Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.11.2011, Az. XII ZB 458/10

12. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1786

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Gegenstand

Rechtsanwaltskosten: Terminsgebühr in Verfahren mit mündlicher Verhandlung auf Antrag einer Partei


Leitsatz

Die in Vorbem. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV RVG vorgesehene Terminsgebühr kann auch in solchen Verfahren anfallen, in denen eine mündliche Verhandlung für den Fall vorgeschrieben ist, dass eine Partei sie beantragt (in Abgrenzung zu BGH Beschlüsse vom 1. Februar 2007, V ZB 110/06, NJW 2007, 1461 Rn. 19 und vom 15. März 2007, V ZB 170/06, NJW 2007, 2644 Rn. 7) .

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] - 11. Zivilsenat, zugleich Familiensenat - vom 27. August 2010 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

[X.]: bis 900 Euro.

Gründe

A.

1

Die [X.]en streiten um die Berechtigung einer von der Klägerin beanspruchten Terminsgebühr.

2

Im Ausgangsverfahren erkannte der Beklagte die auf Trennungs- und Kindesunterhalt gerichtete Klageforderung an. Mit dem antragsgemäß ergangenen Anerkenntnisurteil erlegte das Amtsgericht dem Beklagten auch die Kosten des Rechtsstreits auf.

3

Auf Antrag der Klägerin hat die Rechtspflegerin für das - gleichzeitig anhängige - Verfahren der einstweiligen Anordnung eine 1,2-Terminsgebühr in Höhe von 631,20 € zuzüglich Mehrwertsteuer im Hinblick auf außergerichtlich geführte Gespräche der Prozessbevollmächtigten zur gütlichen Streitbeilegung festgesetzt.

4

Das [X.] hat die sofortige Beschwerde des Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich dieser mit seiner vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde.

B.

5

Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 [X.] das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt, nämlich im Mai 2009, eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - [X.] 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 9).

I.

6

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen gemäß § 575 ZPO zulässig.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet.

8

1. Nach Auffassung des [X.], dessen Entscheidung in [X.] 2010, 420 veröffentlicht ist, setzt das Entstehen der Terminsgebühr nicht voraus, dass für das gerichtliche Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Das Amtsgericht habe zu Recht die im Streit stehende Terminsgebühr festgesetzt, da diese nach der [X.]erkung 3 Abs. 3 Alt. 3 des [X.] zu § 2 Abs. 2 [X.] (im Folgenden: [X.]. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV [X.]) für mindestens ein Telefongespräch zwischen den Prozessbevollmächtigten der [X.]en angefallen sei. Mit der Einführung der Terminsgebühr nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz habe erreicht werden sollen, dass der Anwalt nach seiner Bestellung in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beitrage. Deshalb solle die Gebühr auch schon verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an - auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten - Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mitgewirkt habe, insbesondere wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Regelung gezielt hätten.

9

Nummer 3104 Abs. 1 des [X.] zu § 2 Abs. 2 [X.] (im Folgenden Nr. 3104 Abs. 1 VV [X.]), wonach eine Terminsgebühr auch in Fällen entstehen könne, in denen keine mündliche Verhandlung stattgefunden habe, aber in den betreffenden Verfahren vorgeschrieben gewesen sei, enthalte keine Einschränkung der Grundregel der [X.]. 3 Abs. 3 VV [X.], sondern ergänze und erweitere diese auf Fälle, in denen eine mündliche Verhandlung oder Besprechung, ob mit oder ohne Beteiligung des Gerichts, nicht stattgefunden habe. Bei Vorliegen der Voraussetzungen der [X.]. 3 Abs. 3 VV [X.] sei die Entstehung einer Terminsgebühr nicht davon abhängig, dass zusätzlich eine der Voraussetzungen der Nr. 3104 VV [X.] vorliege. Der gegenteiligen Ansicht des [X.] des [X.] schließe sich das Gericht nicht an. Diese widerspreche der erklärten Absicht des Gesetzgebers, die rasche und einvernehmliche Beilegung von Rechtsstreitigkeiten zu fördern.

Ob das Verfahren der einstweiligen Anordnung gemäß § 644 ZPO wegen der Möglichkeit, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, bei unterbliebener Terminierung als Verfahren angesehen werden könne, für das eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben sei, könne (daher) in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben.

