OLG Celle, Urteil vom 18.01.2023, Az. 14 U 51/22

14. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 4423

ZUSTELLUNG BGB AT WILLENSERKLÄRUNGEN

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Gegenstand

Zugang einer E-Mail im Geschäftsverkehr


Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 9. März 2022 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 14. Zivilkammer des [X.]/19> teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 212.289,53 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Februar 2020 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits (erster und zweiter Instanz) hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 212.289,53 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt von der [X.] die Teilrückzahlung von Werklohn im Zusammenhang mit dem Steuerabzug bei Bauleistungen ([X.]).

2

Die [X.]en sind über mehrere Bauverträge miteinander verbunden, aufgrund derer die Beklagte im Jahr 2014 Bauleistungen für die Klägerin erbrachte. Die Klägerin zahlte den Werklohn vollständig an die Beklagte, ohne die [X.] nach § 48 Abs. 1 EStG abzuführen, obgleich die Beklagte keine Freistellungsbescheinigung gemäß § 48b EStG vorgelegt hatte. Die Klägerin hat behauptet, im [X.] die [X.] in Höhe von insgesamt 212.289,53 Euro zuzüglich Säumniszuschlägen an die Finanzämter [X.] gezahlt zu haben. Bis Ende 2019 hätte die Beklagte unstreitig nach § 48c Abs. 2 EStG die Erstattung der [X.] beantragen können; dies ist indes nicht geschehen, wobei die Hintergründe streitig sind.

3

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte mit Schreiben vom 13.06.2018 (Anlage [X.]), vom 14.06.2018 (Anlage [X.]) und mit E-Mail vom 15.06.2018 (Anlage [X.]) über die geleistete [X.] informiert zu haben. Die Beklagte hat den Erhalt der Schreiben in Abrede genommen und vorgetragen, die unstreitig an die E-Mail-Adresse der [X.] gerichtete E-Mail sei dem Geschäftsführer der [X.], der unstreitig auch Geschäftsführer der [X.] ist, von der Mitarbeiterin der GmbH nicht zugeleitet worden. Die Beklagte hat außerdem die Einrede der Verjährung erhoben und zu ihrer Verteidigung weiter geltend gemacht, es verstoße gegen [X.] und Glauben, mit der im Jahr 2020 zugestellten Klage die Erstattung der [X.] zu verlangen, weil die Beklagte ihrerseits die Erstattung vom Finanzamt wegen Ablaufs der Frist Ende 2019 nicht mehr verlangen könne.

4

Mit am 09.03.2022 verkündeten Urteil, auf das gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, des Vorbringens der [X.]en im Einzelnen und der erstinstanzlichen Anträge Bezug genommen wird, hat das [X.] nach Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung und Vernehmung des Geschäftsführers der [X.] als [X.] die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt das [X.] insbesondere aus: Ein Anspruch auf Rückzahlung des [X.] in Höhe der abgeführten [X.] sei entstanden und nicht verjährt, aber nicht durchsetzbar. Aufgrund der vorgelegten Kontoauszüge sei erwiesen, dass die Klägerin die [X.] für Rechnung der [X.] an die Finanzämter abgeführt habe. Da die Klägerin unstreitig den Werklohn vollständig an die Beklagte gezahlt habe, stehe ihr ein vertraglicher Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung zu; das [X.] verweist insofern auf die Entscheidung des [X.] vom 26.09.2013 - [X.]/13. Der Anspruch sei nicht verjährt, weil der Erstattungsanspruch erst im Moment der tatsächlichen Abführung der [X.] entstehe, hier also im [X.]. Allerdings sei der Anspruch der Klägerin wegen einer dauerhaften Einrede nach §§ 273, 242 [X.] nicht durchsetzbar. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie ihrer aus § 48a Abs. 2 EStG resultierenden Verpflichtung, mit der [X.] über den Steuerabzug abzurechnen, so rechtzeitig nachgekommen ist, dass die Beklagte den ihr nach § 48c Abs. 2 EStG zustehenden Erstattungsanspruch rechtzeitig geltend machen konnte. Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass das Schreiben vom 13.06.2018 dem Geschäftsführer der [X.] zugegangen sei; sie habe auch nicht bewiesen, dass sie den Geschäftsführer der [X.] mit dem Schreiben vom 14. oder der E-Mail vom 15.06.2018 in Kenntnis gesetzt habe. Die Klägerin sei zwar unbestritten im Rahmen der Klage ihrer Pflicht zur Abrechnung nachgekommen, nun könne aber die Beklagte ihren Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt nicht mehr geltend machen. Diesen Umstand könne die Beklagte der Klägerin nach § 242 [X.] dauerhaft entgegenhalten. Die Klägerin sei nach [X.] und Glauben verpflichtet gewesen, ihre sich aus § 48a Abs. 2 EStG ergebende Pflicht so rechtzeitig zu erfüllen, dass die Beklagte ihrerseits in die Lage versetzt würde, ihren Erstattungsanspruch zu verwirklichen. Dies habe die Klägerin nicht getan, wobei es auf ein etwaiges Verschulden nicht ankomme. Darauf, ob die Beklagte daneben auch einen Schadensersatzanspruch hätte, komme es demnach nicht an.

