Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.04.2013, Az. XII ZR 10/10

12. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6322

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Gegenstand

Verbrauchergerichtsstand: Internationale Zuständigkeit des Wohnsitzgerichtsstandes bei einem nicht im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Vertrag zwischen Verbraucher und Unternehmer


Leitsatz

Die Anwendbarkeit von Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO setzt nicht voraus, dass der Vertrag zwischen Verbraucher und Unternehmer mit Mitteln des Fernabsatzes geschlossen wurde (im Anschluss an EuGH Urteil vom 6. September 2012, C-190/11, ABl EU 2012, Nr. C 355, 6 = NJW 2012, 3225).

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 21. Januar 2010 aufgehoben.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Zwischenurteil der 10. Zivilkammer des [X.] vom 18. August 2009 abgeändert und die Klage als unzulässig abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche aufgrund eines Mietvertrags über ein Wohnmobil geltend. Zwischen den Parteien ist die internationale Zuständigkeit des angerufenen [X.] Gerichts streitig.

2

Die Klägerin, die ihren Geschäftssitz in [X.] hat, vermietet Wohnmobile. Im Januar 2008 unterhielt sie eine Homepage, auf der die Möglichkeit bestand, einen mit "Wegbeschreibung" bezeichneten [X.] anzuklicken. Dieser [X.] führte zu einer Straßenkarte, in der auch die Anfahrt aus der Grenzregion der [X.] eingezeichnet war. Außerdem befand sich an mehreren Stellen des Internet-Auftritts der Klägerin neben einer [X.] Flagge der Hinweis "Wij spreken Nederlands!".

3

Der Beklagte, der in den [X.]n wohnt, erkundigte sich im Januar 2008 nach der Anmietung eines Wohnmobils. Nachdem die Parteien mehrere E-Mails gewechselt hatten, schickte die Klägerin dem Beklagten per Fax einen Reservierungsantrag, den der Beklagte unterschrieben an die Klägerin - ebenfalls per Fax - zurückschickte. Auf der Rückseite des Reservierungsantrags waren die von der Klägerin verwendeten Allgemeinen Mietbedingungen für die Anmietung eines Reisemobils abgedruckt, die in Ziffer 19 eine Gerichtsstandsvereinbarung enthielten, nach der für alle Streitigkeiten aus oder über diesen Vertrag als Gerichtsstand der Sitz des Vermieters vereinbart wird, soweit der Mieter keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat.

4

Zu einem späteren Zeitpunkt leistete der Beklagte in den Geschäftsräumen der Klägerin die für die Reservierung des Fahrzeugs vereinbarte Anzahlung. Im Juli 2008 schlossen die Parteien in den Geschäftsräumen der Klägerin den Mietvertrag über das reservierte Wohnmobil.

5

Wegen technischer Defekte des [X.], die zwischen den Parteien streitig sind, erhielt die Klägerin das Fahrzeug erst nach Ablauf der vereinbarten Mietzeit zurück. Mit der Klage macht sie den ihr aus der verspäteten Rückgabe entstandenen Schaden geltend.

6

Das [X.] hat über die Zulässigkeit der Klage gesondert verhandelt und durch Zwischenurteil festgestellt, dass es für die Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig sei. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte der Beklagte weiter die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils. Auf die Berufung des Beklagten ist das landgeri[X.]htli[X.]he Zwis[X.]henurteil abzuändern und die Klage als unzulässig abzuweisen, weil das [X.] international für die Ents[X.]heidung ni[X.]ht zuständig ist.

I.