Durch das Schreiben vom 2. Juli 2009, das ausdrücklich auf ein vorheriges Telefonat Bezug nehme, sei belegt, dass mindestens ein Telefonat zwischen den früheren Prozessbevollmächtigten der [X.]en stattgefunden habe und dabei die einvernehmliche Beilegung des Rechtsstreits einschließlich des einstweiligen [X.] erörtert worden sei.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

Die in [X.]. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV [X.] vorgesehene Terminsgebühr kann jedenfalls auch in solchen Verfahren anfallen, in denen - wie hier - eine mündliche Verhandlung für den Fall vorgeschrieben ist, dass eine [X.] sie beantragt.

Die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob die in [X.]. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV [X.] geregelte Terminsgebühr darüber hinaus auch in Verfahren entstehen kann, in denen eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, kann offen bleiben.

a) Nach einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung entsteht eine Terminsgebühr nicht, wenn eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist und das Gericht durch Beschluss entscheidet ([X.] Beschlüsse vom 1. Februar 2007 - [X.]/06 - NJW 2007, 1461 Rn. 19 und vom 15. März 2007 - [X.]/06 - NJW 2007, 2644 Rn. 7; ähnlich bereits [X.] NJW 2007, 860; dem V. Zivilsenat folgend: [X.], 473; [X.] FamRZ 2009, 1089 f.; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg [X.] 2009, 426). Das gilt auch, wenn sich die Rechtsanwälte der [X.]en über die zur Beendigung des Verfahrens abzugebenden Erledigungserklärungen telefonisch abgestimmt haben ([X.] aaO).

Dieser Rechtsprechung liegt im Wesentlichen folgende Begründung zugrunde: Die Terminsgebühr wird durch [X.]. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV [X.] nicht in eine allgemeine Korrespondenzgebühr umgestaltet, die von der Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins vollständig abgekoppelt ist. Das ergibt sich aus der Bezeichnung der Gebühr als Terminsgebühr und aus dem Standort der jeweiligen [X.] im Teil 3 des [X.], der die Gebühren für die Vertretung im gerichtlichen Verfahren bestimmt. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Zweck, den der Gesetzgeber mit der Ausweitung dieser Gebühr auf Besprechungen ohne Mitwirkung des Gerichts zur Vermeidung oder zur Erledigung eines Verfahrens verfolgt hat ([X.] Beschluss vom 1. Februar 2007 - [X.]/06 - NJW 2007, 1461 Rn. 20).

Der Grundsatz, dass eine Terminsgebühr durch ein Gespräch zwischen den Prozessbevollmächtigten der [X.]en zur Erledigung einer Streitigkeit nicht entstehen kann, wenn für das gerichtliche Verfahren eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist und das Gericht durch Beschluss entscheidet, gilt nach der Rechtsprechung des [X.] nicht nur für den Fall einer außergerichtlichen Besprechung zur Erledigung einer Nichtzulassungsbeschwerde, sondern allgemein. Er ist auch auf das Berufungsverfahren vor einer Terminierung nach § 523 ZPO anzuwenden, obwohl über eine Berufung grundsätzlich aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil zu entscheiden ist ([X.] Beschluss vom 15. März 2007 - [X.]/06 - NJW 2007, 2644 Rn. 8). Der [X.] gilt nach dieser Rechtsprechung insoweit nicht, wenn das Berufungsgericht einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die in § 522 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO bezeichneten Voraussetzungen für eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht vorliegen.

b) Diese Auffassung ist in anderen Teilen der Rechtsprechung und in der Literatur auf Kritik gestoßen ([X.] NJW-RR 2008, 1667, 1668 ff.; [X.] [X.] 2011, 213, 214; [X.] Beschluss vom 5. April 2011 - 13 KO 13326/10 - juris Rn. 13 ff.; siehe auch [X.] Beschluss vom 23. August 2010  28 O 522/07 - juris und [X.] [X.] 2011, 304; [X.]/Müller-Rabe [X.] 19. Aufl. VV [X.]. 3 Rn. 95 ff.; [X.] [X.] 2010, 421 f.; derselbe NJW spezial 2009, 619 f.; [X.], 1 f.; [X.]/[X.]/[X.] [X.] 4. Aufl. Teil 3 [X.]. 3 Rn. 59 f.; AnwK-[X.]/Onderka/[X.] 4. Aufl. VV [X.]. 3 Rn. 137), wobei folgende Bedenken gegen die erstgenannte Auffassung vorgebracht werden:

aa) Dem Wortlaut der [X.]. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV [X.] könne nicht entnommen werden, dass die dort genannten "Besprechungen" nur dann eine Terminsgebühr begründen, wenn das entsprechende Verfahren eine mündliche Verhandlung vorschreibe (so etwa [X.] NJW-RR 2008, 1667, 1668; [X.]/Müller-Rabe [X.] 19. Aufl. VV [X.]. 3 Rn. 96; [X.] [X.] 2010, 421; [X.]/[X.]/[X.] [X.] 4. Aufl. Teil 3 [X.]. 3 Rn. 59 f.).

