Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.02.2012, Az. XI ZB 15/11

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 8744

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI [X.]/11

vom

28.
Februar
2012

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] [X.] Vorbem. 3 Abs. 3 Alt. 3, Nr. 3104
ZPO § 127
In Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, in denen ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, kann eine Terminsgebühr nicht anfallen.

[X.], Beschluss vom 28. Februar 2012 -
XI [X.]/11 -
OLG [X.]

LG [X.] I

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat am 28.
Februar
2012 durch [X.] [X.],
den
Richter Dr.
Joeres, die Richterin Mayen
sowie
die Richter Dr.
Ellenberger
und Dr.
Matthias

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Be-schluss des 11.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 27.
April 2011 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Kosten-festsetzungsbeschluss des [X.]s [X.]
I vom 29.
Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Der [X.] beträgt 1.713,60

Gründe:
I.
1. Die Parteien streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Erstat-tungsfähigkeit einer Terminsgebühr.
Der Antragsteller hat Prozesskostenhilfe für eine auf Rückabwicklung [X.] gerichteten Klage beantragt. Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten. Das [X.] hat die beantragte Prozesskostenhilfe teilweise bewilligt, im Übrigen abgelehnt und zugleich einen schriftlichen Vergleichsvorschlag gemacht. Die Prozessbevollmächtigten
der 1
2
-
3
-
Parteien haben telefonisch eine Änderung des [X.] erörtert und entsprechende Entwürfe ausgetauscht. Nachdem der Antragsteller Be-schwerde gegen die teilweise Ablehnung der Prozesskostenhilfe eingelegt, das [X.] einen neuen Vergleichsvorschlag unterbreitet und beide Parteien schriftsätzlich Änderungsvorschläge gemacht hatten, hat das [X.] durch Beschluss vom 1.
September 2009 das Zustandekommen und den Inhalt des von den Parteien geschlossenen Vergleichs festgestellt. Der Vergleich enthält die Vereinbarung, dass die Antragsgegnerin die Kosten des Prozesskostenhil-feverfahrens einschließlich der Kosten des Vergleichs trägt.
2. Das [X.] hat bei der Festsetzung der von der Antragsgegnerin dem Antragsteller zu erstattenden Kosten eine Verfahrens-
und eine Einigungs-gebühr, nicht aber die ebenfalls beantragte Terminsgebühr in Ansatz gebracht. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht die zu erstattenden Kosten unter Ansetzung einer Terminsgebühr festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Terminsgebühr sei zwar nicht durch den Abschluss des gerichtlich festgestellten Vergleichs angefallen, weil dieser im Rahmen des [X.] geschlossen worden sei, für das eine mündliche Verhandlung gemäß §
118 Abs.
1 Satz
3 ZPO nicht vorgeschrieben sei (Anmerkung 1 Nr.
1 zu Nr.
3104 des Vergütungsverzeich-nisses zu §
2 Abs.
2
[X.] ([X.] [X.])). Die Terminsgebühr sei aber durch die unstreitige telefonische Besprechung zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien angefallen. Nach Vorbemerkung 3 Abs.
3 Alt.
3
[X.] [X.] entstehe die Terminsgebühr für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten
Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts und unabhängig davon, ob für das betreffende Verfahren eine mündliche [X.] vorgeschrieben sei. Letzteres
sei nur Voraussetzung einer [X.] nach Anmerkung 1 Nr.
1 zu Nr.
3104 [X.] [X.] in Fällen, in denen keine mündliche Verhandlung stattgefunden habe, sondern der Rechtsanwalt nur 3
-
4
-
schriftlich tätig geworden sei. Diese schriftliche Tätigkeit des Rechtsanwalts könne einen Verhandlungstermin nur ersetzen und vergütungsrechtlich als gleichwertig angesehen werden, wenn in dem betreffenden Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei.
Allerdings könne nach der Rechtsprechung des [X.] (NJW
2007, 1461, 2644) die auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Be-sprechung des Rechtsanwalts eine Terminsgebühr nach Vorbemerkung
3 Abs.
3 Alt.
3
[X.] [X.] nur in solchen Verfahren auslösen, für die eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei. Dieser Auffassung, nach der im vorliegenden Fall keine Terminsgebühr angefallen wäre, könne sich das Gericht aber nicht anschließen. Anmerkung
1 Nr.
1 zu Nr.
3104 [X.] [X.], nach der eine [X.] in den dort geregelten Fällen nur in Verfahren, für die eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei, anfalle, enthalte keine Einschränkung, son-dern eine Erweiterung der Vorbemerkung 3 Abs.
3 Alt.
3
[X.] [X.] auf Fälle, in denen eine mündliche Verhandlung oder Besprechung, mit oder ohne Beteili-gung des Gerichts, nicht stattgefunden habe. Führe also ein Rechtsanwalt auf-grund eines ihm erteilten [X.] ein auf Erledigung des Verfahrens gerichtetes Gespräch mit dem Gegner, entstehe die Terminsgebühr nach [X.] 3 Abs.
3 Alt.
3
[X.] [X.] unabhängig davon, ob für das betreffende Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei.

