Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 10.01.2020, Az. 1 BvR 4/17

1. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2020, 2626

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

ARBEITSRECHT BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) STAATSRECHT UND STAATSORGANISATIONSRECHT TARIFVERTRÄGE GEWERKSCHAFTEN TARIFEINHEIT

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Art 9 Abs 3 gewährt keinen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags (hier: Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe - VTV) - Verfassungsbeschwerde gegen Unwirksamkeitserklärung (§ 98 ArbGG) des VTV jedenfalls unbegründet


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführenden rügen, das [X.] habe mit der angegriffenen Entscheidung verfassungswidrig [X.] für unwirksam erklärt.

2

1. Die Beschwerdeführerin zu 1), die [X.], ist eine [X.], die mit den Arbeitgeberverbänden "[X.]" und "[X.]" Tarifverträge über Sozialkassen des Baugewerbes geschlossen hat. Diese Sozialkassen sind zum Teil schon seit 1949 bestehende gemeinsame Einrichtungen der Tarifparteien im Sinne von § 4 Abs. 2 des Tarifvertragsgesetzes ([X.]). Ihr Zweck ist es, im Bereich des Urlaubs, der Altersversorgung und der Berufsbildung Leistungen zu erbringen, die wegen Besonderheiten der Baubranche sonst nicht oder nur eingeschränkt zu erlangen wären. Eine dieser Sozialkassen ist die Urlaubs- und [X.] der Bauwirtschaft, die hier als Beschwerdeführerin zu 2) auftritt.

3

Finanziert wird das Sozialkassenverfahren über Beiträge der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die unter die dazu geschlossenen Tarifverträge fallen. Im Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe ([X.]) ist festgelegt, welcher Gesamtbeitragsanspruch zu erfüllen ist. Die Beitragspflicht reicht im Grundsatz nur so weit wie die Wirkung des Tarifvertrags, auf dem sie beruht. Sie beschränkt sich daher ohne weiteres auf solche Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die wegen ihrer Mitgliedschaft in einem tarifschließenden Verband an den [X.] gebunden sind. Allerdings wurde der [X.] in der Vergangenheit unter anderem auf Antrag der Beschwerdeführerin zu 1) regelmäßig gemäß § 5 [X.] vom [X.] im Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuss für allgemeinverbindlich erklärt, so dass auch nicht tarifgebundene Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu Beiträgen herangezogen wurden (vgl. zum Ganzen [X.] 55, 7 <9 ff.>).

4

2. Beim zuständigen [X.] wurden nach § 98 Arb[X.] erfolglos Anträge auf Feststellung anhängig gemacht, dass die [X.] des [X.] vom 15. Mai 2008 ([X.] 2008) und vom 25. Juni 2010 ([X.] 2010) unwirksam seien. Dagegen richtete sich die erfolgreiche Rechtsbeschwerde zum [X.]. Mit hier angegriffenem Beschluss vom 21. September 2016 - 10 ABR 33/15 - befand der Zehnte Senat des [X.]s, die für diese Jahre maßgebliche, bis 15. August 2014 geltende Fassung des § 5 [X.] habe Voraussetzungen für [X.] aufgestellt, die mit den genannten [X.] des [X.] verfehlt worden seien. Dem aus dem Demokratieprinzip folgenden Erfordernis, dass der zuständige Minister oder die [X.] oder zumindest der jeweilige Staatssekretär beziehungsweise die Staatssekretärin sich mit der Allgemeinverbindlicherklärung persönlich zustimmend befasst haben müsse, sei nicht entsprochen worden ([X.], a.a.[X.], Rn. 146, 155). Zudem habe die Allgemeinverbindlicherklärung damals nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] vorausgesetzt, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens 50 vom Hundert der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen ("50 %-Quote"). Das habe für den [X.] nicht festgestellt werden können ([X.], a.a.[X.], Rn. 185). Die [X.] des [X.] aus den Jahren 2008 und 2010 seien daher von vornherein unwirksam gewesen.

5

3. Gegen den Beschluss des [X.]s vom 21. September 2016 erhoben die Beschwerdeführenden Verfassungsbeschwerde, weil dieser ihre Rechte aus Art. 9 Abs. 3 [X.] oder hilfsweise aus Art. 9 Abs. 1 beziehungsweise Art. 2 Abs. 1 [X.] verletze.

