Bundesverfassungsgericht, Beschwerdekammerbeschluss vom 11.12.2023, Az. 2 BvR 739/17 - Vz 5/23

Beschwerdekammer | REWIS RS 2023, 9147

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Beschwerdekammerbeschluss: Feststellung der überlangen Dauer eines Kostenfestsetzungsverfahrens bei gerichtlicher Untätigkeit von mehr als 18 Monaten - Zurückweisung der Verzögerungsbeschwerde iÜ


Tenor

Es wird festgestellt, dass die Verfahrensdauer des Kostenfestsetzungsverfahrens in der Sache 2 BvR 739/17 im Zeitraum November 2021 bis zum 10. Mai 2023 unangemessen lang war.

Im Übrigen wird die [X.] zurückgewiesen.

Die [X.] hat dem Beschwerdeführer zwei Drittel der notwendigen Auslagen für das [X.]verfahren zu erstatten.

Gründe

1

Die [X.] richtet sich gegen die Dauer eines Kostenfestsetzungsverfahrens.

2

1. Der Beschwerdeführer erhob am 31. März 2017 eine mit einem Eilantrag verbundene Verfassungsbeschwerde gegen das von [X.] und Bundesrat beschlossene Gesetz zu dem Übereinkommen vom 19. Februar 2013 über ein Einheitliches Patentgericht. Der [X.] des [X.] gab der Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 13. Februar 2020 statt und verpflichtete die [X.], dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen in der Hauptsache zu erstatten.

3

Mit [X.] vom 27. März 2020 beantragte der Beschwerdeführer, den Gegenstandswert in der Hauptsache auf 1.200.000 Euro festzusetzen. Des Weiteren beantragte er, die [X.] zu verpflichten, ihm auch hinsichtlich des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung seine notwendigen Auslagen zu erstatten sowie den Gegenstandswert hierfür auf 400.000 Euro festzusetzen. Mit [X.] vom 17. Juni 2020 begehrte er eine Erhöhung dieses [X.] auf 600.000 Euro.

4

2. Am 30. November 2020 beantragte der Beschwerdeführer die Kostenfestsetzung für das Verfahren in der Hauptsache, wobei er den beantragten Gegenstandswert von 1.200.000 Euro zugrunde legte. Neben einer 1,6 Verfahrensgebühr sowie der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen verlangte er die Festsetzung von Kopierkosten in Höhe von 380,50 Euro, von Reisekosten in Höhe von insgesamt 385,80 Euro sowie von Tage- und Abwesenheitsgeld in Höhe von insgesamt 140 Euro, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer.

5

3. Mit Beschluss vom 1. Dezember 2020, welcher dem Beschwerdeführer am 2. Januar 2021 zugestellt wurde, wurde die [X.] verpflichtet, dem Beschwerdeführer auch für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung seine notwendigen Auslagen zu erstatten. Zugleich wurde der Gegenstandswert in der Hauptsache auf 250.000 Euro und für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 125.000 Euro festgesetzt.

6

Hiergegen erhob der Beschwerdeführer mit [X.] vom 18. Januar 2021 Gegenvorstellung und beantragte die Anhebung der [X.] auf die von ihm zuletzt beantragte Höhe.

7

4. Mit [X.] vom selben Tag beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung der Kosten für das Eilverfahren und "spezifizierte" seinen [X.] für das Hauptsacheverfahren, wobei er jeweils die mit Beschluss vom 1. Dezember 2020 festgesetzten [X.] zugrunde legte.

8

5. Mit [X.] vom 26. Mai 2021 rügte der Beschwerdeführer erstmals die Dauer des Kostenfestsetzungsverfahrens. Da die Entscheidung über die [X.] Teil des jeweiligen Verfahrens sei und die Verfassungsbeschwerde vom 31. März 2017 datiere, sei die Frist nach § 97b Abs. 1 Satz 4 [X.] gewahrt.

9

6. Hierauf teilte die zuständige Rechtspflegerin dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29. Juni 2021 mit, dass die weitere Bearbeitung der [X.] zunächst wegen der erhobenen Gegenvorstellung gegen die Gegenstandswertfestsetzung zurückgestellt werde, da die Höhe des [X.] für die Kostenfestsetzung maßgebend sei. Nach der abschließenden Bearbeitung der Gegenvorstellung, die nunmehr vorrangig und nachdrücklich bearbeitet werde, werde das Kostenfestsetzungsverfahren unverzüglich und unaufgefordert fortgesetzt werden.

7. Mit Schreiben vom 15. Juli 2021 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die Gegenvorstellung dem [X.] vorgelegt worden sei und dieser für ein erneutes richterliches Tätigwerden auch unter voller Würdigung der neuerlichen Ausführungen keinen Anlass sehe. Dem Kostenfestsetzungsverfahren würde daher unverzüglich Fortgang gegeben.

8. Die zuständige Rechtspflegerin leitete die [X.] des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 29. Juli 2021 an das [X.] weiter und gab diesem Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 1. September 2021.

9. Das [X.] nahm mit Schreiben vom 10. August 2021 Stellung und teilte mit, dass gegen die Höhe der geltend gemachten Gebühren keine Bedenken bestünden. Die Erstattungsfähigkeit der angemeldeten Auslagen (Kopie- und Reisekosten sowie Tagegeld) werde dagegen bestritten.

Die Stellungnahme wurde mit Schreiben vom 17. August 2021 an den Beschwerdeführer weitergeleitet. Nachdem ein erster Übermittlungsversuch per Post gescheitert war, wurde das Schreiben am 2. September 2021 per Fax an den Beschwerdeführer übermittelt.

10. Der Beschwerdeführer nahm mit [X.] vom 9. September 2021 zur Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Kosten Stellung. Dieses Schreiben wurde mit Verfügung vom 29. September 2021 an das [X.] weitergeleitet und Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme binnen drei Wochen gegeben. Der Beschwerdeführer erhielt hiervon keine Mitteilung. Eine ergänzende Stellungnahme des [X.] ging nicht ein.