8

Das Berufungsgeri[X.]ht, dessen Ents[X.]heidung in [X.], 495 ff. veröffentli[X.]ht ist, hat zur Begründung ausgeführt, die internationale Zuständigkeit ri[X.]hte si[X.]h na[X.]h den Bestimmungen der Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates ü[X.] die geri[X.]htli[X.]he Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstre[X.]kung von Ents[X.]heidungen in Zivil- und Handelssa[X.]hen vom 22. Dezem[X.] 2000 ([X.]. [X.] 2001 Nr. [X.]; [X.] I-[X.] = EuGV[X.]). Die Parteien hätten eine Geri[X.]htsstandsvereinbarung getroffen, die entspre[X.]hend der Bestimmung des Art. 23 EuGV[X.] wirksam sei und als Geri[X.]htsstand den Sitz der Klägerin bestimme.

9

Die getroffene Geri[X.]htsstandsvereinbarung sei ni[X.]ht gemäß Art. 17 EuGV[X.] i.V.m. Art. 23 Abs. 5 EuGV[X.] unwirksam, weil keine [X.] im Sinne des hier allein in Betra[X.]ht kommenden Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] vorliege. Zwar sei der Beklagte Verbrau[X.]her im Sinne des Art. 15 Abs. 1 EuGV[X.]. Es liege a[X.] glei[X.]hwohl keine [X.] vor, weil die Klägerin ihre [X.]ufli[X.]he Tätigkeit ni[X.]ht im Sinne des Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] auf den Wohnsitzstaat des Beklagten "ausgeri[X.]htet" habe. Diese Voraussetzung sei nur erfüllt, wenn der Vertragspartner des Verbrau[X.]hers eine "aktive" Website betreibe, bei der ü[X.] das [X.] abges[X.]hlossen werden könnten. Eine sol[X.]he "aktive" Website habe die Klägerin ni[X.]ht betrieben. Bei einer "passiven" Website könne ein "Ausri[X.]hten" [X.]. Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] nur dann angenommen werden, wenn der Verbrau[X.]her im [X.] zum Vertragss[X.]hluss zumindest motiviert worden sei. Ob der Beklagte dur[X.]h den [X.]auftritt der Klägerin zum Vertragss[X.]hluss motiviert worden sei, könne a[X.] dahinstehen. Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] finde jedenfalls deshalb keine Anwendung, weil der Abs[X.]hluss des Mietvertrags ni[X.]ht im Fernabsatz erfolgt sei, sondern anlässli[X.]h eines persönli[X.]hen Kontaktes der Parteien am Sitz der Klägerin.

II.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision ni[X.]ht stand. Das Berufungsgeri[X.]ht hat zu Unre[X.]ht angenommen, dass die Parteien eine wirksame Geri[X.]htsstandsvereinbarung gemäß Art. 23 Abs. 1 EuGV[X.] ges[X.]hlossen und als Geri[X.]htsstand den Sitz der Klägerin bestimmt haben.

1. Ob das Berufungsgeri[X.]ht die internationale Zuständigkeit eines deuts[X.]hen Geri[X.]hts zu Re[X.]ht oder zu Unre[X.]ht abgelehnt hat, ist in der Revision unbes[X.]hadet des § 545 Abs. 2 ZPO uneinges[X.]hränkt zu ü[X.]prüfen (vgl. [X.], 83 = NJW 2006, 1672, 1673 mwN).

2. Zutreffend ist das Berufungsgeri[X.]ht davon ausgegangen, dass si[X.]h die internationale Zuständigkeit deuts[X.]her Geri[X.]hte im vorliegenden Fall gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 3 Abs. 1 EuGV[X.] na[X.]h Maßgabe der Art. 5 bis 24 EuGV[X.] bestimmt, da die Parteien ihren Sitz jeweils im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates haben und der in [X.] wohnhafte Beklagte abwei[X.]hend von Art. 2 EuGV[X.] vor den Geri[X.]hten eines anderen Mitgliedstaates, nämli[X.]h in Deuts[X.]hland, verklagt wird. Der Beklagte hat das Fehlen der internationalen Zuständigkeit deuts[X.]her Geri[X.]hte in beiden Re[X.]htszügen von Anfang an gerügt und in zulässiger Weise ledigli[X.]h vorsorgli[X.]h für den Fall, dass si[X.]h das angerufene deuts[X.]he Geri[X.]ht für international zuständig halten sollte, au[X.]h zur Hauptsa[X.]he vorgetragen, so dass es an einer zuständigkeitsbegründenden Einlassung auf das Verfahren im Sinne von Art. 24 EuGV[X.] fehlt (vgl. [X.]/S[X.]hütze Europäis[X.]hes Zivilverfahrensre[X.]ht 3. Aufl. Art. 24 EuGV[X.] Rn. 46 mwN).