5

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie wendet sich insbesondere gegen die Beweiswürdigung des [X.]s und meint außerdem, das [X.] habe die Beweislast verkannt: Die Beklagte hätte beweisen müssen, dass ihr Geschäftsführer die Schreiben und die E-Mail nicht erhalten hat. Auch lasse sich entgegen der Auffassung des [X.]s ein treuwidriges Verhalten der Klägerin nicht feststellen. Der Klägerin könne nicht vorgeworfen werden, dass ihre Schreiben die Beklagte (angeblich) nicht erreicht hätten; sie habe darauf vertrauen dürfen, dass die in Rede stehenden Briefe tatsächlich auch ihren Empfänger erreichen würden. Die einseitige Betrachtungsweise des [X.]s sei rechtsfehlerhaft. Auch ein Schadensersatzanspruch bestehe im Übrigen nicht, weil eine Pflichtverletzung nicht vorliege und auch ein Verschulden nicht festzustellen sei.

6

Auf die Hinweisbeschlüsse des [X.]s vom 26. September 2022 ([X.]. 418 ff. [X.]) und vom 29. November 2022 ([X.]. 484 ff. [X.]) macht die Klägerin zuletzt insbesondere geltend, die E-Mail vom 15. Juni 2018 sei dem Geschäftsführer der [X.] und damit auch der [X.] zugegangen. Es sei zuvor über die E-Mail-Adresse korrespondiert worden, die E-Mail sei angekommen, und der Geschäftsführer der [X.] habe die Möglichkeit gehabt, vom Inhalt der E-Mail Kenntnis zu nehmen. Der Zugang sei auch nicht durch die E-Mail vom 18. Juni 2018 rückgängig gemacht worden.

7

Die Klägerin beantragt,

8

das angefochtene Urteil des [X.]s Hannover vom 9. März 2022 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 212.289,53 € nebst 5 % Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14. August 2018 zu zahlen.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

11

Sie verteidigt das angefochtene Urteil gegen die [X.]. Insbesondere macht die Beklagte geltend, die Beweiswürdigung des [X.]s zum streitigen Zugang der Schreiben und der E-Mail sei nicht zu beanstanden. Das [X.] habe auch nicht die Beweislast verkannt. Sie erhebe weiterhin die Einrede nach §§ 273, 242 [X.]. Im Übrigen hätte sie auch einen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin, weil diese nicht rechtzeitig auf die Erstattungsmöglichkeit hingewiesen habe.

12

Auf die Hinweisbeschlüsse des [X.]s vom 26. September und vom 29. November 2022 und in Erwiderung auf das weitere Vorbringen der Klägerin dazu macht die Beklagte neben der Wiederholung und Vertiefung vorherigen Vorbringens insbesondere geltend, die E-Mail vom 15. Juni 2018 sei nicht in den Machtbereich der [X.] gelangt. Denn die Klägerin habe nicht ihre Vertragspartnerin angeschrieben, sondern eine Gmb[X.] Die E-Mail sei auch nicht an den Geschäftsführer der [X.] weitergeleitet worden. Es liege kein Zugang im Sinne des § 130 [X.] vor, da die falsche juristische Person Adressatin gewesen sei. Dadurch, dass die Klägerin keine weiteren Schritte unternommen habe, habe sie eine [X.] begangen, die eine Schadensersatzpflicht auslösen dürfte.

13

Wegen des Vorbringens der [X.]en im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

14

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat in der Sache außer hinsichtlich eines Teils des geltend gemachten [X.] Erfolg.

15

1. Der [X.] hat im Beschluss vom 26. September 2022 unter Ziff. I Folgendes ausgeführt:

16

"1. Nicht zu beanstanden - und von der [X.] auch nicht weiter angegriffen - sind zunächst die Ausführungen des [X.]s zur Entstehung des geltend gemachten Erstattungsanspruchs im Hinblick auf die auch vom [X.] in Bezug genommene Entscheidung des [X.] vom 26.09.2013 - [X.]/13. Der [X.] hat in dieser Entscheidung ausdrücklich festgehalten, dass dem Auftraggeber aus dem abgeschlossenen Bauvertrag ein Erstattungsanspruch in Höhe der Überzahlung zusteht, wenn er unter Berücksichtigung der an das Finanzamt gezahlten [X.] mehr als den dem Unternehmer zustehenden Werklohn bezahlt hat; im Falle einer versehentlichen vollständigen Zahlung des [X.] trifft den Leistenden eine aus dem Vertragsverhältnis der [X.]en resultierende Nebenpflicht, dem Leistungsempfänger den an das Finanzamt abgeführten Betrag zu erstatten ([X.], Urteil vom 26. September 2013 - [X.]/13, Rn. 22, juris).

