Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.11.2011, Az. XII ZR 136/09

12. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1635

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BUNDESGERICHTSHOF (BGH) FAMILIENRECHT KINDER

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Gegenstand

Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter über die Person des mutmaßlichen Vaters ihres Kindes: Vorausgegangenes Vaterschaftsanerkenntnis des Scheinvaters auf Veranlassung der Mutter


Leitsatz

1. Die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB, wonach die Rechtswirkungen der Vaterschaft grundsätzlich erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden können, kann im Regressprozess des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes in besonders gelagerten Einzelfällen auf die Weise durchbrochen werden, dass die Vaterschaft inzident festgestellt wird (im Anschluss an die Senatsurteile BGH, 16. April 2008, XII ZR 144/06, BGHZ 176, 327 = FamRZ 2008, 1424 und BGH, 22. Oktober 2008, XII ZR 46/07, FamRZ 2009, 32) .

2. Aus Treu und Glauben ergibt sich grundsätzlich ein Auskunftsanspruch, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der eine Teil in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, und der andere Teil in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen (im Anschluss an die Senatsurteile BGH, 2. Juni 2010, XII ZR 124/08, BGHZ 186, 13 = FamRZ 2011, 21 und BGH, 7. Mai 2003, XII ZR 229/00, FamRZ 2003, 1836). Solches ist auch dann der Fall, wenn der Mann seine Vaterschaft mit Zustimmung der Mutter anerkannt hatte .

3. Die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters ihres Kindes berührt zwar das Persönlichkeitsrecht der Mutter nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. In Fällen, in denen die Mutter den Mann zur Abgabe eines Vaterschaftsanerkenntnisses veranlasst hatte, wiegt ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht aber regelmäßig nicht stärker als der Anspruch des Mannes auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG zur Durchsetzung seines Unterhaltsregresses nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung .

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 1. [X.] des [X.] in [X.] vom 23. Juni 2009 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um eine Auskunftspflicht der Beklagten zur Vorbereitung eines Unterhaltsregresses nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung durch den Kläger.

2

Sie hatten bis zum Frühjahr 2006 für etwa zwei Jahre in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt. Nach einem anschließenden Versöhnungsversuch trennten sie sich im Frühsommer 2006 endgültig. Am 18. Januar 2007 gebar die Beklagte einen [X.]. Schon zuvor hatte sie den Kläger aufgefordert, ein Vaterschaftsanerkenntnis für "ihr gemeinsames Kind" abzugeben; der Kläger hatte daraufhin mit ihrer Zustimmung die Vaterschaft anerkannt. Er zahlte an die Beklagte 1.200 € für die Erstlingsausstattung sowie insgesamt 2.075 € Kindesunterhalt und 1.300 € Betreuungsunterhalt.

3

In einem Verfahren zur Regelung des Umgangsrechts wurde ein psychologisches Gutachten eingeholt, dessen Kosten der Kläger jedenfalls teilweise zahlen musste. In einem Rechtsstreit über Betreuungs- und Kindesunterhalt verständigten sich die Parteien auf Einholung eines Vaterschaftsgutachtens. Auf der Grundlage dieses Gutachtens stellte das Familiengericht im Anfechtungsverfahren fest, dass der Kläger nicht der Vater des 2007 geborenen [X.]es der Beklagten ist. Inzwischen erhält die Beklagte von dem mutmaßlichen leiblichen Vater des Kindes monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 202 €.

4

Dem Kläger ist der leibliche Vater des Kindes nicht bekannt. Zur Vorbereitung eines Unterhaltsregresses verlangt er von der Beklagten Auskunft über die Person oder Personen, die ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit außerdem beigewohnt haben. Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Auskunft verurteilt. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie weiterhin Klagabweisung begehrt.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das [X.] hat die Beklagte zu Recht zur Auskunft verurteilt.

6

Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 [X.] noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht an[X.]dbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. [X.]sbeschluss vom 3. November 2010 - [X.] 197/10 - [X.], 100).

I.