3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgeri[X.]hts ist jedo[X.]h die in Ziffer 19 der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Mietbedingungen der Klägerin für die Anmietung eines Reisemobils enthaltene Geri[X.]htsstandsvereinbarung gemäß Art. 17 i.V.m. Art. 23 Abs. 5 EuGV[X.] unwirksam. Die Streitigkeit der Parteien ist eine [X.] na[X.]h Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.], bei der die Klage gegen einen Verbrau[X.]her gem. Art. 16 Abs. 2 EuGV[X.] nur vor den Geri[X.]hten des Mitgliedstaates erhoben werden kann, in dessen Hoheitsgebiet der Verbrau[X.]her seinen Wohnsitz hat und eine Geri[X.]htsstandsvereinbarung nur unter den - im vorliegenden Fall ni[X.]ht gegebenen Voraussetzungen - des Art. 17 EuGV[X.] mögli[X.]h ist.

a) Na[X.]h Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] handelt es si[X.]h um eine [X.], wenn der Vertragspartner des Verbrau[X.]hers in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbrau[X.]her seinen Wohnsitz hat, eine [X.]ufli[X.]he oder gewerbli[X.]he Tätigkeit ausübt oder eine sol[X.]he auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere [X.], eins[X.]hließli[X.]h dieses Mitgliedstaats, ausri[X.]htet und der Vertrag in den Berei[X.]h dieser Tätigkeit fällt. Dur[X.]h diese Regelung soll neben der gezielt auf den Wohnsitzstaat des jeweiligen Verbrau[X.]hers geri[X.]hteten Werbung vor allem au[X.]h der so genannte elektronis[X.]he Handel ü[X.] das [X.] erfasst werden, bei dem ein Vertragss[X.]hluss auf auss[X.]hließli[X.]h elektronis[X.]hem Wege zustande kommt ([X.] Urteil vom 17. Septem[X.] 2008 - [X.]/08 - NJW 2009, 298 Rn. 8; [X.]/S[X.]hütze Europäis[X.]hes Zivilverfahrensre[X.]ht 3. Aufl. Art. 15 EuGV[X.] Rn. 37; [X.]/von [X.] Europäis[X.]hes Zivilprozessre[X.]ht 9. Aufl. Art. 15 [X.] Rn. 23). Da bei Verträgen, die ü[X.] das [X.] abges[X.]hlossen wurden, nur selten festzustellen ist, wo die Handlung, die zum Vertragss[X.]hluss führte, vorgenommen worden ist, kommt es, anders als na[X.]h dem bisherigen Re[X.]ht (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. [X.]), auf den Ort des Vertragss[X.]hlusses oder der Vornahme der dafür erforderli[X.]hen Re[X.]htshandlungen ni[X.]ht an. Na[X.]h Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] wird die notwendige Verbindung zum Staat des Verbrau[X.]hers s[X.]hon dadur[X.]h ges[X.]haffen, dass dessen Vertragspartner seine Tätigkeit auf diesen Staat ausri[X.]htet (vgl. [X.] Urteil vom 17. Septem[X.] 2008 - [X.]/08 - NJW 2009, 298 Rn. 8; [X.]/von [X.] Europäis[X.]hes Zivilprozessre[X.]ht 9. Aufl. Art. 15 [X.] Rn. 23 mwN).