Etwas anderes folge auch nicht aus dem Wortlaut der Nr. 3104 Abs. 1 VV [X.]. Nummer 1 dieser Bestimmung regele vielmehr den Fall, dass bei Wegfall einer an sich vorgesehenen mündlichen Verhandlung unter den dort genannten Voraussetzungen die Terminsgebühr auch dann entstehen könne, wenn der Prozessbevollmächtigte - eben wegen dieses Wegfalls - seinen Mandanten in einem Termin nicht mehr vertreten könne. Dass dieser Tatbestand nichts mit "Besprechungen" im Sinne der [X.]. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV [X.] zu tun habe, zeige bereits der Umstand, dass nach [X.] für das Entstehen der Terminsgebühr ein Hinwirken auf eine streitlose Erledigung nicht erforderlich sei. Der Gebührentatbestand des [X.] wolle vielmehr dem mit der durch die Verlagerung in das schriftliche Verfahren dort entstehenden erhöhten Aufwand Rechnung tragen und den Anreiz für den Anwalt schaffen, dem schriftlichem Verfahren zuzustimmen (so etwa [X.] [X.], 619).

bb) Gegen die erstgenannte Auffassung spreche zudem eine systematische Auslegung.

(1) Ausweislich Nr. 3104 Abs. 4 VV [X.] werde eine in einem vorausgegangenen Mahnverfahren oder vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger entstandene Terminsgebühr auf die Terminsgebühr des nachfolgenden Rechtsstreits angerechnet.

(a) Das Mahnverfahren sehe keine mündliche Verhandlung vor ([X.]/Müller-Rabe [X.] 19. Aufl. VV [X.]. 3 Rn. 100). Gleichwohl sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass auch im Mahnverfahren eine Terminsgebühr anfallen könne. Dies habe er ausdrücklich im Gesetzgebungsverfahren zum [X.] bestätigt (BT-Drucks. 16/3038 [X.]; [X.], 1, 2). Als entsprechender Gebührentatbestand komme ausschließlich [X.]. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV [X.] in Betracht. Das bedeute aber zugleich, dass dieser Tatbestand nicht ein Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung zur Voraussetzung haben könne.

Soweit hiergegen eingewandt worden sei, mit der Terminsgebühr im Mahnverfahren solle die Vermeidung eines nachfolgenden (gebührenträchtigen) Klageverfahrens honoriert werden (so etwa [X.] [X.] 2009, 426), stelle dies die oben dargestellte Systematik nicht in Frage. Gemäß § 17 Nr. 2 [X.] stellten das Mahnverfahren und das streitige Verfahren verschiedene Angelegenheiten dar. Wäre es dem Gesetzgeber darauf angekommen, eine Terminsgebühr nur für diejenigen Verfahren zu gewähren, die eine mündliche Verhandlung vorsehen, wäre es nicht notwendig gewesen, diesen Grundsatz für das Mahnverfahren - systemwidrig - zu durchbrechen. Denn bezogen auf ein etwaiges Hauptsacheverfahren genüge der Tatbestand der [X.]. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV [X.], um - bezogen auf das Hauptsacheverfahren - einen Anreiz zu schaffen, mittels der Terminsgebühr auf eine vorzeitige Erledigung hinzuwirken. Eine gesonderte Terminsgebühr für das Mahnverfahren, die dann nach Nr. 3104 Abs. 4 VV [X.] auf die Terminsgebühr des nachfolgenden Rechtsstreits anzurechnen wäre, wäre überflüssig.

(b) Ähnliche Überlegungen wie für das Mahnverfahren gälten auch für das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, das nunmehr in §§ 249 ff. FamFG geregelt sei und gemäß § 17 Nr. 3 [X.] bezogen auf das Hauptsacheverfahren ebenfalls eine andere Angelegenheit darstelle. Auch dieses Verfahren sehe als solches keine mündliche Verhandlung vor ([X.] [X.], 619, 620), könne aber nach §§ 254, 255 FamFG (bzw. nach früherem Recht gemäß §§ 650, 651 ZPO) - ebenso wie das Mahnverfahren - in ein streitiges Verfahren übergehen. Gleichwohl folge aus Nr. 3104 Abs. 4 VV [X.], dass in diesem Verfahren eine Terminsgebühr entstehen könne, die dann auf das streitige Verfahren (§ 255 FamFG) anzurechnen wäre.