6

Auf Art. 9 Abs. 3 [X.] könne sich nicht nur die [X.] als Beschwerdeführerin zu 1), sondern auch die Urlaubs- und [X.] als Beschwerdeführerin zu 2) berufen. Auch sei der Schutzbereich eröffnet. Art. 9 Abs. 3 [X.] erstrecke sich auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen und umfasse insbesondere die Tarifautonomie. Sie berechtige die Koalitionen, in Tarifverträgen Rechtsnormen mit bindender Wirkung für ihre Mitglieder zu vereinbaren. Diese [X.] umfasse auch die Vereinbarung über gemeinsame Einrichtungen, die über die Mitglieder hinaus auf die Einbeziehung von "Außenseitern" angelegt seien. Damit überschritten die Tarifvertragsparteien ihre [X.] nicht (Verweis auf [X.] 55, 7 <23>). Aus der Rechtsprechung folge insbesondere auch, dass der Staat bei der Allgemeinverbindlicherklärung kein eigenständiges Initiativ- und Entscheidungsrecht habe und keinen Einfluss auf den Inhalt der Normen oder ihre Geltungsdauer nehmen könne, sondern sich dem Willen der Tarifvertragsparteien unterwerfe (Verweis auf [X.] 44, 322 <348>). Daher umfasse der Schutz der Koalitionsfreiheit die Befugnis, die Allgemeinverbindlichkeit der vereinbarten Tarifnormen herbeizuführen. Dies gelte jedenfalls für Normen, die - wie bei den Sozialkassen - von vornherein auch auf die Einbeziehung von Außenseitern angelegt seien.

7

Es beschränke daher die durch Art. 9 Abs. 3 [X.] geschützten Rechte, wenn das [X.] Anforderungen formuliere, welche die Allgemeinverbindlicherklärung erschwerten oder zu ihrer Versagung im Einzelfall führen könnten.

8

Diese Beschränkung sei nicht hinnehmbar. Die beiden tragenden Annahmen des [X.]s beruhten auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von Art. 9 Abs. 3 [X.]. Es sei verfassungsrechtlich nicht haltbar, für die Allgemeinverbindlicherklärung eine "kurze Legitimationskette" zu fordern, die eine persönliche Befassung durch die Spitze des zuständigen [X.] nötig mache. Auch die Ausführungen zur 50 %-Quote seien nicht haltbar, weil das [X.] die Grundrechte der Beschwerdeführenden insofern gar nicht berücksichtigt und daher keine praktische Konkordanz herbeigeführt habe. Schließlich verletze es spezifisches Verfassungsrecht, wenn das [X.] annehme, die behaupteten Mängel der [X.] 2008 und 2010 führten "ex tunc" zu ihrer Unwirksamkeit. Dadurch würden Grundrechte unverhältnismäßig beschränkt.

9

Zu berücksichtigen sei, dass der [X.] im Urteil vom 2. Juni 2016, [X.] gegen [X.], Nr. 23646/09, zutreffend darauf hingewiesen habe, dass rechtliche Hürden für eine Allgemeinverbindlicherklärung die Existenz der Sozialkassen in Frage stellen könnten, weil die beabsichtigte Absicherung aller Arbeitnehmer in dieser Branche nicht erreicht werden könne, wenn nur tarifgebundene Arbeitgeber beitragspflichtig wären. Das liege auf einer Linie mit der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (nach [X.] 55, 7 <23>).

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 [X.]); sie hat keine Aussicht auf Erfolg.

1. Die [X.] zu Art. 9 Abs. 3 [X.] sind jedenfalls unbegründet.

Die Beschwerdeführenden machen im [X.] geltend, Art. 9 Abs. 3 [X.] gewähre ihnen einen verfassungsunmittelbaren Anspruch darauf, dass der [X.] vom zuständigen [X.] erklärt wird. Dies ist jedoch - auch ausweislich der in der Verfassungsbeschwerde in Bezug genommenen Rechtsprechung - nicht der Fall.

a) Zutreffend verweisen die Beschwerdeführenden allerdings darauf, dass die verfassungsrechtlichen Befugnisse der Koalitionen nicht unzulässig überschritten sind, wenn Tarifverträge auf eine Allgemeinverbindlicherklärung angelegt werden (vgl. [X.] 55, 7 <23 f.>). Art. 9 Abs. 3 [X.] ermöglicht den Koalitionen auch Tarifverträge, die von vornherein darauf zielen, Außenseiter einzubeziehen (vgl. [X.] 55, 7). Die Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 [X.] in der hier maßgeblichen Fassung lässt sich zudem als ein [X.] eigener Art beschreiben, der seine Grundlage in Art. 9 Abs. 3 [X.] findet und bei der sich der Staat hinsichtlich Inhalt und Geltungsdauer dem Willen der Tarifparteien unterwirft (vgl. [X.] 44, 322 <348>).

b) Allerdings folgt daraus kein Anspruch der Koalitionen aus Art. 9 Abs. 3 [X.] auf eine Allgemeinverbindlicherklärung. Die durch Art. 9 Abs. 3 [X.] gewährleistete [X.] der Koalitionen erstreckt sich grundsätzlich nur auf die Mitglieder der [X.] (ausdrücklich [X.] 116, 202 <219>). Tarifverträge können zwar auf Außenseiter zielen, doch kann der Staat seine [X.] nicht beliebig außerstaatlichen Stellen überlassen und die Bürgerinnen und Bürger nicht schrankenlos der normsetzenden Gewalt von Akteuren ausliefern, die ihnen gegenüber nicht demokratisch beziehungsweise mitgliedschaftlich legitimiert sind.