b) Unter wel[X.]hen Voraussetzungen ein Unternehmer, der eine [X.]seite unterhält, in diesem Sinne seine Tätigkeit auf einen Mitgliedstaat ausri[X.]htet, war umstritten. Die herrs[X.]hende Meinung in Re[X.]htspre[X.]hung und S[X.]hrifttum differenzierte dana[X.]h, ob der Unternehmer eine aktive oder nur eine passive Website betreibt. Während Einigkeit darü[X.] bestand, dass der Verbrau[X.]hers[X.]hutzgeri[X.]htsstand des Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] jedenfalls dann gegeben ist, wenn der Unternehmer eine aktive Website betreibt, bei der unmittelbar ü[X.] die [X.]seite, etwa dur[X.]h das Ankli[X.]ken eines entspre[X.]henden Symbols, ein Vertragss[X.]hluss erfolgen kann (vgl. [X.] Bes[X.]hluss vom 17. Septem[X.] 2009 - [X.]/08 - NJW 2009, 298 Rn. 9 mwN), wurde der Betrieb einer passiven Website nur dann für ausrei[X.]hend gehalten, wenn sie eine Aufforderung zum Vertragss[X.]hluss im Fernabsatz enthielt und es auf diesem Weg au[X.]h tatsä[X.]hli[X.]h zu einem Vertragss[X.]hluss kam (vgl. zum Streitstand [X.]/von [X.] Europäis[X.]hes Zivilprozessre[X.]ht 9. Aufl. Art. 15 [X.] Rn. 27; [X.]/S[X.]hütze Europäis[X.]hes Zivilverfahrensre[X.]ht 3. Aufl. Art. 15 EuGV[X.] Rn. 37 f.).

[X.]) Na[X.]h Erlass des angegriffenen Berufungsurteils hat si[X.]h der Geri[X.]htshof der Europäis[X.]hen Union (na[X.]hfolgend: Europäis[X.]her Geri[X.]htshof) aufgrund einer Vorlage des Österrei[X.]his[X.]hen O[X.]sten Geri[X.]htshofs in einem Vorabents[X.]heidungsverfahren erstmals zu der Frage geäußert, unter wel[X.]hen Voraussetzungen ein Gewerbetreibender dur[X.]h einen [X.]auftritt seine Tätigkeit auf einen anderen Mitgliedstaat [X.]. Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] ausri[X.]htet (Urteil vom 7. Dezem[X.] 2010 - [X.]/08 und [X.]/09 - [X.]/S[X.]hlüter und [X.]/Heller - [X.] [X.] 2011, Nr. [X.], 4-5 = NJW 2011, 505 ff.).

In der von der bisher herrs[X.]henden Meinung herangezogenen Unters[X.]heidung zwis[X.]hen Websites, die eine Kontaktaufnahme mit dem Gewerbetreibenden per E-Mail oder sogar einen Vertragss[X.]hluss online mittels einer sogenannten "interaktiven" Website ermögli[X.]hen, und Websites ohne diese Mögli[X.]hkeit sieht der Europäis[X.]he Geri[X.]htshof kein taugli[X.]hes Kriterium für die Auslegung des Begriffs des "Ausri[X.]htens" [X.]. Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.]. Diese Kontaktmögli[X.]hkeit bestehe unabhängig davon, ob der Gewerbetreibende Ges[X.]häfte mit Verbrau[X.]hern zu tätigen beabsi[X.]htige, die in anderen Mitgliedstaaten als dem seiner Niederlassung wohnhaft sind ([X.] aaO Rn. 79).