(2) Hinzu komme, dass der Gesetzgeber auch für das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gemäß Nr. 3506 [X.]. Nr. 3516 VV [X.] eine Terminsgebühr vorgesehen habe, obgleich in diesem Verfahren eine mündliche Verhandlung gemäß § 544 Abs. 4 Satz 1 [X.]. § 128 Abs. 4 ZPO nicht erforderlich sei ([X.]/[X.] ZPO 28. Aufl. § 544 Rn. 12c). Praktisch würde die Terminsgebühr nach der gegenteiligen Auffassung leerlaufen. Denn danach könne sie nur angesetzt werden, wenn ausnahmsweise in dem Verfahren gegen die Nichtzulassung der Revision eine mündliche Verhandlung stattfinde ([X.] Beschluss vom 1. Februar 2007 - [X.]/06 - NJW 2007, 1461 Rn. 19). Da dies praktisch nie der Fall sei, könnte sie nur bei einer Besprechung i.S. der [X.]. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV [X.] anfallen ([X.] [X.], 619).

(3) Überdies könne die Terminsgebühr im Sinne der [X.]. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV [X.] bereits entstehen, wenn der Prozessbevollmächtigte an einem auf die Vermeidung des Verfahrens gerichteten Gespräch mitgewirkt habe, ein Gerichtsverfahren also (noch) nicht anhängig geworden sei ([X.] Urteil vom 1. Juli 2010 - [X.]/09 - FamRZ 2010, 1656 Rn. 7). In diesem frühen "Verfahrensstadium" könne jedoch oftmals gar nicht zuverlässig abgesehen werden, welche Verfahrensart der Antragsteller bzw. Kläger überhaupt gewählt hätte, also ob er möglicherweise zunächst im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes einen Beschluss ohne mündliche Verhandlung anstatt eines im Wege der Hauptsache nach mündlicher Verhandlung zu erlassenden Urteils angestrebt hätte.

cc) Daneben sprächen auch die Motive des Gesetzgebers gegen die Annahme, die Terminsgebühr setze voraus, dass das Verfahren eine mündliche Verhandlung vorsehe. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle die Terminsgebühr gegenüber der früheren Verhandlungs- und [X.] auch in ihrem Anwendungsbereich erweitert werden. Der Anwalt solle nach seiner Bestellung zum Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigten in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beitragen. Deshalb solle die Gebühr auch schon verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mitwirke, insbesondere wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Regelung zielten (BT-Drucks. 15/1971 S. 209). Den [X.]en bleibe durch den vorgeschlagenen erweiterten Anwendungsbereich der Terminsgebühr oft ein langwieriges und kostspieliges Verfahren erspart (BT-Drucks. 15/1971 S. 209). Dies alles zeige, dass es dem Gesetzgeber darum gegangen sei, nicht zwingend eine mündliche Verhandlung zu vermeiden, sondern mit der Terminsgebühr aus [X.]. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV [X.] den Anreiz dafür zu schaffen, dass die [X.]en das Verfahren vermieden oder frühzeitig gütlich abschlössen.

dd) Entsprechendes ergebe eine teleologische Auslegung. Die Terminsgebühr nach [X.]. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV [X.] diene - jedenfalls auch - dem Zweck, die Gerichte nicht nur durch das Entfallen mündlicher Verhandlungen, sondern auch dadurch zu entlasten, dass sie keine streitigen Entscheidungen anfertigen müssten ([X.] Beschluss vom 5. April 2011  13 KO 13326/10 - juris Rn. 15; [X.], 1, 2).

Die erstgenannte Auffassung habe jedoch zur Konsequenz, dass vielfach zu Beginn des Verfahrens noch nicht absehbar sei, ob eine Terminsgebühr nach [X.]. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV [X.] überhaupt entstehen könne. Das wiederum könne dazu führen, dass die Anwälte mit einem auf eine Erledigung zielenden Handeln zuwarten, bis sie Gewissheit darüber hätten, dass dies auch honoriert werde. Dies sei indessen nicht im Sinne des Gesetzes, wonach der Anwalt zu einer möglichst frühen Beendigung des Verfahrens beitragen solle (BT-Drucks. 15/1971 S. 209).

