Bundessozialgericht, Beschluss vom 05.05.2010, Az. B 5 R 26/10 B

5. Senat | REWIS RS 2010, 6926

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Beweiswürdigung des LSG - Beweisantrag


Gründe

1

Mit Urteil vom 27.11.2009 hat das [X.] ([X.]) einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde beim [X.] ([X.]) eingelegt und beantragt, ihr Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt [X.], Z., zu bewilligen. In der Beschwerdebegründung werden Verfahrensmängel geltend gemacht.

3

Die Anträge auf PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts sind abzulehnen, weil die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <[X.]> iVm § 114 Satz 1, § 121 Abs 1 Zivilprozessordnung ). Die Beschwerdebegründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]).

4

Die Revision ist nur zuzulassen (§ 160 Abs 2 [X.]), wenn

        

-       

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (aaO [X.]),

        

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das Urteil von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] ([X.]) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO [X.]) oder

        

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ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO [X.]).

5

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 [X.] dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 3 [X.] zu verwerfen.

6

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde auf Verfahrensmängel gestützt, auf denen die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 1 [X.]), so müssen bei der Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des [X.] ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.] kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 [X.] und auf eine Verletzung des § 103 [X.] nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

7

1. Soweit die Klägerin die "Beweiswürdigung" des [X.] angreift, übersieht sie, dass hierauf eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden kann § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 iVm 128 Abs 1 Satz 1 [X.]). Entsprechendes gilt für ihr Vorbringen, die Berufungsentscheidung sei inhaltlich unrichtig (vgl [X.] [X.] 1500 § 160a [X.] 7).

8

2. Darüber hinaus rügt sie die Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs iS von Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG), §§ 62, 128 Abs 2 [X.]. Ein solcher Verstoß liegt ua vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl [X.] [X.] 3-1500 § 62 [X.]9 S 33 mwN) oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (vgl [X.] [X.] 3-1500 § 62 [X.]2 S 19). Dementsprechend sind insbesondere Überraschungsentscheidungen verboten (vgl dazu [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 62 Rd[X.] 8a, 8b mwN). Zur Begründung eines entsprechenden [X.] ist nicht nur der Verstoß gegen diesen Grundsatz selbst zu bezeichnen, sondern auch darzutun, welches Vorbringen ggf dadurch verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann ([X.] [X.] 1500 § 160a [X.]6). Ferner ist Voraussetzung für den Erfolg einer Gehörsrüge, dass der Beschwerdeführer darlegt, seinerseits alles getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen ([X.] [X.] 3-1500 § 160 [X.]2 S 35; vgl auch [X.]E 68, 205, 210 = [X.] 3-2200 § 667 [X.] S 6). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

9

Die Klägerin trägt vor, das [X.] habe ihre Äußerungen ohne "nähere Begründung bzw. Betrachtung außer acht gelassen" und sich nicht ernsthaft mit ihren Argumenten auseinandergesetzt. Macht der Beschwerdeführer geltend, das Berufungsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es seine Ausführungen unberücksichtigt gelassen habe, muss er konkret dartun, welches wesentliche Vorbringen das [X.] bei seiner Entscheidung übergangen haben soll. Hieran fehlt es bereits. Im Übrigen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und erwogen hat, zumal es nach Art 103 Abs 1 GG nicht verpflichtet ist, auf jeden Gesichtspunkt einzugehen, der im Laufe des Verfahrens von der einen oder anderen Seite zur Sprache gebracht worden ist (vgl [X.] [X.] 1500 § 62 [X.]6; [X.]E 96, 205, 217). Deshalb muss die Beschwerdebegründung besondere Umstände des Einzelfalls aufzeigen, aus denen geschlossen werden kann, das [X.] habe ein bestimmtes Beteiligtenvorbringen weder zur Kenntnis genommen noch bei seiner Entscheidung erwogen (vgl [X.]E 28, 378, 384 f; 47, 182, 187 f; 54, 86, 92; [X.] [X.] 3-1500 § 62 [X.]9 S 33 mwN). Derartige besondere Einzelfallumstände schildert die Klägerin nicht. Da das Gericht keine Fragen erörtern muss, die nach seiner materiellen Rechtsauffassung unerheblich sind ([X.]E 70, 288, 293 f; [X.], Beschluss vom 6.8.2002 - 2 BvR 2357/00 - NVwZ-RR 2002, 802, 803; [X.], [X.], 2. Aufl 2010, Rd[X.] 681), hätte die Klägerin ferner substantiiert darlegen müssen, dass ihre Kritik an den Gutachten der Sachverständigen Dr. B. und [X.] entscheidungserheblich gewesen ist und das Urteil möglicherweise anders ausgefallen wäre, wenn das Berufungsgericht die Einwände der Klägerin berücksichtigt hätte.

3. Schließlich hat die Klägerin auch nicht ausreichend dargelegt, das [X.] habe Hinweispflichten aus § 106 Abs 1, § 112 Abs 2 Satz 1 [X.] verletzt, als es den schriftsätzlich formulierten Antrag unkorrigiert gelassen habe, Dr. S. und [X.] Gutachterinnen zur Arbeitsunfähigkeit zu hören". Denn die [X.]e sind nicht verpflichtet, auf die Stellung von Beweisanträgen hinzuwirken ([X.] [X.] 1500 § 160 [X.]3; [X.], [X.] 1997, 592) oder im Rahmen von Beweisanträgen sonstige Formulierungshilfen zu geben ([X.] in ders/[X.], Prozesse in Sozialsachen, 2009, § 7 Rd[X.]32 aaO). Hält das [X.] eine Beweisaufnahme für notwendig, so hat es keinen entsprechenden Beweisantrag herbeizuführen, sondern den Beweis von Amts wegen auch ohne Antrag zu erheben. Lehnt es die Beweiserhebung dagegen ab, so muss es nicht kompensatorisch auf einen Beweisantrag hinwirken und damit helfen, eine Nichtzulassungsbeschwerde vorzubereiten ([X.] [X.] 1500 § 160 [X.]3; [X.], [X.] 2007, 328, 331; [X.], aaO, § 7 Rd[X.]32; [X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl 2008, [X.] Rd[X.]32). Erst recht kann über den Umweg des § 106 Abs 1 [X.] und des § 112 Abs 2 Satz 1 [X.] ein schriftsätzlich angekündigter (und auch noch korrekturbedürftiger) Antrag, der in der mündlichen Verhandlung nicht wiederholt und deshalb - mangels Protokollierung - nicht gestellt worden ist, keinesfalls zur Revisionszulassung führen, weil sonst die Vorgaben des § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.] iVm § 103 [X.] umgangen werden könnten.

4. Soweit die Klägerin schließlich ihre [X.] "auf dem Arbeitsmarkt" thematisiert, fehlt bereits die Bezeichnung einer bundesrechtlichen Verfahrensnorm, die das [X.] verletzt haben könnte.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 [X.] ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 [X.].

Meta

B 5 R 26/10 B

05.05.2010

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Kassel, 28. November 2008, Az: S 2 R 206/06, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG, § 106 Abs 1 SGG, § 112 Abs 2 S 1 SGG, § 103 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 05.05.2010, Az. B 5 R 26/10 B (REWIS RS 2010, 6926)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6926

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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