Für die Anwendbarkeit des Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] sieht der Europäis[X.]he Geri[X.]htshof als ents[X.]heidendes Merkmal an, ob der Gewerbetreibende [X.]eits vor dem eigentli[X.]hen Vertragss[X.]hluss seinen Willen zum Ausdru[X.]k gebra[X.]ht hat, Ges[X.]häftsbeziehungen zu Verbrau[X.]hern eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten, darunter des Wohnsitzmitgliedstaats des Verbrau[X.]hers, herzustellen ([X.] aaO Rn. 75). Deshalb sei im Fall eines Vertrags zwis[X.]hen einem Gewerbetreibenden und einem bestimmten Verbrau[X.]her zu ermitteln, ob vor dem Vertragss[X.]hluss mit diesem Verbrau[X.]her Anhaltspunkte dafür vorgelegen haben, dass der Gewerbetreibende Ges[X.]häfte mit Verbrau[X.]hern tätigen wolle, die in anderen Mitgliedstaaten wohnhaft sind, darunter in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der fragli[X.]he Verbrau[X.]her seinen Wohnsitz habe, und zwar in dem Sinne, dass der Gewerbetreibende zu einem Vertragss[X.]hluss mit diesen Verbrau[X.]hern [X.]eit gewesen sei ([X.] aaO Rn. 76).

Anhaltspunkte dafür, dass ein Gewerbetreibender seine Tätigkeit auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrau[X.]hers ausgeri[X.]htet hat, können si[X.]h na[X.]h Auffassung des Europäis[X.]hen Geri[X.]htshofs beispielsweise aus dem internationalen [X.]harakter der Tätigkeit des Gewerbetreibenden, der Angabe von Anfahrtsbes[X.]hreibungen aus anderen Mitgliedstaaten zu dem Ort, an dem der Gewerbetreibende niedergelassen ist, oder der Verwendung einer anderen Spra[X.]he oder Währung als der in dem Mitgliedstaat der Niederlassung des Gewerbetreibenden übli[X.]herweise verwendeten Spra[X.]he oder Währung mit der Mögli[X.]hkeit der Bu[X.]hung und Bu[X.]hungsbestätigung in dieser anderen Spra[X.]he ergeben ([X.] aaO Rn. 93; kritis[X.]h dazu [X.] NJW 2011, 495, 496 f.; [X.] JZ 2011, 954, 955; [X.] EuZW 2011, 104, 105).

Dabei obliege es [X.] zu prüfen, ob diese Anhaltspunkte vorliegen ([X.] aaO Rn. 93).

d) Auf der Grundlage dieser Re[X.]htspre[X.]hung des europäis[X.]hen Geri[X.]htshofs hat die Klägerin dur[X.]h die Gestaltung ihres [X.]auftritts ihre Ges[X.]häftstätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Beklagten ausgeri[X.]htet.

Na[X.]h den Feststellungen des Berufungsgeri[X.]hts hat die Klägerin zwar nur eine "passive" Webseite betrieben, weil ihr [X.]auftritt die Mögli[X.]hkeit ni[X.]ht vorsah, "online" einen Mietvertrag abzus[X.]hließen. Sie hat jedo[X.]h dur[X.]h die Gestaltung ihrer Website ihre Absi[X.]ht zum Ausdru[X.]k gebra[X.]ht, Personen mit Wohnsitz in [X.] als Kunden werben zu wollen. Mit der Verwendung der niederländis[X.]hen Flagge und dem ausdrü[X.]kli[X.]hen Hinweis "Wij spreken Nederlands!" auf den Seiten ihrer Homepage hat si[X.]h die Klägerin gezielt an Personen aus [X.] geri[X.]htet. Außerdem konnte ü[X.] die Website eine Anfahrtsskizze aufgerufen werden, in die au[X.]h eine Wegbes[X.]hreibung aus dem Grenz[X.]ei[X.]h der [X.] eingezei[X.]hnet war. Auf der Grundlage der Ents[X.]heidung des Europäis[X.]hen Geri[X.]htshofs vom 7. Dezem[X.] 2010 liegen damit ausrei[X.]hende Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin [X.]. Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] ihre Ges[X.]häftstätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Beklagten ausgeri[X.]htet hat.