11. a) Mit [X.] vom 25. November 2021 bat der Beschwerdeführer um Mitteilung des [X.]. Der [X.] blieb offenbar unbeantwortet.

b) Mit [X.] vom 19. Januar 2022 rügte der Beschwerdeführer zum [X.] die unangemessene Dauer des Kostenfestsetzungsverfahrens. Eine weitere Sachstandsanfrage des Beschwerdeführers vom 21. Juli 2022 blieb ebenfalls unbeantwortet.

c) Am 29. Juli 2022 beglich das [X.] auf Anfrage des Beschwerdeführers den unstreitigen Teil der geltend gemachten Gebühren und Auslagen zuzüglich Zinsen (7.848,31 Euro).

d) Mit [X.] vom 19. Januar 2023 rügte der Beschwerdeführer zum [X.] die unangemessene Dauer des Kostenfestsetzungsverfahrens.

e) Mit Schreiben vom 2. März 2023 fragte das [X.] unter Hinweis auf die weiter anfallenden Zinsen an, wann mit einer Entscheidung über die [X.] des Beschwerdeführers gerechnet werden könne. Auch diese Anfrage blieb, soweit ersichtlich, unbeantwortet.

12. Mit [X.] vom 5. Mai 2023 forderte der Beschwerdeführer das [X.], vertreten durch den Präsidenten, vorgerichtlich auf, ihn für die verzögerte Bearbeitung des Kostenfestsetzungsverfahrens nach § 97a Abs. 1 Satz 1 [X.] zu entschädigen. Insgesamt sei von einer unangemessenen Verzögerung von zwei Jahren und anderthalb Monaten auszugehen. Für jedes Jahr der Verzögerung sei ein [X.] von 1.200 Euro anzusetzen (§ 97a Abs. 2 Satz 3 [X.]). Für die durch die verzögerte Weiterleitung des [X.]s (29. Juli 2021 statt am 14. Dezember 2020) verursachte unangemessene Verfahrensverzögerung von sieben Monaten und 15 Tagen sei somit ein [X.] von 750 Euro zu leisten. Der [X.] für die um derzeit ein Jahr und sechs Monate verzögerte Bescheidung betrage aktuell 1.800 Euro. Die [X.] schulde dem Beschwerdeführer demnach einen [X.] von 2.550 Euro. Zudem habe die [X.] dem Beschwerdeführer nach § 97a Abs. 1 Satz 1 [X.] die durch die vorgerichtliche Zahlungsaufforderung verursachten Kosten in Höhe von 446,49 Euro zu erstatten.

13. a) Mit Beschluss vom 10. Mai 2023 setzte die zuständige Rechtspflegerin die zu erstattenden Kosten für das Verfassungsbeschwerdeverfahren und für das Eilverfahren auf insgesamt 7.175,30 Euro nebst Zinsen fest. Dabei sah sie die beantragten Auslagen, nämlich die entstandenen Kopierkosten für die Fertigung von insgesamt 2.420 Kopien, die Reisekosten für die zweimalige Akteneinsichtnahme und die hierfür angefallenen Tage- und Abwesenheitsgelder als nicht erstattungsfähig an, weil sie nicht notwendig gewesen seien.

b) Einer hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde vom 9. Juni 2023, die auf Festsetzung weiterer 1.051,30 Euro gerichtet war, gab der [X.] nach [X.] durch die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 28. September 2023 teilweise statt und hob den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin auf, soweit die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten sowie Tage- und Abwesenheitsgelder für die Akteneinsichtnahmen am 22. November 2017 und am 15. März 2018 abgelehnt worden war. In diesem Umfang wurde die Sache zur erneuten Entscheidung über die Höhe der zu erstattenden Kosten an die Rechtspflegerin zurückverwiesen. Im Übrigen wies der [X.] die sofortige Beschwerde zurück.

14. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2023 teilte die Rechtspflegerin dem [X.] mit, in welcher Höhe beabsichtigt sei, die nach dem Beschluss des [X.]s zu erstattenden Reisekosten sowie Tage- und Abwesenheitsgeld für die Akteneinsichtsnahme festzusetzen. Hierzu wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17. November 2023 gegeben. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2023 teilte das [X.] mit, dass von einer Stellungnahme abgesehen werde.

Mit [X.] vom 26. Oktober 2023 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung weiterer Auslagen, die ihm im Rahmen der Akteneinsicht entstanden seien. Hierzu wurde dem [X.] mit Schreiben vom 9. November 2023 Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 8. Dezember 2023 gegeben. Das [X.] nahm diese Gelegenheit mit Schreiben vom 22. November 2023 wahr und vertrat die Auffassung, dass ein Teil der weiter geltend gemachten Kosten nicht erstattungsfähig sei. Eine Abschrift des Schreibens wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29. November 2023 übersandt und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20. Dezember 2023 gegeben.

II.

Mit seiner am 31. Juli 2023 erhobenen [X.] beantragt der Beschwerdeführer, an ihn für die verzögerte Bearbeitung des [X.]s vom 30. November 2020 2.550 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Mai 2023, hilfsweise hierzu für die verzögerte Bearbeitung des [X.]s vom 18. Januar 2021 2.393 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Mai 2023 zu zahlen. Weiter verlangt er Zahlung von außergerichtlichen Anwaltsgebühren und Auslagen von 446,49 Euro nebst Zinsen und begehrt im [X.]verfahren Erstattung seiner notwendigen Auslagen durch die [X.].

1. [X.] sei nach den gegebenen Umständen unangemessen lang. Der Beschwerdeführer sei hierfür nach § 97a Abs. 1 Satz 1 [X.] angemessen zu entschädigen.

