StGB, § 337 Abs 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.09.2022, Az. 2 StR 61/22 (REWIS RS 2022, 6520)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 6520

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Zitiert

5 StR 185/20

3 StR 68/19

3 StR 382/15

4 StR 301/19

1 StR 329/21

5 StR 314/20

2 StR 606/19

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