II.
1. Die -
vom Beschwerdegericht zugelassene
-
Rechtsbeschwerde
ist statthaft (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO) und auch im Übrigen (§
575 ZPO) zu-lässig.
4
5
-
5
-
2. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des [X.] ist eine Terminsgebühr nicht angefallen.
a) Eine Terminsgebühr nach Vorbemerkung
3 Abs.
3 Alt.
3
[X.] [X.] ent-steht nach der Rechtsprechung des [X.] (Beschlüsse vom 1.
Februar 2007 -
V
ZB 110/06, [X.], 1461
Rn.
19
und vom 15.
März 2007 -
V
ZB 170/06, [X.], 2644
Rn.
7; vgl. auch
[X.], Beschluss vom 13.
Dezember 2011 -
II
ZB 4/11,
juris
Rn.
8; ferner
OLG Frankfurt am Main NJW-RR 2006, 1438; [X.], NJW-RR 2007, 503, 504; OLG [X.], [X.]. 2006, 147; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., Nr.
3104 [X.] Rn.
26) nicht, wenn für das betreffende Verfahren eine mündliche
Verhandlung nicht vorgeschrieben ist und das Gericht durch Beschluss entscheidet. So ist es im vorliegenden Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Entschei-dungen in Prozesskostenhilfeverfahren ergehen gemäß §
127 Abs.
1 Satz
1 ZPO ohne mündliche Verhandlung. Die mündliche Erörterung gemäß §
118 Abs.
1 Satz
3 ZPO ist nur fakultativ und keine mündliche Verhandlung im ei-gentlichen Sinne ([X.], ZPO, 22.
Aufl., §
118 Rn.
21). Im [X.] Fall hat auch tatsächlich keine mündliche Verhandlung oder Erörterung stattgefunden.
Die
vom Beschwerdegericht
im Anschluss an einen Teil der Rechtspre-chung und Literatur (vgl. die Darstellung in [X.], Beschluss vom 2.
November 2011 -
XII
ZB 458/10, NJW
2012, 459
Rn.
18 ff.)
erhobenen Einwände
gegen die Rechtsprechung des [X.]
rechtfertigen keine andere Beur-teilung. Entgegen dieser abweichenden Auffassung rechtfertigen Wortlaut und Regelungszweck der Vorbemerkung 3 Abs.
3 Alt.
3
[X.] [X.] die Entstehung einer Terminsgebühr in Verfahren,
in denen eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, nicht. Das Erfordernis einer vorgeschriebenen mündlichen Verhandlung wird zwar im Wortlaut der Vorbemerkung 3 Abs.
3 Alt.
3
[X.]
[X.], 6
7
8
-
6
-
anders als in
Anmerkung
1 Nr.
1 zu
Nr.
3104 [X.] [X.], nicht ausdrücklich [X.]. Dies ändert aber nichts daran, dass die
in Teil
3 des Vergütungsver-zeichnisses bezeichnete
Terminsgebühr durch Vorbemerkung 3 Abs.
3 Alt.
3 nicht zu einer von den einzelnen Gebührentatbeständen losgelösten Korres-pondenzgebühr für anwaltliche Besprechungen
in den Streitigkeiten umgestaltet worden ist, in denen eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht vorgesehen ist ([X.], Beschluss vom 15.
März 2007 -
V
ZB 170/06, [X.], 2644
Rn.
7
ff.). Dies ergibt sich bereits aus der Bezeichnung der Gebühr als Ter-minsgebühr und aus dem Standort der jeweiligen Gebührentatbestände in Teil
3
des Gebührenverzeichnisses, der die Gebühren für die Vertretung in ge-richtlichen Verfahren bestimmt. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Zweck, den der Gesetzgeber mit der Ausweitung dieser Gebühr auf Besprechungen ohne Mitwirkung des Gerichts zur Vermeidung oder zur Erledigung eines Ver-fahrens verfolgt hat. Damit sollten dem Anwalt die Bemühungen um die [X.] honoriert werden und den Verfahrensbeteiligten sowie dem Gericht unnötige Erörterungen in einem Gerichtstermin allein im [X.] erspart bleiben (BT-Drucks. 15/1971, S.
209). Diese
Begründung für die darin von §
31 Abs.
1 Nr.
2 und 4 [X.] abweichende Neuregelung greift nicht in den
Beschlussverfahren, in denen das Gericht grundsätzlich ohne eine mündliche Verhandlung entscheidet. Auch die Gesetzesmaterialien zum [X.] enthalten keinen Hinweis darauf, dass mit der Terminsgebühr eine allgemeine Korrespondenzgebühr für rechtsanwaltliche Mitwirkung an solchen [X.] eingeführt werden sollte ([X.], Beschluss vom 1.
Februar 2007 -
V
ZB 110/06, [X.], 1461
Rn.
20).
-
7
-
b) Eine Terminsgebühr ist, wie auch das Berufungsgericht zutreffend er-kannt hat, auch nicht nach Nr.
3104 [X.] [X.] angefallen. Dieser Gebührentat-bestand nennt
in Anmerkung
1 Nr.
1
ausdrücklich das Erfordernis einer vorge-schriebenen mündlichen Verhandlung, das im vorliegenden Fall, wie dargelegt, nicht erfüllt ist.

[X.]

Joeres

Mayen

Ellenberger

Matthias

Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 29.12.2009 -
28 O 1254/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 27.04.2011 -
11 W 1104/10 -

9

Meta

XI ZB 15/11

28.02.2012

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.02.2012, Az. XI ZB 15/11 (REWIS RS 2012, 8744)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8744

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