Er sei als Rechtsanwalt wirtschaftlich darauf angewiesen, verdiente Gebühren zeitnah zu liquidieren, was auch Teil seiner Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG sei. Der Beschwerdeführer habe das in Rede stehende Verfassungsbeschwerdeverfahren in eigenem Namen geführt und hierfür kein Honorar erhalten; umso mehr sei er für die Honorierung seiner umfangreichen Bemühungen auf das Kostenerstattungsverfahren angewiesen. Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) verlange eine möglichst zeitnahe Bearbeitung seines Kostenfestsetzungsanspruchs.

2. Der in Rede stehende [X.] sei überaus einfach gewesen, weil er zum ganz überwiegenden Teil auf Beträge rekurriert habe, die sich ohnehin aus dem Gesetz ergäben und die zudem unstreitig gewesen seien. Selbst für die übrigen Teile habe sich der [X.] in Grenzen gehalten.

In organisatorischer Hinsicht sei nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände eine erheblich zügigere Bearbeitung des [X.]s nicht möglich gewesen sein solle. Dies folge insbesondere aus einem Vergleich mit dem [X.]. Die dort beschäftigten Rechtspfleger hätten innerhalb der gleichen [X.] weitaus mehr Kostenfestsetzungsverfahren zu erledigen gehabt als die beim [X.] beschäftigten Rechtspfleger.

Auch verfahrensmäßige Umstände, die eine zügigere Bearbeitung des Antrags gehindert haben könnten, seien nicht ersichtlich. Insbesondere sei die Einreichung einer Gegenvorstellung gegen die Festsetzung des [X.] kein Umstand in diesem Sinne. Auch vom Beschwerdeführer oder von Dritten zu verantwortende [X.] bestünden nicht.

3. Weshalb der am 30. November 2020 eingereichte [X.] nicht unmittelbar an die Kostenschuldnerin weitergeleitet worden sei, erschließe sich nicht. Bereits in der erst am 29. Juli 2021 erfolgten Weiterleitung liege eine unangemessene Verzögerung von sieben Monaten und 15 Tagen.

Eine zweite unangemessene Verzögerung liege im faktischen Ruhen des Verfahrens seit dem 9. September 2021. Es seien weder organisatorische noch verfahrensmäßige Gründe erkennbar, die eine Verzögerung rechtfertigten. Der Antrag sei jedenfalls seit dem 5. November 2021 entscheidungsreif. Dennoch sei die Bescheidung erst mit Beschluss vom 10. Mai 2023 erfolgt.

Eine rechtskräftige Bescheidung der [X.] stehe unverändert aus. Seit dem Senatsbeschluss vom 28. September 2023, mit dem der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss teilweise aufgehoben und die Angelegenheit zur erneuten Entscheidung an die Rechtspflegerin zurückverwiesen worden sei, ruhe das Verfahren erneut.

4. Das Kostenfestsetzungsverfahren sei Annex zum Verfassungsbeschwerdeverfahren 2 BvR 739/17 beziehungsweise ein selbständiges Verfahren zu diesem Verfassungsbeschwerdeverfahren. Damit handele es sich um ein genuin dem Individualrechtsschutz dienendes Verfahren, für das die Vermutung des § 97a Abs. 2 Satz 1 [X.] gelte. Für jedes Jahr der Verzögerung seien 1.200 Euro anzusetzen.

5. Weiterhin habe die [X.] dem Beschwerdeführer nach § 97a Abs. 1 Satz 1 [X.] die durch die vorgerichtliche Zahlungsaufforderung verursachten Kosten in Höhe einer 1,6 Geschäftsgebühr nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer zu erstatten. Zu § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG sei anerkannt, dass die Verfahrensbeteiligten berechtigt seien, den Entschädigungsanspruch aus § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG außergerichtlich geltend zu machen. Im Fall von § 97a Abs. 1 Satz 1 [X.] könne nichts anderes gelten. Die notwendigen Rechtsanwaltskosten seien eine Vermögenseinbuße und damit materieller Nachteil im Sinne von § 97a Abs. 1 Satz 1 [X.].

III.

1. Die für die Bearbeitung des Kostenfestsetzungsverfahrens 2 BvR 739/17 zuständige Rechtspflegerin des [X.]s hat am 2. Oktober 2023 folgende Stellungnahme abgegeben:

Eine frühere Bearbeitung des [X.]s des Beschwerdeführers, der sich selbst vertreten habe, sei aufgrund diverser Umstände nicht möglich gewesen.

a) In dem Verfahren seien einige Problemfälle der Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten notwendigen Auslagen im Verfassungsbeschwerdeverfahren aufgeworfen worden, die eine umfangreiche Recherche notwendig gemacht hätten, um zu einer Entscheidungsfindung zu gelangen. Die Streitigkeit der geltend gemachten Beträge ergebe sich nicht zuletzt aus dem vom Beschwerdeführer eingelegten Rechtsmittel.

b) Darüber hinaus hätten dienstliche Belange einer früheren Bearbeitung entgegengestanden.

aa) Die dauerhafte Erkrankung und daran anschließende Schwangerschaft und Elternzeit einer Kollegin habe insgesamt zu einer mehrmonatigen erhöhten Arbeitsbelastung geführt. Ab April 2022 habe sie - zusätzlich zu der krankheitsbedingten Vertretung - die Vertretung der [X.] Beamtin des [X.]s übernommen, in deren Aufgabengebiete sie sich schnellstmöglich neu einzuarbeiten gehabt habe, um den Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten. Die Einarbeitung zweier neuer Kolleginnen ab November 2022 sei ebenfalls über Monate hinweg sehr zeitintensiv gewesen.

bb) Auch seien Ende des Jahres 2022, bedingt durch die Beendigung der Amtszeiten von [X.] und Richterin [X.] zahlreiche Verfahren zum Abschluss zu bringen gewesen. Mehrere Urteile, die zwingend hätten termingerecht korrekturgelesen sein müssen, seien zu bearbeiten gewesen.

cc) Die zuständige Sachbearbeiterin beim [X.] habe ihr darüber hinaus telefonisch mitgeteilt, dass die unstreitigen Beträge (Gebühren ohne Auslagen) vorab angewiesen worden seien. Das Datum des Telefonats könne nicht benannt werden, da kein Telefonvermerk angefertigt worden sei.