17

2. Ebenfalls zutreffend ist die Auffassung des [X.]s, dass die von der [X.] erhobene [X.] nicht durchgreift; auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil ([X.]) wird verwiesen. Die Beklagte ist dem im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten.

18

3. Demgegenüber bestehen Bedenken gegen die Ausführungen des [X.]s zur Frage einer [X.]widrigkeit ([X.]ff.).

19

a) Zunächst erscheint der Ansatz einer Einrede gemäß §§ 273, 242 [X.] unrichtig.

20

Bei dem Einwand treuwidrigen Verhaltens handelt es sich um einen Fall der unzulässigen Rechtsausübung. Ein Verstoß gegen [X.] und Glauben ist im Prozess von Amts wegen zu berücksichtigen (u.a. [X.], Beschluss vom 25. Mai 2011 - [X.], Rn. 7 [X.], juris); der Einwand aus § 242 [X.] ist keine Einrede ([X.], [X.]O), sondern der Rechtsmissbrauch begründet eine rechtshindernde oder rechtsvernichtende Einwendung ([X.] in: [X.], [X.], 81. Auflage, § 242 Rn. 41 [X.]).

21

Demgegenüber handelt es sich bei § 273 Abs. 1 [X.] um die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts und - was die Beklagte und das [X.] womöglich im Ausgangspunkt im [X.]ick hatten - insofern um eine Einrede, als der Unternehmer wegen seines nach § 48a Abs. 2 EStG gegebenen, fälligen Anspruchs auf ordnungsgemäße Abrechnung und damit auf Vorlage der unterschriebenen dritten Ausfertigung über den Steuerabzug bei Bauleistungen gegen einen solchen Erstattungsanspruch ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 [X.] geltend machen kann (vgl. [X.], Urteil vom 26. September 2013 - [X.]/13, Rn. 29ff., juris).

22

b) Wenngleich die Beklagte auf die [X.]widrigkeit abstellen will, ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass eine Einrede gemäß § 273 Abs. 1 [X.] im Hinblick auf die Pflichten aus § 48a Abs. 2 EStG (s.o.) nicht durchgriffe, weil die Klägerin jedenfalls im Rahmen des Rechtsstreits unbestritten dieser Pflicht nachgekommen ist (vgl. auch [X.]. Im Übrigen hätte ein Erfolg der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nach § 273 Abs. 1 [X.] auch nur eine Zug-um-Zug-Verurteilung zur Folge, keine Klagabweisung (vgl. § 274 Abs. 1 [X.] und so auch im o.g. Fall des [X.], Urteil vom 26. September 2013 - [X.]/13, juris).

23

c) [X.] der Klägerin, mit der Folge, dass ihr der geltend gemachte Erstattungsanspruch nach § 242 [X.] zu verwehren wäre, dürfte entgegen der Auffassung des [X.]s nicht vorliegen. Allein der - jedenfalls nach Beweiswürdigung des [X.]s - fehlende Zugang der Schreiben vom 13. und 14.06.2018 sowie der E-Mail vom 15.06.2018 dürfte nicht genügen, um eine [X.]widrigkeit der Klägerin anzunehmen.

