Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.05.2016, Az. B 5 RS 10/16 B

5. Senat | REWIS RS 2016, 11230

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - sozialgerichtliches Verfahren - rechtliches Gehör - Verfahrensfehler


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 15. September 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom 15.9.2015 hat das [X.] einen Anspruch der Klägerin auf Feststellung der [X.] vom 17.2.1976 bis 30.6.1990 als [X.] der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz ([X.]) einschließlich der dabei erzielten Arbeitsentgelte verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum [X.] eingelegt. In der Beschwerdebegründung werden die "Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör sowohl hinsichtlich anspruchsbegründender Tatsachen als auch wegen konkreter Beweisanträge sowie" die "Verletzung der Grundrechte aus Art 20 Absatz [X.] und aus Art 14 I, [X.] und der dazu ergangenen Rechtsprechung des [X.]" geltend gemacht.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

4

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

        

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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 [X.]),

        

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das Urteil von einer Entscheidung des [X.], des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO [X.]) oder

        

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ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO [X.]).

5

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 [X.] [X.]G dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 [X.] iVm § 169 [X.]G zu verwerfen.

6

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 [X.] Halbs 1 [X.]G), so müssen bei der Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 [X.] [X.]G) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des [X.] ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht.

7

Die Beschwerdebegründung rügt eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 [X.]G), weil sich das [X.] mit bestimmtem Sach- und [X.] der Klägerin nicht beschäftigt bzw auseinandergesetzt habe. Soweit damit ein Gehörverstoß in Form der sog Erwägensrüge (vgl [X.] SozR 1500 § 62 [X.]; [X.] SozR 3-1500 § 62 [X.] 19 [X.]3 mwN) geltend gemacht werden soll, gilt die tatsächliche Vermutung, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten und den Akteninhalt zur Kenntnis genommen und erwogen hat, zumal es nach Art 103 Abs 1 GG nicht verpflichtet ist, auf jeden Gesichtspunkt einzugehen, der im Laufe des Verfahrens von der einen oder anderen Seite zur Sprache gebracht worden ist (vgl [X.] SozR 1500 § 62 [X.] 16; [X.]E 96, 205, 216 f). Deshalb muss die Beschwerdebegründung "besondere Umstände" des Einzelfalls aufzeigen, aus denen auf das Gegenteil geschlossen werden kann (vgl [X.]E 28, 378, 384 f; 47, 182, 187 f; 54, 86, 91 f). Besondere Umstände liegen etwa vor, wenn das Gericht auf [X.] des Beteiligtenvortrags zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht eingeht, obwohl das Vorbringen nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts erheblich und nicht offensichtlich unsubstantiiert war (vgl [X.]E 47, 182, 187; 86, 133, 145 f; [X.] Kammerbeschluss vom [X.] - 1 BvR 1729/09 - NZS 2010, 497, 498, Rd[X.] 12 und [X.] NJW 1994, 2683 mwN; Senatsbeschluss vom 30.4.2014 - [X.] RS 44/13 B - BeckRS 2014, 72563 Rd[X.] 7). Die Klägerin gibt jedoch weder den verbindlich festgestellten Sachverhalt (§ 163 [X.]G) noch die hierauf beruhenden Entscheidungsgründe des [X.] wieder, sodass der erkennende Senat nicht prüfen kann, ob und inwiefern die angeblich ignorierten tatsächlichen Ausführungen und rechtlichen Argumente - auf der Basis der Rechtsauffassung des [X.] - für das Verfahren entscheidungserheblich und für die Falllösung zentral bedeutsam waren. Im Übrigen gewährleistet der Anspruch auf rechtliches Gehör nur, dass die Klägerin "gehört", nicht jedoch "erhört" wird ([X.] Beschluss vom 9.5.2011 - [X.] R 112/11 B - BeckRS 2011, 73125 Rd[X.] 9; vgl auch [X.] Kammerbeschlüsse vom [X.] - 1 BvR 1729/09 - NZS 2010, 497, 499, Rd[X.] 17 und vom [X.] - 1 BvR 2933/13 - NZS 2014, 539, 540, Rd[X.] mwN); Art 103 Abs 1 GG verpflichtet die Gerichte nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen ([X.] Kammerbeschlüsse vom 4.9.2008 - 2 BvR 2162/07 ua - [X.]K 14, 238 und vom [X.] - 1 BvR 1729/09 - NZS 2010, 497 Rd[X.] 17; [X.] Beschluss vom [X.] KA 3/11 C - Juris Rd[X.] 9). Soweit die Beschwerdebegründung darüber hinaus auch Verletzungen des rechtlichen Gehörs im erstinstanzlichen Verfahren geltend macht, übersieht sie, dass Verfahrensfehler, die dem [X.] unterlaufen, die Zulassung der Revision nur rechtfertigen (können), wenn sie im Berufungsverfahren fortwirken und deshalb auch als Verfahrensfehler des [X.] anzusehen sind ([X.] SozR 3-1500 § 73 [X.] 10 [X.]1). Für das Vorliegen einer derartigen Konstellation fehlt nach dem Beschwerdevortrag jeglicher Anhaltspunkt.

8

Soweit die Klägerin eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs auch darin sieht, dass das Berufungsgericht Beweisangebote ("Vernehmung der Zeugen [X.] und [X.]") übergangen und die Inaugenscheinnahme einer "3minütigen Filmsequenz" abgelehnt habe, liegt darin keine Gehörs-, sondern eine Sachaufklärungsrüge. Nach § 160 Abs 2 [X.] [X.]G kann der Verfahrensmangel indessen "auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist". Die Beschwerdebegründung gibt jedoch weder Fundstelle noch Wortlaut eines prozessordnungskonformen Beweisantrags - im hier maßgeblichen Sinne der ZPO (§ 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 iVm § 118 Abs 1 [X.] [X.]G iVm §§ 371, 373 ZPO) - wieder und legt auch nicht dar, die im Berufungsverfahren rechtskundig vertretene Klägerin habe einen derartigen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] durch einen entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten (§ 122 [X.]G iVm § 160 Abs 2 und 4 [X.] ZPO) und damit alles getan, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl Senatsbeschluss vom 30.4.2014 - [X.] RS 44/13 B - BeckRS 2014, 72563 Rd[X.] 8). Keinesfalls dürfen die besonderen Anforderungen an die Sachaufklärungsrüge durch ein Ausweichen auf die [X.] umgangen werden (Senatsbeschluss vom 22.10.2008 - [X.] KN 1/06 B - Juris Rd[X.] 15; [X.] SozR 4-1500 § 160 [X.] 18 Rd[X.] 6), weil andernfalls die Beschränkungen des § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 [X.]G im Ergebnis leerliefen ([X.] SozR 4-1500 § 160 [X.] 12 Rd[X.] 7).

9

Wenn die Klägerin schließlich die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art 20 Abs 3 GG und aus Art 14 Abs 1 und 3 GG rügt, macht sie damit keinen Revisionszulassungsgrund geltend, sondern beanstandet die sachliche Richtigkeit des Berufungsurteils, die das [X.] aber erst im Rahmen einer zugelassenen Revision überprüfen darf. Auf die vermeintliche Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung kann die Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden (vgl [X.] SozR 1500 § 160a [X.] 7, 67).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]G).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 [X.]G.

Meta

B 5 RS 10/16 B

18.05.2016

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: RS

vorgehend SG Cottbus, 15. August 2012, Az: S 6 R 797/11, Gerichtsbescheid

§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.05.2016, Az. B 5 RS 10/16 B (REWIS RS 2016, 11230)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11230

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 BvR 2933/13

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