2. Auf Nachfrage der Berichterstatterin des [X.]verfahrens zum Beginn der dauerhaften Erkrankung und deren Ende sowie der Dauer des Ausfalls der erkrankten Kollegin aufgrund Schwangerschaft/Elternzeit hat die Rechtspflegerin ihre Stellungnahme wie folgt ergänzt:

Die erkrankte Kollegin sei seit dem 14. April 2022 abwesend. Die Vertretung (0,5 [X.] in [X.]) habe bis einschließlich 19. Juni 2022 der Rechtspflegerin oblegen. Die übrigen 0,5 [X.] (in [X.] und nachgerichtlichem Schriftverkehr) seien von der Büroleiterin des [X.]s vertreten worden. Ab 20. Juni 2022 habe dann ein neuer Geschäftsverteilungsplan gegolten, wonach sie offiziell die Vertretung der Büroleiterin des [X.]s übernommen habe. Die Einarbeitung in deren Vertretung sei faktisch jedoch schon zuvor erfolgt, also seit Ende April/Anfang Mai 2022, als absehbar gewesen sei, dass es sich um einen längerfristigen Ausfall der erkrankten Kollegin handeln dürfte. Die Büroleiterin des [X.]s sei vom 18. Mai 2022 bis 10. Juni 2022 im Erholungsurlaub gewesen; diese Vollvertretung sei bereits durch sie erfolgt. In der [X.] vom 20. Juni 2022 bis 31. Oktober 2022 seien die Akten auf alle anwesenden Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger im Umlauf verteilt worden. Die ausgefallene Kollegin sei offiziell im September 2023 aus der Elternzeit zurückgekommen.

Zum 1. November 2022 sei die Einstellung neuer Kolleginnen erfolgt, sodass die Umverteilung auf alle Kolleginnen und Kollegen entfallen und abgelöst worden sei durch eine vier Monate lang andauernde Einarbeitungsphase.

Ergänzend sei noch zu bemerken, dass faktisch ab dem 5. September 2021 eine frühere Kollegin, die mit 0,5 [X.] beschäftigt gewesen und für deren Vertretung sie zuständig gewesen sei, in Pension gegangen sei (offizielles Dienstende Oktober 2021; zuvor [X.] etc.). Die Nachfolgerin, die ab November 2021 ihren Dienst angetreten habe, habe dann drei Monate lang eingearbeitet werden müssen in Angelegenheiten des Allgemeinen Registers, was bedeute, dass diese Akten (zusätzlich zu dem eigenen Pensum) geprüft und der jeweilige Entwurf gegenzuzeichnen gewesen seien. Diese Einarbeitung hätten die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger des [X.]s untereinander aufgeteilt.

3. Der Beschwerdeführer hat sich hierzu wie folgt geäußert:

Die von der Rechtspflegerin genannten Gründe seien ausnahmslos interner organisatorischer Natur, die im Verantwortungsbereich des Gerichts lägen und nach ständiger Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] [X.] nicht rechtfertigen könnten.

a) Die Rechtspflegerin scheine insgesamt eine chronische Überlastung geltend zu machen. Dass eine solche auch bei einem Verfassungsgericht eine überlange Verfahrensdauer [nicht] rechtfertige, sei in der ständigen Rechtsprechung des [X.] anerkannt. Ebenso sei zu berücksichtigen, dass sich das Gericht mit zunehmender Dauer nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens zu bemühen habe. Dass eine solche Beschleunigung erfolgt wäre, sei nicht zu erkennen. Dies gelte ungeachtet des Umstands, dass der Beschwerdeführer in Form mehrerer Sachstandsanfragen und dreier [X.]n wiederholt auf die überlange Verfahrensdauer hingewiesen habe.

Zu berücksichtigen sei auch, dass die Bearbeitung der streitgegenständlichen [X.] der Zuständigkeit der Rechtspfleger unterfalle, sodass eine Ausweitung der entsprechenden Kapazitäten - anders als im richterlichen Bereich - ohne Weiteres möglich wäre. Wenn also die Arbeitsbelastung tatsächlich dauerhaft so hoch gewesen sei, dass eine Bearbeitung von [X.]n in annehmbarer [X.] nicht möglich gewesen sei, hätte das Gericht dem durch entsprechende organisatorische Maßnahmen begegnen können und müssen.

b) Unabhängig von ihrer rechtlichen Unerheblichkeit seien die von der Rechtspflegerin angeführten Umstände auch inhaltlich fragwürdig. Soweit die Rechtspflegerin auf Probleme hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit verweise, die eine umfangreiche Recherche notwendig gemacht hätten, werde die Durchführung solcher Recherchen bestritten. Dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10. Mai 2023 sei jedenfalls nicht zu entnehmen, dass in diesen die Ergebnisse umfangreicher Recherchen eingeflossen seien.

Was die Rechtspflegerin damit meine, wenn sie ausführe, dass sich die Streitigkeit der geltend gemachten Beträge nicht zuletzt aus dem vom Beschwerdeführer eingelegten Rechtsmittel ergebe, sei nicht erkennbar. Grund für die vom Beschwerdeführer erhobene sofortige Beschwerde sei die rechtliche Fehlerhaftigkeit des Kostenfestsetzungsbeschlusses. Es spreche für sich, dass der Senat dieser Beschwerde insofern einstimmig stattgegeben und den Kostenfestsetzungsbeschluss aufgehoben habe.