24

[X.]) [X.] und Glauben bilden eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung (u.a. [X.], Urteil vom 27. Februar 2018 - [X.], Rn. 20 [X.], juris). Die gegen § 242 [X.] verstoßende ,Rechtsausübung' oder Ausnutzung einer ,Rechtslage' ist als Rechtsüberschreitung missbräuchlich und unzulässig ([X.] in: [X.], [X.]O, Rn. 38 [X.]). Welche Anforderungen sich im konkreten Fall aus [X.] und Glauben ergeben, lässt sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden ([X.] in: [X.], [X.]O, [X.]). Beim Rechtsmissbrauch geht es typischerweise darum, dass die Ausübung eines individuellen Rechts als treuwidrig und unzulässig beanstandet wird ([X.] in: [X.], [X.]O, Rn. 40). Eine Rechtsausübung kann unter anderem dann unzulässig sein, wenn dem Berechtigten eine Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt. Es gibt allerdings keinen allgemeinen Grundsatz, dass nur derjenige Rechte geltend machen kann, der sich selbst rechtstreu verhalten hat ([X.] in: [X.], [X.]O, Rn. 46 [X.]). Nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten führt stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der Ausübung der hierdurch erlangten Rechtsstellung ([X.], Urteil vom 28. Oktober 2009 - [X.]/08, Rn. 21, juris). Rechtsverstöße begründen unter den im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen Schadensersatzansprüche und geben dem anderen Teil die Befugnisse aus §§ 273, 320 [X.], führen aber nur ausnahmsweise zu einem Wegfall des Gläubigeranspruchs ([X.] in: [X.], [X.]O, Rn. 46 [X.]). Eine Berufung auf den eigenen Anspruch ist dem Gläubiger dann nach [X.] und Glauben verwehrt, wenn der Anspruch auf einem erheblichen Verstoß des Gläubigers gegen Pflichten beruht, die in einem inneren Zusammenhang mit seinem Anspruch stehen ([X.], Urteil vom 26. November 2004 - [X.], Rn. 28, juris). Eine unzulässige Rechtsausübung kann zu bejahen sein bei eigener erheblicher Vertragsuntreue, grober Pflichtverletzung, im Falle der Berufung auf ein Mitwirkungsrecht bei beharrlicher Verweigerung der eigenen Mitwirkung, Geltendmachung des Bürgschaftsanspruchs, wenn der Gläubiger den [X.] schuldhaft verursacht hat, usw. (vgl. nur die Beispiele mit [X.] bei [X.] in: [X.], [X.]O, Rn. 48).

25

[X.]) Ausgehend davon dürfte nicht anzunehmen sein, dass das Verhalten der Klägerin treuwidrig war bzw. ist mit der Folge, dass ihr der geltend gemachte Anspruch abzusprechen wäre. Denn die Klägerin hat, was die Beklagte ausdrücklich nicht (mehr) in Abrede nimmt (vgl. BE S. 8), zumindest versucht, die Beklagte über die gezahlte [X.] und die Erstattung zu informieren, zudem nicht nur einmalig und außerdem auf verschiedenen Wegen (Briefe, E-Mail, über die Privatanschrift des Geschäftsführers der [X.] und über deren "Schwestergesellschaft", die [X.]). Dafür, dass die Klägerin bewusst oder zumindest grob nachlässig mit der Information so lange gewartet hat oder warten wollte, bis die Beklagte ihren Erstattungsanspruch aus § 48c Abs. 2 EStG nicht mehr geltend machen kann, ist nichts ersichtlich; das macht auch die Beklagte nicht geltend. Die Schreiben und die E-Mail sprechen eindeutig dagegen, zumal ein solches Verhalten ohnehin ausschließlich auf eine Schädigung der [X.] ohne irgendeinen Gewinn für die Klägerin hinausliefe. Der - streitige - fehlende Zugang der Schreiben und der E-Mail bzw. eine unterlassene Sicherstellung des Zugangs begründet keinen erheblichen, groben Verstoß gegen die Vertragspflichten der Klägerin, der die Inanspruchnahme der [X.] nunmehr als treuwidrig erscheinen ließe. Auch die Interessenlage der [X.]en führt zu keinem belastbaren Ergebnis, denn wie die Beklagte im Hinblick auf § 48c Abs. 2 EStG hätte die Klägerin den Betrag der [X.] bei ungestörtem Verlauf nicht zu tragen gehabt, weil ihr an sich (und insoweit unstreitig) ein vertraglicher Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zustünde (s.o. [X.], Urteil vom 26. September 2013 - [X.]/13, Rn. 22, juris). Berücksichtigt werden kann schließlich auch noch, dass sich die Beklagte um die steuerlichen Belange offenbar nicht weiter gekümmert hat, obgleich gerade sie und ihre Belange von der hier zugrundeliegenden steuerlichen Behandlung der Angelegenheit betroffen sind; aus § 48 Abs. 1 S. 1 EStG folgt, dass eigentlicher - zumindest potenzieller - Steuerschuldner der Leistende ist (vgl. [X.], Urteil vom 26. September 2013 - [X.]/13, Rn. 22, juris), mithin hier die Beklagte. Danach ergibt sich zumindest kein klares Bild dergestalt, dass das Verhalten der Klägerin als treuwidrig zu werten und das Interesse der [X.] demgegenüber als besonders schützenswert anzusehen wäre.

26

cc) Im Ergebnis dürfte daher die Klägerin nicht nach § 242 [X.] gehindert sein, den der Klage zugrundeliegenden Erstattungsanspruch gegen die Beklagte geltend zu machen.

27

4. In Betracht kommt allerdings ein der [X.] zustehender Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 [X.], den diese ihrer Inanspruchnahme durch die Klägerin im Wege des [X.] (s. hierzu u.a. [X.]/[X.]/Olzen (2019) [X.] § 242, Rn. 279ff. mit [X.]) entgegenhalten könnte.