4. Entgegen der Auffassung des Berufungsgeri[X.]hts steht der Anwendbarkeit des Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] im vorliegenden Fall au[X.]h ni[X.]ht entgegen, dass der Mietvertrag ni[X.]ht im Wege des [X.] abges[X.]hlossen wurde.

a) Zu der Frage, ob Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] in Fällen, in denen der [X.]auftritt eines Gewerbetreibenden das Merkmal des "Ausri[X.]htens" erfüllt, zusätzli[X.]h voraussetzt, dass der mit dem Verbrau[X.]her ges[X.]hlossene Vertrag mit Mitteln des [X.] zustande gekommen ist, verhält si[X.]h das Urteil des Europäis[X.]hen Geri[X.]htshofs vom 7. Dezem[X.] 2010 allerdings ni[X.]ht (vgl. hierzu die Ents[X.]heidungsbespre[X.]hungen von [X.]/[X.] 2011, 70, 73 f.; [X.] EWiR 2011, 111, 112; [X.] jurisPR-ITR 8/2011 [X.] 3; [X.] EuZW 2011, 104, 105). Daher wurde im S[X.]hrifttum au[X.]h na[X.]h dieser Ents[X.]heidung des Europäis[X.]hen Geri[X.]htshofs die Auffassung vertreten, eine [X.] [X.]. Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] könne nur unter der zusätzli[X.]hen Voraussetzung angenommen werden, dass es zu einer vertragli[X.]hen Bindung mit den Mitteln des [X.] gekommen ist ([X.]/von [X.] Europäis[X.]hes Zivilprozessre[X.]ht 9. Aufl. Art. 15 [X.] Rn. 27; von [X.] JZ 2011, 954, 957). Die ü[X.]wiegende Meinung in Re[X.]htspre[X.]hung und Literatur hielt dagegen einen Vertragss[X.]hluss im Wege des [X.] ni[X.]ht für zwingend erforderli[X.]h. Um eine unangemessene Ausdehnung des Anwendungs[X.]ei[X.]hs von Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] zu verhindern, sei es jedo[X.]h neben der Erfüllung des Begriffs des "Ausri[X.]htens" erforderli[X.]h, dass der [X.]auftritt des Unternehmers für den konkreten Vertragss[X.]hluss mit dem Verbrau[X.]her zumindest ursä[X.]hli[X.]h geworden sei (vgl. [X.] Urteil vom 17. Septem[X.] 2008 - [X.]/08 - NJW 2009, 298 Rn. 11; OLG Karlsruhe [X.] 2008, 348, 349; [X.] 2006, 44, 46; LG Mün[X.]hen IPRspr. 2007 Nr. 143, 405, 406; [X.]/[X.] [X.]/[X.] [2011] Art. 15 [X.] l - [X.] Rn. 18; S[X.]hlosser EuGV[X.] 3. Aufl. Art. 15 Rn. 8; [X.] NJW 2011, 495, 497; [X.] [X.] 2009, 238, 242 f.; [X.] jurisPR-ITR 8/2011 [X.] 3; [X.]/[X.] [X.], 461, 462 f.; Musielak/[X.] ZPO 10. Aufl. Art. 15 EuGV[X.] Rn. 8).

b) Der erkennende Senat hat mit Bes[X.]hluss vom 1. Februar 2012 ([X.] - NJW-RR 2012, 436 ff.) das Verfahren ausgesetzt und die Frage, ob eine [X.] [X.]. Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] nur vorliegt, wenn der Vertragss[X.]hluss mit Mitteln des [X.] erfolgt, dem Geri[X.]htshof der Europäis[X.]hen Union gemäß Art. 267 A[X.]V zur Vorabents[X.]heidung vorgelegt. Na[X.]hdem der Europäis[X.]he Geri[X.]htshof in einem weiteren Vorabents[X.]heidungsverfahren mit Urteil vom 6. Septem[X.] 2012 ([X.]/11 - [X.] [X.] 2012, Nr. [X.] 355, 6 = NJW 2012, 3225 ff.) die Vorlagefrage dahingehend beantwortet hat, dass die Anwendung von Art. 15 Abs. 1 lit [X.] EuGV[X.] ni[X.]ht voraussetzt, dass die von ihm erfassten Verträge im Fernabsatz ges[X.]hlossen wurden, hat der Senat auf Anregung des europäis[X.]hen Geri[X.]htshofs seine Vorlage zurü[X.]kgenommen.