Besonders bemerkenswert sei auch der Verweis der Rechtspflegerin auf das Ausscheiden der beiden Mitglieder des [X.]s Ende 2022, also auf einen Umstand, der überhaupt erst rund zwei Jahre nach Einreichung der in Rede stehenden [X.] zum Tragen gekommen sei. Dieser Umstand habe das Gericht im Übrigen nicht daran gehindert, Kostenfestsetzungsverfahren in anderen Angelegenheiten gleichwohl vergleichsweise zügig abzuschließen. Weshalb dies im vorliegenden Fall nicht möglich gewesen sei, erschließe sich insbesondere deshalb nicht, weil die Arbeitsbelastung der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger beim [X.] in [X.] vergleichsweise gering sei. Dies zeige ein Vergleich mit dem [X.].

Soweit die Rechtspflegerin auf eine telefonische Mitteilung der Sachbearbeiterin des [X.] über dessen freiwillige Auszahlung der unstreitigen Erstattungsbeträge hinweise, sei dies nicht glaubwürdig und werde bestritten. Dessen ungeachtet sei das Kostenfestsetzungsverfahren zu diesem [X.]punkt bereits rund 18 beziehungsweise 20 Monate alt gewesen. Welche Relevanz die freiwillige Auszahlung der unstreitigen Erstattungsbeträge für die schon zu diesem [X.]punkt erhebliche Verfahrensdauer haben solle, erschließe sich nicht.

IV.

Die zulässige [X.] ist teilweise begründet.

1. Nach § 97a Abs. 1 Satz 1 [X.] wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Verfahrens vor dem [X.] als Verfahrensbeteiligter oder als Beteiligter in einem zur Herbeiführung einer Entscheidung des [X.] ausgesetzten Verfahren einen Nachteil erleidet. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich gemäß § 97a Abs. 1 Satz 2 [X.] nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Aufgaben und der Stellung des [X.].

Die Vorschrift enthält - anders als § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG für den Bereich der [X.] - keine beispielhafte Aufzählung der Gesichtspunkte, die bei der Beurteilung der Angemessenheit zu berücksichtigen sind. Damit hat der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung getragen, dass sich diese im verfassungsgerichtlichen Verfahren anders darstellen und sie anders zu gewichten sein können als im fachgerichtlichen Verfahren ([X.]K 20, 65 <70> m.w.[X.]). [X.] ist aber auch für den Bereich der Verfassungsgerichtsbarkeit bei der Bestimmung der relevanten Umstände des Einzelfalls an die Maßstäbe, die das [X.] und der [X.] im Zusammenhang mit der Beurteilung überlanger gerichtlicher Verfahren bereits entwickelt haben (a). Zusätzlich sind die speziellen Aufgaben und die Stellung des [X.] zu berücksichtigen, aus denen organisatorische und verfahrensmäßige Besonderheiten resultieren (b).

a) aa) Nach der Rechtsprechung des [X.] gewährleisten Art. 19 Abs. 4 GG für den Bereich des öffentlichen Rechts (vgl. [X.] 88, 118 <123>) und die aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitende Rechtsschutzgarantie in zivilrechtlichen Streitigkeiten (vgl. [X.] 82, 126 <155>; 93, 99 <107>) nicht nur das formelle Recht, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Wirksam ist nur ein Rechtsschutz innerhalb angemessener [X.] (vgl. [X.] 55, 349 <369>; 60, 253 <269>; 93, 1 <13>).

Dem Grundgesetz lassen sich allerdings keine allgemein gültigen [X.]vorgaben dafür entnehmen, wann von einer überlangen, die Rechtsgewährung verhindernden und damit unangemessenen Verfahrensdauer auszugehen ist; dies ist vielmehr eine Frage der Abwägung im Einzelfall (vgl. [X.] 55, 349 <369>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 20. September 2007 - 1 BvR 775/07 -, juris, Rn. 7; Beschluss der [X.] des [X.]s vom 24. März 2023 - 2 BvR 116/23 -, Rn. 19). Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Frage, ab wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Natur des Verfahrens und die Bedeutung der Sache für die Parteien, die Auswirkungen einer langen Verfahrensdauer für die Beteiligten, die Schwierigkeit der Sachmaterie, das den Beteiligten zuzurechnende Verhalten, insbesondere [X.] durch sie, sowie die gerichtlich nicht zu beeinflussende Tätigkeit Dritter, vor allem der Sachverständigen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] vom 8. Dezember 2015 - 1 BvR 99/11 - [X.] -, Rn. 27; Beschluss der [X.] vom 30. August 2016 - 2 BvC 26/14 - [X.] -, Rn. 18). Dagegen kann sich der Staat nicht auf solche Umstände berufen, die in seinem Verantwortungsbereich liegen (vgl. [X.] 36, 264 <274 f.>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 14. Dezember 2010 - 1 BvR 404/10 -, Rn. 11; Beschluss der [X.] des [X.]s vom 24. März 2023 - 2 BvR 116/23 -, Rn. 20 m.w.[X.]). Ferner haben die Gerichte auch die Gesamtdauer des Verfahrens zu berücksichtigen und sich mit zunehmender Dauer nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens zu bemühen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 22. August 2013 - 1 BvR 1067/12 -, Rn. 32; Beschluss der [X.] vom 22. März 2018 - 2 BvR 289/10 - [X.] -, Rn. 9; jeweils m.w.[X.]).