7

Das [X.], dessen Entscheidung in [X.], 1924 veröffentlicht ist, hat eine Auskunftspflicht der Beklagten bejaht. Dem Kläger stehe nach § 242 BGB ein Auskunftsanspruch gegen die Beklagte zu. Nach [X.] und Glauben bestehe eine Auskunftspflicht, [X.]n die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich brächten, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen sei und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben könne. Diese Voraussetzungen seien vorliegend gegeben. Der Kläger wisse nicht und könne ohne die Auskunft der Beklagten auch nicht wissen, wer ihr in der gesetzlichen [X.] beigewohnt habe und gegen [X.] er seinen Anspruch auf [X.] richten könne. Die Beklagte könne diese Auskunft unschwer geben. Sie wisse, wer ihr in der [X.] beigewohnt habe und wer der Vater des Kindes sei. Denn von diesem beziehe sie gegenwärtig monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 202 €.

8

Schutzwürdige Interessen der Beklagten stünden der Auskunft nicht entgegen. Dass die Beklagte in der [X.] [X.] beigewohnt habe, stehe nach der erfolgreichen [X.]chaftsanfechtung des [X.] fest. Dem Kläger gehe es auch nicht um eine Bloßstellung der Beklagten. Er sei sogar mit einer anonymen Erfüllung der auf ihn übergegangenen Ansprüche durch den leiblichen Vater des Kindes einverstanden gewesen. Diese Möglichkeit sei von der Beklagten und dem leiblichen Vater nicht genutzt worden. Die Beklagte habe lediglich mitgeteilt, dass sie nach all dem Streit zu nichts weiter bereit sei. Unter diesen Umständen und unter Abwägung mit den gegenläufigen finanziellen Interessen des [X.] werde die Beklagte durch die Auskunftspflicht nicht in ihrem Grundrecht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verletzt.

9

Die Auskunftspflicht nach § 242 BGB setze zwar zusätzlich eine Sonderverbindung zwischen den Beteiligten voraus, die jedoch im weitesten Sinne zu verstehen sei. Dafür genüge jeder qualifizierte [X.] Kontakt und reiche auch die durch ein nichtiges Rechtsgeschäft entstandene Rechtsbeziehung aus. An einer solchen Sonderverbindung fehle es nach ihrem vielfältigen qualifizierten [X.]n Kontakt hier nicht. Der Kläger habe der Beklagten Betreuungsunterhalt nach § 1615 l Abs. 2 Satz 1 BGB gewährt. Sie habe der Anerkennung der [X.]chaft zugestimmt und deswegen eine Garantenstellung für die Möglichkeit eines Rückgriffs des [X.]. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass das [X.] durch die erfolgreiche [X.]chaftsanfechtung mit Rückwirkung aufgehoben sei. Denn die Auskunft werde gerade zur Abwicklung dieser Folge geschuldet.

II.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.

1. Die Revision ist entgegen der Rechtsauffassung des [X.] zulässig. Das Berufungsurteil ist der Beklagten am 25. Juni 2009 zugestellt worden. Innerhalb der Revisionsfrist des § 548 ZPO hat die Beklagte am 10. Juli 2009 ein vollständiges Prozesskostenhilfegesuch eingereicht. Nachdem mit Beschluss vom 29. Juli 2009 der Beklagten Prozesskostenhilfe für die Revisionsinstanz bewilligt und ihr der Beschluss am 3. August zugestellt worden war, hat sie die Revision innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO am 11. August 2009 eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Entsprechend ist ihr mit Beschluss vom 26. August 2009 gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden.

