Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2000, Az. IX ZR 330/99

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 217

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:7. Dezember 2000PreußJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________BGB §§ 166 Abs. 1, 117, 118Zur entsprechenden Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB bei [X.].[X.], Urteil vom 7. Dezember 2000 - [X.] - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.]. [X.] und [X.], Dr. Fischer, Dr. Zugehör und [X.] aufdie mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2000für Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 20. August 1999 aufge-hoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung- auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger nimmt den [X.] wegen einer notariellen Amtspflicht-verletzung auf Schadensersatz in Anspruch.Der Beklagte beurkundete einen Vertrag, mit dem der Kläger von [X.] 300.000 DM ein Grundstück mit einem vom Verkäufer zu errichtendenWohnhaus kaufte. Ohne Wissen des Verkäufers vereinbarte der Kläger mit [X.] des Verkäufers, [X.], die als dessen Verhandlungsführerin den [X.] vorbereitete, an diese weitere 30.000 DM zu zahlen. Der [X.] -stückserwerb scheiterte, weil der Verkäufer sich erfolgreich darauf berief, [X.] habe die Baubeschreibung bei der Beurkundung nicht verlesen.Der Kläger hat seinen auf 87.055,47 DM bezifferten Schaden [X.] geltend gemacht. In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg. [X.] Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.Entscheidungsgründe:[X.] der Ansicht der Revisionserwiderung ist die Revision zulässig.Die Revisionserwiderung verweist auf die ständige Rechtsprechung, derzufolge dann, wenn ein Urteil auf mehrere voneinander unabhängige, [X.] tragende rechtliche Erwägungen gestützt ist, die Begründung [X.] darlegen muß, warum keine dieser Erwägungen die angegriffeneEntscheidung trägt. Geht die Begründung auf eine dieser Erwägungen nichtein, ist das Rechtsmittel unzulässig ([X.], Urteil vom 13. November 1997 - [X.] 199/96, [X.], 1081, 1082; vom 18. Juni 1998 - [X.], [X.], 3126; vom 11. Mai 1999 - [X.], NJW 1999, 2435, 2436; vom11. November 1999 - [X.]/99, [X.], 947; Beschl. v. 25. November1999 - [X.]/99, [X.], 590, 591). Diese Voraussetzungen liegen hiernicht vor.- 4 -Das Berufungsgericht hat sein Urteil auf drei Erwägungen gestützt. [X.] ausgeführt, auch bei ordnungsgemäßer Beurkundung wäre der Vertragnicht wirksam gewesen, weil er ein Scheingeschäft im Sinne von § 117 [X.] sei. Die beurkundete Erklärung, der Kaufpreis betrage 300.000 DM,habe nicht dem wahren Willen der Vertragschließenden entsprochen. [X.] sei bei der Beurkundung klar gewesen, daß er weitere 30.000 [X.] müsse, weil anderenfalls die bei der Beurkundung anwesende Mutter [X.] den Vertragsschluß verhindert hätte. Das gleiche Wissen [X.] die Verkäuferseite gehabt, weil [X.] sich das Wissen seiner Mutter inentsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB habe zurechnen lassenmüssen.Zum zweiten, so das Berufungsgericht weiter, wäre der Kaufvertrag,wenn es sich nicht um ein Scheingeschäft gehandelt hätte, nach § 138 Abs. 1BGB nichtig gewesen, weil ihm eine Schmiergeldabrede zwischen dem [X.] zugrunde gelegen habe.Zum dritten könne der Kläger von dem [X.] auch deshalb [X.] verlangen, weil das treuwidrig wäre. Denn der Kläger habevorsätzlich rechtswidrig gehandelt, indem er bewußt auf die Beurkundung ei-nes zu niedrigen Kaufpreises angetragen habe. Demgegenüber treffe den [X.] nur ein [X.].Auf die beiden ersten Erwägungen ist die Revision ausdrücklich [X.] (s.u. [X.] und 3), nicht aber auf die dritte. Das schadet nichts, weil dieseErwägung nicht unabhängig von der ersten und zweiten Erwägung ist, [X.] sei ein Scheingeschäft oder es habe eine Schmiergeldabrede zu-- 5 -grunde gelegen. Greifen die dagegen geführten Angriffe der Revision durch,entfällt auch der Vorwurf, der Kläger habe bewußt auf die Beurkundung [X.] niedrigen Kaufpreises angetragen.II.Die Revision hat auch in der Sache Erfolg.Die Ursächlichkeit der vom Berufungsgericht angenommenen Amts-pflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden kann mit keiner der [X.] angestellten Erwägungen verneint [X.] Der vom [X.] beurkundete Kaufvertrag war kein [X.] Sinne des § 117 BGB.Davon hätte nur ausgegangen werden können, wenn die Zahlung [X.] DM an die Mutter des Verkäufers nach dem Willen der Vertragschlie-ßenden als Teil der von dem Kläger zu erbringenden Gegenleistung für dieÜberlassung des Grundstücks anzusehen gewesen wäre. Falls das [X.] entsprechende Feststellungen enthalten sollte - eindeutig ist dies nicht -,wären diese von der Revision erfolgreich angegriffen.Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt (§ 286 ZPO), daß der [X.] von der zwischen seiner Mutter und dem Kläger getroffenen [X.] wußte. Dann kann jedenfalls er (zum Käufer siehe unten 2.) nicht [X.] gehabt haben, daß die Sonderzahlung von 30.000 DM ein Teil der vom- 6 -Kläger zu erbringenden Gegenleistung für die Überlassung des [X.] sollte.Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts muß sich der [X.] [X.] seiner Mutter auch nicht entsprechend dem Rechtsgedan-ken des § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Zwar wendet die [X.] diese Vorschrift entsprechend in Fällen an, in denen jemand einen an-deren mit der eigenverantwortlichen Erledigung bestimmter Angelegenheitenbetraut und dieser nicht als Vertreter, aber doch einem Geschäftspartner ge-genüber für den Geschäftsherrn handelnd - z.B. als Verhandlungsbevollmäch-tigter - auftritt ([X.]Z 55, 307, 311; 83, 293, 296; [X.], Urteil vom 21. [X.] - [X.], NJW-RR 1986, 1019, 1020). Indessen sind der Zurech-nung analog § 166 Abs. 1 BGB Grenzen gesetzt. Sie kommt bei [X.] deshalb nicht in Betracht, weil der Wille zum Ab-schluß eines Scheingeschäfts bei den Vertragsparteien vorhanden sein muß.Nur aus diesem Willen ergibt sich [X.] die vom Gesetz [X.]. Eine Erklärung, welche die Vertragsparteien nicht überein-stimmend wollen, kann keine rechtsgeschäftlichen Folgen haben. Deshalb läßtsich bei Verträgen nach § 313 BGB die notwendige Willensübereinstimmungnicht über eine Wissenszurechnung ersetzen ([X.], Urteil vom 26. Mai 2000- [X.], [X.], 1533, 1534).2. Auch die Vorschrift des § 118 BGB - auf die das Berufungsgericht,von seinem Standpunkt aus folgerichtig, nicht eingegangen ist - trägt das [X.] 7 -a) Zwar ist nach dieser Vorschrift ein mißlungenes Scheingeschäft nich-tig, auch wenn hierüber eine notarielle Urkunde errichtet wurde ([X.], [X.] 26. Mai 2000 - [X.], aaO). Von einem mißlungenen Scheinge-schäft kann aber nicht ausgegangen werden. Ein solches setzt voraus, [X.] nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung in der Erwartung [X.], der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden. Das wäre hieranzunehmen, wenn der Kläger beim Vertragsschluß die Vorstellung gehabthätte, in Wahrheit 330.000 DM für das Grundstück zu bezahlen, das entspre-che auch dem Willen des Verkäufers und dieser sei sich darüber im klaren,daß der notarielle Vertrag nicht den vollständigen Kaufpreis ausweise.b) Dazu hat das Berufungsgericht keine ausreichenden Feststellungengetroffen. Es hat festgestellt, dem Kläger sei bei der notariellen Beurkundungklar gewesen, daß er weitere 30.000 DM, insgesamt also 330.000 DM, zahlenmüsse, weil [X.] es sonst nicht zum Vertragsschluß werde kommen lassen.Die Zahlungsvereinbarung mit [X.] habe mit dem Kaufvertrag "stehen undfallen" sollen. Sie sei - anders als bei einer gewöhnlichen Maklervergütung -die Voraussetzung dafür gewesen, daß der Kläger das Grundstück habe kau-fen können. Anderenfalls hätte [X.] ihren Einfluß auf ihren [X.] geltend ge-macht, damit dieser nicht an den Kläger verkaufte, bzw. ihn gar nicht erst mitdem Kläger zusammengeführt. Weshalb sich das von einer "gewöhnlichenMaklervergütung" unterscheide, hat das Berufungsgericht nicht gesagt.c) Der Kläger hat - unter Beweisantritt - vorgetragen, zwischen ihm und[X.] sei abgesprochen worden, daß diese für die erfolgreiche Vermittlung [X.] eine Provision von 30.000 DM erhalten solle. Danach hat [X.] nicht den Willen gehabt, den Kaufvertrag und die Vereinbarung über die- 8 -Provisionszahlung zu einer rechtlichen Einheit zu verknüpfen. Nur bei einersolchen Einheit hätte auch die zuletzt genannte Vereinbarung dem [X.] § 313 BGB unterlegen (vgl. [X.], 246, 248; [X.]Z 101, 393, 396 f.;[X.], Urteil vom 16. September 1988 - [X.], NJW-RR 1989, 198, 199).Die Verpflichtung zur Zahlung der 30.000 DM wäre durch das Zustandekom-men des Kaufvertrages bedingt gewesen; umgekehrt