Diese für den Bereich der [X.] entwickelten Regeln gelten dem Grundsatz nach auch für das [X.], das nach Art. 92 GG Teil der rechtsprechenden Gewalt ist. Sie werden allerdings durch die speziellen Aufgaben und die besondere Stellung des [X.] modifiziert (s. unten b).

bb) Nach der Rechtsprechung des [X.] verpflichtet Art. 6 Abs. 1 [X.] die Konventionsstaaten dazu, ihr Gerichtswesen so einzurichten, dass die Rechtssachen innerhalb angemessener Frist entschieden werden können (vgl. [X.], [X.], Urteil vom 27. Juli 2000, Nr. 33379/96, § 42). Über die Frage, ob die Dauer eines Verfahrens angemessen ist, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Falles und folgender Kriterien zu entscheiden: der Schwierigkeit des Falles, des Verhaltens des Beschwerdeführers und der zuständigen Behörden und Gerichte sowie der Bedeutung des Rechtsstreits für den Beschwerdeführer (vgl. [X.], Rumpf v. [X.], Urteil vom 2. September 2010, Nr. 46344/06, § 41; [X.] v. [X.], Urteil vom 21. Oktober 2010, Nr. 43155/08, § 26).

Das gilt grundsätzlich auch für Verfahren, die vor einem Verfassungsgericht geführt werden und deren Ergebnis für den Ausgang eines fachgerichtlichen Rechtsstreits entscheidend sein kann (vgl. [X.], [X.], Urteil vom 27. Juli 2000, Nr. 33379/96, § 29). Insbesondere kann ein ständiger Rückstand infolge chronischer Überlastung nach der Rechtsprechung des [X.] auch beim [X.] eine überlange Verfahrensdauer nicht rechtfertigen (vgl. [X.], Gast and Popp v. [X.], Urteil vom 25. Februar 2000, Nr. 29357/95, § 78; [X.], Urteil vom 27. Juli 2000, Nr. 33379/96, § 43).

b) Bei der Beurteilung, ob die Dauer eines verfassungsgerichtlichen Verfahrens angemessen ist, sind gemäß § 97a Abs. 1 Satz 2 [X.] zusätzlich die speziellen Aufgaben und die Stellung des [X.] zu berücksichtigen, aus denen organisatorische und verfahrensmäßige Besonderheiten resultieren ([X.]K 20, 65 <72> m.w.[X.]). Dies gilt - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - jedenfalls in eingeschränktem Umfang auch für Kostenfestsetzungsverfahren.

aa) So gebietet es die besondere Rolle des [X.] als Hüter der Verfassung, bei der Bearbeitung der Verfahren gegebenenfalls andere Umstände zu berücksichtigen als nur die chronologische Reihenfolge der Eintragung in das [X.], etwa weil Verfahren, die für das Gemeinwesen von besonderer Bedeutung sind, vorrangig bearbeitet werden müssen (vgl. BTDrucks 17/3802, [X.]). Dies betrifft zwar in erster Linie die Bearbeitung der Hauptsacheverfahren durch die Kammern und Senate des [X.]. [X.] hat dies jedoch auch Auswirkungen auf die Arbeit der Rechtspfleger, die neben [X.] auch mit [X.] und - anders als etwa die vom Beschwerdeführer angeführten Rechtspfleger bei einem Amtsgericht - mit dem zeitintensiven Korrekturlesen in den Senats- und Kammerverfahren betraut sind. Da diese Arbeiten für den Abschluss der jeweiligen Kammer- und Senatsverfahren erforderlich sind, kann auch hier eine von der chronologischen Reihenfolge abweichende Priorisierung erforderlich sein. Entsprechendes gilt, soweit die Rechtspfleger organisatorisch an der Vorbereitung und Durchführung von mündlichen Verhandlungen und [X.] beteiligt sind.

bb) Den organisatorischen und verfahrensmäßigen Besonderheiten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens trägt die Vorschrift des § 97b Abs. 1 Satz 4 [X.] Rechnung, nach der die [X.] frühestens zwölf Monate nach Eingang des Verfahrens beim [X.] erhoben werden kann. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass beim [X.] jedenfalls eine Verfahrensdauer von einem Jahr noch nicht als unangemessen lang anzusehen ist (vgl. BTDrucks 17/3802, [X.]). Auch insoweit ist zwar unklar, inwiefern sich dies auf die beim [X.] geführten Nebenverfahren übertragen lässt (zweifelnd mit Blick auf die Angemessenheit dieser Regelung für den einstweiligen Rechtschutz etwa [X.], in: Schmidt-Bleibtreu/[X.]/[X.], [X.], § 97b Rn. 18 ; [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl. 2019, § 97b Rn. 13). Da der Wortlaut des § 97b Abs. 1 Satz 4 [X.] jedoch keine Einschränkung auf die Hauptsacheverfahren vorsieht und die mit den Kostenverfahren betrauten Rechtspfleger auch an den Hauptsacheverfahren mitwirken, gilt dieser Gedanke jedenfalls in eingeschränktem Umfang für das Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend.

c) Eine Entschädigung nach den §§ 97a ff. [X.] setzt weiter voraus, dass ein Verfahrensbeteiligter oder ein Beteiligter eines zur Herbeiführung einer Entscheidung des [X.] ausgesetzten Verfahrens einen Nachteil erlitten hat. In Betracht kommen sowohl materielle als auch immaterielle Nachteile. Für den Ausgleich sind die Grundsätze der §§ 249 ff. [X.] heranzuziehen, soweit keine spezialgesetzlichen Vorschriften bestehen (vgl. BTDrucks 17/3802, [X.]). Das Vorliegen eines Nachteils, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Verfahren vor dem [X.] unangemessen lange gedauert hat (§ 97a Abs. 2 Satz 1 [X.]). Für einen solchen Nachteil kann Entschädigung jedoch nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise, insbesondere durch die in den Tenor der Entscheidung über die [X.] aufzunehmende Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer, ausreichend ist (§ 97a Abs. 2 Satz 2 [X.]).

2. Nach diesen Maßstäben ist die Verfahrensdauer in dem verfahrensgegenständlichen Kostenfestsetzungsverfahren als unangemessen anzusehen.