Die Beklagte hat auch die zweimonatige Frist zur Revisionsbegründung nach § 551 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingehalten. Bereits vor Ablauf dieser Frist hatte sie am 11. August 2009 Revision eingelegt und zugleich eine Verlängerung der erst am 25. August 2009 ablaufenden [X.] um zwei Monate beantragt. Entsprechend ist ihr mit Verfügung vom 12. August 2009 Fristverlängerung bis zum 26. Oktober 2009 bewilligt worden. Innerhalb dieser Frist ist am 21. September 2009 die Revisionsbegründung eingegangen. Weil die verlängerte Frist eingehalten wurde, bedarf es insoweit folglich keiner Wiedereinsetzung nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des [X.] ist die gewährte Fristverlängerung für die [X.] auch nicht unwirksam (vgl. insoweit [X.] Beschlüsse vom 18. November 2003 - [X.] 37/03 - NJW 2004, 1460; vom 8. Oktober 1998 - [X.] - NJW-RR 1999, 286 und [X.]sbeschluss [X.]Z 102, 37 = FamRZ 1988, 55). Soweit der Kläger eine Verlängerung der [X.] für unwirksam hält, [X.]n dem [X.] die Sache im Zeitpunkt der Fristverlängerung noch nicht angefallen war, geht dies am Sachverhalt des vorliegenden Falles vorbei. Im Zeitpunkt der Fristverlängerung war bereits Revision eingelegt und der [X.] folglich mit der Sache befasst.

2. Zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, dass der frühere rechtliche Vater nach erfolgreicher [X.]chaftsanfechtung von dem leiblichen Vater Regress wegen seiner Leistungen auf Kindes- und Betreuungsunterhalt verlangen kann.

Nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB geht der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil auf einen Dritten über, der als Vater Unterhalt geleistet hat. Entsprechendes gilt für den Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615 l Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB. Unstreitig hat der Kläger nach seinem [X.]chaftsanerkenntnis sowohl Kindes- als auch Betreuungsunterhalt gezahlt. Nach erfolgreicher Anfechtung seiner [X.]chaft steht rechtskräftig fest, dass er solchen Unterhalt nicht schuldete und somit als Dritter im Sinne von § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB geleistet hat. Der Unterhaltsanspruch des Kindes und der Beklagten gegen den leiblichen Vater des Kindes ist somit auf den Kläger übergegangen.

Dem Regressanspruch steht nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s auch nicht entgegen, dass nach erfolgreicher [X.]chaftsanfechtung durch den Kläger noch keine neue [X.]chaft festgestellt worden ist. Die [X.] des § 1600 d Abs. 4 BGB, wonach die Rechtswirkungen der [X.]chaft grundsätzlich erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden können, kann im Regressprozess des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes in besonders gelagerten Einzelfällen auf die Weise durchbrochen werden, dass die [X.]chaft inzident festgestellt wird ([X.]surteile [X.]Z 176, 327 = [X.], 1424 Rn. 17 ff. und vom 22. Oktober 2008 - [X.]/07 - [X.], 32 Rn. 11 ff.; vgl. auch [X.]/[X.]/[X.] Der [X.]. [X.]. 4 Rn. 152). Eine solche Ausnahme kommt insbesondere dann in Betracht, [X.]n davon auszugehen ist, dass ein [X.]chaftsfeststellungsverfahren auf längere Zeit nicht stattfinden wird, weil die zur Erhebung einer solchen Klage Befugten dies ausdrücklich ablehnen oder von einer solchen Möglichkeit seit längerer Zeit keinen Gebrauch gemacht haben ([X.]surteile [X.]Z 176, 327 = [X.], 1424 Rn. 28 ff. und vom 22. Oktober 2008 - [X.]/07 - [X.], 32 Rn. 12).

Diese Voraussetzung für eine Durchbrechung der [X.] des § 1600 d Abs. 4 BGB ist hier erfüllt, weil sich die Beklagte weigert, die Person des mutmaßlich leiblichen [X.] zu benennen, obwohl sie ihr wegen der laufenden Unterhaltsleistungen für das Kind positiv bekannt ist. Auch nachdem die [X.]chaft des [X.] für das im Januar 2007 geborene Kind wirksam angefochten wurde, beabsichtigen die Berechtigten nicht die vom Gesetz vorgesehene Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes. Einem Regressanspruch gegen den mutmaßlichen Vater mit inzidenter Feststellung der [X.]chaft für das 2007 geborene Kind der Beklagten kann der Erfolg deswegen nicht von vornherein versagt werden.