Zur Begründung hat der Europäis[X.]he Geri[X.]htshof in der genannten Ents[X.]heidung im Wesentli[X.]hen ausgeführt:

Obwohl Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] keinen absoluten Verbrau[X.]hers[X.]hutz gewähre und das Erfordernis eines Abs[X.]hlusses der Verbrau[X.]herverträge im Fernabsatz in der zu Art. 15 und 73 EuGV[X.] abgegebenen gemeinsamen Erklärung der [X.] und des Rates (abgedru[X.]kt in [X.] 2001, 259, 261) und im 24. Erwägungsgrund der Verordnung ([X.]) Nr. 593/2008 des Europäis[X.]hen Parlaments und des Rates ü[X.] das auf vertragli[X.]he S[X.]huldverhältnisse anzuwendende Re[X.]ht vom 17. Juli 2008 ([X.]. [X.] Nr. L 177, [X.]; [X.]. 2009 Nr. L 309 S. 87 - [X.] l - [X.]) genannt sei, ergebe si[X.]h aus der grammatikalis[X.]hen Auslegung, der Entstehungsges[X.]hi[X.]hte und der teleologis[X.]hen Auslegung, dass Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] einen Vertragsabs[X.]hluss mit Mitteln des [X.] ni[X.]ht voraussetze ([X.] aaO Rn. 33 f.).

Na[X.]h dem Wortlaut ma[X.]he Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] [X.]GV[X.] seinen Anwendungs[X.]ei[X.]h ni[X.]ht ausdrü[X.]kli[X.]h davon abhängig, dass die von ihm erfassten Verträge im Fernabsatz ges[X.]hlossen worden seien ([X.] aaO Rn. 35 f.). Die Vors[X.]hrift sei anwendbar, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt seien. Erstens sei es erforderli[X.]h, dass der Gewerbetreibende seine [X.]ufli[X.]he oder gewerbli[X.]he Tätigkeit im Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrau[X.]hers ausübe oder sie auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere [X.], eins[X.]hließli[X.]h dieses Mitgliedstaats, ausri[X.]hte, und zweitens, dass der streitige Vertrag in den Berei[X.]h dieser Tätigkeit falle.

Außerdem habe der Unionsgesetzge[X.] die Voraussetzungen des Art. 13 des Ü[X.]einkommens ü[X.] die geri[X.]htli[X.]he Zuständigkeit und die Vollstre[X.]kung geri[X.]htli[X.]her Ents[X.]heidungen in Zivil- und Handelssa[X.]hen vom 27. Septem[X.] 1968 (EuGVÜ), wona[X.]h auf der einen Seite der Gewerbetreibende im Wohnsitzstaat des Verbrau[X.]hers ein ausdrü[X.]kli[X.]hes Angebot gema[X.]ht oder Werbung betrieben und auf der anderen Seite der Verbrau[X.]her die zum Vertragss[X.]hluss erforderli[X.]hen Re[X.]htshandlungen in diesem Staat vorgenommen haben müsse, dur[X.]h Voraussetzungen ersetzt, die si[X.]h allein auf den Gewerbetreibenden beziehen ([X.] aaO Rn. 39).

S[X.]hließli[X.]h sei zur teleologis[X.]hen Auslegung von Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] festzustellen, dass das zusätzli[X.]he Erfordernis eines Vertragss[X.]hlusses im Fernabsatz dem mit dieser Bestimmung in ihrer weniger restriktiven neuen Formulierung verfolgten Ziel - S[X.]hutz der Verbrau[X.]her als der s[X.]hwä[X.]heren Vertragspartei - zuwiderliefe ([X.] aaO Rn. 42).