Mit dem Hinweis des Senats in [X.] 44, 322 <348>, dass sich der Staat dem Willen der Tarifparteien im Rahmen einer Allgemeinverbindlicherklärung "unterwirft", wurde in dem damaligen Verfahren zur Normenkontrolle des § 5 [X.] lediglich das seinerzeit maßgebliche einfache Recht beschrieben. Es blieb aber ausdrücklich offen, "[o]b gerade die heute geltende Regelung verfassungsrechtlich geboten ist oder ob auch andere Lösungen mit stärkerem staatlichen Einfluss vor Art. 9 Abs. 3 [X.] noch Bestand haben könnten", ([X.] 44, 322 <346>, mittlerer Absatz). Jedenfalls sei die staatliche Mitwirkung für die Bindung von Außenseitern an einen Tarifvertrag zwingend, und daher auch zu prüfen, ob die strengen Bedingungen dafür erfüllt sind (a.a.[X.], <348>). Der Gesetzgeber hat die Allgemeinverbindlicherklärung in § 5 [X.] dementsprechend als Ermessensentscheidung gefasst ("kann" in § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.]), die im öffentlichen Interesse auch rückgängig gemacht werden kann (§ 5 Abs. 5 Satz 1 [X.]). Damit ist eine Allgemeinverbindlicherklärung verfassungsrechtlich nur zu rechtfertigen, wenn der die Außenseiter bindende [X.] dem Staat vorbehalten bleibt (vgl. [X.] 44, 322 <347 f.>; dazu auch [X.] 55, 7 <23 f.>). Dem Staat verbleibt also eine Entscheidungsmacht, die zwar keine Einmischung in der Sache legitimiert, aber einen Vorbehalt des öffentlichen Interesses beinhaltet. Damit ist der Staat nicht verpflichtet, den Geltungsbereich von Tarifverträgen durch eine Allgemeinverbindlicherklärung auszuweiten.

c) Ein Anspruch auf Allgemeinverbindlicherklärung folgt auch nicht aus der allgemeinen Verpflichtung des Gesetzgebers, durch die Schaffung [X.] Regelungen zu ermöglichen, dass von der Koalitionsfreiheit auch tatsächlich Gebrauch gemacht werden kann (vgl. [X.] 92, 26 <41>). Zwar gewährleistet Art. 9 Abs. 3 [X.] mit der Koalitionsfreiheit zugleich ein gesetzlich geregeltes Tarifvertragssystem, weil sonst die Koalitionen ihre Funktion, in dem von der staatlichen Rechtssetzung frei gelassenen Raum das Arbeitsleben im Einzelnen durch Tarifverträge zu ordnen, nicht sinnvoll erfüllen könnten (vgl. [X.] 4, 97 <108>; 20, 312 <317>). Auch wenn Art. 9 Abs. 3 [X.] in erster Linie ein Freiheitsrecht ist ([X.] 92, 365 <393>; 146, 71 <114 Rn. 130>), geht sein Gewährleistungsinhalt über die reine Abwehr staatlicher Maßnahmen hinaus. Im Fall der Sozialkassen ist auch zu berücksichtigen, dass ihre Finanzierung jedenfalls nach ihren eigenen Angaben auf die Einbeziehung von Außenseitern angewiesen ist und die Beschwerdeführerin zu 2) (Urlaubskasse) zumindest Gefahr läuft, ihr Tätigkeitsfeld zu verlieren, wenn sie sich nicht auf die Allgemeinverbindlicherklärung der Sozialkassentarifverträge verlassen kann.