3. Ebenfalls zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte dem Kläger aus [X.] und Glauben gemäß § 242 BGB Auskunft über die Person schuldet, die ihr während der [X.] beigewohnt hat.

a) Allerdings ergibt sich die Auskunftspflicht der Beklagten nicht bereits unmittelbar aus § 1605 BGB. Danach sind Verwandte in gerader Linie einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Gleiches gilt durch die Verweisung in § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB für das [X.] zwischen nicht verheirateten Eltern aus Anlass der Geburt ihres gemeinsamen Kindes. Diese ausdrücklich geregelten materiell-rechtlichen Auskunftspflichten erstrecken sich lediglich auf Auskünfte über die Grundlagen der Einkommensermittlung, nämlich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beteiligten, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Eine Auskunft zur Person des mutmaßlich leiblichen Elternteils nach erfolgreicher [X.]chaftsanfechtung ist danach nicht geschuldet.

b) Neben den ausdrücklich im Gesetz geregelten Auskunftspflichten hat der [X.] in ständiger Rechtsprechung auch eine Auskunftspflicht aus [X.] und Glauben nach § 242 BGB anerkannt, [X.]n die Beteiligten in einem gemeinsamen [X.] stehen, wechselseitig auf Kenntnis der Einkommensverhältnisse des anderen angewiesen sind und sich diese nicht auf zumutbare andere Weise verschaffen können ([X.]surteile [X.]Z 186, 13 = [X.], 21 Rn. 13, 22 und vom 7. Mai 2003 - [X.]/00 - FamRZ 2003, 1836, 1837; [X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 1152, 1159).

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] gebieten es [X.] und Glauben auch grundsätzlich, dem Anspruchsberechtigten einen Auskunftsanspruch zuzubilligen, [X.]n die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, und der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen ([X.] Urteile vom 6. Februar 2007 - [X.]/04 - NJW 2007, 1806 Rn. 13; [X.]Z 152, 307, 316 = NJW 2003, 582; [X.]Z 148, 26, 30 = [X.], 228; [X.]Z 95, 285, 287 f. = NJW 1986, 1247; [X.]Z 81, 21, 24 = NJW 1981, 2000 und [X.]Z 10, 385, 387). Die dafür erforderliche rechtliche Beziehung kann sich etwa aus Vertragsverhandlungen, dauernden Geschäftsverbindungen, Nachwirkungen eines Vertrages oder aus einem Nachbarschaftsverhältnis ergeben ([X.]/[X.]. § 242 Rn. 3). Eine Sonderverbindung der beteiligten Personen, die eine Auskunftspflicht nach [X.] und Glauben rechtfertigt, kann aber auch dann vorliegen, [X.]n ein sonstiges familienrechtliches Verhältnis unmittelbar zwischen den Beteiligten besteht.

Ein solches Verhältnis besteht zwischen den Beteiligten auch dann, [X.]n [X.] seine [X.]chaft mit Zustimmung der Mutter anerkannt hatte. Durch diese gemeinsame Erklärung entsteht die rechtliche [X.]chaft, die die Eltern in vielfältiger Weise miteinander verbindet. Sowohl die unterhaltsrechtlichen Folgen des [X.] als auch dessen weitere Wirkungen begründen eine wechselseitige Auskunftspflicht hinsichtlich der Voraussetzungen der [X.]chaft. Die Beteiligten des [X.] schulden sich mithin wechselseitig Auskunft über die insoweit relevanten Umstände, [X.]n der [X.] über wesentliche Informationen weder verfügt noch sich diese auf andere Weise beschaffen kann und der Auskunftspflichtige die erforderliche Auskunft unschwer erteilen kann. Diese wechselseitige Verpflichtung gilt auch dann fort, [X.]n die [X.]chaft nachträglich wirksam angefochten ist, soweit Rechtsfolgen des zunächst wirksamen [X.] betroffen sind. Schuldner des Auskunftsanspruchs ist zwar regelmäßig der Schuldner des über die Auskunft durchzusetzenden [X.]. Aus [X.] und Glauben kann sich allerdings auch eine Auskunftspflicht Dritter ergeben, die nicht Schuldner des [X.] sind ([X.]/[X.] aaO § 260 Rn. 8; [X.] FPR 2011, 366, 367; so auch [X.]/[X.]/[X.] Der [X.]. [X.]. 4 Rn. 153).