So müsste der Rechtsanwalt, der im Berufungsverfahren die Terminsgebühr nach [X.]. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV [X.] verdienen wolle, abwarten, bis sicher sei, dass das Berufungsgericht keine Entscheidung nach § 522 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 Satz 1 ZPO treffen werde (vgl. aber [X.] [X.] 2011, 304 f., das eine Terminsgebühr nach [X.]. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV [X.] für - vor einem entsprechenden Hinweisbeschluss erfolgte - Besprechungen bewilligt hat). Eine Frist, nach deren Ablauf er - positiv - damit rechnen könne, dass es bei der für das Berufungsverfahren vorgesehenen mündlichen Verhandlung bleibe, schreibe § 522 ZPO jedoch nicht vor.

Ähnliches ergebe sich für das zweitinstanzliche Verfahren in Familienstreitsachen. Denn gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG könne das Beschwerdegericht von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen worden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten seien (s. dazu auch [X.]/Müller-Rabe [X.] 19. Aufl. VV [X.]. 3 Rn. 106).

3. Ob angesichts der aufgezählten Bedenken der letztgenannten Auffassung der Vorzug zu geben ist, kann hier indes dahinstehen. Denn nach den auf das hier zu beurteilende Verfahren der einstweiligen Anordnung noch anwendbaren Vorschriften des § 644 [X.]. § 620 b Abs. 2 ZPO ist eine mündliche Verhandlung für den Fall vorgeschrieben, dass eine [X.] sie - nach Erlass eines im schriftlichen Verfahren erlassenen Beschlusses - beantragt. Anders als im Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO (Zurückweisung der Berufung) und anders als im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde hätten die [X.]en im vorliegenden Verfahren damit eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung verhindern können (vgl. dazu [X.] Beschluss vom 15. März 2007  [X.]/06 - NJW 2007, 2644 Rn. 9). Das Verfahren ist insoweit vergleichbar mit dem Mahnverfahren bzw. dem vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, für die der Gesetzgeber die Terminsgebühr ausdrücklich vorgesehen hat. Denn die [X.]en haben es über den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens (§ 696 Abs. 1 ZPO bzw. § 255 Abs. 1 FamFG) auch dort in der Hand, eine mündliche Verhandlung zu erzwingen.

4. Nach den Feststellungen des [X.] liegt auch die weitere Voraussetzung für das Entstehen der Terminsgebühr nach [X.]. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV [X.] vor, wonach die Mitwirkung an - auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten - Besprechungen gegeben sein muss (vgl. hierzu [X.]/Müller-Rabe [X.] 19. Aufl. VV [X.]. 3 Rn. 108). Hierzu hat das Beschwerdegericht ausgeführt, dass mindestens ein Telefonat zwischen dem früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin und dem früheren Prozessbevollmächtigten des Beklagten stattgefunden habe und dabei die einvernehmliche Beilegung des Rechtsstreits einschließlich des einstweiligen [X.] erörtert worden sei.

5. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt es für die Frage, ob eine Terminsgebühr entstanden ist, nicht darauf an, ob es sich um notwendige Kosten im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO handelt. Denn insoweit gilt § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO, wonach die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden [X.] in allen Prozessen zu erstatten sind. Die Vorschrift bildet insofern eine Ausnahme, als sie für ihren Anwendungsbereich von der grundsätzlich gebotenen Prüfung der Notwendigkeit entstandener Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung entbindet. Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts gelten "von Rechts wegen als zweckentsprechende Kosten der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung" ([X.] Beschlüsse vom 4. Februar 2003  [X.] - NJW 2003, 1532 und vom 26. April 2005 - [X.] – NJW 2005, 2317; Hüßtege in [X.]/[X.] ZPO 32. Aufl. § 91 Rn. 19; [X.]/Giebel 3. Aufl. § 91 Rn. 47 mwN auch zur Gegenauffassung; aA O[X.] [X.] 2011, 264; HK-ZPO/[X.] 4. Aufl. § 91 Rn. 40).

Dose                                        Weber-Monecke                                    Vézina

                    Schilling                                                   [X.]

Meta

XII ZB 458/10

02.11.2011

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG München, 27. August 2010, Az: 11 WF 331/10, Beschluss

Teil 3 Vorbem 3 Abs 3 Alt 3 RVG-VV, Nr 3104 RVG-VV, § 91 Abs 1 S 1 ZPO, § 91 Abs 2 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.11.2011, Az. XII ZB 458/10 (REWIS RS 2011, 1786)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1786

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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