28

a) Mit dem [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 26. September 2013 - [X.]/13, Rn. 26ff., juris) ist anzunehmen, dass die Klägerin aufgrund von § 48a Abs. 2 EStG verpflichtet gewesen ist, gegenüber der [X.] über den Steuerabzug abzurechnen, um dieser die Erstattung gemäß § 48c Abs. 2 EStG zu ermöglichen (vgl. [X.], [X.]O, Rn. 27 [X.], juris); dem Leistenden, mithin hier der [X.], steht ein Abrechnungsanspruch zu (vgl. [X.], [X.]O, Rn. 30, juris). Es handelt sich danach um eine Vertragspflicht [X.]. § 241 Abs. 2 [X.], deren Verletzung eine Schadensersatzpflicht nach § 280 Abs. 1 [X.] zur Folge haben kann.

29

b) Es dürfte im Hinblick auf die in § 48c Abs. 2 EStG enthaltene Frist zur Beantragung der Erstattung darüber hinaus anzunehmen sein, dass der Leistungsempfänger die Verpflichtung zur Abrechnung aus § 48a Abs. 2 EStG so rechtzeitig erfüllen muss, dass der Leistende noch innerhalb der Frist des § 48c Abs. 2 EStG die Erstattung vom Finanzamt beantragen kann. Eine Abrechnung nach Ablauf dieser Frist wäre zwecklos, weil der Leistende die Erstattung vom Finanzamt nicht mehr mit Erfolg beantragen könnte.

30

c) Zu klären wäre daher, ob die Klägerin ihre Pflicht zur Abrechnung innerhalb der unstreitig bis Ende 2019 laufenden Frist des § 48c Abs. 2 EStG verletzt hat. Im Rahmen von § 280 Abs. 1 [X.] trägt der Gläubiger des Schadensersatzanspruchs die Beweislast für die Pflichtverletzung (vgl. nur [X.] in: [X.], [X.]O, § 280, Rn. 34f. [X.]). Danach müsste hier die Beklagte beweisen, dass die Schreiben und die E-Mail nicht zugegangen sind bzw. ihr Geschäftsführer davon keine Kenntnis erlangt hat. Das [X.] hat zur Frage des Zugangs der Schreiben vom 13. und 14.06.2018 und der E-Mail vom 15.06.2018 Beweis erhoben durch Vernehmung der Mitarbeiterin der [X.], Frau M., als Zeugin sowie des Geschäftsführers der [X.] als [X.] (vgl. Hinweis- und Beweisbeschluss [X.]. 12.03.2021, [X.]. 190ff. [X.], dort Ziff. V., sowie Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.05.2021, [X.]. 238ff. [X.]). Allerdings hat das [X.] die Beweiserhebung im Zusammenhang mit der Frage der [X.]widrigkeit durchgeführt und die Beweislast für den Zugang bei der Klägerin gesehen (Letzteres wohl zu Unrecht, wie auch die Klägerin in der Berufungsbegründung geltend macht, weil die Beweislast für das Vorbringen, das eine Anwendung des § 242 [X.] rechtfertigen könnte, diejenige [X.] trifft, die dadurch begünstigt wird [vgl. nur [X.] in: [X.], [X.]O, § 242, Rn. 21 [X.]], hier also die Beklagte). Zudem geht aus den Ausführungen im angefochtenen Urteil nicht eindeutig hervor, ob das [X.] den fehlenden Zugang für erwiesen hält oder ob es eine Beweislastentscheidung getroffen hat. Für ersteres könnte sprechen, dass das [X.] die Angaben der Zeugin und des Geschäftsführers der [X.] für glaubhaft erachtet hat (vgl. [X.] s. 5f.); für Letzteres könnten Formulierungen sprechen wie: "die Klägerin hat nicht bewiesen, dass ..." ([X.]), "ein anderweitiger [X.] existiert nicht" ([X.] S. 6), "es ist schon nicht nachgewiesen, dass der postalische Brief die [X.] überhaupt erreicht hat" ([X.] S. 6) usw.

31

Diese Unklarheit und die andere Beweislastverteilung sprechen dafür, die Beweisaufnahme zur Klärung des Vorliegens einer Pflichtverletzung [X.]. § 280 Abs. 1 S. 1 [X.] vor dem [X.] noch einmal durchzuführen (zumal auch die Angriffe der Klägerin in der Berufungsbegründung gegen die Beweiswürdigung des [X.]s jedenfalls zum Teil nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen sind).

32

Die Beklagte hatte erstinstanzlich vorgetragen, dass das Schreiben vom 14.06. und die E-Mail vom 15.06.2018 (Anlagen [X.], 23) ihrem Geschäftsführer nicht zur Kenntnis gelangt seien, und sich dazu auf das Zeugnis der Frau M. berufen. Soweit sie sich außerdem auf das Zeugnis ihres Geschäftsführers berufen hat, kommt dies prozessual nicht in Frage; allerdings dürfte dies als Antrag nach § 447 ZPO auszulegen sein, der eigene Vernehmungsantrag der Klägerin (vgl. Schriftsatz vom 22.12.2020) als Einverständnis [X.]. § 447 ZPO. Unabhängig davon wäre der Geschäftsführer der Klägerin informatorisch zu befragen.