Danach schuldet die Beklagte dem Kläger nach [X.] und Glauben Auskunft über die Person des mutmaßlich leiblichen [X.] ihres 2007 geborenen Kindes. Die Beklagte hatte den Kläger ursprünglich aufgefordert, die [X.]chaft für "ihr gemeinsames Kind" anzuerkennen. Damit hat sie deutlich gemacht, dass aus ihrer Sicht der Kläger leiblicher Vater ihres 2007 geborenen Kindes sei. Dem [X.]chaftsanerkenntnis des [X.] hat sie außerdem zugestimmt, was nach § 1595 Abs. 1 BGB Voraussetzung für die Wirksamkeit des Anerkenntnisses ist. Durch dieses Verhalten hat die Beklagte zur Entstehung der gemeinsamen Elternschaft und zugleich zu einem familienrechtlichen Sonderverhältnis beigetragen, das Auskunftsansprüche nach [X.] und Glauben begründen kann. Der Kläger kann den nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB auf ihn übergegangenen Anspruch auf Kindes- und Betreuungsunterhalt nur dann durchsetzen, [X.]n ihm der leibliche Vater als Anspruchsgegner bekannt ist. Dies ist nach den Feststellungen des [X.]s bislang nicht der Fall. Außer seinem Auskunftsanspruch gegen die Beklagte hat der Kläger keine rechtliche Möglichkeit, den leiblichen Vater zu ermitteln. Zwar ist die Beklagte nicht Schuldnerin seines Anspruchs auf [X.]. Im Hinblick auf ihr Verhalten im Zusammenhang mit dem [X.]chaftsanerkenntnis und der dadurch entstandenen familienrechtlichen Sonderverbindung schuldet sie dem Kläger gleichwohl Auskunft zur Person des mutmaßlich leiblichen [X.] ihres Kindes. Die Auskunft ist ihr nach den Feststellungen des [X.]s auch unschwer möglich (vgl. insoweit [X.] Urteil vom 6. Februar 2007 - [X.]/04 - NJW 2007, 1806). Sie kann dem Kläger jederzeit Auskunft zu der Person geben, die ihr während der [X.] außerdem beigewohnt hat. Hinzu kommt, dass die Beklagte nach den Feststellungen des [X.]s monatlichen Kindesunterhalt von dem mutmaßlich leiblichen Vater des Kindes erhält.

4. Die Auskunftspflicht der Beklagten verstößt auch nicht gegen ihre Grundrechte.

a) Die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des mutmaßlichen [X.] ihres Kindes berührt zwar das Persönlichkeitsrecht der Beklagten nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, das auch das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre umfasst und zu dem die persönlichen, auch geschlechtlichen Beziehungen zu einem Partner gehören. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die Befugnisse des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, inwieweit und wem gegenüber er persönliche Lebenssachverhalte offenbart (vgl. [X.] 65, 1, 43 f. = NJW 1984, 419). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet, sondern ausdrücklich nur insoweit, als dadurch nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsgemäße Ordnung oder das [X.] verstoßen wird. Soweit nicht in den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung eingegriffen wird, hat der Einzelne somit die Einschränkungen hinzunehmen, die im überwiegenden Allgemeininteresse oder im Hinblick auf grundrechtlich geschützte Interessen Dritter unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit vorgenommen werden ([X.] 96, 56, 61 = NJW 1997, 1769). Leitet sich der materiell-rechtliche Auskunftsanspruch aus einer zivilrechtlichen Generalklausel her, wie dies hier bei § 242 BGB der Fall ist, ist deswegen im Erkenntnisverfahren stets zu prüfen, ob die begehrte Auskunft in den unantastbaren Bereich des Persönlichkeitsrechts fällt und ob dem Anspruch Grundrechte der in Anspruch genommenen Beklagten entgegenstehen ([X.] Beschluss vom 3. Juli 2008 - [X.]/06 - [X.], 1751 Rn. 13 f.).