Das beanstandete Verfahren hat vom Eingang des [X.]s für das Hauptsacheverfahren im November 2020 bis zur Versendung des Kostenfestsetzungsbeschlusses im Mai 2023 rund zwei Jahre und sechs Monate gedauert. Damit war die Verfahrensdauer ungewöhnlich lang. Sie war zwar teilweise, auch unter Berücksichtigung der Aufgaben und der Stellung des [X.], durch Sachgründe gerechtfertigt. Dennoch hat sich das Verfahren insgesamt unangemessen verzögert.

a) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liegt keine unangemessene Verzögerung darin, dass die Rechtspflegerin den [X.] des Beschwerdeführers erst am 29. Juli 2021 an die Kostenschuldnerin weitergeleitet hat. Denn der Beschwerdeführer hatte seinen [X.] bereits vor Festsetzung des [X.] durch den Senat gestellt. Da die Höhe der festzusetzenden Kosten vom Gegenstandswert abhängt, lag es nahe, das Kostenfestsetzungsverfahren bis zu der Festsetzung des [X.] zurückzustellen. Indem der Beschwerdeführer am 18. Januar 2021 Gegenvorstellung gegen die Festsetzung des [X.] erhoben hat, hat er auch die weitere Verzögerung des Kostenfestsetzungsverfahrens selbst verursacht. Erst nachdem die Gegenvorstellung dem Senat vorgelegen und dieser mit Schreiben vom 15. Juli 2021 mitgeteilt hatte, dass er für ein erneutes richterliches Tätigwerden auch unter voller Würdigung der neuerlichen Ausführungen keinen Anlass sehe, stand der Gegenstandswert endgültig fest. Die Rechtspflegerin leitete den [X.] sodann mit Schreiben vom 29. Juli 2021, also binnen zweier Wochen, der Kostenschuldnerin zur Stellungnahme zu. Eine unangemessene Verzögerung kann hierin nicht erkannt werden.

b) Eine unangemessene Verzögerung ist jedoch insoweit festzustellen, als das Kostenfestsetzungsverfahren nach diesem [X.]punkt noch fast zwei weitere Jahre andauerte.

Nachdem die Rechtspflegerin die Stellungnahme des Beschwerdeführers mit Verfügung vom 29. September 2021 an das [X.] weitergeleitet hatte und von dort innerhalb der gesetzten Frist von drei Wochen keine weitere Stellungnahme einging, war das Verfahren - unter Berücksichtigung der Postlaufzeiten - jedenfalls ab Ende Oktober 2021 entscheidungsreif. Auch wenn es weder möglich noch im Hinblick auf die Vielgestaltigkeit der in Betracht kommenden Fallkonstellationen sinnvoll wäre, eine für den Regelfall als angemessen zu bewertende Dauer eines Kostenfestsetzungsverfahrens festzulegen, ist anzunehmen, dass ab diesem [X.]punkt ein Abschluss des Kostenfestsetzungsverfahrens innerhalb weniger Monate geboten und möglich gewesen wäre. Stattdessen ist im [X.]raum von November 2021 bis zum 10. Mai 2023 eine mehr als achtzehnmonatige Inaktivität des Gerichts in Bezug auf die Bearbeitung der Kostenfestsetzung für das Verfassungsbeschwerdeverfahren festzustellen. Dabei blieben mehrere Sachstandsanfragen und [X.]n des Beschwerdeführers unbeantwortet. Die mehr als achtzehnmonatige Untätigkeit des Gerichts stellt eine unangemessene Verfahrensverzögerung im Sinne des § 97a [X.] dar.

aa) Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann dabei indes nicht davon ausgegangen werden, dass für die Frage der Angemessenheit der Verfahrensdauer schon deshalb keine aus den Aufgaben und der Stellung des [X.] resultierende organisatorische Besonderheiten zu berücksichtigen seien, weil die Bearbeitung des vorliegend in Rede stehenden [X.]s der Zuständigkeit des [X.] unterfällt. Der vom Beschwerdeführer angestellte zahlenmäßige Vergleich zwischen den beim [X.] und beim [X.] bearbeiteten Kostenfestsetzungsverfahren geht insoweit fehl. Der Beschwerdeführer verkennt, dass die beim [X.] beschäftigten Rechtspfleger nicht allein und auch nicht vorrangig mit der Bearbeitung von Kostenfestsetzungsverfahren betraut sind; vielmehr sind sie unter anderem auch mit dem Erstellen von [X.] und dem arbeitsintensiven Korrekturlesen in Senats- und Kammerverfahren befasst. Bei diesen Arbeiten kann eine von der chronologischen Reihenfolge abweichende Priorisierung erforderlich sein.

bb) Soweit die für das hier gegenständliche Kostenfestsetzungsverfahren zuständige Rechtspflegerin darauf hinweist, dass Ende des Jahres 2022, bedingt durch die Beendigung der Amtszeiten von [X.] und Richterin [X.], zahlreiche Verfahren zum Abschluss zu bringen gewesen und mehrere Urteile, die zwingend hätten termingerecht korrekturgelesen sein müssen, zu bearbeiten gewesen seien, liegen hierin daher grundsätzlich Sachgründe, die eine Verfahrensverzögerung rechtfertigen können (vgl. [X.]K 20, 65 <74 f.>).

Zu beachten ist jedoch, dass das Kostenfestsetzungsverfahren schon deutlich vor dem Ende der Amtszeiten des Richters [X.] und der Richterin [X.] entscheidungsreif war. Angesichts der zu diesem [X.]punkt schon deutlich fortgeschrittenen Gesamtdauer des Verfahrens hätte sich das Gericht nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens bemühen müssen.