Diese "Bewirkungsdimension" des Art. 9 Abs. 3 [X.] (vgl. Höfling, in: [X.], [X.], 8. Aufl. 2018, Art. 9 Rn. 79; [X.], in: v. Mangoldt/[X.]/[X.], [X.], [X.], 7. Aufl. 2018, Art. 9 Rn. 141) geht aber nicht so weit, dass jeder Tarifvertrag, der auf Allgemeinverbindlichkeit angelegt ist, auch dazu erklärt werden muss. Art. 9 Abs. 3 [X.] enthält kein Gebot, jeder Zielsetzung, die Koalitionen verfolgen, zum praktischen Erfolg zu verhelfen (vgl. [X.] 146, 71 <115 Rn. 132>). Zwar kann der Gesetzgeber die Durchsetzung der Ziele der Koalitionen fördern, muss aber nur die [X.] sichern. Der Organisationsgrad einer Koalition, ihre Fähigkeit zur Anwerbung und Mobilisierung von Mitgliedern und ähnliche Faktoren liegen außerhalb der Verantwortung des Gesetzgebers. Er ist nicht gehalten, schwachen Verbänden Durchsetzungsfähigkeit bei Tarifverhandlungen zu verschaffen, denn Art. 9 Abs. 3 [X.] verlangt keine Optimierung der Kampfbedingungen, sondern verpflichtet den Staat auch insoweit zur Neutralität ([X.] 146, 71 <122 Rn. 150>).

d) Das Grundrecht des Art. 9 Abs. 3 [X.] garantiert den Koalitionen also grundsätzlich weder Stärke noch Erfolg, sondern gewährleistet die tatsächlich realisierbare Chance, durch ihre Tätigkeit die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu wahren und zu fördern. Soweit diese Chance nicht gegeben ist, weil der gesetzliche Rahmen die Realisierung strukturell nicht zulässt, kann aus Art. 9 Abs. 3 [X.] Abhilfe verlangt werden. Ein solcher Fall, dass Koalitionen ihre autonom gesteckten Ziele nicht erreichen, weil gesetzliche Strukturbedingungen der Tarifautonomie fehlen, ist hier jedoch nicht erkennbar. Die Anforderungen, die das [X.] an die Allgemeinverbindlicherklärung stellt, lassen die Anstrengungen der Koalitionen, ihre Ziele zu erreichen, jedenfalls nicht leerlaufen. Die Bedingung, dass im zuständigen [X.] konkret personell Verantwortung übernommen wird, um einen solchen [X.] zu legitimieren, beeinträchtigt die Chance der Koalitionen in keiner Weise.

Die weitere Anforderung des damaligen § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.], dass die tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens 50 vom Hundert der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen ("50 %-Quote") müssten, schränkt zwar die Möglichkeiten der Koalitionen ein, ihre Tarifverträge auf Außenseiter zu erstrecken. Doch ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass damit keine realisierbare Chance mehr bestünde, die Freiheit aus Art. 9 Abs. 3 [X.] in Anspruch zu nehmen. Vielmehr betrifft diese Anforderung die Stärke der Koalitionen, die jedoch nicht in der Verantwortung des Gesetzgebers oder der dessen Regeln zur Anwendung bringenden Gerichte liegt (vgl. [X.] 146, 71 <122 Rn. 150>).

e) Offen bleiben kann danach, ob den Beschwerdeführenden der geltend gemachte Anspruch auf Allgemeinverbindlicherklärung überhaupt als einklagbares Recht zustehen könnte. Zwar hat das [X.] zur einfachrechtlichen Bestimmung des § 5 [X.] die Auffassung vertreten, die Allgemeinverbindlicherklärung diene zumindest auch den Interessen der Koalitionen, deren Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt werden sollen (vgl. BVerwGE 80, 355 <368 f.>). Unabhängig davon, ob das auch verfassungsrechtlich gilt, sprechen jedoch das Gebot staatlicher Neutralität und die ambivalente Wirkung der Allgemeinverbindlicherklärung - sie stärkt den konkreten Tarifvertrag, schwächt aber die Attraktivität der Mitgliedschaft in einer Koalition - gegen einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Allgemeinverbindlicherklärung (vgl. [X.], Voraussetzungen und Wirkungen der Tarifnormerstreckung nach § 5 [X.] und dem [X.], 2010, [X.] ff., 119 f. und [X.] unter IV).

2. Soweit die Beschwerdeführenden hilfsweise eine Verletzung von Art. 9 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 [X.] rügen, gehen deren Anforderungen jedenfalls nicht über die des Art. 9 Abs. 3 [X.] hinaus. Auch insofern hat die Rüge daher keine Aussicht auf Erfolg.

III.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 4/17

10.01.2020

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 3. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BAG, 21. September 2016, Az: 10 ABR 33/15, Beschluss

Art 9 Abs 3 GG, § 90 Abs 1 BVerfGG, § 98 ArbGG, § 5 Abs 1 TVG vom 31.10.2006, § 5 Abs 1 S 1 Nr 1 TVG vom 25.08.1969, VTV-Bau

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 10.01.2020, Az. 1 BvR 4/17 (REWIS RS 2020, 2626)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2626


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 10 ABR 33/15

Bundesarbeitsgericht, 10 ABR 33/15, 21.09.2016.


Az. 1 BvR 4/17

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 4/17, 10.01.2020.


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