b) Ein Eingriff in den unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beklagten liegt hier schon deswegen nicht vor, weil sie dem Kläger bereits durch ihr früheres Verhalten Tatsachen ihres geschlechtlichen Verkehrs während der [X.] offenbart hatte, die sich allerdings inzwischen als falsch herausgestellt haben. Die Beklagte hatte den Kläger vor der Geburt des Kindes aufgefordert, die [X.]chaft für "ihr gemeinsames Kind" anzuerkennen. Darin liegt zugleich die Behauptung der Beklagten, die [X.]chaft des [X.] stehe für sie als Mutter fest, weil ein anderer Vater nicht in Betracht komme. Die Beklagte hat in der Folge auch dem [X.]chaftsanerkenntnis des [X.] zugestimmt und ihm erst auf diese Weise die Rechtswirkung des § 1592 Nr. 2 i.V.m. §§ 1594, 1595 BGB verschafft. Jedenfalls in Fällen, in denen die Mutter [X.] zur Anerkennung der [X.]chaft veranlasst und dabei keine Zweifel an seiner biologischen [X.]chaft geäußert hat, begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, sie nach wirksamer [X.]chaftsanfechtung (zur [X.] vgl. [X.] FPR 2011, 412) zur Auskunft über die Person zu verurteilen, die ihr während der [X.] zusätzlich beigewohnt hat. Daher ist es ihr zumutbar, durch Angaben zur Person des mutmaßlichen [X.] an der Beseitigung der dem Scheinvater entstandenen Nachteile mitzuwirken (vgl. [X.] Beschluss vom 3. Juli 2008  [X.]/06 - [X.], 1751 Rn. 17).

Auch die bei zulässigen Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht gebotene Interessenabwägung lässt hier keinen Rechtsfehler erkennen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beklagten ist insbesondere durch das Recht des [X.] auf effektiven Rechtsschutz begrenzt. Ohne eine Auskunft der Beklagten zu der Person, die ihr während der [X.] zusätzlich beigewohnt hat, kann der Kläger seinen Anspruch auf [X.] nicht auf rechtsstaatliche Weise durchsetzen. Entsprechend hat das Berufungsgericht festgestellt, dass es dem Kläger lediglich auf die Durchsetzung seines Rechtsanspruchs und nicht auf eine Bloßstellung der Beklagten oder des biologischen [X.] ankommt. Deswegen hatte er sich sogar mit einer anonymen Erfüllung seiner Zahlungsansprüche einverstanden erklärt. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist deswegen auch verhältnismäßig; sie ist zur Durchsetzung des Anspruchs des [X.] erforderlich und geeignet, weil sie ihn in die Lage versetzt, seinen Zahlungsanspruch in der gebotenen Weise durchzusetzen. Jedenfalls in Fällen, in denen die Mutter - wie hier - [X.] zur Abgabe eines [X.] veranlasst hatte, wiegt ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht nicht stärker als der Anspruch des Mannes auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG zur Durchsetzung seines [X.]es nach erfolgreicher [X.]chaftsanfechtung.

5. Weil das Berufungsgericht die Beklagte somit zu Recht zur Auskunft verurteilt hat, wer ihr während der [X.] ihres 2007 geborenen Kindes beigewohnt hat, bleibt der Revision der Beklagten der Erfolg versagt.

[X.]                                                    Weber-Monecke                                                    Dose

                            Schilling                                                                [X.]

Meta

XII ZR 136/09

09.11.2011

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 23. Juni 2009, Az: 8 UF 16/09, Urteil

§ 242 BGB, § 1600d Abs 4 BGB, § 1607 Abs 3 BGB, § 1615l Abs 3 BGB, Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.11.2011, Az. XII ZR 136/09 (REWIS RS 2011, 1635)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1635

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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