wäre das Zustandekom-men des Kaufvertrages nicht von der Zahlung der 30.000 DM rechtlich abhän-gig gewesen. Bei einer derartigen einseitigen Abhängigkeit wird die als solchenicht beurkundungsbedürftige Vereinbarung über die Provisionszahlung [X.] des Grundstücksgeschäfts erfaßt ([X.], Urteil vom 26. No-vember 1999 - [X.], [X.], 951 [X.] Die erste Hilfserwägung des Berufungsgerichts - falls das Verhaltender [X.] dem Verkäufer nicht zuzurechnen sei, habeder Kläger mit ihr zum Schaden des Verkäufers eine Schmiergeldabrede ge-troffen, deren Nichtigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB auch das [X.] - trägt das Berufungsurteil ebensowenig.Mit Recht rügt die Revision insoweit das vom Berufungsgericht einge-schlagene Verfahren (§ 278 Abs. 3 ZPO). Sie macht geltend, die Parteien [X.] die Frage der Sittenwidrigkeit der Provisionsvereinbarung in dem [X.] zu keinem Zeitpunkt erörtert. Gegenteiliges läßt sich dem Berufungsurteilnicht entnehmen. Wurde dieser Punkt von den Parteien aber nicht behandelt,hätte das Berufungsgericht dem Kläger Gelegenheit geben müssen, zum [X.] einer Schmiergeldvereinbarung Stellung zu nehmen, ehe es sein Urteildarauf [X.] macht die Revision weiter geltend, im Falle eines [X.] hätte der Kläger vorgetragen, [X.] habe die Vermittlungsprovisionmit der Begründung verlangt, sie habe mit dem Objekt viel Arbeit gehabt undmüsse auch dem Makler etwas abgeben. Der Kläger sei nicht auf den Gedan-ken gekommen, daß die Mutter den [X.] hintergehen könnte, und habe daraufvertraut, daß dieser mit der Honorierung der von der Mutter entfalteten [X.] einverstanden sei.Auf der Grundlage dieses Vorbringens, von dem für die [X.] auszugehen ist, liegt keine sittenwidrige Schmiergeldabrede vor. [X.] ist unter diesem Gesichtspunkt nur dann nichtig, wenn [X.] weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, daß [X.] diese Vereinbarung seinem Auftraggeber verschweigen will ([X.]Z78, 263, 268; 114, 87, 91, 92; [X.], Urteil vom 5. Dezember 1990 - [X.]/89, [X.], 645, 646).4. Die zweite Hilfserwägung des Berufungsgerichts - der selbst vorsätz-lich rechtswidrig handelnde Kläger verhalte sich treuwidrig, wenn er den [X.] handelnden [X.] auf Schadensersatz in Anspruch nehme - isthinfällig, weil nach den Ausführungen oben zu 1. und 3. nicht davon [X.] werden kann, daß der Kläger "bewußt auf eine zu niedrige [X.] antrug".- 10 -III.Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründenals richtig (§ 563 ZPO).Die Revisionserwiderung macht geltend, entgegen der Auffassung [X.] sei nicht rechtskräftig festgestellt, daß der Kaufvertrag un-wirksam beurkundet worden sei. Falls die Revisionserwiderung damit [X.] des [X.] in Frage stellen will, kann ihr nicht gefolgt wer-den.In dem Verfahren 9 O 3741/96 vor dem [X.] nahmder Kläger den Verkäufer auf Erfüllung des Kaufvertrages in Anspruch. [X.] wurde rechtskräftig abgewiesen, weil der Vertrag nicht wirksam beurkun-det worden sei. Da dem [X.] in jenem Verfahren der Streit verkündet war,kann er mit der Behauptung, es habe doch eine wirksame Beurkundung vor-gelegen, jetzt nicht mehr gehört werden (§ 74 Abs. 3 ZPO).IV.Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die [X.] ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie noch nicht [X.] ist (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zunächst wird das Berufungsge-richt festzustellen haben, ob der Betrag in Höhe von 30.000 DM von dem Klä-ger als Teil des Kaufpreises oder als Provision für [X.] gedacht war und ob [X.] -erstgenannten Fall die weiteren Voraussetzungen des § 118 BGB vorliegen.Auch zu einer Schmiergeldabrede stehen Feststellungen aus. Falls das [X.] danach eine Haftung des [X.] grundsätzlich bejahen sollte,wird es sich mit dessen Einwänden befassen müssen, der Kläger habe eineanderweitige Ersatzmöglichkeit (§ 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO) und er habe gegenseine Schadensminderungspflicht verstoßen. Schließlich wird das Berufungs-gericht auch der vom [X.] bestrittenen Höhe des Schadens nachgehenmüssen.[X.] [X.]Zugehör Ganter

Meta

IX ZR 330/99

07.12.2000

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2000, Az. IX ZR 330/99 (REWIS RS 2000, 217)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 217

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