Dies gilt auch vor dem Hintergrund der weiteren von der Rechtspflegerin angeführten Umstände. Die von ihr geschilderte, durch den Ausfall mehrerer Kollegen bedingte angespannte Personalsituation und die damit verbundene gesteigerte Arbeitsbelastung lässt eine Verzögerung des vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahrens zwar durchaus nachvollziehbar erscheinen. Jedoch handelt es sich hierbei um Umstände, die in den Verantwortungsbereich des Gerichts fallen und auf die es sich zur Rechtfertigung der Verfahrensverzögerung daher nicht berufen kann (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.]s vom 24. März 2023 - 2 BvR 116/23 -, Rn. 20 m.w.[X.]).

c) Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, seit dem Senatsbeschluss vom 28. September 2023, mit dem der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss teilweise aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die Rechtspflegerin zurückverwiesen worden sei, ruhe das Verfahren erneut, entspricht dies nicht der sich aus den Akten ergebenden Tatsachenlage. Die Rechtspflegerin hat dem [X.] binnen weniger Wochen nach dem Senatsbeschluss vom 28. September 2023 mitgeteilt, in welcher Höhe beabsichtigt sei, die nach dem Beschluss des [X.]s zu erstattenden Kosten festzusetzen, und insoweit Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine erneute Entscheidung über den [X.] des Beschwerdeführers steht allein deshalb aus, weil der Beschwerdeführer kurze [X.] später die Festsetzung weiterer Kosten beantragt hat, die ihm im Rahmen der Akteneinsicht entstanden seien. Hierzu war dem [X.] erneut Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Die weitere Verfahrensverzögerung ist daher - auch mit Blick auf das dem Beschwerdeführer zuzurechnende Verhalten - nicht als unangemessen anzusehen.

3. Eine finanzielle Entschädigung wegen der von ihm geltend gemachten immateriellen Nachteile steht dem Beschwerdeführer nicht zu. Nach § 97a Abs. 2 Satz 2 [X.] kann eine Entschädigung für immaterielle Nachteile nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise ausreichend ist, insbesondere durch die Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer. In dem hier vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren ist eine solche Feststellung ausreichend. Im Gegensatz zu der Entscheidung des Hauptsacheverfahrens hat die Erledigung des Kostenfestsetzungsverfahrens für die Partei regelmäßig nur eine untergeordnete Rolle. In materieller Hinsicht stellt die Dauer des Verfahrens den Beschwerdeführer in gewisser Weise sogar günstig, weil sein Kostenerstattungsanspruch ab Eingang des [X.] in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verzinst wird. Immaterielle Nachteile infolge einer Verzögerung der Bearbeitung wiegen im Vergleich dazu eher gering. Zwar kommt auch in Verfahren der Kostenfestsetzung ein immaterieller Nachteil in Betracht (vgl. [X.], Urteil vom 26. Januar 2017 - 6 [X.] 1/16 [X.] -, juris, Rn. 25 m.w.[X.]). Dies gilt jedoch für den Beschwerdeführer als Rechtsanwalt in weitaus geringerem Maße als für einen Laien, der nur selten oder jedenfalls weniger oft mit Gerichten in Berührung kommt und der die den gerichtlichen Verfahren zugrundeliegenden Wirkungszusammenhänge nicht fachlich einzuschätzen vermag (ebd.). Dass der Beschwerdeführer eine Erstattung seiner notwendigen Kosten zu erwarten hatte, stand mit Erlass der Kostengrundentscheidung fest. Zu entscheiden war lediglich über die Höhe des Erstattungsanspruchs (vgl. [X.], Urteil vom 27. Mai 2020 - 15 EK 3/19 -, juris, Rn. 13). Eine besondere durch die Verfahrensverzögerung bewirkte immaterielle Belastung des Beschwerdeführers ist weder dargelegt noch ersichtlich.

4. Ein Anspruch auf die von dem Beschwerdeführer als Nebenforderung geltend gemachten Gebühren und Auslagen für die vorgerichtliche Zahlungsaufforderung (446,49 Euro) besteht nicht. Denn dem Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (vgl. [X.], Urteile vom 7. November 2007 - [X.] -, juris, Rn. 13; vom 18. Juli 2017 - [X.] -, juris, Rn. 7; vom 5. Dezember 2017 - [X.] -, juris, Rn. 7 f.). Da dem Beschwerdeführer die vorgerichtlich geltend gemachte finanzielle Entschädigung - wie zuvor dargelegt - nicht zusteht, besteht auch kein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die hierauf gerichtete vorgerichtliche Zahlungsaufforderung. Die bloße Feststellung einer überlangen Verfahrensdauer hat der Beschwerdeführer vorgerichtlich auch nicht hilfsweise geltend gemacht.

Die geltend gemachten Kosten sind auch nicht nach § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO zu ersetzen. Die Norm regelt allein den Inhalt des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs. Auf einen materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruch ist die Vorschrift weder unmittelbar noch analog anwendbar (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Juli 1994 - 7 ABR 10/93 -, juris, Rn. 34).

5. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers beruht auf § 34a Abs. 3 [X.].

Meta

2 BvR 739/17 - Vz 5/23

11.12.2023

Bundesverfassungsgericht Beschwerdekammer

Beschwerdekammerbeschluss

Sachgebiet: Vz

vorgehend BVerfG, 28. September 2023, Az: 2 BvR 739/17, Beschluss

§ 97a Abs 1 S 1 BVerfGG, § 97a Abs 1 S 2 BVerfGG, § 97a Abs 2 S 2 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Beschwerdekammerbeschluss vom 11.12.2023, Az. 2 BvR 739/17 - Vz 5/23 (REWIS RS 2023, 9147)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9147


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 BvR 739/17

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 739/17, 28.09.2023.

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 739/17, 01.12.2020.

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 739/17, 13.02.2020.


Az. 2 BvR 739/17 - Vz 5/23

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 739/17 - Vz 5/23, 22.04.2024.

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 739/17 - Vz 5/23, 11.12.2023.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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