33

Die Beklagte hatte außerdem erstinstanzlich vorgetragen, ihr Geschäftsführer habe auch das Schreiben vom 13.06.2018 (Anlage [X.]) nicht erhalten. Nach verständiger Würdigung des Vortrags der [X.] unter Berücksichtigung der Beweislastverteilung, wie dargelegt, geht der [X.] davon aus, dass sich die Beklagte auch insofern auf die Vernehmung ihres Geschäftsführers zum Beweis berufen hat bzw. will, das Schreiben vom 13.06.2018 (Anlage [X.]) sei ihrem Geschäftsführer nicht zugegangen.

34

d) Nach § 280 Abs. 1 [X.] [X.] trägt der Schuldner die Beweislast für das [X.], mithin ein fehlendes Verschulden (vgl. auch [X.] in: [X.], [X.]O, § 280, Rn. 34 [X.]). Diesen Beweis hätte die Klägerin wohl nicht geführt, weil sie jedenfalls auf die E-Mail der Zeugin M. vom 18.06.2018 nichts weiter unternommen hat, was nach dem Inhalt der E-Mail jedoch wohl nahegelegen hätte; jedenfalls ist insofern nichts weiter vorgetragen.

35

e) Kausalzusammenhang und Schaden dürften schließlich unproblematisch sein, insbesondere entspricht der Schaden der Höhe nach der Forderung der Klägerin, da diese dem Betrag entspricht, den die Beklagte bei rechtzeitigem Antrag nach § 48c Abs. 2 EStG erstattet erhalten hätte.

36

(...)"

37

2. Im Beschluss vom 29. November 2022 hat der [X.] die [X.]en auf Folgendes hingewiesen:

38

"1. Soweit es die Frage eines treuwidrigen Verhaltens anbelangt, hält der [X.] auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme der [X.] zum Hinweisbeschluss vom 26. September 2022 an der mitgeteilten Auffassung fest.

39

2. Im Ansatz bleibt es zudem dabei, dass hier ein Schadensersatzanspruch in Betracht kommt. Allerdings verweist die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 25.10.2022 zu Recht darauf, dass in Bezug auf die E-Mail vom 15.06.2018 anzunehmen ist, dass diese dem Geschäftsführer der [X.] zugegangen [X.]. § 130 [X.] ist. Diese Vorschrift findet auf geschäftsähnliche Handlungen, wie hier die Mitteilung aufgrund von § 48a Abs. 2 EStG, Anwendung. Die E-Mail ist in den Bereich des Geschäftsführers der [X.] gelangt, so dass dieser die Möglichkeit der Kenntnisnahme hatte. Die Möglichkeit der Kenntnisnahme genügt. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme, die hier im Streit steht, kommt es für den Zugang [X.]. § 130 [X.] nicht an. Dass es sich um das E-Mail-Postfach der GmbH handelte, ist unschädlich, weil Rechtsanwalt [X.] im Vorfeld mit dem Geschäftsführer der [X.] über diese E-Mail-Adresse korrespondiert hatte und Personenidentität bei den Geschäftsführern der GmbH und der [X.] besteht bzw. jedenfalls seinerzeit bestand. Zu Recht weist die Klägerin schließlich darauf hin, dass ein Zugang nicht nachträglich beseitigt werden kann, hier also durch die E-Mail vom 18.06.2018.

40

Vor diesem Hintergrund scheidet ein Schadensersatzanspruch im Ergebnis aus, weil es an einer Pflichtverletzung fehlt.

41

3. Demzufolge ist eine Beweisaufnahme zur Frage der Kenntnisnahme entbehrlich.

42

(...)"

43

3. Ausgehend davon bejaht der [X.] den mit der Klage geltend gemachten Rückzahlungsanspruch der Klägerin. Die hiergegen erhobenen Einwände der [X.] greifen nicht durch.

44

a) Unstreitig zahlte die Klägerin der [X.] den Werklohn vollständig, ohne die Bauabzugssteuer abzuführen. Nach den Feststellungen des [X.]s, an die der [X.] gemäß § 529 ZPO gebunden ist, führte die Klägerin später die Bauabzugssteuer in Höhe der [X.] an das Finanzamt ab. Nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.], Urteil vom 26. September 2013 - [X.]/13) ist die Beklagte daher aufgrund einer aus dem Vertragsverhältnis der [X.]en resultierenden Nebenpflicht verpflichtet, der Klägerin den an das Finanzamt abgeführten Betrag zu erstatten.