Etwas anderes ergebe si[X.]h au[X.]h ni[X.]ht aus dem Urteil des Europäis[X.]hen Geri[X.]htshofs vom 7. Dezem[X.] 2010 ([X.]/08 und [X.]/09 - [X.]/S[X.]hlüter und [X.]/Heller - [X.] [X.] 2011, Nr. [X.], 4-5 = NJW 2011, 505 Rn. 86 f.). Dort habe der Europäis[X.]he Geri[X.]htshof zum Vorbringen der Gewerbetreibenden, Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] sei ni[X.]ht anwendbar, weil der Vertrag mit dem Verbrau[X.]her an Ort und Stelle und ni[X.]ht im Fernabsatz ges[X.]hlossen werde, zwar festgestellt, dass dieses Vorbringen im konkreten Fall ins Leere gegangen sei, da die Bu[X.]hung des Hotelzimmers und ihre Bestätigung tatsä[X.]hli[X.]h im Fernabsatz erfolgt waren. Dabei sei der Europäis[X.]he Geri[X.]htshof a[X.] nur auf das Parteivorbringen eingegangen, ohne dass diesen Ausführungen eine ü[X.] die spezifis[X.]hen Umstände dieser Re[X.]htssa[X.]he hinausrei[X.]hende Bedeutung beizumessen gewesen sei ([X.] aaO Rn. 43 f.).

Daher sei Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] dahin auszulegen, dass er ni[X.]ht verlange, dass der Vertrag zwis[X.]hen Verbrau[X.]her und Unternehmer im Fernabsatz ges[X.]hlossen worden sei.

5. Na[X.]h dieser Ents[X.]heidung des Europäis[X.]hen Geri[X.]htshofs, der si[X.]h der Senat ans[X.]hließt, ist es im hier zu ents[X.]heidenden Fall für die Anwendbarkeit des Art. 15 Abs. 1 lit. [X.] EuGV[X.] unerhebli[X.]h, dass der Mietvertrag ü[X.] das Wohnmobil ni[X.]ht mit Mitteln des [X.] abges[X.]hlossen wurde. Auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage der Kausalität zwis[X.]hen dem Ausri[X.]hten der gewerbli[X.]hen Tätigkeit und dem Vertragss[X.]hluss (vgl. hierzu LG Saarbrü[X.]ken Vorlagebes[X.]hluss vom 27. April 2012 - 5 S 68/12 - juris) kommt es im vorliegenden Fall ni[X.]ht an, weil der Beklagte na[X.]h den Feststellungen des Berufungsgeri[X.]hts dur[X.]h die von der Klägerin betriebene Webseite auf deren Unternehmen aufmerksam geworden ist.

Liegt somit eine [X.] vor, ist die in den allgemeinen Ges[X.]häftsbedingungen der Klägerin enthaltene Geri[X.]htsstandsvereinbarung gemäß Art. 17 EuGV[X.] i.V.m. Art. 23 Abs. 5 EuGV[X.] unwirksam. Dies führt zur fehlenden internationalen Zuständigkeit des angerufenen Geri[X.]hts und zur Unzulässigkeit der Klage.

Dose                         We[X.]-Mone[X.]ke                       S[X.]hilling

             [X.]

Meta

XII ZR 10/10

24.04.2013

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BGH, 1. Februar 2012, Az: XII ZR 10/10, EuGH-Vorlage

Art 267 AEUV, Art 15 Abs 1 Buchst c EGV 44/2001, Art 17 EGV 44/2001, Art 23 Abs 1 EGV 44/2001

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.04.2013, Az. XII ZR 10/10 (REWIS RS 2013, 6322)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6322


Verfahrensgang

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Az. XII ZR 10/10

Bundesgerichtshof, XII ZR 10/10, 24.04.2013.

Bundesgerichtshof, XII ZR 10/10, 01.02.2012.


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