45

b) Die dagegen erhobenen Einwände greifen nicht durch.

46

[X.]) Die [X.] greift nicht durch; auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil ([X.]) wird verwiesen. Die Beklagte ist dem im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten.

47

[X.]) [X.] der Klägerin, mit der Folge, dass ihr der geltend gemachte Erstattungsanspruch nach § 242 [X.] zu verwehren wäre, liegt nicht vor. Auf die Ausführungen hierzu im Hinweisbeschluss vom 26. September 2022 wird verwiesen. Der weitere Vortrag der [X.] führt zu keiner anderen Bewertung. Nach dem eigenen Vortrag der [X.] liegt vielmehr kein treuwidriges Verhalten der Klägerin vor, da diese die Vorlage der Freistellungsbescheinigung lediglich "aus den Augen verloren bzw. nicht beachtet" hat (Schriftsatz vom 18.10.2022, dort [X.]), ein "Versäumnis, sich um die Steuerpflicht nach § 48a EStG zu kümmern" ([X.]O), die Klägerin den Einbehalt "schlicht und einfach vergessen hat" ([X.]O S. 3). Die der Klägerin danach von der [X.] vorgeworfenen Fehler begründen keine [X.]widrigkeit der Klägerin, zumal sich auch die Beklagte vorwerfen lassen muss, sich insofern nicht um ihre Belange gekümmert zu haben. Dass es sich um eine [X.] Gesellschaft handelt, ändert entgegen der Ansicht der [X.] nichts, weil sie in der [X.] Tätigkeiten entwickelt hat und daher auch die steuerlichen Belange beachten muss; zudem war ihr Geschäftsführer zugleich auch Geschäftsführer der "Schwestergesellschaft", einer [X.] Gmb[X.]

48

cc) Der [X.] steht auch kein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 [X.] zu, den sie ihrer Inanspruchnahme durch die Klägerin im Wege des [X.] entgegenhalten könnte.

49

(1) Wie im Beschluss vom 26. September 2022 ausgeführt, war die Klägerin verpflichtet, gegenüber der [X.] über den Steuerabzug abzurechnen, um dieser die Erstattung gemäß § 48c Abs. 2 EStG zu ermöglichen (vgl. [X.], Urteil vom 26. September 2013 - [X.]/13, Rn. 27 [X.], juris). Wie ebenfalls dargelegt, handelt es sich insofern um eine Vertragspflicht [X.]. § 241 Abs. 2 [X.], deren Verletzung eine Schadensersatzpflicht nach § 280 Abs. 1 [X.] zur Folge haben kann. Zudem hatte der [X.] erklärt, dass im Hinblick auf die in § 48c Abs. 2 EStG enthaltene Frist zur Beantragung der Erstattung anzunehmen sei, dass der Leistungsempfänger die Verpflichtung zur Abrechnung aus § 48a Abs. 2 EStG so rechtzeitig erfüllen muss, dass der Leistende noch innerhalb der Frist des § 48c Abs. 2 EStG die Erstattung vom Finanzamt beantragen kann.

50

(2) Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin (vgl. Schriftsatz vom 08.07.2020, dort [X.], und [X.] 11; Schriftsatz vom 21. Juli 2020, dort [X.]) war der E-Mail vom 15. Juni 2018 die zu fordernde Abrechnung über die Bauabzugssteuer beigefügt. Die E-Mail ist dem Geschäftsführer der [X.] und damit der [X.] am 15. Juni 2018 zugegangen.

51

([X.]) Nach der aktuellen Rechtsprechung des [X.] ist eine E-Mail im unternehmerischen Geschäftsverkehr jedenfalls in dem Fall, dass sie innerhalb der üblichen Geschäftszeiten auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit zur Verfügung gestellt wird, dem Empfänger grundsätzlich in diesem Zeitpunkt zugegangen. Denn damit ist die E-Mail so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass er sie unter gewöhnlichen Umständen zur Kenntnis nehmen kann. Dass die E-Mail tatsächlich abgerufen und zur Kenntnis genommen wird, ist für den Zugang nicht erforderlich ([X.], Urteil vom 6. Oktober 2022 - [X.] 895/21 -, Rn. 19, juris).

52

([X.]) Ausweislich der Anlage [X.] und der Anlage zum Schriftsatz vom 21.01.2021 ([X.] Beklagte) erfolgte die Übermittlung der E-Mail am 15. Juni 2018 vormittags 10:42 Uhr. Nach dem unstreitigen Vortrag der [X.]en ist sie auf dem [X.] abrufbar gewesen, wobei der Eingang auf dem Mailserver nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin am 15. Juni 2018 erfolgte. Jedenfalls antwortete die Zeugin M. am 18. Juni 2018 auf die E-Mail vom 15. Juni 2018, so dass letztere jedenfalls am 18. Juni 2018 auf dem Mailserver der [X.] abrufbereit zur Verfügung stand.

53

(cc) Die E-Mail vom 15. Juni 2018 ist damit dem Geschäftsführer der [X.] [X.]. § 130 [X.], der auf eine geschäftsähnliche Handlung wie vorliegend Anwendung findet (vgl. nur [X.] in: [X.], [X.], 81. Auflage, Überbl v § 104, Rn. 6 f.), zugegangen. Zwar verweist die Beklagte im Ansatz zu Recht darauf, dass die E-Mail vom 15. Juni 2018 nicht an eine E-Mail-Adresse der [X.], sondern an die der [X.] gerichtet war; ohne besondere Umstände führt die Zusendung einer E-Mail an eine andere Person als den eigentlichen Empfänger nicht zum Zugang der E-Mail beim Empfänger. Allerdings liegen hier besondere Umstände vor: Nach dem unbestrittenen Vortrag hatte Rechtsanwalt [X.] im Vorfeld mit dem Geschäftsführer der [X.] über die E-Mail-Adresse der GmbH korrespondiert, und es bestand Personenidentität bei den Geschäftsführern der GmbH und der [X.] Rechtsanwalt [X.] durfte danach auch am 15. Juni 2018 die E-Mail-Adresse der GmbH verwenden und durfte davon ausgehen, dass auch die E-Mail vom 15. Juni 2018 den Geschäftsführer der [X.] erreichen würde. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme durch den Geschäftsführer der [X.] kommt es, wie dargelegt, für den Zugang nicht an.

54

([X.]) Zu Recht hat die Klägerin schließlich darauf verwiesen, dass der Zugang der E-Mail vom 15. Juni 2018 nicht nachträglich, hier durch die E-Mail vom 18. Juni 2018, wieder beseitigt werden konnte.

55

(3) Entgegen der Ansicht der [X.] lässt sich eine [X.] der Klägerin auch nicht daraus herleiten, dass die Klägerin auf die E-Mail vom 18. Juni 2018 nichts weiter unternommen hat. Aus dieser E-Mail ergibt sich ihrem Wortlaut nach gerade nicht, dass die E-Mail vom 15. Juni 2018 den Geschäftsführer der [X.] nicht erreicht hatte. Denn die Zeugin M. hatte lediglich geschrieben, "...bitte wenden Sie sich bei allen Angelegenheiten direkt an die S. [X.] Vielen Dank." Allerdings hatte die Klägerin die von ihr zu verlangende Abrechnung über die Bauabzugssteuer übermittelt, die E-Mail vom 15. Juni 2018 war der [X.] zugegangen (s.o.). Die E-Mail vom 18. Juni 2018 ließ ihrem Wortlaut nach nicht darauf schließen, dass die Klägerin die Übermittlung wiederholen müsste. Verpflichtet war sie dazu daher auch nicht.

56

4. Im Ergebnis kann die Klägerin daher die gezahlten 212.289,53 Euro von der [X.] zurückverlangen.

57

5. Die begehrten gesetzlichen Zinsen kann die Klägerin erst ab dem 26. Februar 2020 verlangen. Die Klägerin stützt den [X.] auf das Schreiben vom 13.06.2018, dessen Zugang allerdings im Streit steht. Insofern trifft die Klägerin die Beweislast für den Zugang des Schreibens. Der Zugang ist jedoch nicht erwiesen. Die Klägerin kann daher lediglich [X.] gemäß § 291 [X.] verlangen. Das Zustelldatum ist den Akten allerdings nicht zu entnehmen (vgl. [X.]. 20 ff. [X.]), mit Schreiben vom 25. Februar 2020 hatte sich Rechtsanwältin [X.] für die Beklagte legitimiert (vgl. [X.]. 30 [X.]). Mangels anderweitiger Informationen kann zu Lasten der beweisbelasteten Klägerin von einer Zustellung der [X.] erst am 25. Februar 2020 ausgegangen werden, so dass [X.] ab dem 26. Februar 2020 zu zahlen sind. Die Zinshöhe folgt aus § 288 Abs. 1 [X.], wie geltend gemacht.

III.

58

[X.] beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

IV.

59

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

V.

60

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und der [X.] nicht von der Rechtsprechung des [X.]es oder eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.] erfordern, § 543 ZPO.

VI.

61

Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren beruht auf § 3 ZPO, § 47 Abs. 1 GKG.

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Meta

14 U 51/22

18.01.2023

OLG Celle 14. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: U

§ 130 BGB

Zitier­vorschlag: OLG Celle, Urteil vom 18.01.2023, Az. 14 U 51/22 (REWIS RS 2023, 4423)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4423

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 895/21

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